1168 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Verfassungsausschusses


über die Regierungsvorlage (1152 der Beilagen): Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam


Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erfolgte auf Grund einer besonderen bundesverfassungs­gesetzlichen Ermächtigung, nämlich des Bundesverfassungsgesetzes über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, BGBl. Nr. 744/1994. Mit Artikel II dieses sogenannten Beitritts-BVG wurde eine eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen, auf Grund derer sich eine gesonderte Bezeichnung sämtlicher verfassungsändernder Bestimmungen des Beitrittsvertrages erübrigte.

Da der Vertrag von Amsterdam das EG-Primärrecht weiterentwickelt, ergeben sich gleichartige rechtstechnische Probleme, wie sie sich durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ergeben haben. Aus diesem Grund und im Hinblick auf den Umstand, daß durch das Verfahren zur Genehmigung des Beitrittsvertrages eine rangmäßige Einordnung des EU-primärrechts in das österreichische Rechtssystem nicht erfolgt ist, dieses aber nunmehr durch den Amsterdamer Vertrag teilweise geändert wird, soll die Ratifikation des Amsterdamer Vertrages abermals auf Grund einer besonderen verfassungsgesetzlichen Ermächtigung erfolgen.

Bei der Formulierung des vorliegenden Entwurfes wurde die sprachliche Fassung des Artikel I dem Artikel II des Beitritts-BVG soweit als möglich angepaßt. Wie schon im Beitritts-BVG wird vorgesehen, daß sowohl der Nationalrat als auch der Bundesrat jeweils mit erhöhten Zustimmungs- bzw. Anwesenheitsquoren ihre Genehmigungsbeschlüsse zu fassen haben; ebenso wird von einer rangmäßigen Einordnung des Amsterdamer Vertrages oder einzelner in ihm enthaltener Bestimmungen abgesehen.

Der Verfassungsausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 7. Mai 1998 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler, Dr. Andreas Khol, Dr. Peter Kostelka, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, MMag. Dr. Willi Brauneder, DDr. Erwin Niederwieser und Dr. Volker Kier.

Die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Dr. Andreas Khol brachten einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

“Mit 1. Juli 1998 übernimmt Österreich die Präsidentschaft der Europäischen Union. Es ist wünschens­wert, daß bis dahin der Nationalrat den Abschluß des Vertrages von Amsterdam genehmigt hat, zumal während des Halbjahres der EU-Präsidentschaft die Zeit zur ausführlichen Beratung fehlt.

Damit die Bundesregierung sobald als möglich eine Regierungsvorlage betreffend die Erteilung der Genehmigung zum Abschluß des Vertrages von Amsterdam verabschieden kann, soll mit dem vorliegenden Abänderungsantrag das Inkrafttreten des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam auf den Tag der Beschlußfassung dieses Bundesverfassungsgesetzes im Nationalrat festgesetzt werden.

Derzeit ist von der Präsidialkonferenz die Beratung dieses Bundesverfassungsgesetzes für den 12. Mai 1998 vorgesehen. Sollte dieser Termin geändert werden, wäre das Datum des Inkrafttretens entsprechend anzupassen.

Durch dieses frühere Inkrafttreten ist gewährleistet, daß die Bundesregierung ab dem Datum der Beschlußfassung im Plenum des Nationalrates die erwähnte Regierungsvorlage betreffend die Genehmigung des Abschlusses des Vertrages von Amsterdam beschließen und dem Nationalrat zuleiten kann.”

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung des oberwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf (1152 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 05 07

                        DDr. Erwin Niederwieser                                                      Dr. Peter Kostelka

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann


Anlage

Bundesverfassungsgesetz über den Abschluß des Vertrages von Amsterdam

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Der am 2. Oktober 1997 unterzeichnete Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte darf nur mit Genehmigung des Nationalrates und der Zustimmung des Bundesrates hiezu abgeschlossen werden. Diese Beschlüsse bedürfen jeweils der Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen.

Artikel II

Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.

Artikel III

Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt mit 12. Mai 1998 in Kraft.