1140 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


über den Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert werden (634/A)


Die Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen haben den gegenständlichen Antrag am 14. November 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Zu Artikel 1:

Die zunehmende Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in den vergangenen Jahrzehnten und das Entstehen neuer Berufsformen macht eine Neufassung des aus dem Jahre 1956 datierenden § 4 ASVG im Hinblick auf einen neuen Dienstnehmerbegriff und eine verstärkte sozialversicherungsrechtliche Zuordnung freier Erwerbsformen hin zum neugeschaffenen Rechtsbegriff des sogenannten Neuen Selbständigen im § 2 GSVG erforderlich.

Die einschlägigen Bestimmungen in der Fassung der Regierungsvorlage stellen eine Novellierung der bereits derzeit im ASVG enthaltenen Bestimmung des § 4 Abs. 4 ASVG dar. Nach Rechtsmeinung der Antragsteller ist sowohl die bisherige wie auch die vorgeschlagene Regelung unbefriedigend teilweise verfassungswidrig. Daran ändert auch nichts, daß der VfGH in seiner Entscheidung vom 14. April 1997 G 398,399/96-18 diese Bestimmung nicht aufgehoben hat.

Ohne auf die damaligen Argumente einzugehen muß festgestellt werden, daß die Bestimmung mit mehreren anderen Regelungen kollidiert und dadurch unauflösliche Antinomien erzeugt, die auch durch Auslegung nicht beseitigt werden können. Insbesondere ist der in Erkenntnis dieses Faktums in den Erläuternden Bemerkungen herangezogene § 539a ASVG hiezu nicht geeignet, da auch diese Bestimmung Behördewillkür nicht deckt. Die im § 4 Abs. 4 erwähnten Personen scheinen keine Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG zu sein, da sie sonst diesen nicht gleichgestellt werden müßten. Es wird allerdings nicht erwähnt, was sie darüber hinaus sind, da die vorliegende Charakterisie­rung nicht ausreicht, um sie von anderen Personen, deren sozialrechtlicher Status eindeutig bestimmt ist, zu unterscheiden.

Laut § 4 Abs. 2 ASVG sind Dienstnehmer Personen, deren Einkommensteuer im Abzugswege durch den Dienstgeber abzuführen ist. Wie diese Bestimmung mit dem neuen § 4 Abs. 4 ASVG übereinstimmen soll, ist völlig ungeklärt. Sollte sich nämlich die Gleichstellung auch auf diesen Vorgang beziehen, läge ein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG und des § 25 EStG vor und der Begriff Gleichstellung wäre obsolet.

Zusammenfassend muß also darauf hingewiesen werden, daß es Personen, die die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 ASVG erfüllen, gar nicht geben kann, daß aber die Gefahr besteht, daß die Sozialbürokratie versuchen wird, möglichst viele Personen mit den über 30% Sozialabgaben des ASVG zu belasten und möglichst wenig dafür zu leisten. Aus der Sicht der unterfertigten Abgeordneten scheint die Streichung des § 4 Abs. 4 ASVG daher vernünftig – eine Meinung, die unter anderem auch von Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung sowie der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bereits im Begutachtungsverfahren vertreten wurde.

Zu Artikel 2:

Inhaltlich werden die ursprünglich in den §§ 2 Abs. 1 Z 4 und 373 Abs. 7 und 8 enthaltenen Bestim­mungen wiedergegeben, doch wurden einige unrichtige und überflüssige Bestimmungen weggelassen.

Im § 2 Abs. 1 Z 4 entfielen die mit dem § 22 EStG nicht übereinstimmenden und auch sonst irreführenden Worte ,auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit‘ sowie die Anführung der Bestimmung § 22 Z 5 EStG. Darin handelte es sich nämlich entweder um eine einmalige Leistung, die von der Sozialversicherung wegen ihrer Konzentration auf Zeitleistungen nicht erfaßt werden kann, oder um einen Pensionsersatz, der als Pension nicht erfaßt zu werden hat.


Die Kollisionsbestimmungen sind überflüssig und verwirrend und wurden aus diesem Grund wegge­lassen. Dies gilt auch für die firmenrechtliche Bestimmung des letzten Satzes, bei der es sich entweder um einen Fall des bisherigen § 2 GSVG handelt oder um ein die Sozialversicherung nicht berührendes Problem.

Im § 273 Abs. 7 war nicht einzusehen, warum Personen, die das 50. Lebensjahr erreicht haben, anders als andere Menschen behandelt werden sollten. Ein 50jähriger kann ohne weiteres bis zu seinem 65. Lebens­jahr Pensionsansprüche erwerben. Überflüssig ist das Antragsverfahren, da die Versicherungsanstalt durch einen Blick auf ihre Unterlagen das Alter des Versicherten feststellen kann und daher weiß, ob Pensionsbeiträge zu bezahlen sind, oder nicht.

Die Bestimmung des § 273 Abs. 8 wurde weggelassen, da es nicht einzusehen ist, warum Frühpensionen bzw. ihre Erreichung belohnt werden soll.

Hier sei übrigens die Bemerkung erlaubt, daß die Idee, von Pensionisten Pensionsbeiträge zu verlangen, denen keine Gegenleistung gegenübersteht, nicht nur dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht, sondern auch die ursprünglichen Absichten der ,Werkvertragsregelung‘ entlarvt. Die offiziell stets geäußerte Absicht einer Gewährung von sozialer Sicherheit für alle Erwerbspersonen tritt hier erneut gegenüber der Lukrierung möglichst hoher Beiträge zur Sanierung des Staatshaushalts in den Hintergrund.”

Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den Antrag 634/A in seiner Sitzung am 1. April 1998 in Anwesenheit der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuß war der Abgeordnete Dr. Volker Kier. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Winfried Seidinger, Franz Hums, Karl Öllinger, Dr. Volker Kier und Dr. Gottfried Feurstein.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Antrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der National­rat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1998 04 01

                              Edeltraud Gatterer                                                        Dr. Gottfried Feurstein

                                 Berichterstatterin                                                                 Obfraustellvertreter