947/AB

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Anschober, Freundinnen und Freunde haben am 12.7.1996 unter der Nr. 1144/J an den Bundesminister für Inneres eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "Ungerechtfertigte Beanstandungen, Anzeigen gegen eine Tierschutzorganisation" gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

11.       Handelte der Bezirksinspektor C.H. gegenüber den Tierversuchsgegnern in der Opernpassage aufgrund eines übergeordneten Auftrages oder in eigenem Ermessen?

 

2.         Welcher Zweck soll mit diesem schikanösen Vorgehen erfüllt werden?

 

3.         Werden Sie dafür sorgen, daß derartiges Verhalten von Bezirksinspektoren in Zukunft unterbleibt, zumal die Tierversuchsgegner in der Opernpassage praktisch schon zum 'Straßenbild" gehören?

 

Bevor ich auf 'die einzelnen Fragen näher eingehe, möchte ich darauf hinweisen, daß die in Rede stehende Problematik offenbar aus der Unklarheit resultiert, ob die jeweiligen Veranstaltungen des Intern.  Verbundes der Tierversuchsgegner unter dem Aspekt des Versammlungsgesetzes anzuzeigen sind oder einer BewilIigung gemäß § 82 StVO bedürfen.

Der genannte Verein hat in den Jahren 1995 und 1996 keine Versammlungen in der Opernpassage bei der Bundespolizeidirektion Wien angezeigt.  Es wurden im Hinblick auf nichtangezeigte Versammlungen an dieser Örtlichkeit gegen diesen Verein auch keine Strafverfahren durchgeführt.

Die einzelnen Fragen beantworte ich nun wie folgt:

 

 

 

Zu Frage 1:

 

Bei dem genannten Beamten handelt es sich um den Verkehrsinspektor bei der Sicherheitswacheabteilung des Bezirkspolizeikommissariates Innere Stadt.  Die jeweiligen Anzeigeerstattungen erfolgen durch diesen Beamten weder im Sinne eines "übergeordneten Auftrages noch in eigenem Ermessen", sondern aufgrund des Offizialprinzipes gem. § 25 VSTG 1991.  Sofern keine Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes gegeben ist, bedarf eine Veranstaltung einer Bewilligung gem. § 82 Abs. 1 StVO.  Eine Versammlung liegt nicht vor, wenn keine Assoziation der zusammengekommenen Personen erfolgen soll, sondern lediglich Informationen ergehen und Druckwerke verteilt werden.  Ein Indiz für das Fehlen einer Versammlung kann u.a. das Vorhandensein eines Infotisches sein.  Die jeweiligen Anzeigen gem. § 82 StVO wurden zuständigkeitshalber an das Magistratische Bezirksamt weitergeleitet.

Der involvierte Beamte erstattete jeweils Anzeige gem. § 82 StVO, wenn eine Genehmigung seitens des Magistrates der Stadt Wien nicht erteilt wurde.  Bei Ortsverhandlungen sprach sich der Beamte als sachlich und örtlich zuständiges Organ grundsätzlich gegen eine Erteilung der Bewilligung aus, da durch die Aufstellung von Infotischen eine wesentliche Verkehrsbehinderung im Bereich der Passage gegeben ist und es im Falle von Spontanereignissen im Bereich der U-Bahn (z.B. Brand) zu unvorhergesehenen Folgen aufgrund des verwendeten Mobilars kommen könnte.  Da die Fußgängerströme in den Passagen überaus stark sind, ist eine Nutzung der verbleibenden Flächen für sonstige Zwecke nicht möglich.  Aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs werden daher derartige Bewilligungen gem.

§ 82 leg.cit. seitens des Magistrats grundsätzlich nicht erteilt.

 

 

 

 

 

Zu Frage 2:

 

Im Lichte der Ausführungen zur Frage 1 muß der Vorwurf eines schikanösen Vorgehens zurückgewiesen werden.

Es ist richtig, daß durch den zitierten Beamten aufgrund seiner Aufgabenstellung als Verkehrsinspektor bei Ortsverhandlungen die Aufstellung eines Infotisches im Passagenbereich abgelehnt wird.  Keinesfalls kann eine Anzeigenerstattung in Vollziehung eines gesetzlichen Auftrages als schikanöses Vorgehen gewertet werden.  Die Veranstalter sind offenbar der falschen Ansicht, daß mit dem Ansuchen gem. § 82 StVO die Erteilung der Bewilligung zwingend verbunden ist.

 

Zu_Frage 3:

 

Im Sinne des rechtsstaatlichen Prinzipes dürfen Verwaltungsübertretungen nicht mit der Rechtfertigung "schon zum Straßenbild zu gehören" toleriert werden.  Es ist Beamtenpflicht festgestellte Mißstände abzustellen und Verwaltungsübertretungen den zuständigen Behörden zur Anzeige zu bringen.  Die verschiedenen Tierschutzorganisationen trifft ihrerseits die Verpflichtung im Sinne der grundsätzlichen Intention ihrer Veranstaltung die jeweils erforderlichen Verfahrensschritte einzuhalten bzw. notwendigen Bewilligungen einzuholen.