1276 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Nachdruck vom 16. 9. 1998

Regierungsvorlage


Bundesgesetz betreffend Übernahmeangebote (Übernahmegesetz – ÜbG) sowie über Änderungen des Börsegesetzes und des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungs­verfahrensgesetzen 1991


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Übernahmegesetz – ÜbG

1. Teil

Allgemeines

Begriffe

§ 1. Im Sinn dieses Bundesgesetzes bedeuten:

           1. Übernahmeangebot (Angebot): ein öffentliches Angebot an die Inhaber von Beteiligungspapieren einer Aktiengesellschaft zum Erwerb eines Teils oder aller Beteiligungspapiere gegen Barzahlung oder im Austausch gegen andere Wertpapiere.

           2. Zielgesellschaft: die Aktiengesellschaft, deren Beteiligungspapiere Gegenstand eines Angebots sind.

           3. Bieter: jede natürliche oder juristische Person und jede Personengesellschaft, die ein Angebot stellt, beabsichtigt, ein solches zu stellen, oder hiezu verpflichtet ist.

           4. Beteiligungspapiere: börsenotierte Aktien und sonstige übertragbare börsenotierte Wertpapiere, die mit einer Gewinnbeteiligung oder einer Abwicklungsbeteiligung verbunden sind; weiters übertragbare Wertpapiere, die zum Erwerb solcher Wertpapiere berechtigen, wenn diese von der Zielgesellschaft oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen im Sinn des § 228 Abs. 3 HGB ausgegeben wurden.

           5. Börsetag: ein Tag, an dem das Handelssystem der Wiener Börse zum Geschäftsabschluß zur Verfügung steht.

Geltungsbereich

§ 2. Dieses Bundesgesetz gilt für öffentliche Angebote zum Erwerb von Beteiligungspapieren, die von einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland ausgegeben wurden und an einer österreichischen Börse zum amtlichen Handel oder zum geregelten Freiverkehr zugelassen sind.

Allgemeine Grundsätze für öffentliche Übernahmeangebote

§ 3. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind Ausdruck folgender allgemeiner Grundsätze:

           1. Alle Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft, die sich in gleichen Verhältnissen befinden, müssen gleich behandelt werden, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist.

           2. Die Empfänger des Angebots müssen über genügend Zeit und hinreichende Informationen verfügen, um in voller Kenntnis der Sachlage entscheiden zu können.

           3. Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft müssen im Interesse aller Aktionäre und sonstigen Inhaber von Beteiligungspapieren wie auch im Interesse der Arbeitnehmer, der Gläubiger und im öffentlichen Interesse handeln.

           4. Beim Handel mit Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft, der Bietergesellschaft oder anderer durch das Angebot betroffener Gesellschaften dürfen keine Marktverzerrungen geschaffen werden.

           5. Das Übernahmeverfahren ist rasch durchzuführen; insbesondere darf die Zielgesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit durch ein Übernahmeangebot nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus behindert werden.

2. Teil

Freiwillige öffentliche Übernahmeangebote

Allgemeine Pflichten des Bieters

§ 4. Der Bieter hat im gesamten Übernahmeverfahren, insbesondere bei der Vorbereitung, inhaltlichen Gestaltung und Veröffentlichung des Angebots sowie bei seinen sonstigen Verlautbarungen, folgendes zu beachten:

           1. Er darf ein Übernahmeangebot nur dann stellen, wenn er nach sorgfältiger Prüfung überzeugt ist, daß ihm die zur vollständigen Erfüllung notwendigen Mittel rechtzeitig zur Verfügung stehen werden.

           2. Insiderhandel und Marktverzerrungen (§ 5 Abs. 2) sind hintanzuhalten.

           3. Informationen und Erklärungen sind sorgfältig, genau und vollständig auszuarbeiten; unrichtige oder irreführende Informationen und Erklärungen sind unzulässig.

Geheimhaltungs- und Bekanntmachungspflichten zur Vermeidung von Marktverzerrungen und des Mißbrauchs von Insiderinformationen

§ 5. (1) Der Bieter hat für Geheimhaltung zu sorgen, um ein vorzeitiges und ungleichmäßiges Bekanntwerden seiner Überlegungen und seiner Absicht, ein Angebot zu stellen, zu verhindern; dasselbe gilt sinngemäß für Überlegungen und die Absicht, Tatsachen herbeizuführen, die den Bieter zur Stellung eines Angebots verpflichten (§§ 22 bis 25 Abs. 2). Der Bieter hat insbesondere alle für ihn im Zusammenhang mit dem Übernahmeverfahren tätigen Personen über ihre Geheimhaltungspflichten und das Verbot des Mißbrauchs von Insiderinformationen (§ 48a BörseG) zu unterrichten, interne Richtlinien für die Informationsweitergabe zu erlassen und deren Einhaltung zu überwachen sowie geeignete organisatorische Maßnahmen zur Verhinderung der Weitergabe von Insiderinformationen und ihrer mißbräuchlichen Verwendung zu treffen. Die Übernahmekommission (§ 28) kann durch Verordnung Grundsätze für die Informationsweitergabe und für geeignete organisatorische Maßnahmen festsetzen. Diese Grundsätze haben unter Beachtung des § 3 und der §§ 11 bis 18 WAG der Möglichkeit der Entstehung von Sachverhalten gemäß § 48a BörseG entgegenzuwirken und zur Nachvollziehbarkeit solcher Sachverhalte beizutragen.

(2) Der Bieter hat Überlegungen oder die Absicht, ein Angebot zu stellen oder Tatsachen herbeizuführen, die ihn zur Stellung eines Angebots verpflichten, unverzüglich bekanntzumachen und den Organen der Zielgesellschaft mitzuteilen, wenn erhebliche Kursbewegungen oder Gerüchte und Spekulationen betreffend ein bevorstehendes Angebot auftreten und anzunehmen ist, daß diese auf die Vorbereitung des Angebots oder diesbezügliche Überlegungen oder auf Aktienkäufe durch den Bieter zurückzuführen sind (Marktverzerrungen).

(3) Der Bieter hat jedenfalls unverzüglich bekanntzumachen und den Organen der Zielgesellschaft mitzuteilen,

           1. daß sein Vorstand und Aufsichtsrat die Entscheidung, ein Angebot zu stellen, getroffen haben oder

           2. daß Tatsachen eingetreten sind, die ihn zur Stellung eines Angebots verpflichten (§§ 22 und 25 Abs. 2).

(4) Die Bekanntmachung nach Abs. 2 und Abs. 3 hat so zu erfolgen, daß dadurch Insidergeschäfte und Marktverzerrungen tunlichst hintangehalten werden. Die Übernahmekommission kann auf Antrag des Bieters unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligungspapierinhaber von der Verpflichtung zur Bekanntmachung gemäß Abs. 3 für eine kurze Frist befreien, wenn dadurch die Schädigung berechtigter Interessen des Bieters oder mit ihm gemeinsam vorgehender Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) verhindert werden kann und der Bieter bescheinigt, daß die Geheimhaltung gewährleistet ist.

Verhandlungen mit der Zielgesellschaft

§ 6. (1) Der Bieter kann seine Überlegungen und seine Absicht, ein Angebot zu stellen, auch vor deren Bekanntmachung oder Veröffentlichung den Organen der Zielgesellschaft bekanntgeben und hierüber mit diesen verhandeln.

(2) Die Organe der Zielgesellschaft haben für Geheimhaltung zu sorgen; die Bestimmungen des § 5 Abs. 1 über die Pflichten des Bieters gelten auch für die Organe der Zielgesellschaft. Der Vorstand der Zielgesellschaft ist jedoch unter Bedachtnahme auf § 5 Abs. 4 erster Satz zur Bekanntmachung verpflichtet, wenn bei Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft erhebliche Kursbewegungen oder Gerüchte und Spekulationen betreffend ein bevorstehendes Angebot auftreten und anzunehmen ist, daß diese auf die Vorbereitung des Angebots oder diesbezügliche Überlegungen zurückzuführen sind.

(3) Zur Geheimhaltung sind auch Aktionäre der Zielgesellschaft verpflichtet, mit denen der Bieter unter Hinweis auf die Vertraulichkeit über den Erwerb von Anteilsrechten verhandelt oder die sonst vom Bieter oder von der Zielgesellschaft Kenntnis von geheimzuhaltenden Tatsachen erlangen.

2

Angebotsunterlage

§ 7. Der Bieter hat eine Angebotsunterlage zu erstellen, die mindestens folgende Angaben enthalten muß:

           1. den Inhalt des Angebots;

           2. Angaben zum Bieter, insbesondere, wenn es sich um eine Gesellschaft handelt, Rechtsform, Firma und Sitz der Gesellschaft; weiters Angaben über mittelbare und unmittelbare Beteiligungen am Bieter im Sinn der §§ 91 f BörseG und seine Zugehörigkeit zu einem Konzern;

           3. die Beteiligungspapiere, die Gegenstand des Angebots sind;

           4. die für jedes Beteiligungspapier gebotene Gegenleistung sowie die bei der Bestimmung der Gegenleistung angewandte Bewertungsmethode, in den Fällen des § 26 die Grundlagen der Berechnung; weiters Angaben über die Durchführung des Angebots, insbesondere über die zur Entgegennahme von Annahmeerklärungen und zur Erbringung der Gegenleistung beauftragten Stellen;

           5. gegebenenfalls den prozentuellen Mindest- und Höchstanteil oder die Mindest- und Höchstzahl der Beteiligungspapiere, zu deren Erwerb sich der Bieter verpflichtet, sowie eine Darstellung der Zuteilungsregelung im Sinn des § 20;

           6. die Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft, über die der Bieter bereits verfügt;

           7. die Bedingungen und Rücktrittsvorbehalte, an die das Angebot gebunden ist;

           8. die Absichten des Bieters über seine künftige Geschäftspolitik, insbesondere in Bezug auf die künftige Tätigkeit der Zielgesellschaft, auf ihre Beschäftigten einschließlich geplanter Änderungen der Beschäftigungsbedingungen und auf das Management;

           9. die Frist für die Annahme des Angebots und für die Erbringung der Gegenleistung;

         10. im Fall einer Gegenleistung in Form von Wertpapieren Angaben zu diesen Wertpapieren gemäß § 7 KGG und §§ 74 ff BörseG;

         11. die Bedingungen der Finanzierung des Angebots durch den Bieter.

Bedingungen, Rücktrittsvorbehalte

§ 8. Eine Bedingung des Angebots und ein Vorbehalt des Rücktritts sind nur zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt sind, insbesondere wenn sie auf Rechtspflichten des Bieters beruhen, oder der Eintritt der Bedingung oder die Geltendmachung des Rücktrittsrechts nicht ausschließlich vom Ermessen des Bieters abhängt.

Prüfung des Angebots, Beiziehung eines Sachverständigen durch den Bieter

§ 9. (1) Der Bieter hat zu seiner Beratung während des gesamten Verfahrens und zur Prüfung der Angebotsunterlage einen hiefür geeigneten, von ihm unabhängigen Sachverständigen zu bestellen. Dieser hat die Vollständigkeit und Gesetzmäßigkeit der Angebotsunterlage insbesondere hinsichtlich der angebotenen Gegenleistung zu prüfen. Er hat darüber einen schriftlichen Bericht zu erstellen und das Ergebnis seiner Prüfung in einer abschließenden Bestätigung zusammenzufassen; in dieser hat er auch eine Erklärung darüber abzugeben, daß dem Bieter die zur vollständigen Erfüllung des Angebots notwendigen Mittel zur Verfügung stehen (§ 4 Z 1).

(2) Als Sachverständige geeignet sind:

                a) Beeidete Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die bei einem im Inland zur Geschäftsausübung berechtigten Versicherungsunternehmen eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben, welche das Risiko aus der Berater- und Prüfertätigkeit für Übernahme­angebote mit mindestens 100 Millionen Schilling für eine einjährige Versicherungsperiode abdeckt, vorausgesetzt, daß die Versicherungsprämie vor Ausfolgung des Prüfungsberichts bezahlt ist; der Versicherer hat das Bestehen der Versicherung und den Erhalt der Prämie der Übernahmekommission schriftlich zu bestätigen;

               b) Kreditinstitute im Sinn des § 1 Abs. 1 und 3 BWG mit der Berechtigung zum Betrieb von Geschäften gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 BWG mit anrechenbaren Eigenmitteln von mindestens 250 Millionen Schilling sowie Finanzinstitute gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 BWG mit Eigenmitteln von mindestens 250 Millionen Schilling; und

                c) Kredit- oder Finanzinstitute, die ihre Tätigkeit in Österreich auf Grund der §§ 9, 11 oder 13 BWG über eine Zweigstelle oder im Weg des freien Dienstleistungsverkehrs erbringen, sofern sie im Herkunftsmitgliedstaat (§ 2 Z 6 BWG) zur Erbringung vergleichbarer Geschäfte, wie sie in § 1 Abs. 1 Z 11 BWG genannt sind, berechtigt sind und über anrechenbare Eigenmittel beziehungsweise Eigenmittel von mindestens 250 Millionen Schilling verfügen.

Anzeige des Angebots

§ 10. (1) Der Bieter hat der Übernahmekommission das Angebot unter Vorlage der Angebots­unterlage und des Berichts samt der Bestätigung des Sachverständigen gemäß § 9 anzuzeigen. Nach Bekanntgabe der Absicht, ein Angebot zu stellen (§ 5 Abs. 2 und Abs. 3 Z 1), hat der Bieter das Angebot innerhalb von zehn Börsetagen anzuzeigen; die Übernahmekommission kann auf Antrag des Bieters diese Frist mit höchstens 40 Börsetagen festsetzen. Die Übernahmekommission hat das Einlangen der Anzeige unter Angabe des Datums zu bestätigen.

(2) Ein Bieter mit Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland hat gleichzeitig mit der Anzeige einen Zustellungsbevollmächtigten mit Sitz, Wohnsitz oder Zweigstelle im Inland namhaft zu machen. Dieser muß die Voraussetzungen gemäß § 9 Abs. 2 erfüllen oder Rechtsanwalt oder Notar sein.

(3) Die Übernahmekommission kann ab der Anzeige des Angebots bis zur Beendigung des Über­nahmeverfahrens schriftlich zur Angebotsunterlage Stellung nehmen und diese Stellungnahme ergänzen oder abändern; sie kann durch Bescheid die Gesetzwidrigkeit des Angebots oder der Angebotsunterlage feststellen sowie die Veröffentlichung der Angebotsunterlage und die Durchführung des Angebots untersagen.

Veröffentlichung und Information der Zielgesellschaft

§ 11. (1) Der Bieter hat die Angebotsunterlage gemeinsam mit der Bestätigung des Sachverständigen (§ 9 Abs. 1) frühestens am zwölften und spätestens am fünfzehnten Börsetag nach Einlangen bei der Übernahmekommission zu veröffentlichen, es sei denn, daß die Übernahmekommission die Veröffent­lichung des Angebots untersagt. Die Übernahmekommission kann in begründeten Fällen, insbesondere zum Zweck der näheren Prüfung der Angebotsunterlage, anordnen, daß die Veröffentlichung vorläufig zu unterbleiben hat; sie kann die Frist zur Veröffentlichung im Einvernehmen mit dem Bieter auch verkürzen. Für die Veröffentlichung ist § 78 Abs. 1 erster und zweiter Satz BörseG sinngemäß anzuwenden. Wurde die Angebotsunterlage in einer oder mehreren Zeitungen mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet veröffentlicht, so sind spätere Veröffentlichungen des Bieters betreffend das Übernahmeangebot in derselben Weise vorzunehmen; wurde die Angebotsunterlage nur in Form einer Broschüre vollständig veröffentlicht, so genügt für spätere Veröffentlichungen die Bekanntmachung im ”Amtsblatt zur Wiener Zeitung”.

(2) Der Bieter ist verpflichtet, die Unterlagen gemäß Abs. 1 erster Satz dem Vorstand sowie dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft und dessen Stellvertreter vor der Veröffentlichung zur Kenntnis zu bringen.

(3) Der Vorstand der Zielgesellschaft hat den Betriebsrat von Bekanntmachungen gemäß §§ 5 und 6 unverzüglich zu unterrichten und ihm die Unterlagen gemäß Abs. 1 erster Satz unverzüglich nach Erhalt zu übermitteln.

Neutralitätsgebot für die Verwaltungsorgane der Zielgesellschaft

§ 12. Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft dürfen keine Maßnahmen setzen, die geeignet sind, den Aktionären die Gelegenheit zur freien und informierten Entscheidung über das Angebot zu nehmen; § 4 Z 2 und 3 gilt sinngemäß. Ab dem Zeitpunkt, zu dem der Zielgesellschaft die Absicht des Bieters, ein Angebot abzugeben, bekannt wurde, bis zur Veröffentlichung des Ergebnisses, bei Zustandekommen der Übernahme bis zur Durchführung des Angebots, haben Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft Maßnahmen zu unterlassen, durch die das Angebot vereitelt werden könnte. Diese Einschränkung gilt nicht für Maßnahmen, zu deren Vornahme die Organe der Zielgesellschaft bereits verpflichtet sind oder die auf Beschlüssen der Hauptversammlung beruhen, die nach Bekanntwerden der Absicht des Bieters, ein Angebot zu stellen, gefaßt worden sind.

Beiziehung eines Sachverständigen durch die Zielgesellschaft

§ 13. Die Zielgesellschaft hat zu ihrer Beratung während des gesamten Verfahrens und zur Prüfung der Äußerung ihrer Organe (§ 14) einen hiefür geeigneten (§ 9 Abs. 2), von der Zielgesellschaft unabhängigen Sachverständigen zu bestellen. Die Bestellung des Sachverständigen bedarf der Zu­stimmung des Aufsichtsrats.

Äußerung der Zielgesellschaft, Prüfung und Veröffentlichung

§ 14. (1) Der Vorstand der Zielgesellschaft hat unverzüglich nach der Veröffentlichung der Angebotsunterlage eine Äußerung zum Angebot zu verfassen. Diese hat insbesondere eine Beurteilung darüber zu enthalten, ob die angebotene Gegenleistung und der sonstige Inhalt des Angebots dem Interesse aller Aktionäre und sonstigen Inhaber von Beteiligungspapieren wie auch dem Interesse der Arbeitnehmer, der Gläubiger und dem öffentlichen Interesse angemessen Rechnung tragen; falls sich der Vorstand nicht in der Lage sieht, eine abschließende Empfehlung abzugeben, hat er jedenfalls die Argumente für die Annahme und für die Ablehnung des Angebots unter Betonung der wesentlichen Gesichtspunkte darzustellen.

(2) Der Sachverständige (§ 13) hat seine Beurteilung des Angebots, der Äußerung des Vorstands der Zielgesellschaft sowie einer allfälligen Äußerung des Aufsichtsrats schriftlich zu erstatten.

(3) Der Vorstand hat seine Äußerung sowie eine allfällige Äußerung des Aufsichtsrats und die Beurteilung des Sachverständigen der Übernahmekommission innerhalb von zehn Börsetagen ab Veröffentlichung der Angebotsunterlage anzuzeigen und gleichzeitig dem Betriebsrat zu übermitteln; sie sind unverzüglich nach Anzeige an die Übernahmekommission von der Zielgesellschaft unter Beachtung des § 11 Abs. 1 dritter Satz sowie des § 18 AktG zu veröffentlichen.

Verbesserungen und sonstige Änderungen des Angebots

§ 15. (1) Der Bieter kann die in seinem Angebot vorgesehene Gegenleistung während dessen Lauf­zeit verbessern und das Angebot zugunsten der Beteiligungspapierinhaber auch sonst ändern. Die §§ 9 bis 11 gelten sinngemäß; der Bieter hat das verbesserte oder sonst geänderte Angebot frühestens am vierten und spätestens am siebten Börsetag nach Einlangen der Anzeige bei der Übernahmekommission zu veröffentlichen.

(2) Verbesserungen der Gegenleistung gelten auch für zu diesem Zeitpunkt bereits erklärte Annahmen, ebenso sonstige Änderungen zugunsten des Beteiligungspapierinhabers, es sei denn, daß dieser widerspricht.

Transaktionen in Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft

§ 16. (1) Der Bieter und die mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) dürfen während der Angebotsfrist keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen, die auf den Erwerb von Beteiligungs­papieren der Zielgesellschaft zu besseren Bedingungen als im Angebot gerichtet sind, abgeben, es sei denn, der Bieter verbessert das öffentliche Angebot (§ 15) oder die Übernahmekommission gestattet aus wichtigem Grund eine Ausnahme; solche Erklärungen sind jedenfalls unverzüglich zu veröffentlichen (§ 11 Abs. 1 dritter und vierter Satz).

(2) Gibt der Bieter oder ein mit ihm gemeinsam vorgehender Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) entgegen Abs. 1 eine Erklärung auf Erwerb zu besseren Bedingungen ab, so gilt dies als Verbesserung des öffentlichen Angebots zugunsten aller Empfänger (§15).

(3) Der Bieter und mit ihm gemeinsam vorgehende Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) dürfen nach Veröffentlichung des Angebots keine Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft verkaufen.

(4) Die Übernahmekommission hat durch Verordnung für die Tätigkeit von Kreditinstituten im Rahmen ihrer Wertpapiergeschäfte Ausnahmen von Abs. 1 bis 3 vorzusehen, soweit dies ohne Beeinträchtigung der Vermögensinteressen der Beteiligungspapierinhaber möglich und für die ordnungsgemäße Führung dieser Bankgeschäfte notwendig oder zweckmäßig ist. Die Verordnung kann Bedingungen und Auflagen für derartige Ausnahmen festlegen.

(5) Sobald eine Bekanntmachung betreffend ein Angebot (§ 5 Abs. 2 und 3, § 6 Abs. 2) oder eine Anzeige (§ 10 Abs. 1) erfolgt ist, haben alle am Ausgang des Übernahmeangebots besonders interessierten Rechtsträger den Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungspapieren der Zielgesell­schaft und von Optionen, die Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zum Gegenstand haben, der Übernahmekommission unverzüglich bekanntzugeben. Dasselbe gilt für Beteiligungspapiere und Optionen auf Beteiligungspapiere einer anderen Gesellschaft, wenn der Bieter Beteiligungspapiere dieser anderen Gesellschaft zum Tausch angeboten hat. Besonders interessierte Rechtsträger sind insbesondere der Bieter, alle mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträger (§ 23 Abs. 1), die Zielgesellschaft und die mit ihr gemäß § 228 Abs. 3 HGB konzernmäßig verbundenen Unternehmen, Mitglieder der Verwaltungsorgane dieser Unternehmen, Berater der genannten Unternehmen und Aktionäre, die über stimmberechtigte Aktien im Umfang von mindestens 2 vom Hundert des Grundkapitals verfügen. Die Übernahmekommission kann durch Verordnung die Form der Offenlegung, die Frist und die besonders interessierten Rechtsträger näher bestimmen.

Rechtsfolgen von konkurrierenden Angeboten

§ 17. Wird ein konkurrierendes Angebot gemacht, so sind die Inhaber von Beteiligungspapieren berechtigt, von vorangegangenen Annahmeerklärungen hinsichtlich eines anderen Angebots zurück­zutreten.

Weitere Äußerungen des Bieters und der Zielgesellschaft, Anordnungen der Übernahmekommisson betreffend die Information der Öffentlichkeit

§ 18. Die Übernahmekommission kann in einer Stellungnahme empfehlen oder durch Bescheid anordnen, daß der Bieter oder die Zielgesellschaft ergänzende Äußerungen oder Berichtigungen gemäß § 11 Abs. 1 dritter und vierter Satz zu veröffentlichen oder in anderer geeigneter Weise bekanntzumachen oder bestimmte Maßnahmen zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung zu unterlassen hat. Sie kann die Anzeige von Äußerungen vor ihrer Veröffentlichung verlangen.

Frist für die Annahme des Angebots, Veröffentlichung des Ergebnisses

§ 19.  (1) Die Frist zur Annahme des Angebots darf nicht weniger als 20 Börsetage und nicht mehr als 50 Börsetage betragen. Sie endet jedoch frühestens 15 Börsetage nach Veröffentlichung der Äußerung des Vorstands der Zielgesellschaft gemäß § 14 Abs. 3; falls diese nicht oder nicht rechtzeitig veröffentlicht wird, 25 Börsetage nach Veröffentlichung des Angebots.

(2) Der Bieter hat das Ergebnis des Übernahmeangebots nach Ablauf der Angebotsfrist unverzüglich zu veröffentlichen (§ 11 Abs. 1 dritter Satz und vierter Satz); er hat dabei auf die Rechtsfolgen gemäß Abs. 3 hinzuweisen.

(3) Beim Pflichtangebot (§ 22 Abs. 1 und Abs. 11) und für den Fall, daß der Bieter das Angebot von der Erreichung einer bestimmten Mindestzahl von Beteiligungspapieren abhängig gemacht hat und diese Bedingung erfüllt wurde, verlängert sich die Angebotsfrist für diejenigen Inhaber von Beteiligungs­papieren, die bisher das Angebot nicht angenommen haben, um zehn Börsetage ab Bekanntgabe des Ergebnisses.

(4) Die Übernahmekommission hat die Angebotsfristen durch Verordnung zu regeln, insbesondere die für das ursprüngliche Angebot geltenden Fristen im Rahmen des Abs. 1, die für konkurrierende und verbesserte Angebote geltenden Fristen, weiters die Fristen für Verlängerungen von Angeboten und für Rücktrittserklärungen gemäß § 17 sowie in diesem Zusammenhang erforderliche Veröffentlichungen.

Zuteilungsregelung beim Teilangebot

§ 20. Ist bei einem Teilangebot, das auf den Erwerb eines bestimmten Anteils oder einer bestimmten Zahl von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft gerichtet ist, die Menge der Beteiligungspapiere, hinsichtlich derer Annahmeerklärungen abgegeben werden, größer als die Menge der Beteiligungspapiere, die der Bieter erwerben wollte (§ 7 Z 5), so sind die Annahmerklärungen verhältnismäßig zu berücksichtigen. Die Annahmeerklärung jedes Beteiligungspapierinhabers ist in dem Verhältnis zu berücksichtigen, in dem das Teilangebot zur Gesamtheit der zugegangenen Annahmeerklärungen steht. Der Bieter kann in der Angebotsunterlage Ausnahmen zur Vermeidung unrunder Aktienbestände festlegen.

Sperrfrist

§ 21. (1) Wenn ein Angebot zum Erwerb von Beteiligungspapieren gescheitert ist, dürfen der Bieter sowie alle mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) innerhalb eines Jahres ab Veröffentlichung des Ergebnisses des Angebots kein weiteres Angebot für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft abgeben. Während derselben Frist ist ihnen auch jeder Erwerb von Aktien untersagt, der eine Angebotspflicht (§§ 22 und 25 Abs. 2) auslösen würde.

(2) Dasselbe gilt, wenn der Bieter kein Angebot stellt, obwohl er

           1. Überlegungen oder die Absicht, ein Angebot zu stellen oder Tatsachen herbeizuführen, die zur Stellung eines Angebots verpflichten (§ 5 Abs. 2), bekanntgemacht hat;

           2. die Entscheidung seines Vorstands und Aufsichtsrats, ein Angebot zu stellen (§ 5 Abs. 3 Z 1), bekanntgemacht hat;

           3. öffentlich erklärt hat, daß ein Angebot nicht ausgeschlossen werde.

Die Sperrfrist beginnt in diesen Fällen 40 Börsetage nach der Bekanntgabe oder der öffentlichen Erklärung.

(3) Weiters ist die Stellung eines Angebots für die Dauer eines Jahres untersagt, wenn der Bieter öffentlich erklärt hat, daß ein Angebot nicht abgegeben werde oder die Herbeiführung von Tatsachen, die zur Stellung eines Angebots verpflichten, nicht erwogen werde.

(4) Die Übernahmekommission hat auf Antrag des Bieters und nach Anhörung der Zielgesellschaft die Sperrfrist zu verkürzen, wenn dies die Interessen der Zielgesellschaft und der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft nicht verletzt.

3. Teil

Pflichtangebote

Pflicht zur Stellung eines Angebots bei kontrollierender Beteiligung

§ 22. (1) Wer eine kontrollierende Beteiligung an einer Gesellschaft (Zielgesellschaft) erlangt, muß ein den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechendes Angebot für alle Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft stellen und dies innerhalb von 20 Börsetagen der Übernahmekommission anzeigen (§ 10 Abs. 1).

(2) Eine kontrollierende Beteiligung ist eine Beteiligung, die es dem Bieter allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) ermöglicht, einen beherrschenden Einfluß auf die Zielgesell­schaft auszuüben.

(3) Eine kontrollierende Beteiligung liegt auch dann vor, wenn Anteilsrechte oder sonstige Rechte an einem anderen Rechtsträger als der Zielgesellschaft bestehen, die mittelbar einen beherrschenden Einfluß auf die Zielgesellschaft ermöglichen.

(4) Eine kontrollierende Beteiligung liegt jedenfalls dann vor, wenn der Beteiligte allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) die Voraussetzungen eines der Tatbestände des § 244 Abs. 2 Z 1 bis 3 HGB erfüllt.

(5) Eine kontrollierende Beteiligung ist anzunehmen, wenn die Beteiligung den Bieter in die Lage versetzt, allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) einen in der Satzung der Zielgesellschaft festgelegten Hundertsatz der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte auszuüben oder über die Ausübung der Stimmrechte zu entscheiden (§ 27 Abs. 1 Z 1).

(6) Die Übernahmekommission hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen einer kontrollierenden Beteiligung zu umschreiben. Hiebei ist auf die für die Entstehung eines beherrschenden Einflusses wesentlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten Bedacht zu nehmen, insbe­sondere auf

           1. die Höhe des Hundertsatzes der Beteiligung am stimmberechtigten Grundkapital,

           2. die Streuung des sonstigen stimmberechtigten Aktienbesitzes,

           3. das üblicherweise in den Hauptversammlungen vertretene stimmberechtigte Grundkapital und

           4. die Bestimmungen der Satzung.

Diese Verordnung kann vorsehen, daß ein Angebot nach Abs. 1 auch zu stellen hat, wer zu einer kontrollierenden Beteiligung, ohne daß ihm die Mehrheit der Stimmrechte der Zielgesellschaft zusteht (§ 244 Abs. 2 Z 1 HGB), innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten Aktien hinzuerwirbt, die ihm zusätzlich 2 vom Hundert oder einen höheren in der Verordnung festgelegten Hundertsatz der Stimm­rechte der Gesellschaft verschaffen.

(7) Auf Pflichtangebote sind die Bestimmungen des zweiten Teils anzuwenden, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt wird.

(8) Das Angebot muß auf Erwerb durch Kauf gegen Barzahlung einer bestimmten, spätestens zehn Börsetage nach der unbedingten Verbindlichkeit des Angebots zu entrichtenden Geldsumme lauten. Der Bieter kann daneben auch den Tausch in andere Wertpapiere anbieten. Beteiligungspapierinhaber, die von der Nachfrist gemäß § 19 Abs. 3 Gebrauch gemacht haben, haben Anspruch auf Barzahlung spätestens zehn Börsetage nach Ablauf der Nachfrist.

(9) Ein Erwerb von Aktien, der eine Verpflichtung zum Angebot auslösen würde, ist unzulässig, wenn der Erwerber bei sorgfältiger Prüfung nicht überzeugt ist, daß ihm die zur vollständigen Erfüllung seiner Verpflichtung notwendigen Mittel rechtzeitig zur Verfügung stehen.

(10) Das Angebot darf nicht bedingt sein, es sei denn, daß die Bedingung gesetzlich geboten ist.

(11) Auf freiwillige Angebote, nach deren Inhalt der Bieter zusammen mit gemeinsam mit ihm vorgehenden Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) eine kontrollierende Beteiligung erlangen könnte, finden – abgesehen von Abs. 10 – die Bestimmungen dieses Teils sinngemäß Anwendung. Diese Angebote sind kraft Gesetzes dadurch bedingt, daß der Bieter und mit ihm gemeinsam vorgehende Rechtsträger nach Ablauf der Angebotsfrist über mehr als 50 vom Hundert der auf die ständig stimmberechtigten Aktionäre entfallenden Stimmrechte verfügen; Aktien, für die bis zu diesem Zeitpunkt das Angebot bereits ange­nommen wurde, werden dem Bieter zugerechnet.

Gemeinsames Vorgehen

§ 23. (1) Die Pflicht zur Stellung eines Angebots sowie die sonstigen Pflichten eines Bieters gelten für alle Rechtsträger, die im Hinblick auf ein Angebot oder auf die Ausübung der Stimmrechte gemeinsam vorgehen, sei es auf Grund der Zugehörigkeit zu demselben Konzern, auf Grund eines Vertrags oder sonst auf Grund abgestimmten Verhaltens.

(2) Die Übernahmekommission kann den Tatbestand gemäß Abs. 1 durch Verordnung näher regeln.

Ausnahmen von der Angebotspflicht kraft Gesetzes

§ 24. (1) Die Pflicht zur Stellung eines Angebots gemäß § 22 besteht nicht, wenn

           1. Aktien durch Schenkung zwischen Angehörigen (§ 32 KO), Erbgang oder Teilung von Vermögen aus Anlaß einer Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung einer Ehe erworben werden;

           2. Aktien auf einen anderen Rechtsträger übertragen werden, an dem mittelbar oder unmittelbar ausschließlich dieselben Gesellschafter oder deren Angehörige (§ 32 KO) im selben Beteiligungsverhältnis beteiligt sind; dies gilt sinngemäß, wenn Aktien auf den Allein­gesellschafter des bisherigen Aktionärs übertragen werden;

           3. Aktien auf eine Privatstiftung übertragen werden, deren Begünstigte ausschließlich bisherige Gesellschafter oder Angehörige (§ 32 KO) der Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft sind;

           4. ein anderer Aktionär gemeinsam mit den mit ihm konzernmäßig verbundenen Aktionären über mehr Stimmrechte an der Zielgesellschaft als der Bieter und die mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) verfügt.

(2) Die Übernahmekommission hat durch Verordnung für die Tätigkeit von Kreditinstituten im Rahmen ihrer Wertpapiergeschäfte Ausnahmen von der Pflicht zur Stellung eines Angebots gemäß § 22 vorzusehen, soweit dies ohne Beeinträchtigung der Vermögensinteressen der Beteiligungspapierinhaber möglich und für die ordnungsgemäße Führung dieser Bankgeschäfte notwendig oder zweckmäßig ist. Die Verordnung kann Bedingungen und Auflagen für derartige Ausnahmen festlegen.

Anzeigepflicht bei kontrollierender Beteiligung

§ 25. (1) Abweichend von § 22 genügt eine innerhalb von 20 Börsetagen zu erstattende Mitteilung über den Sachverhalt an die Übernahmekommission, wenn

           1. bei Erlangen einer mittelbaren Beteiligung (§ 22 Abs. 3) der Buchwert der unmittelbaren Beteiligung an der Zielgesellschaft weniger als 25 vom Hundert des buchmäßigen Nettoaktiv­vermögens des Rechtsträgers gemäß § 22 Abs. 3 beträgt;

           2. Aktien innerhalb einer Gruppe von Aktionären im Sinne des § 23 Abs. 1 übertragen werden und sich die Zusammensetzung der Gruppe nur geringfügig ändert;

           3. die für das Entstehen einer kontrollierenden Beteiligung erforderliche Zahl an Stimmrechten geringfügig sowie nur vorübergehend oder unbeabsichtigt überschritten wird;

           4. Aktien zu bloßen Sanierungszwecken oder zur Sicherung von Forderungen erworben werden.

Die Übernahmekommission kann durch Verordnung die Tatbestände der Z 1 bis 4 näher umschreiben und weitere Fälle bestimmen, in denen abweichend von § 22 eine Mitteilung des Sachverhalts genügt, wenn eine Gefährdung von Vermögensinteressen der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft nicht zu besorgen ist oder wenn überwiegende gesamtwirtschaftliche Interessen für die Befreiung vom Pflichtangebot sprechen.

(2) Die Übernahmekommission kann in den Fällen des Abs. 1 die Stellung eines Pflichtangebots an die Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft anordnen; sieht sie davon ab, so kann sie ihre Entscheidung von Bedingungen abhängig machen und Auflagen aussprechen. Die Übernahmekommission hat ihre Entscheidung insbesondere davon abhängig zu machen, ob nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls eine Gefährdung der Vermögensinteressen der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft zu besorgen ist. Auf Antrag des Bieters hat die Übernahmekommission möglichst rasch, längstens innerhalb eines Monats ab Einlangen des Antrags zu entscheiden, ob ein Pflichtangebot gestellt werden muß. Ordnet die Übernahmekommission die Stellung eines Angebots an, so hat sie gleichzeitig die Frist festzulegen, innerhalb welcher die Anzeige gemäß § 10 Abs. 1 zu erstatten ist.

(3) Die Übernahmekommission kann durch Verordnung nähere Voraussetzungen für Entscheidungen gemäß Abs. 2 umschreiben. Hiebei hat sie insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob die Möglichkeit, einen beherrschenden Einfluß auf die Zielgesellschaft auszuüben, in zuverlässiger und dauerhafter Weise abgesichert ist, ob der Erwerbsvorgang vorrangig auf die Erlangung eines beherrschenden Einflusses über die Zielgesellschaft gerichtet war, ob der Erwerber oder ein konzernmäßig mit ihm verbundener Rechtsträger eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an einem Unternehmen mit gleichem oder verwandtem Unternehmensgegenstand hält, ob eine einheitliche Leitung besteht und ob im Fall des Abs. 1 Z 1 die Beteiligung einen wesentlichen Teil der Aktiva des Rechtsträgers darstellt.

Preis des Pflichtangebots

§ 26. (1) Der Preis des Pflichtangebots muß mindestens dem durchschnittlichen Börsekurs des jeweiligen Beteiligungspapiers während der letzten sechs Monate vor Erlangen der kontrollierenden Beteiligung entsprechen und darf die höchste vom Bieter oder von einem mit ihm gemeinsam vorgehen­den Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) innerhalb der letzten zwölf Monate in Geld gewährte oder vereinbarte Gegenleistung für dieses Beteiligungspapier der Zielgesellschaft um höchstens 15 vom Hundert unter­schreiten. Dasselbe gilt in Bezug auf Gegenleistungen für Beteiligungspapiere, zu deren zukünftigem Erwerb der Bieter oder ein mit ihm gemeinsam vorgehender Rechtsträger berechtigt oder verpflichtet ist.

(2) Betrifft das Pflichtangebot andere Beteiligungspapiere als Stammaktien und hat der Bieter oder ein mit ihm gemeinsam vorgehender Rechtsträger innerhalb der letzten zwölf Monate Stammaktien erworben, so muß der für diese anderen Beteiligungspapiere gebotene Preis überdies in einem ange­messenen Verhältnis zu der für die Stammaktien gewährten Gegenleistung stehen; für die Bestimmung der Angemessenheit ist insbesondere der jeweilige Inhalt der verbrieften Rechte zu berücksichtigen. Dasselbe gilt in Bezug auf Gegenleistungen für Stammaktien, zu deren zukünftigem Erwerb der Bieter oder ein mit ihm gemeinsam vorgehender Rechtsträger berechtigt oder verpflichtet ist.

(3) Bestand die Gegenleistung nicht oder nicht nur in Bargeld, so ist ihr Gesamtwert der Berechnung des Preises zugrunde zu legen; bei der Ermittlung des Gesamtwertes sind auch weitere zugewendete oder zugesagte Zahlungen oder sonstige vermögenswerte Vorteile einzubeziehen, wenn diese in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der erlangten kontrollierenden Beteiligung stehen. Im übrigen ist der Preis des Pflichtangebots unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 3 Z 1) und unter Berücksichtigung des Abs. 1 und 2 angemessen festzulegen, wenn

           1. die Angebotspflicht durch Erwerb von Anteilsrechten oder sonstigen Rechten an einem Rechtsträger, der an der Zielgesellschaft unmittelbar oder mittelbar eine kontrollierende Beteiligung hält, ausgelöst worden ist (§ 22 Abs. 3) und dieser Rechtsträger auch andere Vermögenswerte außer der Beteiligung an der Zielgesellschaft hält;

           2. die vom Bieter innerhalb der letzten zwölf Monate gewährte oder vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung besonderer Umstände festgelegt wurde;

           3. sich die Verhältnisse innerhalb der letzten zwölf Monate wesentlich geändert haben.

(4) Der Bieter sowie die mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträger haben alle für die Ange­messenheit des Preises erheblichen Umstände dem Sachverständigen (§ 9) unverzüglich nach seiner Bestellung sowie der Übernahmekommission gleichzeitig mit der Anzeige gemäß § 10 Abs. 1 offenzulegen.

(5) Inhaber von Beteiligungspapieren im Sinn des § 33 Abs. 2 Z 4 können einen Antrag auf Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des angebotenen Preises innerhalb von drei Monaten ab Veröffentlichung des Ergebnisses eines Übernahmeangebots stellen.

(6) Die Übernahmekommission kann durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Ermittlung des Mindestpreises des Pflichtangebots erlassen.

Abweichende Satzungsbestimmungen

§ 27. (1) Die Zielgesellschaft kann in ihrer Satzung vorsehen, daß

           1. eine kontrollierende Beteiligung anzunehmen ist, wenn die Beteiligung den Bieter in die Lage versetzt, allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern (§ 23 Abs. 1) einen bestimmten Hundertsatz der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte auszuüben oder über die Ausübung der Stimmrechte zu entscheiden (§ 22 Abs. 5); dieser Hundertsatz muß mindestens 20 vom Hundert betragen;

           2. der in § 26 Abs. 1 vorgesehene Abschlag von 15 vom Hundert bei Bestimmung des Preises für das Pflichtangebot ausgeschlossen oder mit einem niedrigeren Hundertsatz festgelegt wird;

           3. die Verpflichtung zur Stellung eines Angebots hinsichtlich erst zu begebender Vorzugsaktien, Wandelschuldverschreibungen, Genußscheine und Optionen nicht besteht.

(2) Beschlüsse der Hauptversammlung im Sinn des Abs. 1 sowie Beschlüsse zu deren Änderung bedürfen einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Die Satzung kann diese Mehrheit durch eine andere Kapitalmehrheit ersetzen.

(3) Beschlüsse zur Änderung von Satzungsbestimmungen im Sinn des Abs. 1 Z 1 und 2 bedürfen überdies der Zustimmung aller Inhaber von Beteiligungspapieren, wenn damit die Stimmrechtsgrenze nach Abs. 1 Z 1 oder der Abschlag nach Abs. 1 Z 2 angehoben wird.

4. Teil

Verfahren und Sanktionen

Übernahmekommission

§ 28. (1) Bei dem die Wiener Börse leitenden und verwaltenden Börseunternehmen wird eine Über­nahmekommission eingerichtet.

(2) Die Übernahmekommission besteht aus

           1. dem Vorsitzenden und zwei Stellvertretern des Vorsitzenden,

           2. drei Mitgliedern, die Richter sein müssen,

           3. drei Mitgliedern, die auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Österreich bestellt werden,

           4. drei Mitgliedern, die auf Vorschlag der Österreichischen Bundesarbeitskammer bestellt werden.

Die Mitglieder müssen über die erforderlichen Kenntnisse auf dem Gebiet des Kapitalmarkt- und Wertpapierwesens, des Gesellschaftsrechts oder der Unternehmensbewertung verfügen. Die vorschlags­berechtigten Stellen haben ihre Vorschläge an den Bundesminister für Justiz zu richten. Sie haben in ihrem Vorschlag für jedes Mitglied wenigstens drei Personen aufzunehmen. Das Vorschlagsrecht erlischt, wenn es nicht binnen einer angemessenen, vom Bundesminister für Justiz zu bestimmenden Frist ausgeübt wird. Die vorschlagsberechtigte Stelle hat die Voraussetzungen für die Bestellung und die Bereitschaft der vorgeschlagenen Personen zur Übernahme der Funktion glaubhaft zu machen.

(3) Die Mitglieder der Übernahmekommission sind in Ausübung dieses Amtes unabsetzbar und an keine Weisungen gebunden. Wenn in diesem Bundesgesetz nichts anderes vorgesehen ist, entscheidet die Übernahmekommission in Senaten von vier Mitgliedern, wobei jedem Senat je ein Mitglied aus den in Abs. 2 Z 1 bis 4 aufgezählten Gruppen angehören muß. Im übrigen wird die Zusammensetzung der Senate und die Verteilung der Geschäfte durch eine Geschäftsordnung geregelt, welche die Übernahme­kommission zu erlassen hat; dabei ist auf das Erfordernis rascher Entscheidungen Bedacht zu nehmen. Dem Vorsitzenden können verfahrensleitende Verfügungen vorbehalten bleiben. Der Senat entscheidet mit einfacher Mehrheit, bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(4) Der Bundesminister für Justiz hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen den Vorsitzenden, dessen Stellvertreter und die übrigen Mitglieder für jeweils fünf Jahre zu bestellen. Eine Wiederbestellung ist zulässig. Ist ein Mitglied dauernd verhindert oder scheidet es vorzeitig aus, so ist für seine restliche Amtsperiode ein Ersatzmitglied zu bestellen.

(5) Der Übernahmekommission dürfen nicht angehören

           1. Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung sowie Staatssekretäre;

           2. Personen, die das für die Wählbarkeit zum Nationalrat erforderliche Alter noch nicht erreicht haben oder von der Wählbarkeit wegen einer Vorstrafe ausgeschlossen sind.

(6) Die Mitgliedschaft in der Übernahmekommission erlischt

           1. bei Tod,

           2. bei Verzicht,

           3. bei Ende der Funktionsperiode,

           4. wenn das Mitglied zur ordentlichen Funktionsausübung unfähig wird,

           5. wenn das Mitglied eine grobe Pflichtverletzung begangen hat oder sonst ein Verhalten gesetzt hat, das mit dem Ansehen des Amtes unvereinbar ist,

           6. wenn das Mitglied Einladungen zu drei aufeinanderfolgenden Sitzungen ohne genügende Entschuldigung keine Folge geleistet hat.

In den Fällen der Z 4 bis 6 erlischt die Mitgliedschaft erst mit der Feststellung durch die Übernahme­kommission, die darüber nach Anhörung der betreffenden Person zu entscheiden hat.

(7) Über die Erlassung der Geschäftsordnung (Abs. 3), die Feststellung des Erlöschens der Mitglied­schaft (Abs. 6 Z 4 bis 6), ihre Stellungnahme zur Gebührenordnung (§ 31 Abs. 3) und über die Erlassung von Verordnungen entscheidet die Vollversammlung aller Mitglieder mit einfacher Mehrheit; die Anwesenheit der Hälfte aller Mitglieder ist zur Beschlußfähigkeit ausreichend. Die Stimme des Vorsitzen­den gibt bei Stimmengleichheit den Ausschlag. In gleicher Weise entscheidet die Vollversammlung, wenn sie zu Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder zu Rechtsfragen, die unterschiedlich entschieden wurden, ohne Anlaßfall allgemein Stellung nimmt.

(8) Die Geschäftsordnung der Übernahmekommission und die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verordnungen sind nach Anhörung des Bundesministers für Justiz, des Bundesministers für Finanzen und des die Wiener Börse leitenden und verwaltenden Börseunternehmens zu erlassen, soweit diese nicht selbst für die Erlassung zuständig sind. Unbeschadet sonstiger Veröffentlichungspflichten sind alle in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verordnungen im Veröffentlichungsblatt des die Wiener Börse leitenden und verwaltenden Börseunternehmens zu veröffentlichen.

3

Aufgaben der Übernahmekommission, Vorfragenentscheidung

§ 29. (1) Die Zuständigkeit für alle in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten liegt ausschließlich bei der Übernahmekommission. Sie überwacht die Anwendung dieses Bundesgesetzes und entscheidet über alle nach diesem Bundesgesetz zu beurteilenden Angelegenheiten. Die Übernahme­kommission kann die Einleitung eines Verfahrens jederzeit von Amts wegen beschließen. Sie ist auch zur Erstattung von Stellungnahmen, zur Beratung und zur gütlichen Beilegung von Meinungsverschieden­heiten bei der Anwendung dieses Bundesgesetzes zuständig.

(2) Hängt die Entscheidung in einem zivilgerichtlichen Verfahren von der noch nicht vorliegenden Entscheidung einer Vorfrage ab, die nach diesem Bundesgesetz zu treffen ist, so hat das Gericht das Verfahren zu unterbrechen und einen Feststellungsbescheid der Übernahmekommission betreffend die Vorfrage herbeizuführen. Parteien des Feststellungsverfahrens sind die Parteien des zivilgerichtlichen Verfahrens, der Bieter und die Zielgesellschaft. An den Bescheid, der über die Vorfrage abspricht, ist das Gericht gebunden.

Verfahren

§ 30. (1) Die Entscheidung ist möglichst rasch, längstens innerhalb eines Monats, in Verfahren gemäß § 33 binnen angemessener Frist zu treffen; dies gilt nicht für Entscheidungen gemäß § 35. Die Bescheide der Übernahmekommission unterliegen mit Ausnahme der Bescheide gemäß § 35 keiner Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg.

(2) Das Verfahren vor der Übernahmekommission ist nach dem AVG zu führen, wobei auch der Zweite Abschnitt des Vierten Teils (Besondere Bestimmungen über das Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten) sinngemäß anzuwenden ist. Strafverfahren gemäß § 35 sind nach dem VStG zu führen.

(3) Die Übernahmekommission kann auf eine mündliche Verhandlung verzichten, wenn anzunehmen ist, daß sie auf Grund der Verhandlung zu keinem anderen Ergebnis kommen kann, insbesondere wenn es sich um einen klaren Sachverhalt sowie eine klare Rechtsfrage handelt und die Notwendigkeit einer raschen Entscheidung die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung untunlich erscheinen läßt. Eine mündliche Verhandlung ist jedenfalls im Verwaltungsstrafverfahren (§ 35) durchzuführen, weiters wenn die Parteien nicht auf die mündliche Verhandlung verzichtet haben und die Entscheidung einen der folgenden Gegenstände betrifft:

           1. die Feststellung der Gesetzwidrigkeit des Angebots oder der Angebotsunterlage, die Untersagung der Veröffentlichung der Angebotsunterlage oder der Durchführung des Angebots (§ 10 Abs. 3);

           2. die Verpflichtung zur Stellung eines Angebots oder zur Erstattung einer Mitteilung (§§ 22
bis 25);

           3. die Überprüfung der Angemessenheit des Preises des Pflichtangebots (§ 26 Abs. 5);

           4. zivilrechtliche Sanktionen (§ 34).

(4) Der Bieter, die mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträger (§ 23 Abs. 1), die Organe der Zielgesellschaft und die Sachverständigen (§§ 9 und 13) sowie alle sonstigen Berater haben der Übernahmekommission die zur Beurteilung des Angebots zweckdienlichen Angaben zu machen und jederzeit auf ihr Verlangen alle verfügbaren Informationen über das Angebot mitzuteilen sowie die Auskünfte zu geben und Unterlagen auszufolgen, welche die Übernahmekommission zur Erfüllung ihrer Aufgaben für notwendig erachtet. Bei Erfüllung dieser Pflicht besteht die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nicht, soweit ein Kreditinstitut Sachverständiger im Sinn der §§ 9 und 13 ist.

(5) Alle Veröffentlichungen, Bekanntmachungen, in die Öffentlichkeit gelangten Stellungnahmen und sonstigen Äußerungen des Bieters, der Organe der Zielgesellschaft, der Sachverständigen und aller sonstigen Berater sind der Übernahmekommission unverzüglich zur Kenntnis zu bringen, soweit sie ihr nicht vor der Veröffentlichung anzuzeigen sind.

(6) Die Übernahmekommission kann ihre Stellungnahmen und Bescheide veröffentlichen, wenn dies zur Information der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft zweckmäßig ist.

(7) Das die Wiener Börse leitende und verwaltende Börseunternehmen hat den Sach- und Personal­aufwand der Übernahmekommission zu tragen; es hat ihr ein Sekretariat und entsprechend qualifizierte Fachkräfte im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen.

(8) Die mit den Angelegenheiten der Übernahmekommission befaßten Mitarbeiter des die Wiener Börse leitenden und verwaltenden Börseunternehmens sind zur Verschwiegenheit verpflichtet; alle ihnen aus ihrer Tätigkeit nach diesem Bundesgesetz bekanntgewordenen Tatsachen dürfen sie nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben verwenden.

Auslagenersatz, Kosten und Gebühren

§ 31. (1) Die Mitglieder der Übernahmekommission haben Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reisekosten und Barauslagen sowie auf eine Vergütung für ihren Zeit- und Arbeitsaufwand. Die Vergütung ist in einer Verordnung des Bundesministers für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundes­minister für Finanzen unter Bedachtnahme auf Bedeutung und Umfang der Aufgaben der Übernahme­kommission zu regeln.

(2) Das die Wiener Börse leitende und verwaltende Börseunternehmen ist verpflichtet, die Ansprüche der Mitglieder der Übernahmekommission auf Auslagenersatz und Vergütungen gemäß Abs. 1 zu erfüllen.

(3) Das die Wiener Börse leitende und verwaltende Börseunternehmen kann eine Gebührenordnung für das Verfahren vor der Übernahmekommission erlassen; die darin vorzusehenden vom Bieter und von der Zielgesellschaft zu entrichtenden Gebühren sollen den Aufwand gemäß Abs. 1 und gemäß § 30 Abs. 7 decken. Die Gebührenordnung hat den Erlag von angemessenen Kosten- und Gebührenvorschüssen vorzusehen. Die Übernahmekommission ist vor Erlassung der Gebührenordnung zu hören.

(4) Der Bieter gilt hinsichtlich allfälliger Barauslagen als Antragsteller im Sinn des § 76 AVG.

Veröffentlichung von Stellungnahmen und Entscheidungen

§ 32. Der Vorsitzende der Übernahmekommission hat allgemeine Stellungnahmen (§ 28 Abs. 7 letzter Satz), die einer im Einzelfall ergangenen Stellungnahme zugrundeliegende Rechtsauffassung sowie Entscheidungen (§ 29 Abs. 1) in geeigneter Weise zu veröffentlichen, soweit diese über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben; hiebei sind berechtigte Interessen des Bieters, der Zielgesellschaft und sonstiger Beteiligter an der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen tunlichst zu berücksichtigen.

Besondere Vorschriften über das Pflichtangebot, die Preisbildung und zivilrechtliche Sanktionen

§ 33. (1) Die Übernahmekommission kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei mit Wirkung für und gegen den Bieter, die gemeinsam mit ihm vorgehenden Rechtsträger (§ 23 Abs. 1), die Zielgesellschaft und die Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft feststellen, ob

           1. ein Angebot unter Verletzung der Bestimmungen des 2. oder 3. Teils dieses Bundesgesetzes durchgeführt wurde, inbesondere ob bei einem Pflichtangebot der angebotene Preis den gesetzlichen Vorschriften (§ 26) nicht entsprochen hat;

           2. ein Pflichtangebot zu Unrecht nicht gestellt oder nicht angeordnet wurde oder eine gebotene Mitteilung unterlassen wurde (§§ 22 bis 25);

           3. zivilrechtliche Sanktionen nach § 34 eingetreten sind.

Für diese Verfahren gelten die Bestimmungen der Abs. 2 bis 7.

(2) Parteien des Verfahrens sind:

           1. der Bieter;

           2. mit dem Bieter gemeinsam vorgehende Rechtsträger (§ 23 Abs. 1), wenn diese Eigenschaft vom Rechtsträger selbst bejaht wird, bereits festgestellt wurde oder Gegenstand des anhängigen Verfahrens ist;

           3. die Zielgesellschaft (ausgenommen in einem Verfahren nach § 26 Abs. 5);

           4. Beteiligungspapierinhaber der Zielgesellschaft, die allein oder gemeinsam mit anderen Beteiligungspapierinhabern über Aktien mit einem Nennbetrag oder anteiligen Betrag von einem Hundertstel des Grundkapitals verfügen, oder über Beteiligungspapiere im anteiligen Betrag von mindestens einer Million Schilling, wenn sie diese Voraussetzung glaubhaft machen und – falls es sich um mehrere Beteiligungspapierinhaber handelt – einen gemeinsamen Vertreter bestellt haben. Ab Anpassung der Aktiennennbeträge an Euro-Nennbeträge tritt an die Stelle des Betrags von einer Million Schilling der Betrag von 70 000 Euro.

(3) Die Übernahmekommission hat die Einleitung des Verfahrens unverzüglich zu veröffentlichen (§ 11 Abs. 1 dritter Satz). Sie hat in dieser Veröffentlichung den Bieter und mit ihm gemeinsam vorgehende Rechtsträger (§ 23 Abs. 1) mit Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland aufzufordern, Zustellungsbevollmächtigte gemäß § 10 Abs. 2 zu bestellen. Weiters hat sie in der Veröffentlichung Inhaber von Beteiligungspapieren unter Setzung einer Frist von einem Monat darauf hinzuweisen, daß sie sich dem Verfahren unter den Voraussetzungen des Abs. 2 Z 4 anschließen können. Nach Ablauf dieser Frist sind Anträge weiterer Beteiligungspapierinhaber unzulässig; darauf ist in der Veröffentlichung hinzuweisen.

(4) Die Übernahmekommission hat zur Wahrung der Rechte der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft die beantragte Entscheidung auch dann zu treffen, wenn alle Parteien gemäß Abs. 2 ihre allfälligen Anträge zurückziehen.

(5) Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Gebühren der Sachverständigen, trägt der Bieter. Sie sind jedoch insoweit der Zielgesellschaft ganz oder zum Teil nach Billigkeit aufzuerlegen, als diese einen Antrag oder Gegenantrag gestellt hat und überhaupt oder ab einem bestimmten Zeitpunkt voraussehen konnte, daß ihr Antrag einen nicht zweckentsprechenden Verfahrensaufwand verursacht; unter den gleichen Voraussetzungen können den Beteiligungspapierinhabern Verfahrenskosten auferlegt werden. Die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung der Zielgesellschaft und der Beteiligungspapierinhaber sind nach Billigkeit ganz oder zum Teil dem Bieter aufzuerlegen, insbesondere wenn ihren Anträgen stattgegeben wird.

(6) Die Übernahmekommission kann zur Überprüfung der Angemessenheit des Preises des Pflichtangebots ein Gutachten des Gremiums gemäß § 225g AktG einholen. § 225g und § 225 h AktG gelten sinngemäß. Die Übernahmekommission darf jedoch einen Vergleich vor dem Gremium nur dann genehmigen, wenn damit die Rechte der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft angemessen berücksichtigt werden.

(7) Hat ein Bieter (ein mit ihm gemeinsam vorgehender Rechtsträger gemäß § 23 Abs. 1) mit Sitz, Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland nach der Veröffentlichung gemäß Abs. 3 keinen Zustellungsbevollmächtigten namhaft gemacht, kann die Übernahmekommission auf Kosten des Bieters einen Zustellungsbevollmächtigten bestellen.

Zivilrechtliche Sanktionen

§ 34. (1) Hat ein Aktionär

           1. Beteiligungspapiere unter Verletzung der Vorschriften des 2. Teils dieses Bundesgesetzes erwor­ben oder

           2. seiner Verpflichtung zur Stellung eines Angebots (§§ 22 bis 25) oder zur Mitteilung (§ 25 Abs. 1) nach dem 3. Teil dieses Bundesgesetzes nicht entsprochen, so ruht sein Stimmrecht.

(2) Auf Antrag des Bieters (jedes mit ihm gemeinsam vorgehenden Rechtsträgers gemäß § 23 Abs. 1) kann die Übernahmekommission in Fällen geringfügiger Verletzungen dieses Bundesgesetzes eine Ausnahme vom Ruhen der Stimmrechte gewähren; sie kann ihre Entscheidung von Bedingungen abhängig machen und Auflagen aussprechen.

(3) Bei schweren Verletzungen der Vorschriften dieses Bundesgesetzes kann die Übernahme­kommission auch das Ruhen der sonstigen Rechte des Beteiligungspapierinhabers verfügen; solange Vermögensrechte ruhen, verfallen die entsprechenden Zahlungen zugunsten der Gesellschaft.

(4) Weiters kann jeder Verkäufer bei schweren Verletzungen der Vorschriften dieses Bundesgesetzes von einem in Durchführung des Angebots geschlossenen Vertrag innerhalb von sechs Monaten ab Bekanntmachung der Entscheidung der Übernahmekommission durch Erklärung gegenüber dem Käufer zurücktreten und bereits abgewickelte Verkäufe rückgängig machen. Dabei hat der Verkäufer Zug um Zug gegen Rückgabe der Aktien nach seiner Wahl

                a) den seinerzeit erhaltenen Kaufpreis oder

               b) den Geldwert der Aktien zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung oder

                c) den Geldwert der Aktien zum Zeitpunkt der Rückabwicklung

zu erstatten.

(5) Eine schwere Verletzung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn

           1. der Bieter das Übernahmeangebot durchgeführt hat, obwohl die Übernahmekommission auf die Verletzung bestimmter Vorschriften hingewiesen und die Untersagung des Übernahmeangebots angedroht oder tatsächlich ausgesprochen hat;

           2. der Bieter der Aufforderung der Übernahmekommission, die von ihr festgelegten geeigneten Maßnahmen zur Wiedergutmachung der Folgen seines gesetzwidrigen Verhaltens zu setzen, nicht entspricht.

(6) Die Übernahmekommission hat die Sanktionen gemäß Abs. 1, 3 und 4 sowie gemäß Abs. 2 festgesetzte Bedingungen und Auflagen aufzuheben, wenn sie

           1. feststellt, daß die unter Verletzung von Vorschriften des 2. Teils dieses Bundesgesetzes erwor­benen Aktien wieder abgegeben wurden oder die Folgen des rechtswidrigen Verhaltens in anderer Weise wiedergutgemacht wurden;

           2. im Fall der Verletzung von Vorschriften des 3. Teils feststellt, daß ein den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechendes Angebot gemacht wurde oder daß eine nach § 25 zu erstattende Mitteilung gemacht wurde und eine Angebotspflicht nicht besteht oder daß die Folgen des rechtwidrigen Verhaltens in anderer Weise wiedergutgemacht wurden.

Die Übernahmekommission kann ihre Entscheidungen unter Bedingungen und Auflagen erlassen.

Strafbestimmungen

§ 35. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, begehen eine Verwaltungsübertretung

           1. der Bieter, die Mitglieder der vertretungsbefugten Organe des Bieters sowie jeder, der mit dem Bieter gemeinsam vorgeht (§ 23 Abs. 1), ebenso die Mitglieder der vertretungsbefugten Organe eines Rechtsträgers, die gemeinsam mit dem Bieter vorgehen (§ 23 Abs. 1), wenn sie einer der folgenden Bestimmungen zuwiderhandeln: § 4 Z 3 zweiter Halbsatz, § 5 Abs. 1, Abs. 2 sowie Abs. 3, die letztgenannten beiden Absätze in Verbindung mit Abs. 4 erster Satz, § 11 Abs. 1 und Abs. 2, § 16 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5, § 19 Abs. 2, § 21 Abs. 1 und Abs. 2, § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 Z 1 bis 4 sowie § 30 Abs. 4 und Abs. 5;

           2. die Mitglieder der vertretungsbefugten Organe der Zielgesellschaft, wenn sie einer der folgenden Bestimmungen zuwiderhandeln: § 4 Z 3 zweiter Halbsatz in Verbindung mit § 12, § 6 Abs. 2, § 11 Abs. 3, § 14 Abs. 1 und Abs. 3 sowie § 30 Abs. 4 und Abs. 5.

(2) Die Tat ist mit einer Geldstrafe von 50 000 S bis 500 000 S zu bestrafen.

(3) Für das Strafverfahren ist in erster Instanz die Übernahmekommission zuständig, über Berufungen entscheidet gemäß § 51 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat Wien.

(4) Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde ist der Bundesminister für Finanzen.

Verweisungen

§ 36. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Artikel II

Änderungen des Börsegesetzes

Das Börsegesetz 1989, BGBl. Nr. 555/1989, zuletzt geändert durch das BGBl. I Nr. 11/1998, wird geändert wie folgt:

1. Im § 91 Abs. 1

a) werden die Prozentsätze ”5 vH, 10 vH, 25 vH, 50 vH, 75 vH und 90 vH” durch die Prozentsätze ”5 vH, 10 vH, 15 vH, 20 vH, 25 vH, 30 vH, 35 vH, 40 vH, 45 vH, 50 vH, 75 vH und 90 vH” ersetzt und

b) wird vor dem letzten Satz folgender Satz eingefügt: ”Dies gilt auch für die Anteilsschwelle, die eine solche Gesellschaft in Ansehung des § 27 Abs. 1 Z 1 Übernahmegesetz in ihrer Satzung vorgesehen hat”.

2. Im § 92

a) wird am Ende der Z 8 nach dem Wort ”erforderlich” ein Strichpunkt gesetzt und

b) der Z 8 die folgende Z 9 angefügt:

         ”9. Stimmrechte aus Aktien, die nach § 23 Übernahmegesetz mit den Stimmrechten des Erwerbers zusammenzuzählen sind.”

Artikel III

Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991

Das EGVG, BGBl. Nr. 50/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 28/1998, wird wie folgt geändert:

In Art. II Abs. 2 wird in Z 28a der Beistrich durch einen Strichpunkt ersetzt; folgende Z 28b wird angefügt:

     ”28b. der Übernahmekommission;”

Artikel IV

Inkrafttreten, Schluß- und Übergangsbestimmungen, Vollziehungsklausel

Inkrafttreten

§ 1. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Oktober 1998 in Kraft.

Anwendbarkeit

§ 2. (1) Die Vorschriften dieses Bundesgesetzes sind auf freiwillige Übernahmeangebote anzuwenden, die nach seinem Inkrafttreten gestellt werden.

(2) Die Bestimmungen über das Pflichtangebot sind anzuwenden, wenn der das Pflichtangebot auslösende Tatbestand (Art. I § 22) nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes verwirklicht wird.

Ausnahme von der Angebotspflicht kraft Satzung (Opting-out)

§ 3. (1) Die Hauptversammlung kann bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Bundes­gesetzes durch Satzungsänderung beschließen, daß die Vorschriften des Art. I 3. Teil (Pflichtangebote) auf den Erwerber einer kontrollierenden Beteiligung und die gemeinsam mit ihm vorgehenden Rechtsträger (Art. I § 23 Abs. 1) keine Anwendung finden.

(2) Der Beschluß der Hauptversammlung bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt; die Satzung kann diese Mehrheit durch eine größere Kapitalmehrheit ersetzen. Die Anfechtung des Beschlusses kann nicht auf § 195 Abs. 2 AktG gestützt werden. Für den Beschluß der Hauptversammlung zur Aufhebung einer Satzungsbestimmung nach Abs. 1 genügt die einfache Mehrheit des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals.

(3) Beteiligungspapiere solcher Gesellschaften dürfen nicht im amtlichen Handel (§ 66 BörseG) notieren. Der Vorstand einer Gesellschaft, deren Beteiligungspapiere bisher im amtlichen Handel an der Wiener Börse notieren, hat eine notariell beglaubigte Abschrift des Hauptversammlungsbeschlusses über die Satzungsänderung im Sinn des Abs. 1 dem die Wiener Börse leitenden und verwaltenden Börseunternehmen zu übermitteln. Dieses hat mit Bescheid die Umreihung vom amtlichen Handel (§ 66 BörseG) in den geregelten Freiverkehr (§ 68 BörseG) auszusprechen. Die Satzungsänderung gemäß Abs. 1 darf im Firmenbuch erst nach Vorlage dieses Bescheides eingetragen werden. Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Verordnungen

§ 4. (1) Die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verordnungen können bereits ab dem auf die Kundmachung dieses Bundesgesetzes folgenden Tag erlassen werden, sie dürfen jedoch frühestens mit dem 1. Oktober 1998 in Kraft gesetzt werden.

(2) Die Übernahmekommission hat die Verordnungen gemäß Art. I § 16 Abs. 4, § 19 Abs. 4, § 22 Abs. 6, § 23 Abs. 2 und § 24 Abs. 2 bis 1. März 1999 zu erlassen.

Errichtung der Übernahmekommission

§ 5. Schon vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes können die Mitglieder der Übernahme­kommission bestellt sowie andere personelle und organisatorische Maßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung der Übernahmekommission getroffen werden.

Vollziehungsklausel

§ 6. Mit der Vollziehung des Art. I § 9 Abs. 2 lit. a ist der Bundesminister für Justiz im Ein­vernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegen­heiten, mit der Vollziehung des Art. I § 35 ist der Bundesminister für Finanzen, im übrigen ist mit der Vollziehung des Art. I der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen betraut; mit der Vollziehung des Art. II ist der Bundesminister für Finanzen, mit der Vollziehung des Art. III ist der Bundeskanzler betraut.

Vorblatt


Problem:

Der Erwerb von Aktien über ein an die Öffentlichkeit gerichtetes Angebot und die Rechtsfolgen des Erwerbs einer kontrollierenden Beteiligung – sei es über ein öffentliches Angebot, sei es auf Grund eines anderen Erwerbsvorgangs, zB des Kaufs eines Aktienpakets – sind in Österreich gesetzlich nicht geregelt. Die Bereitschaft, in österreichische börsenotierte Aktiengesellschaften zu investieren, soll durch die Einführung derartiger Bestimmungen gefördert werden. Dies ist umso dringlicher, als auf vielen ausländischen Kapitalmärkten entsprechende Regeln bestehen.

Ziel:

Anzustreben ist eine erhöhte Attraktivität des österreichischen Kapitalmarkts für private und institutionelle Anleger und damit ein erleichterter Zugang zu günstigem Eigenkapital für österreichische Unternehmen. Dies soll durch zwei Maßnahmen erreicht werden, die für österreichische börsenotierte Aktiengesellschaften gelten sollen:

Erstens sollen für öffentliche Übernahmeangebote verbindliche Regeln, insbesondere verbesserte Transparenz, vorgeschrieben werden, um eine sachgerechte und informierte Entscheidung der Aktionäre sicherzustellen.

Zweitens soll der Erwerber einer kontrollierenden Beteiligung verpflichtet werden, den übrigen Aktionären (”Minderheitsaktionären”) ein Kaufangebot zu machen, um ihnen damit das Ausscheiden aus der Aktiengesellschaft zu ermöglichen.

Inhalt:

Geregelt wird neben dem freiwilligen Übernahmeangebot das an alle Aktionäre zu richtende Pflichtangebot. Bei jedem Übernahmeangebot ist vom Bieter eine detaillierte Angebotsunterlage zur Information aller Aktionäre der Zielgesellschaft zu erstellen, die der Übernahmekommission anzuzeigen und zu veröffentlichen ist.

Ein Pflichtangebot ist zu stellen, wenn ein Gesellschafter eine kontrollierende Beteiligung erlangt, die es ihm ermöglicht, einen beherrschenden Einfluß auf die Gesellschaft auszuüben. Das Pflichtangebot ist an alle Beteiligungspapierinhaber der Zielgesellschaft zu richten. Für den Preis des Pflichtangebots ist einerseits der durchschnittliche Börsekurs der letzten sechs Monate und andererseits der Preis allfälliger vorangegangener Käufe durch den nunmehr kontrollierenden Aktionär ausschlaggebend.

Alternativen:

Beibehaltung der aus kapitalmarktpolitischer Sicht und aus der Sicht der Minderheitsaktionäre unbefriedigenden Rechtslage.

EU-Konformität:

Der Gesetzesvorschlag entspricht weitgehend dem Richtlinienvorschlag der EU über öffentliche Übernahmeangebote in der nach der Stellungnahme des Europäischen Parlaments geänderten Fassung vom 10. November 1997.

Kosten:

Dem Bund entstehen durch das Übernahmegesetz keine nennenswerten Kosten. Der Aufwand der Übernahmekommission einschließlich der Vergütungen an ihre Mitglieder wird von dem die Wiener Börse leitenden und verwaltenden Börseunternehmen, das ist die Wiener Börse AG, zu tragen sein. Sie kann diese Kosten über Gebühren hereinbringen, die von den Parteien des Übernahmeverfahrens zu entrichten sind. Für die Übernahmekommission sind keine Planstellen erforderlich.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

1. Einleitung:

Die Übernahme eines börsenotierten Unternehmens durch Aktienkauf, wie etwa auf Grund eines Paketkaufs, eines Kaufs über die Börse oder im Weg eines öffentlichen Angebots ist in Österreich gesetzlich nicht geregelt. Der Kauf der Bundesanteile an der Creditanstalt-Bankverein durch die Bank Austria hat dieses Thema aktualisiert und zu der politischen Einigung der Koalitionsparteien sowie zur Entschließung des Nationalrats vom 14. Jänner 1997 geführt, daß ein österreichisches Übernahmegesetz geschaffen werden soll. Nach den politischen Absichtserklärungen soll dabei der Schutz der Minderheits­aktionäre das vorrangige Regelungsziel sein.

Dies trifft mit Bemühungen um eine Harmonisierung des Übernahmerechts auf europäischer Ebene zusammen. Eine Dreizehnte Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote ist in Vorbereitung (siehe unter Punkt 2).

Die im Bundesministerium für Justiz bereits zur Koordinierung der österreichischen Haltung gegenüber dem Richtlinienvorschlag eingesetzte interministerielle Arbeitsgruppe hat daher die Aufgabe über­nommen, einen Gesetzentwurf vorzubereiten.

2. Entwicklung in der EU und Darstellung des Regelungsziels der geplanten Richtlinie:

2.1. Der erwähnte Richtlinienvorschlag über Übernahmeangebote hat eine lange Vorgeschichte: Nach dem Scheitern eines ersten Entwurfs 1974 innerhalb der Kommission nahm sie sich des Themas 1985 erneut an und beschloß 1989 einen ersten Richtlinienvorschlag. Dieser wurde nach der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Europäischen Parlaments überarbeitet und 1990 in geänderter Fassung dem Rat vorgelegt [KOM(90)416 endg. – SYN 186].

Die anschließenden Beratungen im Rat verliefen ergebnislos, vor allem Großbritannien und Deutschland hatten grundsätzliche Einwendungen gegen den Vorschlag. Am 7. Februar 1996 legte die Kommission einen auf eine ”Rahmenrichtlinie” reduzierten Text [KOM(95)655 endg.] neuerlich vor. Das Europäische Parlament hat dazu am 26. Juni 1997 Stellung genommen. Die Beratungen zu dem daraufhin von der Kommission weitgehend entsprechend den Vorschlägen des Europäischen Parlaments geänderten Vorschlag vom 10. November 1997 [KOM(97) 565 endg., in der Folge: RL-Vorschlag] haben in der Ratsarbeitsgruppe ”Gesellschaftsrecht” am 1. Dezember 1997 begonnen. (Zum Text des geänderten RL-Vorschlags vgl. den Anhang; die Änderungen gegenüber der Fassung vom Februar 1996 sind in der rechten Spalte ersichtlich.)

2.2. Die folgende kurze Darstellung der Bestimmungen des RL-Vorschlags ist zugleich eine Einführung in die grundsätzlichen Fragen des Übernahmerechts.

Nach der Definition des RL-Vorschlags ist unter einem ”Übernahmeangebot” ein an die Inhaber von übertragbaren Wertpapieren, mit denen Stimmrechte in einer Gesellschaft verbunden sind, abgegebenes Angebot zum Erwerb dieser Wertpapiere gegen Gewährung einer Barabfindung oder gegen Überlassung von Wertpapieren zu verstehen. Auf einen darüber hinausgehenden Anwendungsbereich, der insbesondere auch Wandelschuldverschreibungen, Bezugsrechte, Optionen und Optionsscheine erfaßt hätte (so noch der Entwurf vom Februar 1996), wurde verzichtet.

Übernahmeangebote zielen in der Regel darauf ab, die Stimmrechtsmehrheit an einer Aktiengesellschaft zu erlangen, um dann bestimmte unternehmerische Ziele durchsetzen zu können.

Neben der Spaltung und der Verschmelzung ist also die Übernahme eines die Kontrolle verschaffenden Aktienpakets eines der Mittel zur Umstrukturierung von Unternehmen. Ein wirtschaftlich ähnliches Ergebnis kann durch die Verschmelzung von Unternehmen erreicht werden. Die Vorgänge unterscheiden sich jedoch rechtlich grundlegend. Bei der Verschmelzung erfolgt die Übertragung des gesamten Aktiv- und Passivvermögens der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft unter Auflösung der übertragenden Gesellschaft, wobei Aktien der übernehmenden Gesellschaft an die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft auszugeben sind. Das Recht der Verschmelzung ist bereits durch die Dritte Richtlinie des Rates vom 19. Oktober 1978 betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (78/855/EWG) harmonisiert. Dagegen bleibt im Rahmen einer Übernahme die Gesellschaft, deren Wertpapiere Gegenstand des Übernahmeangebots sind (die sogenannte Zielgesellschaft), bestehen.

Die Verschmelzungsrichtlinie umfaßt nur Verschmelzungen von Gesellschaften desselben Mitglied­staates. Grenzüberschreitende Umstrukturierungen auf Gemeinschaftsebene können derzeit vor allem durch den Kauf größerer Aktienpakete vorgenommen werden. Der Erwerb von Aktien, die die Kontrolle über eine Gesellschaft ermöglichen, ist auch ein praktisch leicht gangbarer Weg für nicht in der Gemeinschaft ansässige Unternehmen, in einem Mitgliedstaat wirtschaftlich tätig zu sein und dabei alle Vorteile eines in einem Mitgliedstaat gegründeten Unternehmens in Anspruch nehmen zu können.

Die Bedeutung des RL-Vorschlags ist sohin auch darin zu sehen, daß damit auf Gemeinschaftsebene eine wichtige Form der grenzüberschreitenden Verflechtung und Umstrukturierung geregelt wird.

2.3. Jedes öffentliche Übernahmeangebot führt bei den dadurch angesprochenen und damit meist überraschten Aktionären zu einem großen Informationsbedürfnis, da innerhalb relativ kurzer Zeit die Entscheidung über den Verkauf der eigenen Wertpapiere oder den weiteren Verbleib in der Gesellschaft getroffen werden muß. Es wird daher ein diesem Transparenzgebot Rechnung tragendes Verfahren vorgeschlagen, das bei jedem öffentlichen Übernahmeangebot einzuhalten ist. Wesentlich sind dabei die vom Bieter in der sogenannten Angebotsunterlage offenzulegenden Informationen . Der gesamte Vorgang soll von einem Aufsichtsorgan überwacht und kontrolliert werden. Diese ”Verfahrensvorschriften” gelten für jedes öffentliche Übernahmeangebot, also für jedes an die Allgemeinheit gerichtete Anbot zum Kauf der Aktien einer bestimmten Gesellschaft.

2.4. Besondere Bestimmungen sollen nach dem RL-Vorschlag zusätzlich für den Fall gelten, daß jemand unter Hinzuzählung der bereits gehaltenen Wertpapiere weitere Wertpapiere erwirbt, die diesem Aktionär die Kontrolle über die Gesellschaft verschaffen. Die übrigen Aktionäre müssen dann befürchten, sich plötzlich in einer Gesellschaft wiederzufinden, an deren Aktien sie nicht länger interessiert sind. Denn die Unternehmensziele können nach einem solchen Kontrollwechsel neu definiert und das Management neu bestellt werden. Vor allem droht folgende Gefahr: Übernahmeangebote verfolgen oft den Zweck, ein Unternehmen in den Konzern des übernehmenden Aktionärs einzugliedern, wobei das übernommene Unternehmen im Interesse dieses Konzerns arbeiten soll. Der Übernehmer als kontrollierender Aktionär wird zum Mutterunternehmen und kann die neue Tochter in vielerlei Hinsicht steuern. Für die übrigen Gesellschafter ist dabei eine Steuerung zu befürchten, die auf eine Gewinnmaximierung bei der Muttergesellschaft zu Lasten der Tochtergesellschaft abzielt.

Ziel des RL-Vorschlags ist es daher auch, bei einem Kontrollwechsel jedem Aktionär der Zielgesellschaft die Möglichkeit zum Verkauf seiner Aktien (oder jedenfalls eines wesentlichen Teils davon) an den Bieter zu sichern.

Beim Kauf größerer Aktienpakete wird meist ein sogenannter Paketzuschlag oder Kontrollbonus bezahlt. Der an der Kontrolle einer Gesellschaft interessierte Bieter ist oft bereit, weit über dem Aktienkurs liegende Beträge für Wertpapiere, die ihm schließlich die Kontrolle ermöglichen, zu bezahlen. Die Höhe des ”Paketzuschlags” ist vor allem vom erwarteten Synergiegewinn abhängig. Das Pflichtangebot soll die Gleichbehandlung aller Aktionäre durch eine Verteilung dieses Paketzuschlags an alle verkaufswilligen Wertpapierinhaber sicherstellen und die Transparenz des Übernahmevorgangs gewährleisten.

3. Rechtslage in anderen Staaten:

Die kapitalmarktfreundlichste Übernahmeregelung in Europa hat Großbritannien. Für Übernahme­angebote stellt der ”City Code on Takeovers and Mergers” detaillierte Verhaltensregeln auf. Sie werden durch die SARS (Rules on Substantial Acquisitions of Shares) und einige gesetzliche Bestimmungen ergänzt.

City Code und SARS sind keine Gesetze, sondern stellen einen zur freiwilligen Selbstkontrolle entwickelten, sehr umfangreichen und ausgefeilten Verhaltenskodex der britischen Finanzwirtschaft dar, der vom ”Takeover-Panel” überwacht wird. (Vgl. Stern, Übernahmeangebote im englischen Recht, ÖBA 1992, 1065 ff und ÖBA 1993, 27 ff.)

Danach muß ein Aktionär, der 30% der Stimmrechtsanteile an einer Gesellschaft erwirbt, ein Übernahme­angebot an alle anderen Aktionäre zum Aufkauf ihrer Aktien richten, wobei der für die Erlangung der Kontrollbeteiligung gezahlte Preis pro Aktie dem Übernahmeangebot zugrundezulegen ist. Für bestimmte Fälle (so zB die Sanierung oder die Erlangung einer nur vorübergehenden Kontrollmehrheit) sind Ausnahmen vorgesehen.

In der Bundesrepublik Deutschland gilt seit Oktober 1995 der Übernahmekodex der Börsensachver­ständigenkommission, der mit Wirkung zum 1. Jänner 1998 in zentralen Punkten geändert wurde. (Vgl. Neye, Der neue Übernahmekodex der Börsensachverständigenkommission, ZIP 1995, 1464 ff und den nun geltenden Text, abgedruckt in AG 1998, 133 ff.) Seine Geltung beruht auf freiwilliger Unterwerfung der Aktiengesellschaften. Trotz der Änderungen wird der deutsche Übernahmekodex als unzulänglich kritisiert (zuletzt zB Hopt, ZHR 1997, 368, 393 ff; Kirchner/Ehricke, Funktionsdefizite des Übernahme­kodex, AG 1998, 105 ff). Im Juli 1997 hat die Fraktion der SPD den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen im deutschen Bundestag eingebracht (Bundestags-Drucksache 13/8164); der Entwurf schlägt als maßgeblichen Schwellenwert für das Pflichtangebot 30% vor und läßt keinen Abschlag vom Paketpreis zu.

In Frankreich ist kraft Gesetzes die maßgebliche Stimmrechtschwelle für ein Pflichtangebot an alle Aktionäre mit 33% der Stimmrechtsanteile festgelegt, nicht aber die Höhe des Angebotspreises beim Pflichtangebot. Die dafür zuständige Aufsichtsbehörde (Rat der Wertpapierbörse) kann jedoch einen Vorschlag der Bietergesellschaft zurückweisen, falls ihr der Preis nicht annehmbar erscheint. (Vgl. Schmidt, Das obligatorische öffentliche Übernahmeangebot von Unternehmensteilen im französischen Recht, AG 1994, 12 ff.)

4

Im spanischen Recht (Königliche Verordnung über die Regelung von Übernahmeangeboten, 1197/1991 vom 26. Juli 1991) muß bei öffentlichen Übernahmeangeboten je nach der dadurch angestrebten Beteiligungshöhe ein Angebot über einen unterschiedlichen Prozentsatz von Wertpapieren abgegeben werden. (Vgl. Rojo, Das öffentliche Übernahmeangebot im spanischen Recht, AG 1994, 16 ff.)

In Belgien besteht ein ”Gesetz über die Publizität wesentlicher Beteiligungen und zur Regelung öffentlicher Übernahmeangebote” sowie ein ”königlicher Erlaß betreffend öffentliche Übernahme­angebote und Kontrollwechsel” seit 1989.

In Italien ist das Übernahmerecht seit 1992 – teilweise angelehnt an einen früheren Richtlinienvorschlag der Kommission – gesetzlich geregelt (Gesetz Nr. 142/1992); eine Novelle zur weiteren Anpassung an den voraussichtlichen Inhalt der Richtlinie wird am 1. Juli 1998 in Kraft treten.

1997 wurde auch in Irland eine gesetzliche Regelung beschlossen, die weitgehend vom City Code geprägt ist.

Am 1. Jänner 1998 ist in der Schweiz auch jener Teil des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG, BBl 1993 I 1369), in der Folge BEHG, in Kraft getreten, der sowohl das freiwillige als auch das obligatorische Übernahmeangebot regelt; Ausführungsverordnungen dazu sind ebenfalls am 1. Jänner 1998 in Kraft getreten. Eine Angebotspflicht besteht, wenn ein Aktionär Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 331/3% der Stimmrechte einer Zielgesellschaft überschreitet. Der Preis des Angebots kann 25% unter dem höchsten Preis liegen, den der Anbieter in den letzten zwölf Monaten für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft bezahlt hat. Untergrenze ist der Börsekurs. Die schweizerische Regelung sieht einschneidende ”Opting-out”-Möglichkeiten vor. So kann eine Gesellschaft vor der Notierung ihrer Beteiligungspapiere in ihren Statuten festlegen, daß ein Übernehmer nicht zu einem öffentlichen Kaufangebot verpflichtet ist. Es kann aber auch der Grenzwert von 331/3% der Stimmrechte in den Statuten der Zielgesellschaft bis auf 49% der Stimmrechte angehoben werden.

Auch Ungarn und die Tschechische Republik regeln Übernahmeangebote, ohne allerdings die Weiter­gabe des Paketzuschlags an die Minderheitsaktionäre zu statuieren (Dedic/Bucková/Winner, Das Über­nahmerecht und die Meldepflicht in Tschechien, Arbeitspapiere des FOWI Nr. 51 [1998]). Seit August 1997 ist die Übernahme von Unternehmen auch in Slowenien ausführlich und modern geregelt (Bruckmüller/Kocbek, Das slowenische Takeover-Gesetz, WIRO 1998, 8 ff).

Einen Überblick über die Rechtslage in den wichtigsten europäischen Ländern enthält Doralt/Nowotny/
Schauer (Hg.), Takeover-Recht (1997).

4. Problemstellung:

4.1. Die Regelung des Übernahmerechts steht auch in Österreich im Spannungsfeld verschiedener Interessen:

Die zu entscheidenden rechtspolitischen Probleme stellen sich dabei einerseits bei der Regelung des freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots, das in Österreich wegen der hier vorherrschenden Eigentümerstruktur vorläufig nur bei wenigen, wenn auch großen, Gesellschaften praktische Bedeutung haben wird, andererseits beim Pflichtangebot: Hier geht es vor allem um die Frage, wie die Erlangung einer kontrollierenden Beteiligung, die das Pflichtangebot auslösen soll, zu definieren ist und ob die Minderheitsaktionäre gleich wie der veräußernde Kontrollaktionär zu behandeln sind (siehe 4.2 und Doralt, Überlegungen zur Gestaltung der Vorschriften über das Recht des öffentlichen Übernahme­angebotes in Österreich, Festschrift Bruno Kropff [1997], 58 ff).

Zum Pflichtangebot ist anzumerken, daß der RL-Vorschlag in Art. 3 den Mitgliedstaaten anstelle eines ”obligatorischen Angebots” auch ”andere geeignete und mindestens gleichwertige Vorkehrungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre” anbietet. Diese Alternative ist vor allem auf das deutsche Konzernrecht gemünzt. In der Bundesrepublik Deutschland hat sich aber inzwischen die Meinung durchgesetzt, daß auch das ausgefeilte deutsche Konzernrecht keinen gleichwertigen Anlegerschutz bietet (vgl. dazu Hopt , Europäisches und deutsches Übernahmerecht, ZHR 1997, 384 ff).

Bei der österreichischen Regelung kommt – schon mangels einer dem deutschen Konzernrecht vergleich­baren Gesetzeslage – wie in den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wohl nur die Statuierung eines obligatorischen Übernahmeangebots in Betracht.

Zur Höhe des vom kontrollierenden Aktionär dabei anzubietenden Preises heißt es in Art. 10 des geänderten RL-Vorschlags, daß ein Preis anzubieten ist, ”der die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherstellt”.

4.2. Grundsätzlich liegt es im Interesse des Kapitalmarkts, daß von dem bei der Veräußerung eines großen – die Kontrolle über eine Gesellschaft verschaffenden – Aktienpakets zu erzielenden Paketzuschlag alle Inhaber von Substanzpapieren Nutzen ziehen. Dadurch wird die Beteiligung an österreichischen Aktiengesellschaften für institutionelle Anleger (zB in- und ausländische Investment- und Pensionsfonds) wie für Kleinanleger attraktiver.

Das obligatorische Übernahmeangebot an alle Beteiligungspapierinhaber im Fall des Kontrollwechsels unter Festlegung eines am Paketpreis orientierten und daher meist deutlich über dem Börsekurs liegenden Preises verteuert Unternehmensübernahmen für ausländische wie für österreichische Bieter gleicher­maßen. Allerdings kann der Bieter seinen Finanzierungsbedarf durch ein neben das Barangebot tretendes Tauschangebot mit Wertpapieren (insbesondere seiner eigenen durch Kapitalerhöhung zu schaffenden Aktien) verringern. Der Liquiditätsbedarf des Bieters richtet sich nicht zuletzt nach der Attraktivität eines solchen zusätzlichen Tauschangebots.

4.3. Zu bedenken ist, daß in Österreich – anders als zB in den USA und in Großbritannien – Publikums­gesellschaften mit großem Streubesitz selten sind und viele Aktiengesellschaften einen Mehrheitsaktionär haben. Die Verpflichtung des Erwerbers einer Kontrollbeteiligung zu einem öffentlichen Übernahme­angebot an alle Minderheitsaktionäre verschlechtert daher mittelbar die Möglichkeit des Mehrheits­aktionärs, sein Aktienpaket zu veräußern, weil der Käufer beim Kauf des Pakets für die Finanzierung des Kaufs aller Aktien vorzusorgen hat. Der Mehrheitsaktionär wird also im Ergebnis den Paketzuschlag mit den Minderheitsaktionären in Hinkunft zu teilen haben. Dieser Nachteil ist umso größer, je konsequenter der Gleichbehandlungsgrundsatz durch das Pflichtangebot verwirklicht wird; der Entwurf sieht einen Abschlag vom Paketpreis von 15% vor, wodurch die Belastung der derzeitigen Mehrheitsaktionäre wesentlich verringert wird. Außerdem wird ein ”Opting-out” eröffnet. Bei der Beurteilung der trotz dieser Begleitmaßnahmen verbleibenden Belastung der heutigen Mehrheitsaktionäre ist zu bedenken, daß gerade denselben Personen durch die gesteigerte Attraktivität österreichischer notierter Aktiengesellschaften ein Verkauf ihrer Aktien über die Börse und daher auch Kapitalerhöhungen erleichtert werden.

4.4. Entsprechend dem RL-Vorschlag muß weiters auch das österreichische Übernahmerecht sicher­stellen, daß den Minderheitsaktionären im Fall eines öffentlichen Übernahmeangebots möglichst aufschlußreiche Informationen über die zukünftige Unternehmenspolitik und die Bewertung der Aktien gegeben werden. Sie sollen ihre Entscheidung über einen Verkauf ihrer Wertpapiere oder über einen weiteren Verbleib in der Gesellschaft auf einer möglichst soliden und transparenten Grundlage treffen können. Zugleich sollen aber vor der Veröffentlichung der Angebotsunterlagen durch Geheimhaltungs­pflichten beziehungsweise Bekanntmachungspflichten in den Fällen, in denen ein bevorstehendes Angebot nicht mehr geheimgehalten werden kann, Insidergeschäfte und Marktverzerrungen vermieden werden.

4.5. Nach dem RL-Vorschlag ist auch das Verhalten des Bieters und des Managements der Zielgesell­schaft während eines Übernahmeverfahrens zu regeln, wobei das Transparenzgebot für den Bieter und das Neutralitätsgebot für Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft im Vordergrund stehen.

4.6. Von großer Bedeutung für die Akzeptanz und die Durchsetzbarkeit künftiger gesetzlicher Bestim­mungen ist die zu ihrer Vollziehung berufene Behörde. Nach dem RL-Vorschlag (Art. 4) hat ein Aufsichtsorgan den gesamten Angebotsvorgang zu überwachen, wobei auch ”Vereinigungen oder private Einrichtungen” von den Mitgliedstaaten als Aufsichtsorgan benannt werden können (siehe auch den 6. und 7. Erwägungsgrund zum RL-Vorschlag). Auf Grund der im Begutachtungsverfahren, insbesondere auch von der Wirtschaftskammer Österreich, geäußerten Kritik wurde eine am schweizerischen Vorbild orientierte Lösung verworfen; der Entwurf schlägt daher die Einrichtung einer Übernahmekommission als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag gemäß Art. 133 Z 4 B-VG vor (vgl. unten Punkt 6.4.).

5. Zur Ausarbeitung des Entwurfs:

5.1. Vorauszuschicken ist, daß der Gesetzesentwurf auf einem von Univ.-Prof. Dr. Peter Doralt unter Mitarbeit von Univ.-Ass. MMag. Martin Winner erstellten Entwurf beruht, der Grundlage für die Diskussionen in der im Bundesministerium für Justiz eingerichteten interministeriellen Arbeitsgruppe war, in der alle interessierten Kreise vertreten waren. So auch die Strategiegruppe ”Finanzmarkt Austria”, die schon im Herbst 1996 den Beschluß gefaßt hatte, daß zur Förderung des österreichischen Kapitalmarkts unter anderem ein Übernahmerecht auszuarbeiten sei.

Teilnehmer der unter dem Vorsitz von Generalanwalt Dr. Peter Zetter tagenden Arbeitsgruppe waren:

Mag. Irene Bischof (Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten), Vizepräsident Dr. Alfred Brogyanyi (Kammer der Wirtschaftstreuhänder), Univ.-Prof. Dr. Peter Doralt (Wirtschaftsuniversität Wien), Dr. Michael Eberhartinger (Wirtschaftskammer Österreich), Rat Dr. Peter Erlacher (Bundes­ministerium für Finanzen), Oberkommissärin Dr. Edith Frauwallner (Bundesministerium für wirtschaft­liche Angelegenheiten), Mag. Helmut Gahleitner (Bundesarbeitskammer), Mag. Thomas Haghofer (Bundeskanzleramt – Konsumentenschutz), Univ.-Doz. Dr. Hanspeter Hanreich (Wirtschaftskammer Österreich), Mag. Erich Holnsteiner (Bundesministerium für Finanzen), Mag. Manfred Kainz (Vereinigung österreichischer Industrieller), Dr. Ulrich Kamp (Wiener Börse), DDr. Heinrich Kopecky (Wirtschaftskammer Österreich), Mag. Erich Kühnelt (Wirtschaftskammer Österreich), Mag. Franz Nauschnigg (Bundesministerium für Finanzen), Univ.-Prof. Dr. Christian Nowotny (Wirtschaftsuniver­sität Wien), Ministerialrat Dr. Walter Ruess (Bundesministerium für Finanzen), Dr. Wolfgang Seitz (Vereinigung österreichischer Industrieller), Oberkommissärin Mag. Julia Stiefelmeyer (Bundesmini­sterium für wirtschaftliche Angelegenheiten), Rat Dr. Peter Takacs (Bundesministerium für wirtschaft­liche Angelegenheiten), Hon.-Prof. DDr. Hellwig Torggler (Österreichischer Rechtsanwaltskammertag), Dr. Michael Umfahrer (Österreichische Notariatskammer), Univ. Doz. Dr. Stefan Weber (Strategiegruppe Finanzplatz Österreich), Mag. Ulrike Wolfinger (Österreichische Notariatskammer), Mag. Thomas Zotter (Bundesarbeitskammer). Sachbearbeiterin im Bundesministerium für Justiz war OStA Dr. Sonja Bydlinski.

Das Redaktionskomitee des 1997 zur Begutachtung versendeten Entwurfs bildeten Univ.-Prof. Dr. Peter Doralt und Univ.-Prof. Dr. Christian Nowotny sowie die Vertreter des Bundesministeriums für Justiz, des Bundesministeriums für Finanzen und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten.

5.2. Bei der Ausarbeitung des Entwurfs wurde darauf Bedacht genommen, soweit wie möglich eine – vorausschauend – EU-konforme Regelung vorzuschlagen (vgl. aber § 26 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 RL-Vorschlag). Diese Vorgangsweise ist hier besonders naheliegend, da – wie zu Punkt 2 ausgeführt – der RL-Vorschlag als Rahmenrichtlinie gedacht ist, die den Mitgliedstaaten einen weiten Umsetzungs­spielraum beläßt. Die Vorgaben des RL-Vorschlags können daher im großen und ganzen als kleinster gemeinsamer Nenner für nationale Regelungen verstanden werden. Im Unterschied zu anderen Staaten, die vor einer gesetzlichen Regelung eine auf freiwilliger Basis bestehende Übernahmeregelung haben (Bundesrepublik Deutschland) oder hatten (Schweiz), konnte in Österreich bei der Erarbeitung des Entwurfs auf keine praktischen Erfahrungen zurückgegriffen werden.

5.3. Bei der Auswertung des Begutachtungsverfahrens im Herbst 1997 stellte sich heraus, daß einige Punkte des Entwurfs – vor allem aus der Sicht österreichischer Mehrheitsaktionäre und der Wirtschafts­kammer Österreich sowie des Bankensektors – als zu belastend beurteilt wurden. Diesen Bedenken trägt der überarbeitete Text des Entwurfs durch Opting-out-Möglichkeiten (Art. IV § 3 und Art. I § 27 Abs. 1 Z 3), durch die Vereinfachung des Verfahrens vor der Übernahmekommission, insbesondere die Er­setzung des Genehmigungsverfahrens durch ein Anzeigeverfahren (vgl. §§ 10, 11 und 25) und durch den Verzicht auf eine durch einen bestimmten Prozentsatz an Stimmrechten ausgedrückte Kontrollschwelle (vgl. unten Punkt 6.2. und § 22) Rechnung.

6. Lösungsvorschläge des Entwurfs zu zentralen Punkten:

6.1. Für den Geltungsbereich ist folgende Doppelanknüpfung maßgeblich: Der Entwurf soll für öffentliche Angebote zum Kauf von Aktien oder sonstigen Beteiligungspapieren gelten, die von einer Aktiengesellschaft mit Sitz im Inland emittiert wurden und an einer österreichischen Börse zum amtlichen Handel oder zum geregelten Freiverkehr zugelassen sind. Das Pflichtangebot muß alle Substanzpapiere der Zielgesellschaft – und nicht nur Stimmrechtsaktien – umfassen (vgl. aber die Möglichkeit des Opting-out im § 27 Abs. 1 Z 3).

6.2. Wie nach dem RL-Vorschlag soll das Pflichtangebot an alle Minderheitsaktionäre durch das Erlangen einer kontrollierenden Beteiligung an einer börsenotierten Aktiengesellschaft, die einen beherrschenden Einfluß auf diese Aktiengesellschaft ermöglicht, ausgelöst werden. Wie es zu diesem Kontrollerwerb kommt, ist irrelevant. In Österreich wird der Kontrollwechsel vor allem durch außerbörslichen Pakethandel eintreten. Unerheblich soll auch sein, ob die bisher schon bestehende Kontrolle eines Aktionärs auf einen neuen Großaktionär übergeht oder ob eine Kontrollposition eines Aktionärs, zB infolge eines öffentlichen Übernahmeangebots, erstmals aufgebaut wird. Das Gesetz grenzt den unbestimmten Begriff der kontrollierenden Beteiligung durch einige ergänzende Bestimmungen und Verweise auf bereits bewährte Kriterien (insbesondere § 244 HGB) ein, überläßt aber schließlich nähere Bestimmungen zu diesem Tatbestand einer Verordnung der Übernahmekommission.

6.3. Besonders beim Pakethandel, der einem Kontrollerwerb beziehungsweise -wechsel meist vorausgeht, stellt sich angesichts des vom Verkäufer in aller Regel erzielten Paketzuschlags (Kontrollbonus) die Frage, ob und wieweit dieser Paketzuschlag auch den übrigen Aktionären über den im Übernahmeangebot genannten Preis weiterzugeben ist. Diese rechtspolitisch zu entscheidende Frage (vgl. dazu oben Punkt 4) wurde in verschiedenen europäischen Rechtsordnungen – wie unter Punkt 3 skizziert – unterschiedlich gelöst. Der Entwurf sieht einen Übernahmepreis vor, der sich zwar maßgeblich am Paketpreis orientiert, der aber – wie in der schweizerischen Regelung – einen gewissen Abschlag zuläßt, der im Entwurf (vgl. § 26 Abs. 1) mit höchstens 15% angesetzt ist. In der Satzung der Zielgesellschaft kann nach § 27 Abs. 1 Z 2 dieser Abschlag ausgeschlossen oder mit einem niedrigeren Prozentsatz festgelegt werden.

6.4. Von großer Bedeutung für die Akzeptanz und Effizienz der geplanten Regelung ist die auch vom RL-Vorschlag zur Überwachung des Übernahmevorgangs geforderte ”Aufsichtsbehörde”.

Die Zuständigkeit für alle nach dem Übernahmegesetz zu entscheidenden Fragen soll nach dem Entwurf bei einer neu einzurichtenden Stelle liegen, und zwar bei der Übernahmekommission (§ 28).

Vorauszuschicken ist , daß die Bestimmungen des Übernahmegesetzes zwar im Kern privatrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Natur sind (geregelt wird vor allem der Inhalt des Vertrags zwischen dem Bieter und den Inhabern von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft sowie das Vorgehen beim Vertragsab­schluß), daß aber dieser Vorgang vor allem aus kapitalmarkt- und börserechtlichen Gesichtspunkten geregelt wird.

An die einzurichtende Behörde sind daher folgende Anforderungen zu stellen:

Rasches Vorgehen und schnelle endgültige Entscheidungen; Bewältigung eines Mehrparteienverfahrens; Konzentration auf eine Zentralstelle, so daß Fachwissen und Erfahrungswerte entstehen können; Spezialwissen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts sowie des Kapitalmarkt- und Wertpapierwesens.

Diesen Anforderungen entspricht am besten eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag nach § 133 Z 4 B-VG, die in erster und letzter Instanz entscheiden kann. Die vorgeschlagene Übernahme­kommission bietet neben der Beteiligung eines Richters auch den Vorteil, daß sachkundige Personen aus den verschiedenen hier relevanten Bereichen zu Mitgliedern bestellt werden können. Eine in der Behörde selbst vereinte Sachverständigenkompetenz kann gerade durch die Errichtung einer solchen Kollegial­behörde erreicht werden. Sie hat auch den Vorteil, daß sie als Tribunal im Sinn der MRK über ”civil rights” entscheiden kann.

Die Errichtung einer weiteren Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag ist hier trotz der knappen richterlichen Personalreserven ausnahmsweise auf Grund der großen wirtschaftlichen Tragweite der Entscheidungen der Übernahmekommission vertretbar. Im übrigen ist nach derzeitigen Schätzungen in den nächsten Jahren nur mit wenigen Übernahmefällen zu rechnen. Zu möglichen Gerichtsverfahren infolge von Unternehmensübernahmen ist zu bemerken, daß gerade den hier vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen auch eine streitvermeidende und damit gerichtsentlastende Funktion zukommen wird.

6.5. Auch im Bereich der Normsetzung selbst soll Flexibilität möglich sein; durch Verordnungsermächti­gungen soll in Teilbereichen eine rasche Anpassung an künftige Entwicklungen und Erkenntnisse erfolgen können.

7. Kompetenz:

Die hier vorgeschlagene Regelung des Übernahmerechts enthält zivilrechtliche, insbesonders gesell­schaftsrechtliche, aber auch kapitalmarktrechtliche Bestimmungen; die Zuständigkeit des Bundes ist nach Art. 10 Abs. 1 Z 6 und Z 5 B-VG gegeben.

8. Kosten:

Die Übernahmekommission soll bei dem die Wiener Börse leitenden und verwaltenden Börseunter­nehmen, das ist die Wiener Börse AG, eingerichtet werden, die den Sach- und Personalaufwand zu tragen hat. Dieser Aufwand soll durch Beiträge der Bieter und der Zielgesellschaften gedeckt werden. Daher wird die Wiener Börse AG zugleich ermächtigt, eine Gebührenordnung unter Bedachtnahme auf eine voraussichtliche Kostendeckung zu erlassen. Dem Bund entstehen somit durch dieses Bundesgesetz keine nennenswerten Kosten. Für die Übernahmekommission sind keine Planstellen erforderlich.

Besonderer Teil

Zu § 1 (Begriffe):

§ 1 definiert die wichtigsten Begriffe des Entwurfs und folgt dabei im wesentlichen dem RL-Vorschlag (vgl. Art. 2).

Zu Z 1:

Das öffentliche Übernahmeangebot ist eine Vertragsofferte an die Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft, die auf den entgeltlichen Erwerb dieser Papiere gerichtet ist. Der Entwurf verlangt als Voraussetzung für die Qualifikation als Übernahmeangebot ein ”öffentliches Angebot”, definiert diesen Begriff aber nicht. Auch der RL-Vorschlag enthält keine Definition des Begriffs ”öffentlich”. Zahlreiche ausländische Regelungswerke verzichten ebenfalls darauf, weil mit einer exakten Definition eine allzu große Umgehungsgefahr verbunden wäre. Zurückgehend auf die Praxis der US-amerikanischen Security and Exchange Commission werden im Ausland vielfach acht Kriterien beachtet (siehe dazu Thomas Lee Hazen, Treatise on the Law of Securities Regulation II³ [1995], 284 f). Diese Kriterien sind aber nicht kumulativ als Voraussetzung zu verstehen, sondern im Sinn eines beweglichen Systems. Damit ein Angebot als öffentliches Angebot zu beurteilen ist, müssen also keineswegs alle Kriterien im Einzelfall vorliegen. Sie können wie folgt umschrieben werden:

1.  Geht ein Bieter mit seinem Angebot auf eine Vielzahl von Aktionären zu?

2.  Handelt es sich um ein planmäßiges Vorgehen mit dem Ziel, ein größeres Aktienpaket zu erwerben?

3.  Wird der für den Verkauf sonst erzielbare Marktpreis, insbesondere der Börsekurs, überschritten?

4.  Handelt es sich um ein einseitig formuliertes, verbindliches Offert oder werden die Bedingungen von Fall zu Fall ausgehandelt?

5.  Ist das Angebot mit bei Übernahmeangeboten typischen Bedingungen verbunden, zB mit einer Rück­trittsmöglichkeit, wenn die Annahmeerklärungen einen Mindestprozentsatz am Grundkapital nicht erreichen?

6.  Liegt eine zeitliche Befristung für das Angebot vor?

7.  Besteht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Verkaufsdruck?

8.  Gibt es öffentliche Ankündigungen im Zusammenhang mit dem Vorgehen des Bieters?

Angesichts der derzeitigen Aktionärsstruktur der österreichischen börsenotierten Gesellschaften könnte ein öffentliches Angebot schon dann vorliegen, wenn ein Bieter gezielt und ohne Annoncen in Zeitungen die ihm bekannten institutionellen Anleger anspricht. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, daß auch eine Mehrzahl von abgestimmten privat verhandelten Angeboten bzw. Verträgen ein öffentliches Über­nahmeangebot darstellen. Im Zweifelsfall wird eine wichtige Entscheidungshilfe in den allgemeinen Grundsätzen für öffentliche Übernahmeangebote zu sehen sein; wenn das Vorgehen des Bieters zur Folge hat, daß diese Grundsätze, insbesondere der Gleichbehandlungsgrundsatz, verletzt werden, wird im Zweifel ein Übernahmeangebot im Sinn dieses Entwurfs anzunehmen sein.

Zu Z 2:

Adressat des Angebots sind die Inhaber von Beteiligungspapieren einer bestimmten börsenotierten Aktiengesellschaft; der Begriff ”Zielgesellschaft” macht aber deutlich, daß sich das Interesse letztlich auf die Gesellschaft – und zwar meist auf die Kontrolle über diese Gesellschaft – richtet und die dazu abzuschließenden Kaufverträge über die Beteiligungspapiere nur Mittel zum Zweck sind.

Zu Z 3:

Der Bieter wird oft eine Aktiengesellschaft sein, es kann aber auch jede andere juristische oder natürliche Person oder eine Personengesellschaft Bieter sein. Damit ist auch die eingetragene Erwerbsgesellschaft erfaßt, die zwar keine Personengesellschaft des Handelsrechts, wohl aber eine Personengesellschaft ist. Anzumerken ist, daß die Pflichten des Bieters auch für alle gelten, die mit ihm (§ 23 Abs. 1) gemeinsam vorgehen. Die Definition erfaßt nicht nur Personen, die ein Angebot abgeben oder dies beabsichtigen, sondern auch den Inhaber einer kontrollierenden Beteiligung im Sinn des § 22, der zur Stellung eines Angebots verpflichtet ist.

Zu Z 4:

Die Bestimmung definiert den Begriff der Beteiligungspapiere und nennt damit die Wertpapiere, die Gegenstand eines öffentlichen Übernahmeangebots sind und im Fall eines Pflichtangebots nach § 22 Abs. 1 auch sein müssen. Die Definition geht inhaltlich – vor allem nach schweizerischem Vorbild – zum Teil über den RL-Vorschlag hinaus, der in Art. 2 alinea 4 nur übertragbare Wertpapiere erfaßt, mit denen Stimmrechte an einer Gesellschaft verbunden sind. Zu entscheiden ist hier die Frage, ob nur Aktien (allenfalls sogar nur stimmberechtigte Aktien) oder auch sonstige Wertpapiere, die von einer Aktiengesellschaft ausgegeben werden, einzubeziehen sind.

Nach der schweizerischen Regelung im BEHG sind Aktien, Partizipations- oder Genußscheine sowie andere Beteiligungspapiere erfaßt, die mindestens teilweise an einer Börse in der Schweiz notiert sind (vgl. Art. 22 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 2 lit. e BEHG).

Das Naheverhältnis von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen, Partizipationsscheinen, Genuß­scheinen und Gewinnschuldverschreibungen zu Aktien und die Beeinflussung ihres Werts im Fall eines Kontrollwechsels sprechen für die Einbeziehung aller Papiere, die eine Gewinn- oder Substanzbeteiligung vermitteln oder den Anspruch auf solche Wertpapiere verbriefen, also insbesondere auch stimmrechtsloser Vorzugsaktien nach § 115 AktG. Mit dem letzten Halbsatz der Z 4 werden von Dritten geschriebene Optionen ausgeschlossen.

Gemäß § 27 Abs. 1 Z 3 besteht die Möglichkeit, durch Satzungsbestimmung vorzusehen, daß erst zu begebende Vorzugsaktien, Wandelschuldverschreibungen, Genußscheine und Optionen vom Pflichtan­gebot (vgl. § 22) nicht erfaßt werden müssen.

Zu Z 5:

Die meisten Fristen im Entwurf werden in Börsetagen bemessen; dadurch wird sichergestellt, daß auch bei Feiertagen angemessen lange Fristen zur Verfügung stehen.

Abweichend vom RL-Vorschlag wird der Begriff der Partei nicht an dieser Stelle, sondern im Rahmen der Verfahrensbestimmungen im 4. Teil (vgl. § 33 Abs. 2) definiert.

Zu § 2 (Geltungsbereich):

Vgl. Art. 1 RL-Vorschlag, Art. 22 in Verbindung mit Art. 2 lit. e BEHG; die Begriffsbestimmungen des dÜbernahmekodex (Begriff Zielgesellschaft) und Rz 4 lit. a der ”Introduction” zum City Code.

Verschiedene voneinander zu unterscheidende Probleme sind im Zusammenhang mit dem Geltungs­bereich zu lösen:

Zunächst werden im Hinblick auf den kapitalmarktrechtlichen Schwerpunkt des Entwurfs nur börse­notierte Aktiengesellschaften erfaßt und der Anwendungsbereich auf öffentliche Übernahmeangebote für börsenotierte Papiere eingeschränkt. Das läßt sich auch dadurch rechtfertigen, daß bei nicht börsenotierten Kapitalgesellschaften die Gesellschafter selbst durch Vertragsgestaltung Vorsorge treffen können und dies auch häufig tun (zB durch Vinkulierung und Vorkaufsrechte). Es wäre zwar in Übereinstimmung mit dem weiteren Anwendungsbereich des Kapitalmarktgesetzes zu erwägen, auch sonstige öffentliche Über­nahmeangebote einzubeziehen; dafür dürfte aber vorläufig kein praktischer Bedarf bestehen.

Fraglich ist weiters, ob alle Börsesegmente erfaßt werden sollen. Der RL-Vorschlag definiert in Art. 1 zum Anwendungsbereich, daß die ”Wertpapiere ... auf einem geregelten, von staatlich anerkannten Stellen überwachten, regelmäßig funktionierenden und der Öffentlichkeit direkt oder indirekt zugänglichen Markt ...” zugelassen sind. Der Entwurf erfaßt dementsprechend den amtlichen Handel (§§ 64 ff BörseG) und den geregelten Freiverkehr (vgl. §§ 67 f BörseG), nicht aber den sonstigen Handel (§ 69 BörseG). Diese Abgrenzung entspricht auch der Transparenzrichtlinie vom 12. Dezember 1988, 88/627/EWG, und ihrer Umsetzung in das österreichische Recht in den §§ 91 f BörseG. Vgl. aber Art. IV § 3.

Im übrigen ergibt sich der sachliche Anwendungsbereich teilweise bereits aus den Begriffsbestimmungen des § 1.

Nach Art. 4 Abs. 2 des RL-Vorschlags wäre der Zuständigkeit der österreichischen Übernahme­kommission auch eine Zielgesellschaft zu unterwerfen, wenn der Sitzstaat ein EU-Mitgliedstaat ist und die erstmals an einer österreichischen Börse zugelassenen Papiere nach wie vor in Österreich gehandelt werden. Vorläufig hätte eine solche Bestimmung aber keine praktische Bedeutung, weil zumindest im amtlichen Handel und im Freiverkehr soweit erkennbar kein Anwendungsfall zu finden ist. Bei Einbeziehung der mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten in die EU könnte einer derartigen Regelung eine gewisse praktische Bedeutung zukommen. Da Art. 4 Abs. 2 des RL-Vorschlags aller Voraussicht nach in der Ratsarbeitsgruppe noch zu überarbeiten sein wird, soll in den Entwurf vorläufig zur Abgrenzung des Geltungsbereichs nur die zentrale Bestimmung aufgenommen werden, daß die Zielgesellschaft ihren Sitz in Österreich haben muß und ihre Wertpapiere an der Wiener Börse im amtlichen Handel oder im geregelten Freiverkehr notieren müssen.

Zu § 3 (Allgemeine Grundsätze für öffentliche Übernahmeangebote):

Die Hervorhebung allgemeiner Grundsätze entspricht Art. 5 des RL-Vorschlags, der seinerseits hierin der Regelungstechnik des City Code folgt (”General Principles” des City Code, vgl. auch Art. 1 bis 6 und 11 dÜbernahmekodex). Eine ähnliche Gesetzestechnik findet sich in der österreichischen Rechtsordnung in § 1 IPR-Gesetz, wo die einzelnen Verweisungsnormen als Ausdruck des ”Grundsatzes der stärksten Beziehung” bezeichnet werden.

Der normative Gehalt einer solchen Regelung liegt darin, daß der Gesetzgeber für die Auslegung der Einzelvorschriften (einschließlich der Schließung von Lücken, welche sich aus den Einzelvorschriften ergeben, sowie der teleologischen Reduktion) die vorrangige Anwendung der allgemeinen Grundsätze anordnet. Dies gilt aber nicht nur für die Anwendung der Vorschriften auf den Einzelfall. In Überein­stimmung mit der Anordnung des RL-Vorschlags an die Mitgliedstaaten in Art. 5 sind die in den allgemeinen Grundsätzen angesprochenen Ziele auch wichtige Maßstäbe für die Determinierung der zu erlassenden Verordnungen (vgl. § 5 Abs. 1, § 16 Abs. 4 und 5, § 19 Abs. 4, § 22 Abs. 6, § 23 Abs. 2, § 24 Abs. 2, § 25 Abs. 1 und 3, § 26 Abs. 6 sowie § 31 Abs. 1 und 3).

Zu Z 1:

Das Prinzip der Gleichbehandlung der Aktionäre durch die Gesellschaft ist sowohl im Kapitalmarktrecht als auch im Aktienrecht verankert (vgl. § 83 Abs. 1 BörseG und § 47a AktG). Es müßte daher im Verhältnis der Zielgesellschaft zu ihren Aktionären hier nicht gesondert normiert werden. Das Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich auf alle Inhaber von Beteiligungspapieren und richtet sich darüber hinaus auch an die Übernahmekommission und an den Bieter. Eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz ergibt sich zB aus § 26 Abs. 1. Es wurde beim Preis des Pflichtangebots als sachlich gerechtfertigt angesehen, dem Bieter einen Abschlag von höchstens 15% vom Paketpreis für das Angebot an die übrigen Aktionäre zu ermöglichen. Für die Organe der Zielgesellschaft ergibt sich aus dem Gleichbehandlungs­grundsatz, daß sie angesichts eines Übernahmeangebots zwischen den Aktionären nicht differenzieren dürfen; sie dürfen keine Maßnahmen zugunsten einzelner Aktionäre ergreifen. Daher muß sich der Vorstand wie der Aufsichtsrat auch neutral gegenüber einem einflußreichen oder dem beherrschenden Aktionär verhalten, der ein Übernahmeangebot macht. Selbstverständlich darf der Vorstand nicht eigennützige Interessen verfolgen.

Zu Z 2:

Wie die wortgleiche Formulierung in Art. 5 Abs. 1 lit. b RL-Vorschlag trägt Z 2 dem Transparenzgebot Rechnung und soll für möglichst fundierte und frei von unzumutbarem Zeitdruck gefaßte Entscheidungen der Beteiligungspapierinhaber sorgen.

Zu Z 3:

Das Management der Zielgesellschaft, das bei Übernahmeangeboten in Interessenkonflikte geraten kann, muß sein Verhalten am Interesse aller Beteiligungspapierinhaber orientieren. Dies schließt die Bevor­zugung einzelner Aktionäre, zB des kontrollierenden Aktionärs, aber auch die Verfolgung von Interessen der Verwaltungsorgane aus. Zusätzlich zum Interesse aller Aktionäre und sonstigen Beteiligungs­papierinhaber, müssen Vorstand und Aufsichtsrat auch das Interesse der Arbeitnehmer, der Gläubiger und das öffentliche Interesse berücksichtigen. Vgl. dazu den im geänderten RL-Vorschlag erweiterten Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 lit. c und die Begründung dazu, wonach das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft ”sämtliche Interessen der Gesellschaft, einschließlich der Beschäftigung” berück­sichtigen muß. Diese Verhaltenspflichten werden in § 12 und § 14 Abs. 1 und Abs. 3 näher bestimmt.

Z 3 nennt Vorstand und Aufsichtsrat der Zielgesellschaft als Adressaten dieser Verhaltenspflicht, die auch als ein Ausfluß des Neutralitätsprinzips (vgl. § 12) gesehen werden kann. Die Parallelbestimmung des RL-Vorschlags (vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. c) spricht vom ”Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft”, da in zahlreichen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der EU nicht das zweistufige Verwaltungssystem bestehend aus Vorstand und Aufsichtsrat, sondern das einstufige Board-System eingerichtet ist.

§ 3 Z 3 entspricht teilweise dem Grundsatz des § 70 Abs. 1 AktG. An die Stelle des Unternehmens­interesses tritt jedoch – unter Bedachtnahme auf den Gleichbehandlungsgrundsatz – das Interesse aller Aktionäre als Richtschnur für das Verhalten des Vorstands und des Aufsichtsrats im Übernahmestadium. Damit soll auch zum Ausdruck gebracht werden, daß die Erhaltung des Unternehmens in seiner bisherigen Struktur nicht Rechtsgut an sich ist, die Verfolgung des Wohls des Unternehmens selbst tritt zurück. Dem Vorstand der Zielgesellschaft steht es nicht zu, für die Aktionäre günstige Angebote etwa deshalb abzuwehren, weil die Zusammenlegung oder Aufgabe wesentlicher Teilbereiche des Unternehmens der Zielgesellschaft nach Konzernierung mit dem Unternehmen des Bieters zu erwarten ist.

Zu Z 4:

Unrichtige oder unvollständige Informationen und Gerüchte im Zusammenhang mit einem Übernahme­angebot sowie in spekulativer Absicht bewirkte Kursschwankungen führen zu Marktverzerrungen und können Aktionäre und sonstige Beteiligungspapierinhaber zu nicht fundierten Entscheidungen verleiten. Zum Begriff der Marktverzerrungen vgl. § 5 Abs. 2. Wesentlich ist jedenfalls, daß erhebliche Kurs­schwankungen auf einen ungleichen Informationsstand – und insbesondere auf Insiderwissen – der Marktteilnehmer zurückzuführen sind. Im Interesse der Transparenz und der fairen Behandlung aller Marktteilnehmer sind nach Z 4 Marktverzerrungen im Handel mit Beteiligungspapieren aller in ein Übernahmeangebot involvierten Gesellschaften (dh. auch der Bietergesellschaft) zu verhindern. Nach Art. 5 Abs. 1 lit. d RL-Vorschlag dürfen keine Marktverzerrungen dahingehend geschaffen werden, daß eine ”künstliche Hausse oder Baisse der Wertpapierkurse entsteht und das normale Funktionieren der Märkte gestört wird”. Nach der Begründung kann die Veröffentlichung oder Verbreitung falscher, übertriebener oder tendenziöser Angaben zu Marktverzerrungen führen (vgl. auch Art. 7 Abs. 1 RL-Vorschlag). Gegenmaßnahmen der Übernahmekommission sind nach § 18 möglich.

Zu Z 5:

Da Übernahmeverfahren eine große Belastung für die Tätigkeit der Zielgesellschaft darstellen, sollen sie nach Z 5 so rasch wie möglich durchgeführt werden (vgl. dazu auch die Erläuterungen im Allgemeinen Teil zur Übernahmekommission sowie § 21).

Zu § 4 (Allgemeine Pflichten des Bieters):

Vgl. Art. 24 BEHG und Art. 12 ff dÜbernahmekodex.

Die hier normierten Sorgfaltspflichten werden dem Bieter zunächst im Interesse der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts auferlegt; daneben dienen sie vor allem den Interessen der Aktionäre der Zielgesell­schaft, aber auch der Bietergesellschaft. Sie gehen also über die den Aktionären der Bietergesellschaft von ihren Verwaltungsorganen geschuldeten Pflichten gemäß den §§ 70, 84 und 99 AktG hinaus.

Die Konkretisierung dieser Pflichten ist Gegenstand der Z 1 bis 3, die grundsätzliche Verhaltensregeln festschreiben, die sich aber auch in weiteren, den Bieter bindenden Einzelregeln des Entwurfs finden. Bei der Auslegung der in Z 1 bis 3 aufgestellten Regeln sind die allgemeinen Grundsätze des § 3 zu beachten, auf die Erläuterungen zu § 3 wird daher verwiesen; im übrigen sind die Regeln der Z 1 bis 3 ihrerseits als allgemeine Grundsätze für die Verhaltenspflichten des Bieters zu verstehen, so daß sie ebenfalls bei der Auslegung besonderer Bestimmungen zu berücksichtigen sind. Schon aus § 3 Z 1 ergibt sich die auch den Bieter treffende Pflicht, alle Inhaber von Beteiligungspapieren, die sich in gleichen Verhältnissen befinden, gleichzubehandeln, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist.

Zu Z 1:

Vgl. ”General Principles” P 3 und Rule 1c City Code, wonach die Verwaltungsorgane der Zielgesellschaft das Recht haben, sich davon zu überzeugen, daß der Bieter das Angebot vollkommen erfüllen können wird.

Z 1 verlangt, daß der Bieter nur dann ein Angebot stellen darf, wenn er zur Durchführung des Angebots, also zur Erfüllung der daraufhin geschlossenen Kauf- und Tauschverträge, in der Lage sein wird.

Der gleiche Gedanke verbietet den Erwerb einer Kontrollbeteiligung, wenn dem Käufer die Durchführung des Pflichtangebots finanziell nicht möglich ist (vgl. § 22 Abs. 9). Zur Finanzierbarkeit des Angebots hat der vom Bieter zu bestellende Sachverständige (gemäß § 9 Abs. 1 letzter Satz) in seiner abschließenden Bestätigung eine Erklärung abzugeben.

Zu Z 2:

In dieser Regel kommt das Gleichbehandlungsprinzip durch das Gebot, Insiderhandel und Marktver­zerrungen zu verhindern, zum Ausdruck; wie auch sonst dienen Geheimhaltungs- und Bekanntmachungs­pflichten (§ 5) der Durchsetzung dieser Regel.

Vgl. Abs. 8 der Präambel zum RL-Vorschlag und Art. 6 Abs. 1 RL-Vorschlag; vgl. weiters Art. 7 ff
der schweizerischen Verordnung über öffentliche Kaufangebote vom 21. Juli 1997, in der Folge als sUEV-UEK abgekürzt, wonach eine sogenannte Voranmeldung fakultativ vorgesehen ist; siehe auch Art. 3 und 4 dÜbernahmekodex: nach Art. 4 dÜbernahmekodex sollen der Veröffentlichung eines Angebots im allgemeinen Gespräche zwischen Bieter und der Zielgesellschaft vorangehen; vgl. weiters Rule 2.1 City Code (Geheimhaltung) und Rule 1 City Code (Herantreten des Bieters an die Zielgesellschaft); davon zu unterscheiden ist die öffentliche Ankündigung (Rule 2.2), die in Einzelfällen vorgeschrieben ist, welche sich als Anwendungsfälle der Ad-hoc-Publizität verstehen lassen.

Maßnahmen gemäß Z 2 können neben Geheimhaltungsmaßnahmen auch ”Compliance Codes” (das sind interne Verhaltensregeln bestimmter Verkehrskreise) sein, die zB während eines Übernahmeverfahrens allen Mitarbeitern des Bieters den Handel mit Aktien der Bieter- und Zielgesellschaft verbieten (vgl. auch § 16 Abs. 3). Daß ein Übernahmeangebot ab seiner Bekanntmachung zu einer starken Beeinflussung des Börsekurses führt, ist selbstverständlich. Vor allem auf einem engen Markt werden Kursbewegungen unvermeidlich sein. Unter ”Marktverzerrungen” sind aber Kursbewegungen zu verstehen (vgl. die Definition in § 5 Abs. 2), die auf eine nicht vollständige Information der Marktteilnehmer (und meist auch auf Insiderwissen) zurückzuführen sind. Der Entwurf sieht in Übereinstimmung mit den ausländischen Vorbildern davon ab, während der Dauer des Übernahmeverfahrens die Aussetzung des Börsehandels vorzusehen.

5

Zu Z 3:

Nach Art. 5 Abs. 1 lit. b des RL-Vorschlags müssen die Empfänger des Angebots über hinreichende Informationen verfügen, um in voller Kenntnis der Sachlage entscheiden zu können. Dieser Grundsatz wird in Z 3 noch konkreter als Pflicht des Bieters normiert. Ähnlich verlangt Art. 24 BEHG in Abs. 1, daß der Bieter das Angebot mit wahren und vollständigen Informationen im Prospekt veröffentlichen muß. Nach Art. 8 Übernahmekodex ist jede an die Wertpapierinhaber der Zielgesellschaft gerichtete Veröffent­lichung mit größter Sorgfalt und Genauigkeit vorzubereiten. Einen besonders hohen Sorgfaltsmaßstab legt auch der City Code in P 5 seiner ”General Principles” an, wonach jede Information an die Adressaten des Angebots mit den ”höchsten Standards der Sorgfalt und Genauigkeit” vorbereitet werden muß. Da die Informationen des Bieters eine oft ausschlaggebende Entscheidungsgrundlage für die Annahme des Angebots sind, muß gewährleistet sein, daß die Beteiligungspapierinhaber diesen Informationen vertrauen können. Irreführende Informationen und Erklärungen sind daher unzulässig (vgl. auch § 35 Abs. 1).

Zu § 5 (Geheimhaltungs- und Bekanntmachungspflichten zur Vermeidung von Marktverzerrungen und des Mißbrauchs von Insiderinformationen):

Vgl. Präambel Abs. 8 und Art. 7 Abs. 1 RL-Vorschlag; Voranmeldung im schweizerischen Recht (Art. 7 ff sUEV-UEK); Art. 3 dÜbernahmekodex; Rule 2.1. und Rule 2.2 City Code.

§ 5 ergänzt und modifiziert die Verpflichtung zur Ad-hoc-Publizität nach dem Börsegesetz, entschärft wird insbesondere das in § 82 Abs. 6 BörseG angelegte Problem, daß kursrelevante neue Tatsachen stets unverzüglich bekanntgemacht werden müssen.

Zu Abs. 1:

Geheimhaltungs- und Bekanntmachungspflichten stehen notwendigerweise in einem Spannungsver­hältnis; dennoch sollen beide Pflichten der Verhinderung von Insiderhandel und von Marktverzerrungen dienen. Primär soll die Geheimhaltung des geplanten Übernahmeangebots durch die Organe des Bieters, aber auch durch die Organe der Zielgesellschaft, sofern sie informiert sind (vgl. § 6), Marktverzerrungen (vgl. Abs. 2) verhindern. Abs. 1 verpflichtet den Bieter daher dazu, möglichst verläßlich und möglichst lange für die Geheimhaltung seiner Pläne zu sorgen. Ziel dieser Bestimmung ist es, ein vorzeitiges und ungleichmäßiges Bekanntwerden des bevorstehenden Angebots zu verhindern; eine öffentliche Ankündigung an alle Marktteilnehmer bleibt dem Bieter unbenommen. Solange der Bieter das bevorstehende Angebot geheimhält, wird von ihm auch aktives Handeln verlangt: Er muß konkrete Vorsichtsmaßnahmen ergreifen; diese folgen ebenso wie die Verordnungsermächtigung (vgl. dritter und vierter Satz) dem Vorbild des § 82 Abs. 5 und 5a in Verbindung mit der Strafbestimmung des § 48 Abs. 1 Z 6a BörseG idF des WAG, BGBl. Nr. 753/1996.

Aus § 5 Abs. 1 zweiter Satz ergibt sich, daß Informationen über die geplante Angebotsstellung auch an externe Berater (zB Investmentbanken) gegeben werden dürfen. Alle für den Bieter tätigen Personen trifft dieselbe Geheimhaltungspflicht.

Zu Abs. 2:

Sind aber bereits erhebliche Kursbewegungen oder Gerüchte und Spekulationen aufgetreten, so muß die Geheimhaltung im Sinn einer Ad-hoc-Publizität aufgegeben werden, wenn zugleich anzunehmen ist, daß diese Umstände auf ein bevorstehendes oder zumindest geplantes Übernahmeangebot zurückzuführen sind; dasselbe gilt für einen Aktienerwerb, der die Angebotspflicht auslösen würde. Daß Insiderwissen ausgenützt werden könnte, ist insbesondere dann zu befürchten, wenn bereits ein größerer Personenkreis mit den Vorbereitungsarbeiten befaßt wurde. Die erhebliche und unübliche Kursbewegung kann nicht nur die Papiere der Zielgesellschaft, sondern auch die der Bietergesellschaft betreffen, unter Umständen auch die Papiere von Tochtergesellschaften. Spekulationen können entstehen, weil zB der potentielle Bieter bereits eine beachtliche Beteiligung hat. In diesen Fällen ist es notwendig, zur Wahrung der Interessen der Anleger auch schon Überlegungen und Absichten in Bezug auf ein Angebot bekanntzumachen, um das Ausnützen von Informationsvorsprüngen auszuschalten. Zu beachten ist, daß sowohl die erhebliche Kursbewegung als auch die Gerüchte und Spekulationen nur dann die Bekanntmachungspflicht auslösen, wenn zugleich – objektiv betrachtet – anzunehmen ist, daß sie auf ein tatsächlich geplantes Übernahmeangebot zurückzuführen sind.

Zu Abs. 3:

Hier wird klargestellt, in welchen Fällen der Bieter seine Absicht, ein Übernahmeangebot zu stellen, auf jeden Fall sofort bekanntzumachen hat. In beiden Fällen ist anzunehmen, daß ohne sofortige Bekanntmachung insbesondere die Gefahr von Insiderhandel und Marktverzerrungen (im Sinn des Abs. 2) zu groß wäre. Die Normierung der Bekanntmachungspflicht nach Abs. 3 Z 2 (Eintritt von Tatsachen, die den Bieter zur Stellung eines Angebots verpflichten) entspricht zwar an dieser Stelle nicht der Systematik des Entwurfs (der zweite Teil regelt das freiwillige Übernahmeangebot), wegen des sachlichen Zusam­menhangs wird aber auch die Regelung dieses Falls einer Bekanntmachungspflicht in § 5 Abs. 3 aufgenommen. Die Form des ”Bekanntmachens” wird hier (vgl. dagegen § 11 Abs. 1 dritter Satz) dem Bieter überlassen; er hat jedenfalls auf geeignete Weise für die Information der Öffentlichkeit zu sorgen, wobei der erste Satz des Abs. 4 zu beachten ist.

Zu Abs. 4:

Die Formulierung des ersten Satzes trägt dem Anliegen des Art. 7 Abs. 1 RL-Vorschlag Rechnung. Die Bekanntmachung in einem elektronischen Medium, das im gesamten Bundesgebiet verbreitet ist, wird in der Regel genügen, weil das rasche Reagieren der Börse auf diese Information mittelbar zum Schutz der Marktteilnehmer vor Mißbrauch von Insiderinformationen führt. Der Entwurf verzichtet aber auf eine gesetzliche Festschreibung des Bekanntmachungsmodus, um die Anwendung zukünftiger Medien nicht zu verhindern.

Der zweite Satz ähnelt dem Gesetzeszweck von § 82 Abs. 6 zweiter und dritter Satz BörseG. In manchen Fällen kann der Bieter größtes Interesse daran haben, daß sein beabsichtigtes Angebot noch nicht bekanntgemacht wird. Wenn er bescheinigen kann, daß die Geheimhaltung seines Vorhabens weiterhin gewährleistet bleibt, kann ihn die Übernahmekommission für einen kurzen Zeitraum von der Bekanntmachungspflicht nach Abs. 3 entbinden, wenn dadurch die Schädigung berechtigter Interessen des Bieters verhindert werden kann. Besonders wird sie dabei zu prüfen haben, ob der Mißbrauch von Insiderinformationen während dieses Zeitraums (vgl. § 48a BörseG) mit größter Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen bleibt. Unter einer kurzen Frist sind nur einige Tage, insbesondere unter Einbeziehung des Wochenendes, zu verstehen.

Zu § 6 (Verhandlungen mit der Zielgesellschaft):

Zu Abs. 1:

Nach Art. 4 dÜbernahmekodex sollen der Veröffentlichung eines Angebots im allgemeinen Gespräche zwischen Bieter und Zielgesellschaft vorangehen.

Der Entwurf regelt diese Frage durch die Normierung einer Kann-Bestimmung in Abs. 1. Eine ausdrückliche Regelung ist erforderlich, weil Verhandlungen mit der Zielgesellschaft die grundsätzliche Geheimhaltungspflicht durchbrechen. Abs. 1 stellt somit die Zulässigkeit solcher Gespräche außer Streit.

Zu Abs. 2:

Hier wird sichergestellt, daß in diesem Stadium für die Organe der Zielgesellschaft dieselben Geheimhal­tungspflichten wie für die Organe der Bietergesellschaft gelten. Dies ist notwendig, um Marktverzer­rungen und Insidergeschäfte möglichst zu unterbinden, und zwar insbesondere, wenn solche Gespräche noch vor einer Entscheidung des Aufsichtsrats des Bieters über das Angebot eröffnet werden und daher keine Pflicht zur Veröffentlichung gemäß § 5 Abs. 3 Z 1 besteht. In dieser Phase muß sich die Zielgesellschaft – wie der Bieter gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz – auch aktiv um Geheimhaltung bemühen und die entsprechenden organisatorischen Maßnahmen setzen.

Sobald zu befürchten ist, daß eine weitere Geheimhaltung zu Marktverzerrungen führt, weil zB Gerüchte durchgesickert sind und sich schon erheblich auf den Börsekurs der Papiere der Zielgesellschaft auswirken, ist die Zielgesellschaft zur Bekanntmachung der Absicht des Bieters verpflichtet (vgl. Erläuterungen zu § 5 Abs. 2). Es handelt sich um eine zwingende Verpflichtung des Vorstands der Zielgesellschaft. Die Verpflichtung zur Bekanntmachung reicht dabei inhaltlich nur so weit, wie dies dem Informationsstand des Vorstands der Zielgesellschaft entspricht. Eine gegenüber dem Bieter eingegangene Verpflichtung zur Geheimhaltung muß dann in den Hintergrund treten. Im Unterschied zur Veröffentlichung gemäß § 11 Abs. 1 ist für die Bekanntmachung keine bestimmte Form vorgeschrieben, vgl. aber § 5 Abs. 4 erster Satz.

Zu Abs. 3:

Die Geheimhaltungspflicht trifft auch informierte Aktionäre; dies werden vor allem Kernaktionäre sein, mit denen ein an deren Aktienpaket interessierter Käufer Verhandlungen aufnimmt.

Zu § 7 (Angebotsunterlage):

Vgl. Präambel und Art. 6 Abs. 3 RL-Vorschlag, Art. 24 Abs. 1 und Art. 28 lit. b BEHG, Art. 17 bis 24 sUEV-UEK; Rule 24 City Code.

In der Präambel zum RL-Vorschlag heißt es, daß die Empfänger eines Übernahmeangebots im Wege einer Angebotsunterlage ordnungsgemäß von den Angebotskonditionen in Kenntnis gesetzt werden. Der Inhalt dieser Angebotsunterlage ist in Art. 6 Abs. 3 des RL-Vorschlags genau geregelt, der Entwurf hält sich weitestgehend an diese Vorgabe. Daher wurde auch die wohl redundante Bestimmung der Z 1 übernommen.

Detaillierte Bestimmungen über die Angebotsunterlage finden sich in Rule 24 des City Code. Auch der deutsche Übernahmekodex folgt in seinem Art. 7 weitgehend dem RL-Vorschlag, er geht aber zB in Z 16 (gegebenfalls Angaben über den Stand kartellrechtlicher Genehmigungsverfahren) auch darüber hinaus. Nach Artikel 24 BEHG muß der Anbieter das Angebot mit wahren und vollständigen Informationen im Prospekt veröffentlichen. Nach Artikel 28 lit. b BEHG kann die Übernahmekommission zusätzliche Bestimmungen über den Inhalt und die Veröffentlichung des Angebotsprospekts sowie über die Bedin­gungen, denen ein Angebot unterworfen werden kann, erlassen. Entsprechende ausführliche Bestim­mungen enthalten die Art. 17 bis 24 sUEV-UEK.

Wie sich aus § 10 und § 11 ergibt, ist das Angebot der Übernahmekommission durch Vorlage der Angebotsunterlage und weiterer (vom Sachverständigen gemäß § 9 zu verfassender) Unterlagen anzuzeigen. Zu veröffentlichen hat der Bieter die Angebotsunterlage frühestens am zwölften und spätestens am fünfzehnten Börsetag nach ihrem Einlangen bei der Übernahmekommission. Es muß also für die Veröffentlichung weder eine Stellungnahme der Übernahmekommission zum Angebot noch ein Bescheid abgewartet werden.

Zu Z 4:

Beim freiwilligen Übernahmeangebot ist der Bieter bei der Preisfestsetzung grundsätzlich frei, er soll aber seine Bewertungskriterien offenlegen.

Die zur Bestimmung der Gegenleistung angewandte Bewertungsmethode wird in der Praxis nicht immer eine nach anerkannten Regeln durchgeführte Unternehmensbewertung sein. Offenzulegen ist jedenfalls die tatsächlich angewandte Bewertungsmethode. Bei Pflichtangeboten (hier ist der Preis in § 26 geregelt) sind die Grundlagen der Berechnung des Preises anzugeben, es sind eventuell auch Paralleltransaktionen und andere den Wert der Gegenleistung beeinflussende Faktoren zu bewerten (vgl. Erläuterungen zu § 26 Abs. 3). Eine nach den anerkannten Regeln der Unternehmensbewertung durchzuführende Bewertung ist erforderlich, wenn sich ein Pflichtangebot auf Grund des ”Chain-principle” auf eine Tochtergesellschaft der Zielgesellschaft erstreckt, die nur einen Teil der Aktiven der Zielgesellschaft darstellt (vgl. § 22 Abs. 3 und § 26 Abs. 3 Z 1).

Wie der RL-Vorschlag geht auch der Entwurf davon aus, daß das durch die Veröffentlichung der Angebotsunterlage an die Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft gerichtete Angebot allein durch den Zugang der Annahmeerklärung zu einem Vertragsabschluß führt. Tatsächlich erfüllt das hier vorgezeichnete Angebot die wesentlichen Voraussetzungen einer Vertragsofferte, da es inhaltlich ausreichend bestimmt ist und ein endgültiger Bindungswille des Antragstellers zum Ausdruck kommt. Dieser kann nur in einem engen Rahmen (vgl. Z 7 und § 8) an Bedingungen oder Rücktrittsvorbehalte geknüpft sein. (Vgl. dagegen Art. 7 Z 7 dÜbernahmekodex, wonach das Angebot auch einen Hinweis darauf enthalten muß, ob es bereits mit der Annahmeerklärung des Aktionärs der Zielgesellschaft angenommen wird oder ob die Aktionäre der Zielgesellschaft lediglich aufgefordert werden, ihrerseits dem Bieter Wertpapiere der Zielgesellschaft anzubieten.)

Nach Z 5 kann der Bieter bei freiwilligen Angeboten den prozentuellen Mindest- und Höchstanteil (oder die Mindest- und Höchstzahl) der Beteiligungspapiere, die er erwerben will (vgl. Art. 6 Abs. 3 alinea 5 des RL-Vorschlags), angeben.

Bei Festlegung eines Höchstanteils von zB 25% kann das Problem entstehen, daß das Angebot ”zu viele” Annahmeerklärungen auslöst. Diese Frage ist in § 20 im Sinn einer pro-rata-Berücksichtigung der Annahmeerklärungen gelöst, die in der Angebotsunterlage dargestellt werden muß.

Zu Z 7 vgl. § 8 und die Erläuterungen dazu.

Z 8 entspricht im wesentlichen Art. 6 Abs. 3 alinea 8 des RL-Vorschlags.

Zu Z 9 vgl. § 19, dort findet sich auch die Festlegung zu den zulässigen Grenzen der Angebotsfrist. Beim freiwilligen Übernahmeangebot kann der Bieter die Frist für die Erbringung der Gegenleistung frei festsetzen, für das Pflichtangebot gilt § 22 Abs. 8.

Zu Z 10 ist festzuhalten, daß beim Pflichtangebot nach § 22 Abs. 8 zweiter Satz der Tausch in andere Wertpapiere nur neben einem bar zu zahlenden Kaufpreis möglich ist.

Z 11 geht auf Art. 6 Abs. 3 alinea 11 des RL-Vorschlags zurück (vgl. auch Art. 20 Abs. 1 sUEV-UEK und Rule 24.2 City Code). Die hier geforderte Angabe der Bedingungen der Finanzierung des Angebots durch den Bieter soll entsprechend internationalen Gepflogenheiten den Adressaten des Angebots vor allem das Ausmaß der Fremdfinanzierung und die dem Bieter daraus erwachsende Belastung ersichtlich machen. So kann es zur Information der Aktionäre der Zielgesellschaft wichtig sein, wie zB ein geplanter leveraged-buy-out (bei dem es wie beim Unterfall des management-buy-out zu massiver Drittfinanzierung kommt) strukturiert ist [für Definitionen vgl. Sauer, Der Leveraged Management Buy-Out (1995) 16 ff und 24 ff]. Nicht zuletzt wollen aber auch die Beteiligungspapierinhaber und die Arbeitnehmer Auskunft darüber erhalten, in welchem Umfang der Bieter zur Finanzierung des Angebots Fremdkapital aufnehmen muß und inwieweit er dadurch gezwungen sein könnte, verwertbare Vermögensgegenstände der Ziel­gesellschaft zum Abbau seiner Verbindlichkeiten rasch abzustoßen.

Da die Informationspflicht hier den Bieter selbst trifft und nicht etwa ein finanzierendes Kreditinstitut, ergeben sich unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes oder auch des Bankgeheimnisses keine Probleme.

Die Bekanntgabe der Finanzierungsbedingungen erfaßt nicht unbedingt auch die Bekanntgabe der finanzierenden Bank.

Zu § 8 (Bedingungen, Rücktrittsvorbehalte):

Vgl. Art. 9 lit. a RL-Vorschlag; Rule 10 und Rule 13 City Code sowie Art. 26, Art. 28 lit. b (Verordnungsermächtigung) BEHG, vgl. auch Art. 13 sUEV-UEK und Art. 9 dÜbernahmekodex.

Art. 9 lit. a des RL-Vorschlags verlangt von den Mitgliedstaaten Regelungen über die ”Rücknahme oder Nichtigkeit des Angebots”. In den Erläuterungen zum RL-Vorschlag heißt es, daß unter lit. a ”die Voraussetzungen, unter denen ein Angebot nach seiner Veröffentlichung zurückgezogen werden kann” zu regeln sind. Offenbar will der RL-Vorschlag also erreichen, daß der Bieter in der Angebotsunterlage nicht nur ”alle Bedingungen, an die das Angebot gebunden ist” anführt (vgl. Art. 6 Abs. 3 alinea 7), sondern daß die Voraussetzungen, unter denen sich der Bieter von seiner Vertragsofferte lösen kann, näher bestimmt sind, wobei Art. 9 diese Umstände als ”Verfahrensregeln” qualifiziert, so daß es den Anschein hat, als wäre eine inhaltliche Bestimmung nicht gefordert. Dafür spricht aber der in Artikel 3 zum Ausdruck kommende Gedanke, daß eine Zielgesellschaft durch ein Übernahmeangebot nicht unange­messen behindert werden darf. Umso mehr müssen Behinderungen der Zielgesellschaft durch Angebote verhindert werden, die unter mehreren, möglicherweise unsachlichen oder vom Bieter herbeizuführenden auflösenden Bedingungen stehen oder durch Rücktrittsvorbehalte vom Bieter leicht wieder rückgängig gemacht werden können. Der dÜbernahmekodex sieht in Art. 9 zu dieser Frage zumindest vor, daß ein Angebot nur an Bedingungen geknüpft sein darf, deren Eintritt der Bieter nicht selbst herbeiführen kann. In Zweifelsfällen sollen die Bedingungen mit der nach dem Übernahmekodex dafür vorgesehenen Geschäftsstelle abgestimmt werden.

Artikel 28 lit. b BEHG ermächtigt die Übernahmekommission zur Regelung der Bedingungen, denen ein Angebot unterworfen werden kann. Nach Artikel 15 Abs. 1 sUEV-UEK sind grundsätzlich nur aufschiebende Bedingungen zulässig, deren Eintritt der Bieter selbst nicht maßgeblich beeinflussen kann.

Nach dem Entwurf sind Bedingungen und Rücktrittsvorbehalte nur unter der grundsätzlichen Voraussetzung ihrer sachlichen Rechtfertigung möglich. Sachlich gerechtfertigt wäre etwa nach der internationalen Praxis, daß der Bieter sich den Rücktritt für den Fall vorbehält, daß ein freiwilliges Übernahmeangebot von den Beteiligungspapierinhabern nicht in dem vom Bieter angestrebten Ausmaß angenommen wird. Der Entwurf nennt als sachlich gerechtfertigt jedenfalls jene Bedingungen oder Rücktrittsvorbehalte, die auf Rechtspflichten des Bieters beruhen, wie zB kartellrechtliche oder devisen­rechtliche Voraussetzungen für die Durchführung des Übernahmeangebots. Sachlich gerechtfertigt wäre zB aber auch der Vorbehalt des Rücktritts für den Fall einer wesentlichen Verschlechterung der wirt­schaftlichen Lage der Zielgesellschaft oder für den Fall von – mit Zustimmung der Hauptversammlung (vgl. § 12) – herbeigeführten wesentlichen Veränderungen der Zielgesellschaft, so zB durch Verkauf von für den Bieter interessanten Unternehmensbestandteilen. In diesem Sinn wäre es zulässig und auch der internationalen Praxis entsprechend, daß der Bieter in der Angebotsunterlage auch jene Umstände genau bezeichnet, bei deren Veränderung er an sein Angebot nicht gebunden bleiben will. Eine wichtige Bedin­gung könnte unter Umständen bei einem ”Papierangebot” (beim freiwilligen Übernahmeangebot kann der Bieter als Gegenleistung sogar ausschließlich Wertpapiere anbieten) die noch nicht vorliegende Genehmigung der Hauptversammlung des Bieters sein; grundsätzlich wird dem Bieter zuzumuten sein, dies im Wege der Finanzierungsvorsorge bereits gesichert zu haben (zB durch genehmigtes Kapital), ausnahmsweise mag die Genehmigung der Hauptversammlung in einem solchen Fall aber eine sachlich gerechtfertigte Bedingung sein.

Auch sachlich gerechtfertigte Bedingungen müssen nachvollziehbar formuliert werden, der Auslegungs­spielraum darf nicht so weit sein, daß sie einer Bedingung, deren Eintritt im Ermessen des Bieters liegt, gleichkommen (vgl. § 8 letzter Halbsatz).

Zu § 9 (Prüfung des Angebots, Beiziehung eines Sachverständigen durch den Bieter):

Vgl. Rule 3 City Code, Art. 6 dÜbernahmekodex und Art. 25 BEHG sowie Art. 25 ff sUEV-UEK; zur Qualifikation des Prüfers vgl. § 8 Kapitalmarktgesetz, BGBl. Nr. 625/1991, in der Folge KMG.

Der RL-Vorschlag schreibt keinen Sachverständigen zur Prüfung des Angebots vor. Nach Rule 3 des City Code ist die Prüfung durch einen sachverständigen Berater des Bieters in bestimmten Fällen von Interessenkollisionen vorgesehen. Gemäß Art. 6 dÜbernahmekodex soll der Bieter für die Vorbereitung und Abwicklung des Angebots ein Unternehmen hinzuziehen, das nach einschlägigen Richtlinien­bestimmungen zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen zugelassen ist. Dieses Unternehmen soll seinen Sitz oder seine Niederlassung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union haben.

Eine zwingende Prüfung durch eine von der Aufsichtsbehörde anerkannte Revisionsstelle oder durch einen Effektenhändler normiert Art. 25 Abs. 1 BEHG, nähere Bestimmungen zur Prüfstelle enthalten die Art. 25ff sUEV-UEK.

Für die schon im Ministerialentwurf vorgeschlagene Beiziehung eines vom Bieter unabhängigen Sachverständigen spricht vor allem die Überlegung, daß durch dessen Prüfung, deren Ergebnis in einer abschließenden Bestätigung zusammenzufassen ist, die Aufgabe der Übernahmekommission wesentlich erleichtert, das Verfahren beschleunigt und damit dem Grundsatz der Raschheit des Übernahmeverfahrens (vgl. § 3 Z 5) weiter zum Durchbruch verholfen wird. Auch andere Berater (zB Angehörige rechtsberatender Berufe) können beigezogen werden. Beim Pflichtangebot ist die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der angebotenen Gegenleistung von besonderer Bedeutung (vgl. zweiter Satz und § 26 Abs. 4).

Von größter Bedeutung ist dabei auch die Prüfung der vom Bieter zur Finanzierung des Angebots aufzubringenden Mittel. Entsprechend § 4 Z 1 hat der Sachverständige bei dieser Prüfung auch die Frage zu berücksichtigen, ob dem Bieter die Finanzierungsmittel rechtzeitig, also bei Fälligkeit der Gegenleistung (§ 7 Z 9 und § 22 Abs. 8), zur Verfügung stehen.

Erwogen wurde, anstelle einer Bestätigung über die Erfüllbarkeit des Angebots auch eine Bankgarantie genügen zu lassen. Eine ausdrückliche Regelung erschien überflüssig, weil die garantierende Bank in einem solchen Fall die Bestätigung ohne weiteres ausstellen kann (vgl. Abs. 2 lit. b und c).

Diese Vorprüfung durch den Sachverständigen ermöglicht es auch, auf diese im Ministerialentwurf vorgesehene Stellungnahme der Übernahmekommission zur Angebotsunterlage vor deren Veröffent­lichung zu verzichten (vgl. § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1).

Zu Abs. 2:

Hinsichtlich der Qualifikation des sachverständigen Prüfers und Beraters des Bieters ist auf § 8 Abs. 2 KMG zu verweisen, wonach zur Prüfung eines Prospekts bestimmte Kreditinstitute und beeidete Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zugelassen sind. Die in § 8 Abs. 4 bis 6 KMG für die Prospektkontrollore angeführten Voraussetzungen betreffend die Unabhängigkeit werden auch für Sachverständige nach § 9 und nach § 13 des Entwurfs maßgeblich sein.

In Abs. 2 lit. a wird für Beeidete Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zusätzlich das Bestehen einer Haftpflichtversicherung von über 100 Millionen Schilling für eine einjährige Versiche­rungsperiode gefordert. Das Bestehen der Versicherung muß der Übernahmekommission gegenüber schriftlich bestätigt werden.

Der vom Bieter bestellte Sachverständige ist als dessen Erfüllungsgehilfe im Verhandlungsverhältnis gegenüber den Beteiligungspapierinhabern der Zielgesellschaft zu betrachten. Ein unvollständiger oder unrichtiger abschließender Vermerk kann daher zur Schadenersatzpflicht des Bieters aus culpa in contrahendo führen, der sich beim Sachverständigen regressieren kann.

Zu § 10 (Vorlage der Angebotsunterlage):

Vgl. Art. 6 Abs. 2 RL-Vorschlag, wonach der Bieter die Angebotsunterlage vor ihrer Offenlegung dem Aufsichtsorgan zu übermitteln hat; Art. 23 BEHG und Art. 17 Abs. 2 und 3 sUEV-UEK sowie Art. 5 dÜbernahmekodex.

Zu Abs. 1:

Abweichend vom Ministerialentwurf und dem schweizerischen Vorbild folgend verzichtet der Entwurf auf die Vorausgenehmigung der Angebotsunterlage durch die Übernahmekommission; damit wurde der Kritik der Überregulierung im Begutachtungsverfahren Rechnung getragen. Gerade aus diesem Grund wurde aber die ebenfalls dem schweizerischen Vorbild und der internationalen Praxis entsprechende Prüfung durch einen unabhängigen Sachverständigen (§ 9) übernommen.

Die Regelung der Frist für die Veröffentlichung der Angebotsunterlage nach der Anzeige in § 11 Abs. 1 soll der Übernahmekommission zwei Arbeitswochen Gelegenheit geben, die vorgelegten Unterlagen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen. In dieser Zeit kann sie informelle Gespräche mit dem Bieter führen, so daß zB allfällige Unvollständigkeiten noch behoben werden können.

Während dieser Frist braucht der Bieter die Zielgesellschaft noch nicht zu befassen (vgl. § 11 Abs. 2); dasselbe gilt für die Übernahmekommission. Kurz vor der Veröffentlichung muß der Bieter jedoch die zu veröffentlichenden Unterlagen (das ist die Angebotsunterlage samt der Bestätigung des Sachverständigen) dem Vorstand und den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft zur Kenntnis bringen.

Wenn das Angebot noch nicht bekanntgemacht wurde (zB weil der Aufsichtsrat die Entscheidung noch nicht getroffen hat, vgl. § 5 Abs. 3 Z 1) und Gerüchte entstehen, so kann eine Bekanntmachung der Absicht, ein Angebot zu stellen, auch noch kurz vor der Veröffentlichung geboten sein.

In § 3 Z 5 wird der Grundsatz aufgestellt, daß die Zielgesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit durch ein Übernahmeangebot nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus behindert werden darf. Die Gefahr einer solchen Behinderung beginnt naturgemäß nicht erst mit der Veröffentlichung des Angebots, sondern schon mit der Bekanntmachung einer solchen Absicht. Der Bieter wird daher im zweiten Satz dazu angehalten, die Angebotsunterlage nach Bekanntgabe seiner Absicht innerhalb von zehn Börsetagen anzuzeigen. Nur bei besonderen, von der Übernahmekommission zu beurteilenden Schwierigkeiten darf ihm dazu eine Frist von höchstens 40 Börsetagen gegeben werden. Eine solche Fristverlängerung wird vor allem dann notwendig sein, wenn der Bieter noch keine konkreten Vorbereitungsarbeiten geleistet und auch noch keinen Sachverständigen gemäß § 9 bestellt hat. Bei Nichteinhaltung dieser Frist droht dem Bieter als Sanktion die in § 21 geregelte Sperrfrist.

Wenn Tatsachen eingetreten sind, die den Bieter zur Stellung eines Angebots verpflichten (§ 22), hat er innerhalb von 20 Börsetagen der Übernahmekommission die Angebotsunterlage vorzulegen (§ 22 Abs. 1). Hier ist eine Fristverlängerung nicht vorgesehen, da der Bieter selbst den das Pflichtangebot auslösenden Tatbestand herbeiführt. Die Information über das Datum des Einlangens der Anzeige (vgl. letzter Satz) ist in Hinblick auf die in § 11 Abs. 1 festgelegte Veröffentlichungsfrist notwendig (vgl. auch § 15 Abs. 1).

Zu Abs. 2:

Da das Übernahmeverfahren möglichst rasch abgewickelt werden soll, ist ein inländischer Zustell­bevollmächtigter erforderlich (vgl. § 3 Z 5).

Die Rechtsfigur des Zustellungsbevollmächtigten ist in § 10 ZustellG geregelt. Der dort vorgesehene Weg der Bestellung bei Fehlen einer inländischen Zustellmöglichkeit wäre für das Übernahmeverfahren zu kompliziert, weil danach zunächst eine Aufforderung zur Bestellung in Bescheidform zuzustellen wäre.

Zu Abs. 3:

Der Übernahmekommission wird ausdrücklich nahegelegt, den Bieter in formloser Weise mit ihrer Rechtsauffassung zu konfrontieren, wenn sie eine Gesetzwidrigkeit der Angebotsunterlage annehmen muß. Da in diesem Verfahren die Zielgesellschaft und deren Beteiligungspapierinhaber am Verfahren noch nicht teilnehmen, ist es leicht möglich, daß zusätzliche Tatsachen und Gesichtspunkte erst später auftauchen, die eine Ergänzung oder Änderung der Stellungnahme erforderlich machen.

Vor allem durch die Äußerung der Zielgesellschaft (§ 14) könnte die Übernahmekommission zu einer von ihrer ursprünglichen Stellungnahme zur Angebotsunterlage abweichenden, die Gesetzmäßigkeit des Angebots verneinenden Ansicht gelangen. Es soll daher bis zur Beendigung des Übernahmeverfahrens die Möglichkeit offenbleiben, daß die Übernahmekommission ihre Stellungnahme ändert. Um in solchen Fällen möglichst rasch Klarheit in der Öffentlichkeit zu schaffen, muß die Übernahmekommission unverzüglich selbst für die Veröffentlichung ihrer neuen, von der bisherigen Haltung abweichenden Meinung sorgen (vgl. § 30 Abs. 6). Die Modalitäten der Veröffentlichung richten sich nach § 11 Abs. 1. Die Übernahmekommission kann aber auch ihre Stellungnahme ergänzen oder – zu einem neuen Aspekt des Angebots – eine zusätzliche Stellungnahme abgeben; diese ergänzenden oder zusätzlichen Stellungnahmen müssen ebenfalls veröffentlicht werden.

Die ”schriftliche Stellungnahme” der Übernahmekommission hat nicht Bescheidcharakter, sondern infor­miert den Bieter über die Rechtsauffassung der Übernahmekommission und gegebenenfalls über deren Bedenken. Lassen sich solche nicht aufklären und unterläßt der Bieter die Verbesserung der Angebots­unterlage, so kann die Übernahmekommission die Rechtswidrigkeit der Angebotsunterlage feststellen und die Durchführung des Angebots untersagen. Sie kann in Hinblick auf § 34 Abs. 5 Z 1 die bescheidmäßige Feststellung auch mit der bloßen Androhung der Untersagung verbinden. Zur Schriftlichkeit der Stellungnahme vgl. § 18 AVG und die Telekopie-Verordnung, BGBl. Nr. 1991/110. Wenn der Bieter das Übernahmeangebot durchführt, obwohl die Übernahmekommission in einer Stellungnahme oder in einem Bescheid die Gesetzwidrigkeit des Angebots ausgesprochen hat, so gilt dies nach § 34 Abs. 5 Z 1 als schwere Verletzung und kann zu den Rechtsfolgen gemäß § 34 Abs. 3 und Abs. 4 führen.

Zu § 11 (Veröffentlichung und Information der Zielgesellschaft):

Vgl. Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 7 Abs. 2 RL-Vorschlag und Art. 18 sUEV-UEK.

Zu Abs. 1:

Gemäß Art. 7 Abs. 2 des RL-Vorschlags haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, daß alle erforder­lichen Informationen oder Unterlagen in der Weise offengelegt werden, daß sie den Empfängern des Angebots umgehend zur Verfügung stehen (Nach dem RL-Vorschlag müssen auch die Angebotsemp­fänger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Sitzes der Zielgesellschaft oder der Börsenotierung der Wertpapiere informiert werden. Eine derartige Bestimmung soll in das Übernahme­gesetz erst bei der Umsetzung der Richtlinie aufgenommen werden, da erst dann für jeden Mitgliedstaat festzulegen sein wird, auf welche Weise die ein Übernahmeangebot betreffenden Informationen und Unterlagen in jedem einzelnen Mitgliedstaat zu veröffentlichen sind.)

Die Übernahmekommission hat zwei Arbeitswochen Zeit, um das Angebot zu untersagen oder wenigstens ihre Bedenken geltend zu machen. Ist diese Frist abgelaufen, so hat der Bieter die Angebotsunterlage gemeinsam mit der Bestätigung des Sachverständigen zu veröffentlichen. Für die Veröffentlichung wird dem Bieter ein Spielraum von drei Tagen eingeräumt. Hat die Übernahmekommission das Angebot bescheidmäßig untersagt, so muß der Bieter eine neue Angebotsunterlage vorlegen, wenn er das Angebot weiter verfolgen will. Dasselbe empfiehlt sich für den Bieter, wenn die Untersagung wegen festgestellter Mängel oder Unvollständigkeiten bloß angedroht wurde. Die Übernahmekommission kann aber auch in begründeten Fällen mit Bescheid anordnen, daß die Veröffentlichung vorläufig – eventuell unter Setzung einer neuen Frist – zu unterbleiben hat. Ein begründeter Fall liegt insbesondere dann vor, wenn noch nicht aufgeklärte Bedenken gegen das Angebot (oder die Angebotsunterlage im einzelnen) bestehen. Schließlich kann die Übernahmekommission die Frist auch im Einvernehmen mit dem Bieter verkürzen, was insbesondere bei unproblematischen Unterlagen zweckmäßig sein kann.

Zur Form der Veröffentlichung des Angebots durch den Bieter verweist der dritte Satz auf § 78 Abs. 1 erster und zweiter Satz BörseG betreffend die Veröffentlichung des Prospekts. Danach ist zB entsprechend der ersten Alternative des § 78 Abs. 1 BörseG die Angebotsunterlage in einer Zeitung mit einer Verbreitung im gesamten Bundesgebiet zu veröffentlichen.

Der letzte Satz des Abs. 1 bezweckt die zuverlässige Information der Aktionäre, die sich darauf verlassen können sollen, daß alle weiteren Informationen des Bieters in dem von ihm zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage gewählten Medium zu finden sein werden (vgl. zB Art. 15 Abs. 2 und Art. 43 Abs. 2 sUEV-UEK).

Zu Abs. 2:

Vorausgehen muß der Veröffentlichung der Angebotsunterlage die direkte Information der Organe der Zielgesellschaft (und nicht bloß die Absendung der Information). Auch Art. 6 Abs. 1 des RL-Vorschlags verlangt, daß ”das Aufsichtsorgan sowie das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft vor seiner Bekanntmachung über das Angebot unterrichtet werden” muß.

Mit der Veröffentlichung beginnt die Angebotsfrist zu laufen, die nach § 19 Abs. 1 nicht weniger als zwanzig und nicht mehr als fünfzig Börsetage (vgl. § 1 Z 5) betragen darf. (Nach § 19 Abs. 4 hat die Übernahmekommission in einer Verordnung die Angebotsfristen näher zu regeln.)

Ab der Veröffentlichung ist der Vorstand der Zielgesellschaft aufgerufen, nach § 14 Abs. 1 eine begründete Äußerung zum Angebot zu verfassen und zu veröffentlichen (§ 14 Abs. 3). Die Übernahmekommission hat während der Laufzeit des Angebots die Möglichkeit, eine (eventuell ergänzende) Stellungnahme abzugeben oder ihre schon abgegebene Stellungnahme zu ändern. Falls diese bereits veröffentlicht ist, wird die Übernahmekommission selbst unverzüglich für die Veröffentlichung der zusätzlichen Stellungnahme, der Ergänzung oder der Abänderung zu sorgen haben (vgl. § 30 Abs. 6), wenn dies für die Information der Inhaber von Beteiligungspapieren zweckmäßig ist.

Zu Abs. 3:

Entsprechend dem Richtlinienvorschlag (vgl. den neunten Erwägungsgrund, Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 7 Abs. 2) muß der Vorstand der Zielgesellschaft den Betriebsrat von einem Angebot unverzüglich informieren. Diese Benachrichtigungspflicht trifft den Vorstand aber nicht nur im Zusammenhang mit der unmittelbar bevorstehenden Veröffentlichung der Angebotsunterlage, sondern auch dann, wenn es zu Bekanntmachungen gemäß § 5 durch den Bieter oder gemäß § 6 durch die Zielgesellschaft kommt.

Zu § 12 (Neutralitätsgebot für die Verwaltungsorgane der Zielgesellschaft):

Vgl. Art. 8 Abs. 1 RL-Vorschlag, General Principle 7 und 9 sowie Rule 21 City Code, Art. 2 und Art. 19 dÜbernahmekodex; Art. 29 BEHG.

Gemäß § 3 Z 3 (vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. c RL-Vorschlag) müssen Vorstand und Aufsichtsrat der Zielge­sellschaft im Interesse aller Beteiligungspapierinhaber wie auch im Interesse der Arbeitnehmer, der Gläubiger und im öffentlichen Interesse handeln. Das hier normierte Neutralitätsgebot und die in § 14 Abs. 1 geregelte Pflicht des Vorstands, sich zum Angebot zu äußern, sind vor dem Hintergrund des Grundsatzes des § 3 Z 3 zu sehen.

Eigenmächtige Abwehrmaßnahmen des Vorstands und des Aufsichtsrats sollen möglichst unterbunden werden. Wie der Bieter haben auch die Organe der Zielgesellschaft durch den Verweis auf § 4 Z 2 und 3 die Pflicht, der Gefahr von Marktverzerrungen (§ 5 Abs. 2) und Insiderhandel mit allen zumutbaren Mitteln zu begegnen und Informationen und Erklärungen mit größter Sorgfalt auszuarbeiten.

Die Organe der Zielgesellschaft müssen sich grundsätzlich aller Handlungen enthalten, durch die das Angebot vereitelt werden könnte. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die Übernahme für den Bieter zu erschweren oder unattraktiv zu machen. Letzteres könnte zB dadurch geschehen, daß aus der Sicht des Bieters besonders interessante Unternehmensbestandteile veräußert werden. Eine weitere typische Maßnahme liegt in der Kapitalerhöhung aus schon genehmigtem Kapital und der Ausgabe von Aktien unter Ausschluß des Bezugsrechts der Aktionäre, wodurch möglicherweise eine ”Kapitalverdünnung” herbeigeführt wird, jedenfalls aber das zu finanzierende Angebotsvolumen vergrößert wird.

Nach dem Sinn dieser Bestimmung darf in dieser Phase bereits von der Hauptversammlung genehmigtes Kapital für eine solche Abwehrmaßnahme nicht ausgenützt werden.

Wie sich aber aus dem letzten Satz ergibt, sind von der Hauptversammlung genehmigte Abwehrmaß­nahmen zulässig, sofern die Organe der Zielgesellschaft dazu bereits verpflichtet sind oder sofern sie von der Hauptversammlung nach Bekanntwerden der Absicht des Bieters beschlossen worden sind. Die Organmitglieder der Zielgesellschaft könnten sich aber schadenersatzpflichtig machen, wenn sie solche Beschlüsse der Hauptversammlung durch unrichtige oder unvollständige Information der Aktionäre herbeiführen.

Die Verpflichtung des Vorstands zur sorgfältigen und wahrheitsgemäßen Information (vgl. den Verweis auf § 4 Z 3) soll verhindern, daß ein Übernahmeangebot aus unrichtigen Überlegungen abgelehnt oder angenommen wird. Vgl. dazu auch § 13 und § 14.

Von aktuellen Abwehrmaßnahmen zu unterscheiden sind allgemeine gesellschaftsrechtlich mögliche Regelungen und Maßnahmen, die Übernahmeangebote grundsätzlich erschweren. Zu denken ist dabei an das Höchststimmrecht nach § 114 Abs. 1 AktG sowie an alle vertraglichen Vorkehrungen, die einen raschen Kontrollwechsel verhindern, wie zB zeitlich gestaffelte Aufsichtsratsmandate und langfristige Verträge mit Vorstandsmitgliedern. Diese Maßnahmen sind nicht Regelungsgegenstand dieses Bundesgesetzes.

Zu § 13 (Beiziehung eines Sachverständigen durch die Zielgesellschaft):

Vgl. Rule 3.1. City Code und die Erläuterungen zu § 9 und § 14 Abs. 2.

Nach Rule 3.1 City Code muß das Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft ”kompetente und unabhängige Beratung” erhalten, deren Kernaussagen den Aktionären zur Kenntnis zu bringen sind. Nach Note 1 zu dieser Bestimmung ist dies bei Management-buy-outs und bei Angeboten durch den kontrollierenden Aktionär von besonderer Bedeutung. In diesen Fällen kann die Unabhängigkeit des Sachverständigen ein wichtiges Korrektiv sein.

Die Konfrontation mit einem Übernahmeangebot führt bei der Zielgesellschaft (vgl. § 1 Z 2) unweigerlich einen Ausnahmezustand herbei, der besonnenes Vorgehen erfordert. Zu bedenken ist, daß eine Übernahme – besonders bei geplanter Eingliederung in einen Konzern – für das Unternehmen der Gesellschaft als sozialen Verband vielfältiger Interessen eine Bedrohung darstellt und daß bei jedem Übernahmeangebot für die in der Zielgesellschaft führend tätigen Personen eine berufliche Neuorien­tierung im Raum steht. In dieser gerade bei feindlichen Übernahmeangeboten sehr angespannten Ausnahmesituation, in der es häufig Interessenkollisionen gibt, ist Beratung durch Sachverständige angezeigt. Daher wird in § 13 im Interesse der Zielgesellschaft, ihrer Organmitglieder und ihrer Aktionäre eine Art ”Beratungszwang” statuiert.  Neben der Angebotsunterlage, der Bestätigung des nach § 9 zu bestellenden Sachverständigen und eventuell auch einer Stellungnahme oder eines Bescheides der Übernahmekommission ist die Äußerung der Zielgesellschaft eine wesentliche Entscheidungshilfe für die von einem Angebot angesprochenen Aktionäre und Inhaber sonstiger Beteiligungspapiere. An die Äußerung der Zielgesellschaft sind daher ebenso hohe qualitative Anforderungen zu stellen wie an die Angebotsunterlage, zumal die Zielgesellschaft manchmal eine Gegenposition zur Darstellung des Bieters einnehmen wird. Die Beratung durch Sachverständige und die Prüfung der Äußerung der Organe der Zielgesellschaft ist daher für die unabhängige und informierte Entscheidung der Beteiligungs­papierinhaber der Zielgesellschaft unverzichtbar. Die Bestimmung entspricht – wie bereits ausgeführt – ausländischen Vorbildern. Das Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrats (vgl. letzter Satz) soll die Unabhängigkeit des Sachverständigen vom Vorstand garantieren.

Zu § 14 (Äußerung der Zielgesellschaft, Prüfung und Veröffentlichung):

Vgl. Art. 8 lit. b RL-Vorschlag, Rules 23 und 25.1 City Code, Art. 18 dÜbernahmekodex, Art. 29 Abs. 1 BEHG und Art. 29 ff sUEV-UEK.

Zu Abs. 1:

Neben der Angebotsunterlage ist die Äußerung der Zielgesellschaft die wichtigste Informationsquelle für die von einem Übernahmeangebot angesprochenen Inhaber von Beteiligungspapieren. Nach Art. 8 lit. b des RL-Vorschlags hat das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft eine mit Gründen versehene Äußerung zum Angebot zu veröffentlichen. Auch nach Art. 18 dÜbernahmekodex hat die Zielgesellschaft unverzüglich – spätestens jedoch zehn Börsetage nach Veröffentlichung des Angebots – eine begründete Stellungnahme zum Angebot zu veröffentlichen. Art. 29 Abs. 1 BEHG sieht ebenfalls einen zu veröffentlichenden Bericht des Verwaltungsrats der Zielgesellschaft vor. Ausführungsbestim­mungen dazu finden sich in Art. 29 ff sUEV-UEK.

Abs. 1 verlangt vom Vorstand der Zielgesellschaft eine Beurteilung des im Angebot genannten Preises; aber auch der sonstige Inhalt des Angebots ist nach den in § 3 Z 3 genannten Kriterien zu beurteilen; der Vorstand der Zielgesellschaft muß sich sohin nicht nur dazu äußern, ob das Angebot dem Interesse der Beteiligungspapierinhaber Rechnung trägt, sondern auch dazu, ob dem Interesse der Arbeitnehmer, der Gläubiger und dem öffentlichen Interesse angemessen Rechnung getragen wird. Hier wird sich die Zielgesellschaft kritisch mit den in der Angebotsunterlage nach § 7 Z 8 zu nennenden Absichten des Bieters über seine künftige Geschäftspolitik und das weitere Schicksal der Beschäftigten auseinander­zusetzen haben. Möglicherweise wird sich der Vorstand nicht immer zu einer eindeutigen Empfehlung für oder gegen die Annahme des Angebots in der Lage sehen. Er hat in diesem Fall aber die Vor- und Nachteile des Angebots in seiner Äußerung darzustellen.

Zu Abs. 2:

Wie schon zu § 13 ausgeführt, ist die Beurteilung des Angebots durch einen unabhängigen Sachver­ständigen ein wichtiges Korrektiv für eine möglicherweise zu subjektive Stellungnahme des Vorstands. Zu beurteilen hat der Sachverständige auch die Äußerung des Vorstands sowie eine allfällige Äußerung des Aufsichtsrats.

Zu Abs. 3:

Der Aufsichtsrat ist grundsätzlich nicht zur Abgabe einer Äußerung verpflichtet, in Fällen von Interessenkollision zwischen Bieter und Vorstand (zB bei einem Management – buy-out) wird aber wohl eine allgemein gesellschaftsrechtliche Pflicht dazu bestehen.

Der Vorstand der Zielgesellschaft muß seine Äußerung und eine allfällige Äußerung seines Aufsichtsrats sowie die Beurteilung des Sachverständigen der Übernahmekommission innerhalb von zehn Börsetagen ab Veröffentlichung der Angebotsunterlage anzeigen und hat gleichzeitig diese Unterlagen dem Betriebsrat zu übermitteln. Unverzüglich nach der Anzeige sind diese Dokumente von der Zielgesellschaft nach § 78 Abs. 1 erster und zweiter Satz BörseG in den Bekanntmachungsblättern der Gesellschaft zu veröffentlichen.

Die Übernahmekommission hat nach § 10 Abs. 3 (vgl. auch § 18) die Möglichkeit, jederzeit eine Stellungnahme abzugeben oder ihre zur Angebotsunterlage eventuell schon abgegebene Stellungnahme angesichts der Äußerung der Zielgesellschaft zu ergänzen oder abzuändern. Sie kann auch in diesem Stadium mit Bescheid aussprechen, daß das Angebot nicht gesetzmäßig ist.

Zu § 15 (Verbesserungen und sonstige Änderungen des Angebots):

Vgl. Art. 9 lit. b RL-Vorschlag, Art. 28 lit. e BEHG und Art. 15 und Art. 51 sUEV-UEK.

Zu Abs. 1:

Eine Änderung des Angebots während offener Angebotsfrist zugunsten der Empfänger soll dem Bieter offenstehen. Er könnte unter Umständen auf zu geringe Akzeptanz oder konkurrierende Angebote durch einen höheren Preis reagieren wollen. Eine sonstige Änderung zugunsten der Empfänger könnte zB eine Verlängerung der Angebotsfrist sein.

Für die Veröffentlichung und für die Information der Zielgesellschaft gilt § 11 Abs. 1 sinngemäß. Das verbesserte Angebot löst aber nicht die Pflicht zur Stellungnahme der Zielgesellschaft nach § 14 aus. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen der Organe der Zielgesellschaft, ob sie sich zum verbesserten Angebot neuerlich äußern wollen.

Zu Abs. 2:

Dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechend muß eine Verbesserung der Gegenleistung auch den Inhabern von Beteiligungspapieren zugutekommen, die schon eine Annahmeerklärung abgegeben haben. Dies gilt auch für sonstige Änderungen zugunsten der Beteiligungspapierinhaber, wobei jedem Beteiligungspapierinhaber aber ein Widerspruchsrecht zusteht.

Zu § 16 (Transaktionen in Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft):

Vgl. Rules 4.2, 7 und 8 City Code und Art. 37 ff sUEV-UEK.

Zu Abs. 1:

Es entspricht dem Gleichbehandlungsgebot, daß während offener Angebotsfrist der Bieter Beteiligungs­papiere nicht zu besseren Bedingungen als zu den Angebotsbedingungen erwerben darf. Dieses Verbot erstreckt sich auch auf Optionen. Die Übernahmekommission kann aus wichtigem Grund unter Bedachtnahme auf die in § 3 und § 4 normierten Grundsätze eine Ausnahme von diesem Verbot gestatten. Der Kauf von Wertpapieren der Zielgesellschaft durch den Bieter während der Angebotsfrist unter dem Angebotspreis ist zulässig, muß aber nach Abs. 5 offengelegt werden.

Zu Abs. 2:

Ein Verstoß gegen dieses Verbot führt zu gravierenden Folgen. Falls der Bieter solche Geschäfte schließt, gilt dies als Verbesserung des öffentlichen Angebots zugunsten aller Empfänger. Der Bieter übernimmt somit beim Kauf weiterer Beteiligungspapiere während der Laufzeit des Angebots zu einem über dem Preis des Angebots liegenden Betrag eine dementsprechende Mehrbelastung.

Zu Abs. 3:

Verboten ist dem Bieter der Verkauf von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft ab der Veröffent­lichung seines Angebots. Solche Transaktionen, die dem soeben veröffentlichten Ziel des Bieters, Aktien der Zielgesellschaft zu erwerben, widersprechen, könnten darauf abzielen, den Börsekurs zu drücken und damit das Übernahmeangebot möglichst günstig erscheinen zu lassen. Derselbe Grundgedanke liegt Rule 4.2 City Code zugrunde. Zu beachten ist überdies bei allen Transaktionen das Verbot des Insiderhandels und die Straftatbestände des § 48 Abs. 1 Z 2 BörseG.

Zu Abs. 4:

Eine solche Befreiung durch Verordnung wird insbesondere für laufende Effektengeschäfte auf fremde Rechnung (§ 1 Abs. 1 Z 7 lit. e BWG), Geschäfte im Rahmen des Investmentfondgeschäfts (§ 1 Abs. 1 Z 13 BWG) und des Market-Maker-Geschäfts (§ 59 Abs. 2 BörseG) vorzusehen sein.

Zu Abs. 5:

Die Bestimmung folgt, stark vereinfacht, den Publizitätsvorschriften nach Rule 8 City Code und bezweckt die Verhinderung von Manipulationen des Ausgangs des Übernahmeangebots und der Ausnützung von Insiderinformationen. Die Transparenz des Handels von Papieren durch am Ausgang des Über­nahmeangebots besonders interessierte Personen soll Mißbräuche möglichst verhindern. Vgl. auch Art. 37 sUEV-UEK. Der Kreis der besonders interessierten Personen wird durch eine demonstrative Aufzählung abgesteckt, eine darüber hinausgehende Determinierung kann einer Verordnung der Übernahme­kommission vorbehalten bleiben.

Zu § 17 (Rechtsfolgen von konkurrierenden Angeboten):

Vgl. Art. 9 lit. c RL-Vorschlag, Art. 30 BEHG, Art. 47 ff sUEV-UEK.

Wird während der Laufzeit eines Angebots ein konkurrierendes Angebot gemacht, so gelten die Regeln über das Angebot, insbesondere die Pflicht des Bieters und der Zielgesellschaft, auch für das konkurrierende Angebot, soweit der Entwurf nichts Abweichendes bestimmt.

Bei konkurrierenden Angeboten sind alle Beteiligten, sohin der Erstbieter, der konkurrierende Bieter, die Zielgesellschaft und die Verwaltungsorgane aller Gesellschaften verpflichtet, alles zu unterlassen, was die informierte freie Wahl der Inhaber von Beteiligungspapieren unter konkurrierenden Angeboten gefährdet. Durch konkurrierende Angebote wird eine Versteigerungssituation geschaffen, die im Ergebnis den Inhabern von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft zugute kommt. Sie müssen daher die Möglichkeit haben, von ihrer Annahmeerklärung hinsichtlich des ersten Angebots zurückzutreten; dieses Rück­trittsrecht besteht unabhängig davon, ob die Beteiligungspapierinhaber in der Folge tatsächlich das konkurrierende Angebot annehmen.

Zu § 18 (Weitere Äußerungen des Bieters und der Zielgesellschaft, Anordnungen der Übernahme­kommission betreffend die Information der Öffentlichkeit):

Dem Bieter und der Zielgesellschaft bleibt es unbenommen, sich öffentlich wiederholt an die Inhaber von Beteiligungspapieren zu wenden und ihre Meinung zum Übernahmeangebot zu äußern.

Während eines ”Übernahmekampfes” werden von den beteiligten Gesellschaften oft die Medien zur Beeinflussung des Verhaltens der Beteiligungspapierinhaber eingeschaltet. Hier soll die Übernahme­kommission im Interesse einer korrekten Information der Öffentlichkeit eingreifen können.

Bei einer ”feindlichen” Übernahme könnte zB die Stellungnahme der Zielgesellschaft Informationen enthalten, die gegen die Annahme des Angebots sprechen. In einem solchen Fall könnte der Bieter aus eigenem Entschluß reagieren, es könnte aber auch die Übernahmekommission dem Bieter auftragen, eine ergänzende Äußerung abzugeben und zu veröffentlichen oder sonst in geeigneter Weise bekanntzu­machen, die vielleicht ihrerseits wieder einer ”Replik” der Zielgesellschaft bedarf.

Wenn Veröffentlichungen des Bieters oder der Zielgesellschaft der Übernahmekommission nicht vorher vorzulegen waren, sind sie ihr gemäß § 30 Abs. 5 jedenfalls unverzüglich nach der Veröffentlichung zur Kenntnis zu bringen. Gemäß § 30 Abs. 6 kann die Übernahmekommission ihrerseits ”in die Öffentlichkeit gehen”, wenn dies ”zur Information der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft zweck­mäßig ist”.

Zu § 19 (Frist für die Annahme des Angebots, Veröffentlichung des Ergebnisses):

Vgl. Art. 6 Abs. 3 alinea 9 und Art. 9 lit. d RL-Vorschlag, Art. 27 und 28 lit. e BEHG, Art. 14 und Art. 43 ff sUEV-UEK und Art. 11 dÜbernahmekodex sowie Rule 31.6 City Code.

Zu Abs. 1:

Die ab der Veröffentlichung der Angebotsunterlage laufende Frist eines öffentlichen Übernahmeangebots ist in Art. 6 Abs. 3 alinea 9 des RL-Vorschlags mit mindestens vier und höchstens zehn Wochen vorgegeben. Abs. 1 übernimmt diese Vorgabe, bemißt die Frist aber in Börsetagen (vgl. § 1 Z 5). Nach Art. 11 dÜbernahmekodex beträgt die Frist 28 bis 60 Tage, auch nach Rule 31.6. City Code muß ein Angebot spätestens am 60. Tag angenommen worden sein; eine Verlängerung dieser Frist ist aber möglich, so zB bei konkurrierenden Angeboten oder mit Zustimmung der Zielgesellschaft.

Zu Abs. 2:

Das ”Zwischenergebnis” (vgl. Abs. 3) des Angebots ist vom Bieter zu veröffentlichen.

Zu Abs. 3:

Bei freiwilligen Übernahmeangeboten kommt es häufig vor, daß der Bieter sein Kaufanbot an die Bedingung knüpft, daß er einen bestimmten Prozentsatz oder eine bestimmte Anzahl von Beteiligungs­papieren der Zielgesellschaft erwerben kann. Wenn sich in einem solchen Fall (vgl. auch § 7 Z 5) nach Ablauf der Angebotsfrist die Erfüllung der Bedingung herausstellt, so verlängert sich die Frist für die Annahme des Angebots ex lege um zehn Börsetage. Damit soll auch bisher zögernden Inhabern von Beteiligungspapieren noch die Gelegenheit gegeben werden, auf den von ihnen vielleicht nicht erwarteten Ausgang des Übernahmeverfahrens zu reagieren. Aber auch beim Pflichtangebot kann es im Interesse der Beteiligungspapierinhaber liegen, den vorläufigen Ausgang des Übernahmeangebots zu kennen und erst dann eine Entscheidung über den weiteren Verbleib in der Gesellschaft zu treffen. Auf die Möglichkeit einer nachträglichen Annahme muß der Bieter nach Abs. 2 bei der Veröffentlichung des Ergebnisses des Angebots hinweisen.

Zu Abs. 4:

Das komplexe Zusammenspiel der verschiedenen Fristen – vor allem bei konkurrierenden Übernahmean­geboten – soll nach ausländischem Beispiel durch eine Verordnung der Übernahmekommission näher geregelt werden, wobei sie die allgemeinen Grundsätze, insbesondere gemäß § 3 Z 2, 4 und 5 zu beachten hat. Dasselbe gilt für in diesem Zusammenhang erforderliche Veröffentlichungen. Zu regeln wird hier unter anderem sein, wie lange die Angebotsfrist für verbesserte Angebote zu laufen hat und welche Veröffentlichungen notwendig sind, weiters bis wann konkurrierende Angebote zulässig sind und wie lange das Übernahmeverfahren durch konkurrierende Angebote verlängert werden kann. Zu dem hier in etwa notwendigen Regelungsumfang kann auf die Art. 15 und 16 (Änderung und Widerruf eines Angebots) und auf die Art. 47 bis 51 (konkurrierende Angebote) der sUEV-UEK verwiesen werden.

Zu § 20 (Zuteilungsregelung beim Teilangebot):

Vgl. Art. 10 Abs. 2 RL-Vorschlag und Art. 10 dÜbernahmekodex.

Beim freiwilligen Übernahmeangebot kann der Bieter nach § 7 Z 5 in der Angebotsunterlage den prozentuellen Mindest- und Höchstanteil oder die Mindest- und Höchstzahl der Beteiligungspapiere, zu deren Erwerb er sich verpflichtet, angeben. Er kann also zB ein Übernahmeangebot mit 25% der Beteiligungspapiere begrenzen.

Bei einer zulässigen Begrenzung kann die Situation entstehen, daß dem Bieter Annahmeerklärungen über eine zu große Zahl von Wertpapieren zugehen. In diesem Fall wäre eine Zuteilungsregelung nach dem Prioritätsprinzip denkbar, sie würde aber dem Grundsatz der Gleichbehandlung widersprechen wie auch dem Bestreben, daß die von einem Übernahmeangebot angesprochenen Inhaber von Beteiligungspapieren ihre Entscheidung ohne unsachlichen Zeitdruck treffen sollen. Bei der hier vorgeschlagenen Zuteilungs­regel pro rata kann sich jedoch das Problem stellen, daß bei Kleinstaktionären nur mehr schwer handel­bare Aktienbestände verbleiben. Um dieses wegen der Gestaltung der Gebühren (vor allem der Kommissionsgebühren der Banken) unbillige Ergebnis zu vermeiden, kann der Bieter nach dem letzten Satz von einer strengen pro rata-Zuteilung abweichen. Er muß dies allerdings in der Angebotsunterlage nach § 7 Z 5 erläutern.

Zu § 21 (Sperrfrist):

Vgl. Rule 2.8 und Rule 35 City Code sowie Art. 30 Abs. 2 der spanischen Königlichen Verordnung über die Regelung von Übernahmeangeboten, 1197/1991 vom 26. Juli 1991.

Zu Abs. 1:

Zu einem Scheitern eines öffentlichen Übernahmeangebots kann es zB bei freiwilligen Angeboten kommen, wenn eine angestrebte und in der Angebotsunterlage als Bedingung oder Rücktrittsvorbehalt (§ 7 Z 7) genannte Mindestbeteiligung nicht erreicht wird (vgl. auch § 22 Abs. 11). Aber auch andere im Angebot aufgestellte gerechtfertigte (vgl. § 8) Bedingungen (wie zB die Zustimmung einer Kartell­behörde) können dazu führen, daß die auf Grund des Angebots abgegebenen Erklärungen letztlich nicht zum Vertragsschluß führen oder dieser durch Rücktrittserklärung wieder aufgehoben wird. Einem Bieter soll es in diesen Fällen nicht möglich sein, durch wiederholte Stellung von Übernahmeangeboten eine Zielgesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit neuerlich zu behindern (vgl. § 3 Z 5).

Kein ”Scheitern” des Übernahmeangebots im Sinn dieser Bestimmung wäre eine negative Stellungnahme der Übernahmekommission zur Angebotsunterlage oder ein Feststellungsbescheid der Übernahmekom­mission, daß die Angebotsunterlage den gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht. (In diesem Fall hat der Bieter die Möglichkeit, die Angebotsunterlage entsprechend der Begründung der Übernahmekom­mission [vgl. § 58 Abs. 2 AVG] zu verbessern.)

Während der Sperrfrist dürfen der Bieter und alle gemeinsam mit ihm vorgehenden Rechtsträger nach dem zweiten Satz sohin keine kontrollierende Beteiligung (vgl. § 22) erwerben, worauf beim Erwerb von Aktien der ”Zielgesellschaft” zu achten ist.

Zu Abs. 2 und 3:

Hier werden zum Schutz der Zielgesellschaft weitere Fälle erfaßt, die die Sperrfrist auslösen. Zum Beginn des Fristenlaufs in den Fällen des Abs. 2 vgl. § 10 Abs. 1 zweiter Satz.

Zu Abs. 4:

Wenn eine Behinderung der Tätigkeit der Zielgesellschaft nicht zu befürchten ist, weil es sich etwa um ein mit dem Management der Zielgesellschaft akkordiertes neuerliches Angebot handelt, und eine Verletzung der in § 3, insbesondere dessen Z 5, geschützten Interessen nicht zu befürchten ist, hat die Übernahmekommission auf Antrag des Bieters die einjährige Sperrfrist zu verkürzen.

Zu § 22 (Pflicht zur Stellung eines Angebots bei kontrollierender Beteiligung):

Vgl. Art. 3 und Art. 10 des RL-Vorschlags, Rule 9.1 und 9.2 City Code, Art. 32 und 52 BEHG und Art. 16 dÜbernahmekodex.

Der Entwurf knüpft an den Tatbestand des Erlangens einer ”kontrollierenden Beteiligung” die Verpflich­tung zur Abgabe eines Angebots an alle übrigen Beteiligungspapierinhaber der Gesellschaft (Abs. 1). Diese erhalten sohin ein Austrittsrecht, wenn erstmals eine kontrollierende Beteiligung entsteht oder wenn der Inhaber einer kontrollierenden Beteiligung wechselt. Irrelevant ist, wie diese kontrollierende Beteiligung zustande gekommen ist; dies kann zB durch vorangehenden Pakethandel oder durch Aufkauf an der Börse geschehen. Aber auch der Abschluß eines Syndikatsvertrags kann einen Kontrollwechsel oder -erwerb herbeiführen. Im Anschluß daran definiert der Entwurf den Begriff ”kontrollierende Beteiligung” durch die Möglichkeit, einen beherrschenden Einfluß auf die Zielgesellschaft auszuüben (vgl. Abs. 2). Hiebei ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten, weshalb auch der indirekte Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung, zB durch Erwerb einer Mehrheit an einer Holdinggesellschaft, erfaßt werden muß (dazu siehe Abs. 3). Weiters ist in diesem Zusammenhang auf § 23 zu verweisen. Durch diese Bestimmung wird die Einbeziehung von Aktien bzw. Stimmrechten, die ein Dritter hält, angeordnet.

Durch die Zurechnungsvorschrift des § 23 Abs. 1 werden auch Optionen erfaßt. Beim Erwerb von Optionen auf Stammaktien ist wie beim Aktienkauf mit zeitlichem Auseinanderfallen von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zu prüfen, wer die Stimmrechte ausübt und ob ein vertraglich vereinbartes oder sonst abgestimmtes Verhalten (§ 23 Abs. 1) vorliegt.

Zur Möglichkeit des Ausschlusses der Pflicht zur Stellung eines Übernahmeangebots durch entsprechende Satzungsbestimmung (”Opting-out”) vgl. Art. IV § 3 und die Erläuterungen dazu.

Die Bestimmung ist mit zivilrechtlichen Sanktionen und (§ 34) mit einer Strafsanktion (vgl. § 35) bewehrt und bedarf zu ihrer Durchsetzung einer Meldepflicht (vgl. die in Art. II vorgeschlagenen Ergänzungen zu § 91 BörseG).

Zu Abs. 2:

Dieser Absatz umschreibt den Tatbestand der ”kontrollierenden Beteiligung” mit der Möglichkeit, einen beherrschenden Einfluß auf die Zielgesellschaft auszuüben. Im Gegensatz zu § 244 Abs. 1 HGB und zu § 15 AktG wird hier auf das Erfordernis der tatsächlichen einheitlichen Leitung verzichtet, die Ermöglichung der Beherrschung genügt. Abs. 4 steht zu Abs. 2 in einem ähnlichen Verhältnis wie § 244 Abs. 2 zu § 244 Abs. 1 HGB (vgl. näher Abs. 4).

Zu Abs. 3:

Wie schon zu Abs. 1 erwähnt, ist bei Auslegung des Begriffs der ”kontrollierenden Beteiligung” auf die faktischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten abzustellen, einen beherrschenden Einfluß auszuüben. Es muß daher sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare kontrollierende Beteiligung an einer Gesellschaft grundsätzlich das Pflichtangebot auslösen. Es sollen aber jene Fälle mittelbarer Beteiligung nur einer Anzeigepflicht nach § 25 unterliegen, bei denen typischerweise eine Gefährdung der Vermögensinteressen der Beteiligungspapierinhaber nicht zu besorgen ist (vgl. § 25 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2). Mittelbar wird ein beherrschender Einfluß zB dann erlangt, wenn ein Mehrheitspaket börse­notierter Aktien vor Kontrollwechsel in eine Holding-GmbH einbegracht wurde und die Anteilsrechte an der GmbH in der Folge veräußert wurden. Um alle denkbaren in- und ausländischen Rechtsträger (zB Privatstiftungen) zu erfassen, spricht der Entwurf nicht nur von Anteilsrechten, sondern auch von sonstigen Rechten an einem Rechtsträger.

Zu Abs. 4:

Unter Verweis auf die handelsrechtliche Bestimmung über den Konzernabschluß nach § 244 HGB wird in bestimmten Fällen eine kontrollierende Beteiligung unwiderleglich vermutet: Dies ist nach § 244 Abs. 2 Z 1 dann der Fall, wenn einem Aktionär die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschaft zusteht; weiters nach § 244 Abs. 2 Z 2 HGB dann, wenn einem Aktionär das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen oder wenn (vgl. § 244 Abs. 2 Z 3 HGB) dem Aktionär das Recht zusteht, einen beherrschenden Einfluß auf die Gesellschaft auszuüben.

Der Tatbestand des § 244 Abs. 2 Z 4 HGB ist bereits durch § 23 Abs. 1 (gemeinsames Vorgehen) erfaßt.

Zu Abs. 5:

Hier wird im Hinblick auf die gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 mögliche Satzungsbestimmung die widerlegliche Vermutung aufgestellt, daß der Bieter eine kontrollierende Beteiligung erlangt hat, wenn er (allein oder gemeinsam mit anderen Rechtsträgern gemäß § 23 Abs. 1) einen bestimmten in der Satzung der Zielgesellschaft festgelegten Prozentsatz der Stimmrechte ausüben kann. Die Vermutung einer kontrollierenden Beteiligung ist in diesem Fall widerlegbar, wenn – vgl. § 24 Abs. 1 Z 4 – ein anderer Aktionär gemeinsam mit konzernmäßig verbundenen Aktionären über mehr Stimmrechte verfügt.

Zu Abs. 6:

Die näheren Voraussetzungen einer kontrollierenden Beteiligung hat die Übernahmekommission in einer Verordnung festzulegen, die sie nach Anhörung der Bundesminister für Justiz und für Finanzen und der Wiener Börse AG (unter der Annahme, daß diese das ”die Wiener Börse leitende und verwaltende Börseunternehmen” bleibt) zu erlassen hat (vgl. § 28 Abs. 8). Zu beachten sind weiters die Anhörungsrechte der gesetzlichen Interessenvertretungen. Die Übernahmekommission kann dabei im Lauf der Zeit gemachte praktische Erfahrungen einfließen lassen. Die näher zu determinierenden Voraussetzungen sind demonstrativ in den Z 1 bis 4 genannt.

Z 1 nimmt auf die in vielen ausländischen Übernahmeregelungen übliche Festlegung eines Grenzwertes an Stimmrechtsanteilen als Aufgriffsschwelle Bedacht. Wie hoch ein solcher Grenzwert sinnvollerweise anzusetzen ist, hängt von den in Z 2 und 3 genannten Umständen ab.

Z 4 berücksichtigt die Möglichkeit, daß Höchststimmrechte nach § 114 Abs. 1 zweiter Satz AktG festgelegt sein könnten. Hindert ein in der Satzung vorgesehenes Höchststimmrecht die Ausübung des vollen Stimmrechts, so kann dadurch die Möglichkeit des beherrschenden Einflusses verfehlt werden; eine (spätere) Satzungsänderung kann in einem solchen Fall allerdings zum Kontrollerwerb führen.

Der letzte Satz des Abs. 6 ermöglicht es der Übernahmekommission, in diese Verordnung eine sogenannte Creeping-in-Klausel aufzunehmen. Eine solche in der britischen Übernahmeregelung des City Code seit Jahren bewährte Bestimmung könnte verhindern, daß eine ”knappe” kontrollierende Beteiligung zu günstigen Konditionen erworben und anschließend durch Zukäufe weiter – zu für den Bieter günstigen Bedingungen – konsolidiert wird.

Eine solche Bestimmung könnte zahlreichen Umgehungsmöglichkeiten vorbeugen, zB durch Ein­räumung kaum nachweisbarer Optionen. Die Kritik im Begutachtungsverfahren, wonach durch eine gesetzliche Regelung des Creeping-in kontrollierende Aktionäre zu wiederholten Pflichtangeboten gezwungen würden und die Zielgesellschaft alljährlich durch Übernahmeangebote in ihrer Geschäfts­tätigkeit gestört würde, ging von der irrtümlichen Annahme aus, daß der sukzessive Zukauf von Aktien ein normaler wirtschaftlicher Vorgang sei. Es sollten jedoch im Ergebnis gerade solche Verhaltensweisen, die wiederholte Angebote notwendig machen würden, verhindert werden.

Zu Abs. 7:

Hier wird klargestellt, daß alle für freiwillige Übernahmeangebote geltenden Bestimmungen auch auf Pflichtangebote anzuwenden sind, sofern nichts anderes bestimmt wird.

Zu Abs. 8:

Nach Abs. 8 muß der Bieter beim Pflichtangebot den Inhabern von Beteiligungspapieren jedenfalls die Barzahlung anbieten. Der jeweilige Betrag ist spätestens zehn Börsetage nach Eintritt der Unwiderruflichkeit des Angebots zu entrichten. Der Bieter kann den Beteiligungspapierinhabern auch das Wahlrecht einräumen, statt Bargeld für ihre Beteiligungspapiere andere Wertpapiere zu erhalten. Während beim freiwilligen Übernahmeangebot die Zahlungsfrist vom Bieter festgesetzt werden kann (vgl. § 7 Z 9), darf beim Pflichtangebot das Zahlungsziel bei der Barzahlung nicht mehr als zehn Börsetage betragen. Gemäß § 19 Abs. 2 und Abs. 3 hat der Bieter das Ergebnis des Übernahmeangebots unverzüglich zu veröffentlichen und auf die Nachfrist von zehn Börsetagen hinzuweisen. Beteiligungspapierinhaber, die innerhalb dieser Nachfrist das Angebot annehmen, müssen – ebenfalls innerhalb von zehn Börsetagen – die Barzahlung erhalten. In der Angebotsunterlage hat der Bieter nach § 7 Z 10 Angaben zu diesen Wertpapieren zu machen. Die wahlweise angebotenen Wertpapiere können zB Schuldverschreibungen oder aus einer Kapitalerhöhung gegen Gewährung von Sacheinlagen stammende Aktien des Bieters sein.

Es wird von der Attraktivität des Tauschangebots im Vergleich zum Barangebot abhängen, ob der Bieter überwiegend Barmittel zur Erfüllung des Angebots aufbringen muß oder ob er auch mit eigenen Wertpapieren (oder mit Wertpapieren einer Tochtergesellschaft) die auf Grund des Pflichtangebots geschlossenen Verträge erfüllen kann. Beim Tausch in Wertpapiere des Bieters ist keine bestimmte Frist für die Erbringung der Gegenleistung vorgesehen, der Bieter muß aber auch für Tauschangebote in der Angebotsunterlage nach § 7 Z 9 die Fälligkeit bestimmen.

Zu Abs. 9:

Hier wird der in § 4 Z 1 aufgestellte Grundsatz, wonach der Bieter ein Übernahmeangebot nur stellen darf, wenn er es auch finanzieren kann, für das Pflichtangebot in abgewandelter Form wiederholt.

Zu Abs. 10:

Während beim freiwilligen Angebot insbesondere die Bedingung des Erreichens eines bestimmten Beteiligungsprozentsatzes zulässig ist (vgl. § 8), sind nach dem Zweck des Pflichtangebots solche Bedingungen grundsätzlich nicht möglich. Ausgenommen sind gesetzlich vorgegebene Bedingungen, wie etwa die Erteilung einer kartellrechtlichen Genehmigung.

Zu Abs. 11:

Immer dann, wenn in einem freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebot für Aktien kein Höchstanteil oder keine Höchstanzahl (vgl. § 7 Z 5) festgelegt ist, könnte nach der Durchführung des Angebots eine kontrollierende Beteiligung bestehen. Diese würde die Angebotspflicht auslösen.

Durch die Bestimmung des Abs. 11 erster Satz soll verhindert werden, daß durch aufeinanderfolgende Angebote allzu leicht die Aktionäre durch die Technik der zweistufigen Offerte (two tier-offer) doch ungleich behandelt werden. Überdies wird durch diese Bestimmung der Gefahr einer unzumutbaren Belastung der Zielgesellschaft (vgl. § 3 Z 5) begegnet. Für solche ”freiwillig startenden” Pflichtangebote gelten alle Bestimmungen über das Pflichtangebot mit Ausnahme von Abs. 10, so daß in diesen Fällen sachlich gerechtfertigte Bedingungen gemäß § 8 zulässig sind. Aus diesem Grund muß ein solches Angebot von vornherein auf den Erwerb aller Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft gerichtet sein.

Der zweite Satz enthält eine Rechtsbedingung. Sie gilt unabhängig vom Willen der Parteien und soll verhindern, daß der Bieter mit zB 40% zwar die faktische Kontrolle über die Gesellschaft erreicht, er aber planmäßig einen so niedrigen Preis ansetzt, daß die Mehrheit der Aktionäre nicht annimmt. Der Preis eines öffentlichen Angebots, das dem Bieter eine kontrollierende Beteiligung verschafft, soll so attraktiv sein, daß der Bieter mindestens die einfache Mehrheit der Stimmrechte erreicht. Dadurch wird der Preis im Interesse der Aktionäre tendenziell höher angesetzt werden und die allzu billige Eroberung der faktischen Kontrollbeteiligung verhindert. Für den Bieter ist das Verfahren steuerbar, weil er bei drohender Verfehlung der 50%-Grenze nachbessern kann (vgl. § 15).

Zu § 23 (Gemeinsames Vorgehen):

Vgl. Art. 24 Abs. 3, Art. 28 lit. f und Art. 32 erster Satz BEHG, Art. 11 und 12 sUEV-UEK und Rule 9.1 City Code.

Der Tatbestand des gemeinsamen Vorgehens ist in Abs. 1 weit gefaßt. Gemeinsames Vorgehen kann auf Grund der Zugehörigkeit zu demselben Konzern anzunehmen sein, auf Grund eines Vertrags oder ”sonst auf Grund abgestimmten Verhaltens”.

Wenn nun ein gemeinsames Vorgehen mehrerer Rechtsträger bei der Ausübung der Stimmrechte oder betreffend ein Angebot festzustellen ist, so gelten für alle diese Rechtsträger die Pflichten eines Bieters, also auch die Pflicht zur Stellung eines Übernahmeangebots. Entscheidende Rechtsfolge des gemein­samen Vorgehens ist, daß die Stimmrechte dieser Rechtsträger zusammenzurechnen sind. Die derzeit im § 92 BörseG vorgesehenen Tatbestände werden in aller Regel dem § 23 entsprechen; dies gilt wohl meist auch für Optionen, die dem Bieter den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft ermöglichen. § 23 ist jedoch weiter, weil insbesondere unter den Begriff ”abgestimmtes Verhalten” zusätzliche Fälle subsumierbar sind.

Da ein gemeinsames Vorgehen zwar auch bei einem freiwilligen Übernahmeangebot vorkommen kann, seine größte Bedeutung aber durch die Rechtsfolge der Zusammenrechnung der von den einzelnen Rechtsträgern gehaltenen Stimmrechte bei der Frage der Pflicht zur Stellung eines Übernahmeangebots hat, findet sich diese Regelung im Entwurf zweckmäßigerweise im Anschluß an die Regelung des Pflichtangebots.

Nach der Definition des § 1 Z 3 ist unter anderem Bieter, wer verpflichtet ist, ein Angebot abzugeben. Alle in diesem Sinn gemeinsam vorgehenden Rechtsträger sind in der Angebotsunterlage als Bieter zu nennen, es treffen sie auch die sonstigen Pflichten eines Bieters, so zB die in § 4 Z 1 bis 3 genannten grundsätzlichen Pflichten und die in § 5 normierten Geheimhaltungs- und Bekanntmachungspflichten.

Zu Abs. 2:

Die Übernahmekommission kann durch Verordnung Ausführungsbestimmungen zum Tatbestand des Abs. 1 erlassen.

Da bei einem gemeinsamen Vorgehen die Stimmrechte der betreffenden Rechtsträger zusammenzu­rechnen sind, soll dieser Tatbestand auch als neue Z 9 des § 92 BörseG die Meldepflichten nach § 91 BörseG auslösen (vgl. Art. II).

Zu § 24 (Ausnahmen von der Angebotspflicht kraft Gesetzes):

Vgl. Art. 32 Abs. 3 BEHG und Art. 16 dÜbernahmekodex.

Die im § 24 abschließend aufgezählten Fälle, in denen eine Angebotspflicht kraft Gesetzes trotz Erlangung einer kontrollierenden Beteiligung nicht besteht, sind von den in § 25 Abs. 1 angeführten Tatbeständen zu unterscheiden, in denen eine Anzeigepflicht an die Übernahmekommission normiert ist. Vgl. aber die Meldepflicht nach §§ 91 f BörseG.

Zu Abs. 1 Z 1:

Hier wird der Aktienerwerb auf Grund familienrechtlicher oder erbrechtlicher Tatbestände erfaßt. Es ist anzunehmen, daß in diesen Fällen der neue kontrollierende Aktionär keine andere Geschäftspolitik verfolgt und daher kein Schutzbedürfnis für die Minderheitsaktionäre besteht.

Zu Abs. 1 Z 2:

Diese Bestimmung will Übertragungen innerhalb ein und desselben Konzerns vom Begriff des Wechsels der kontrollierenden Beteiligung ausnehmen, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß in oberster Ebene ausschließlich dieselben Gesellschafter (oder deren Angehörige) beteiligt bleiben, wie vor der Über­tragung. Daher ist zB die Übertragung der kontrollierenden Beteiligung auf eine hundertprozentige Muttergesellschaft oder auf eine hundertprozentige Zwischenholding befreit.

Auch die Übertragung auf eine Konzernschwestergesellschaft, an der letzten Endes ausschließlich die selben Gesellschafter wie an der übertragenden Gesellschaft beteiligt sind, fällt unter den Befreiungs­tatbestand. Allerdings könnte wegen einer Übertragung innerhalb desselben Konzerns eine gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 bloß zu meldende mittelbare Beteiligung im Nachhinein doch die Übernahmepflicht auslösen, wenn nach den tatsächlichen Verhältnissen die Verlagerung der Beteiligung im Konzern Ausdruck einer die Interessen von Minderheitsaktionären gefährdenden Konzernierungspolitik ist; dies könnte zB der Fall sein, wenn innerhalb ein und desselben Konzerns die bisher verstreuten Beteiligungen an verwandten Unternehmungen unter ein und derselben Branchenholding zwecks erleichterter vereinheitlichter Führung zusammengefaßt werden.

Zu Abs. 1 Z 3:

Hier wird der Fall erfaßt, daß die Aktienmehrheit durch eine ”Familienstiftung” erworben wird. Alle durch die Privatstiftung Begünstigten müssen bisherige Gesellschafter oder Angehörige bisheriger Gesell­schafter sein; unter dieser Voraussetzung besteht kein Schutzbedürfnis für die Minderheitsaktionäre.

Der Kreis der Angehörigen wird auch hier durch den Verweis auf § 32 KO definiert; nach dieser Bestimmung sind Angehörige bis zum vierten Grad der Seitenlinie erfaßt.

Zu Abs. 1 Z 4:

Ein Pflichtangebot ist schließlich auch dann nicht zu stellen, wenn ein anderer Aktionär oder konzernmäßig verbundene Aktionäre über mehr Stimmrechte als der Erwerber verfügen; diese Fallgruppe ist deshalb möglich, weil der Entwurf in § 22 Abs. 5 eine widerlegliche Vermutung des Bestandes einer kontrollierenden Beteiligung bei Überschreitung einer satzungsmäßig festgesetzten Stimmrechtsgrenze zuläßt. In solchen Fällen gestattet der Entwurf konsequenterweise die Widerlegung der Vermutung, daß eine kontrollierende Beteiligung vorliegt, durch den Nachweis einer höheren Stimmrechtskonzentration in anderen Händen als in den Händen des Erwerbers.

Zu Abs. 2:

Weitere Ausnahmen von der Angebotspflicht werden durch Verordnung insbesondere für laufende Effektengeschäfte auf fremde Rechnung (§ 1 Abs. 1 Z 7 lit. e BWG), Geschäfte im Rahmen des Investmentfondsgeschäfts (§ 1 Abs. 1 Z 13 BWG) und des Market-Maker-Geschäfts (§ 59 Abs. 2 BörseG) vorzusehen sein.

Zu § 25 (Anzeigepflicht bei kontrollierender Beteiligung):

Vgl. Art. 32 Abs. 2 lit. a bis e BEHG, wonach die Aufsichtsbehörde in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Angebotspflicht gewähren kann.

Zu Abs. 1:

Während nach § 22 Abs. 1 bei Erlangen einer kontrollierenden Beteiligung grundsätzlich ein Pflichtangebot zu stellen ist, besteht in den begünstigten Fällen des § 25 Abs. 1 vorerst nur eine Anzeigepflicht. Der potentielle Bieter hat innerhalb der gleichen Frist der Übernahmekommission vorerst (vgl. Abs. 2) nur bekanntzugeben, daß er eine kontrollierende Beteiligung erlangt hat.

Die Fälle, in denen eine Mitteilung vorerst ausreicht, sind in Z 1 bis 4 aufgezählt, die Übernahme­kommission kann aber durch eine Verordnung sowohl diese Tatbestände näher umschreiben, als auch weitere Fälle bestimmen, in denen eine Mitteilung über den Sachverhalt an die Übernahmekommission genügt. In den in Z 1 bis 4 genannten Fällen und in den weiteren von der Übernahmekommission durch Verordnung noch zu bestimmenden Fallgruppen ist entweder typischerweise eine Gefährdung von Vermögensinteressen der Beteiligungspapierinhaber der Zielgesellschaft nicht zu erwarten oder es sprechen typischerweise gesamtwirtschaftliche Interessen für die Befreiung vom Pflichtangebot, welche die durch dieses Bundesgesetz geschützten Zwecke, insbesondere die Vermögensinteressen der Beteiligungspapierinhaber, überwiegen.

Z 1 erfaßt folgenden Fall: Die kontrollierende Beteiligung an einer Zielgesellschaft besteht nur mittelbar im Wege von Anteilsrechten an einem anderen Rechtsträger, der seinerseits auf die Zielgesellschaft einen (unmittelbaren oder mittelbaren) beherrschenden Einfluß hat. Wenn nun der Buchwert der unmittelbaren Beteiligung an einer Zielgesellschaft weniger als ein Viertel des buchmäßigen Nettoaktivvermögens des Rechtsträgers beträgt, ist vorerst kein Pflichtangebot zu stellen (zu den Entscheidungsmöglichkeiten und Entscheidungskriterien der Übernahmekommission vgl. Abs. 2); bei einer mehrstöckigen Beteiligung kommt es für den Vergleich auf den Beteiligungsansatz bei der unmittelbaren Muttergesellschaft an.

Z 2 knüpft an das gemeinsame Vorgehen mehrerer Rechtsträger an und statuiert einen Ausnahmetat­bestand für den Fall, daß der Aktienerwerb unter diesen gemeinsam vorgehenden Rechtsträgern stattgefunden hat und sich die Zusammensetzung der schon bestehenden Gruppe nur geringfügig geändert hat. Dieser Tatbestand ist dem gesetzlichen Ausnahmetatbestand des § 24 Z 2 für Übertragungen innerhalb eines Konzerns ähnlich. Während aber bei den in § 24 Z 2 definierten Konzernübertragungs­fällen eine Gefährdung der Vermögensinteressen der Beteiligungspapierinhaber auszuschließen ist, soll bei Übertragung innerhalb einer Gruppe gemeinsam vorgehender Rechtsträger (die keinen Konzern bilden müssen, sondern etwa durch einen Syndikatsvertrag zusammengeschlossen sein können, vgl. § 23 Abs. 1) und bei geringfügigen Änderungen der Zusammensetzung der Gruppe die Übernahmekommission prüfen können, ob Vermögensinteressen von Beteiligungspapierinhabern durch den Kontrollwechsel gefährdet sind.

In den Fällen der Z 3 ist eine knappe kontrollierende Beteiligung entweder nur vorübergehend oder unbeabsichtigt entstanden; im letzten Fall wird die Übernahmekommission in der Regel die Auflage aussprechen, daß die kontrollierende Beteiligung durch den Verkauf der ”überzähligen” Stimmrechts­aktien rückgängig zu machen ist.

Der Tatbestand der Z 4 soll Sanierungen erleichtern. Gerechtfertigt ist er durch die Überlegung, daß durch Sanierungen häufig betriebswirtschaftlich funktionsfähige Einheiten und die damit zusammenhängenden Arbeitsplätze erhalten werden können und die wertzerstörende Zerschlagung von Unternehmen verhindert wird. Die Notwendigkeit eines Pflichtangebots könnte insbesondere wegen der Preisbildungsvorschriften des § 26 Abs. 1 (siehe aber auch § 26 Abs. 3 Z 3), wegen des damit verbundenen Liquiditätsbedarfs und wegen der Verzögerung sinnvolle Sanierungen verhindern. Der Sanierungstatbestand greift auch beim Erwerb neuer Aktien infolge einer Kapitalerhöhung. Dem Kauf zu Sanierungszwecken geht häufig ein Erwerb voraus, der der bloßen Sicherung der Forderung dient.

Eine nähere Determinierung der in Z 1 bis Z 4 genannten Tatbestände sowie deren Ergänzung kann durch eine Verordnung der Übernahmekommission erfolgen.

Zu Abs. 2:

Abs. 2 stellt es ins pflichtgemäße Ermessen der Übernahmekommission, festzustellen, ob in den Fällen des Abs. 1 (die – wie sich aus dem letzten Satz des Abs. 1 ergibt – durch Verordnung auch erweitert werden können) doch im Einzelfall eine Gefährdung der Vermögensinteressen der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft zu besorgen ist. Die Übernahmekommission hat die Möglich­keit, diese Entscheidung auch erst nach einem gewissen Beobachtungszeitraum zu treffen. Wenn aber der potentielle Bieter – soweit es in diesem Stadium möglich ist – Klarheit über die Frage der Angebotspflicht haben will, kann er beantragen, daß die Übernahmekommission möglichst rasch, längstens jedoch innerhalb eines Monats, darüber entscheidet; allerdings hat die Entscheidung in einem solchen Verfahren, an dem die übrigen Parteien (anders als im Verfahren nach § 33) nicht beteiligt sind, keine erweiterte Rechtskraftwirkung.

Zu Abs. 3:

Durch Verordnung kann die Übernahmekommission auch die Kriterien für Entscheidungen nach Abs. 2 genauer festlegen. Sie kann Bedingungen und Auflagen aussprechen und deren Einhaltung beobachten. Die hiefür im zweiten Satz festgelegten Gesichtspunkte werden auch vor Erlassung einer solchen Verordnung bei den Entscheidungen nach Abs. 2 zu beachten sein.

Zu § 26 (Preis des Pflichtangebots):

Vgl. Art. 10 Abs. 1 RL-Vorschlag, Art. 32 Abs. 4 und Abs. 5 BEHG, Art. 17 dÜbernahmekodex und Rule 9.5 City Code.

Neben der Verpflichtung zur Stellung eines öffentlichen Übernahmeangebots beim Erwerb einer kontrol­lierenden Beteiligung nach § 22 ist die Mindestpreisbestimmung im § 26 ein zentraler Punkt des Entwurfs. Ohne diese Preisregelung wäre die Angebotspflicht ihres wirtschaftlichen Sinns beraubt. Dagegen ist beim freiwilligen Übernahmeangebot, sofern es nicht dem § 22 Abs. 11 unterliegt, kein bestimmter Angebotspreis vorgesehen; in der Angebotsunterlage ist nur nach § 7 Z 4 zur Information der angesprochenen Beteiligungspapierinhaber die für die Bestimmung der Gegenleistung angewandte Bewertungsmethode anzugeben.

Der City Code verpflichtet den Bieter nach Rule 9.5 zur vollständigen und gleichmäßigen Aufteilung der Kontrollprämie, denn dem ”mandatory offer” (Pflichtangebot) ist der höchste Erwerbspreis der letzten zwölf Monate zugrunde zu legen. Nach Art. 10 Abs. 1 des RL-Vorschlags muß das obligatorische Angebot allen Aktionären zu einem Preis unterbreitet werden, ”der die Gleichbehandlung der Aktionäre sicherstellt”.

Zu Abs. 1:

Vorgeschlagen wird eine Preisbestimmung, bei der zwei kumulativ anzuwendende Grenzwerte zu berücksichtigen sind: Erstens muß der Preis mindestens dem durchschnittlichen Börsekurs der letzten sechs Monate entsprechen; zur genaueren Berechnungsweise kann die Übernahmekommission nach Abs. 6 eine Verordnung erlassen.

Die zweite und – ausgehend vom Regelfall des Pakethandels – öfter entscheidende Untergrenze stellt der höchste Preis dar, den der Bieter in den letzten zwölf Monaten bezahlt hat. Bei dieser Preisbegrenzung stellt sich die Frage, wie weit der für den Erwerb einer kontrollierenden Aktienmehrheit bezahlte Preis auch den übrigen Aktionären anzubieten ist. Wie schon im Allgemeinen Teil der Erläuterungen (vgl. Punkt 4.2.) ausgeführt, kann der Verkäufer eines großen Aktienpakets in der Praxis oft einen deutlich über dem Börsekurs liegenden Preis erzielen, wenn der Käufer zugleich die Kontrollmöglichkeit über die Gesellschaft erwirbt. Dieser höhere Marktwert der kontrollierenden Beteiligung soll nach dem Entwurf entgegen dem strengen Gleichbehandlungsgrundsatz durch einen Abschlag vom Paketpreis berücksichtigt werden dürfen. Damit wird den Vermögensinteressen der potentiell verkaufswilligen Paketinhaber, also der in österreichischen Aktiengesellschaften häufig anzutreffenden Kernaktionäre, zu Lasten der übrigen Aktionäre Rechnung getragen (vgl. § 3 Z 1). Demgegenüber liegt ein möglichst geringer Abschlag im Interesse der Minderheitsaktionäre und des österreichischen Kapitalmarkts.

Allerdings wird diese zulässige Ungleichbehandlung limitiert; der Entwurf sieht vor, daß der Preis des Pflichtangebots – jeweils pro Stammaktie gerechnet – den Gesamtwert der Gegenleistung, die der Bieter in den letzten zwölf Monaten für Stammaktien der Zielgesellschaft bezahlt hat, um höchstens 15% unterschreiten darf. Die ”vereinbarte” Gegenleistung erfaßt auch später fällig werdende Transaktionen einschließlich echter Termingeschäfte. Allerdings wird in § 27 Abs. 1 Z 2 eine ”Opting-in”-Möglichkeit geschaffen. Gesellschaften können in ihrer Satzung den genannten Abschlag ausschließen oder niedriger festlegen. Dadurch können sie ihre Attraktivität am Kapitalmarkt verbessern.

Der zweite Satz des Abs. 1 betrifft die vom Bieter geschriebenen Put-Optionen und die ihm eingeräumten Call-Optionen; die im Rahmen von Put- oder Call-Optionen vorgesehenen Gegenleistungen sind zu berücksichtigen.

Im Zusammenhang mit der Preisfindung ist auf die Offenlegungspflichten nach Abs. 4 und § 30 Abs. 4 zu verweisen.

Zu Abs. 2:

Wie Art. 32 Abs. 5 BEHG bestimmt Abs. 2, daß der für andere Beteiligungspapiere zu bietende Preis auch in einem angemessenen Verhältnis zu der für die Stammaktien gewährten Gegenleistung stehen muß. Dies ist zB wichtig, wenn nur Vorzugsaktien börsenotiert sind. Zu bedenken ist, daß das Pflicht­angebot nach § 22 Abs. 1 alle Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft umfassen muß. Auch das typische Verhältnis der Börsekurse, zB von Stamm- und Vorzugsaktien, kann berücksichtigt werden, wenn es nicht durch besondere Umstände verzerrt ist.

Zu Abs. 3:

Die in Abs. 1 und 2 aufgestellte Grundregel bedarf verschiedener Ergänzungen:

Der erste Satz betriff den Fall, daß die Gegenleistung nicht oder nicht nur in Geld bestand. Häufig wird der Bieter, wenn er – wie im Regelfall – selbst eine Gesellschaft ist, neben oder statt Bargeld dem Veräußerer als Gegenleistung Anteilsrechte gewährt haben. Unter den ”sonstigen Vorteilen” sind zB die vom Veräußerer beim Pakethandel häufig übernommenen Haftungen zu berücksichtigen. Zahlungen und Vorteile müssen nicht zwischen den Vertragsparteien fließen, sondern bloß in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erlangen der kontrollierenden Beteiligung stehen; auf die Offenlegungspflicht gemäß Abs. 4 und § 30 Abs. 4 ist zu verweisen.

Z 1 berücksichtigt den Fall, daß nicht Aktien der Zielgesellschaft erworben wurden, sondern zB Aktien an einer Gesellschaft, die an der Zielgesellschaft mittelbar oder unmittelbar eine kontrollierende Beteiligung hält. Die für die Aktien dieser kontrollierenden Gesellschaft bezahlte Gegenleistung könnte nur dann als Bewertungsmaßstab herangezogen werden, wenn das Vermögen dieser Gesellschaft nur in der Beteiligung an der Zielgesellschaft bestünde.

Z 2 ermöglicht allgemein die Berücksichtigung besonderer Umstände bei der Festlegung des Gegenwerts; so könnte etwa auf Grund familiärer Verbundenheit ein stark vom Marktwert abweichender Preis festgesetzt worden sein.

Die nach Z 3 zu berücksichtigende wesentliche Änderung der Verhältnisse könnte zB auf einen starken Kursrückgang in jüngster Vergangenheit wegen einer Branchenkrise oder auf eine plötzlich bekanntge­wordene Unternehmenskrise zurückzuführen sein.

Zu Abs. 4:

Die Preisfestsetzung ist oft von nicht völlig eindeutigen Begleitumständen abhängig. Daher ist in diesen Fällen die Überprüfung durch den Sachverständigen gemäß § 9 und die Transparenz gegenüber der Übernahmekommission von besonderer Bedeutung (vgl. auch § 30 Abs. 4).

Die Offenlegungspflicht gegenüber dem Sachverständigen steht im Zusammenhang mit § 9 Abs. 1 zweiter Satz, wonach der Sachverständige insbesondere auch die Gesetzmäßigkeit des Angebots hinsichtlich der Gegenleistung zu überprüfen hat, die gerade beim Pflichtangebot von besonderer Bedeutung ist. Dies hat auch im schriftlichen Bericht und im abschließenden Bestätigungsvermerk des Sachverständigen Niederschlag zu finden.

Zu Abs. 5:

Abweichend von den ursprünglichen Entwürfen wurde darauf verzichtet, in den Fällen des Abs. 3 eine Vorausgenehmigung des angemessenen Preises durch die Übernahmekommission vorzuschreiben. Hin­gegen ist in Abs. 5 über Antrag von Kleinaktionären (und sonstigen Beteiligungspapierinhabern), die über 1% des Grundkapitals oder über Beteiligungspapiere im anteiligen Betrag von mindestens einer Million Schilling oder 70 000 Euro (vgl. § 33 Abs. 2 Z 4) verfügen, eine Überprüfung des Angebotspreises vorgesehen.

Wenn die dort genannte Voraussetzung nur durch Zusammenzählung der Papiere mehrerer Beteiligungs­papierinhaber entsteht, müssen sie einen gemeinsamen Vertreter bestellen.

Im übrigen könnten auch die Organe der Zielgesellschaft sowie der die Zielgesellschaft beratende Sachverständige (vgl. §§ 13 und 14) zur angebotenen Gegenleistung kritisch Stellung nehmen.

Zu Abs. 6:

Diese Verordnung könnte zB klären, ob und wie die gehandelten Umsatzmengen bei der Ermittlung des Durchschnittskurses gewichtet werden.

Zu § 27 (Abweichende Satzungsbestimmungen):

Vgl. Art. 22 Abs. 2 und Abs. 3, Art. 32 Abs. 1 und die Übergangsbestimmung des Art. 53 BEHG.

Die in § 27 vorgeschlagenen Satzungsbestimmungen ermöglichen ein ”Opting-in” bzw. ein ”Opting-up”, sodaß österreichische börsenotierte Aktiengesellschaften zu einem ”Wettbewerb der Satzungen” aufge­rufen sind.

Die ”Opting-out”-Möglichkeit nach Abs. 1 Z 3 ist voraussichtlich EU-konform, da sich der Geltungs­bereich des RL-Vorschlags in seiner derzeitigen Fassung auf Stimmrechtsaktien beschränkt.

Die gemäß § 27 möglichen Satzungsänderungen sind nicht nur nach aktienrechtlichen Vorschriften (vgl. § 18 AktG), sondern auch unter Beachtung der Regeln des § 82 Abs. 6 bis 8 und des § 83 Abs. 4 und 5 BörseG zu melden. Die genannten Bestimmungen sehen auch Mitteilungen an die Bundes-Wertpapier­aufsicht vor.

Zu Abs. 1 Z 1:

In der Satzung kann die widerlegliche Vermutung aufgestellt werden, daß eine kontrollierende Be­teiligung ab Erreichen eines bestimmten Grenzwertes der auf die ständig stimmberechtigten Aktien entfallenden Stimmrechte anzunehmen ist. Auch die Entscheidung über die Ausübung der Stimmrechte, zB durch einen Syndikatsvertrag, fällt unter diese Bestimmung. Die Festlegung eines geringeren Prozent­satzes als 20% ist nicht möglich. Daß diese in der Satzung aufgestellte Vermutung widerleglich ist, ergibt sich aus § 24 Abs. 1 Z 4. Ein Erwerber müßte demnach – trotz Überschreitens des in der Satzung festgelegten Prozentsatzes – kein Pflichtangebot stellen, wenn ein anderer Aktionär über mehr Stimm­rechte an der Zielgesellschaft verfügt. Bei diesem Vergleich sind auf der Seite des ”anderen Aktionärs” die Stimmrechte der mit ihm konzernmäßig verbundenen Aktionäre hinzuzurechnen. Andererseits sind dem Erwerber die Stimmrechte der gemeinsam mit ihm vorgehenden Rechtsträger gemäß § 23 Abs. 1 zuzurechnen.

Zu Abs. 1 Z 2:

In der Satzung kann auch vorgesehen werden, daß beim Pflichtangebot – wie nach dem City Code – der kontrollierende Aktionär die ”Kontrollprämie” vollständig an alle Beteiligungspapierinhaber weiterzu­geben hat (”Opting-up”). In diesem Fall wäre dem Pflichtangebot als Preis der durchschnittliche Börsekurs während der letzten sechs Monate oder die höchste in den letzten zwölf Monaten gewährte oder vereinbarte Gegenleistung für Beteiligungspapiere der Zielgesellschaft zugrunde zu legen. Es kann nach dieser Satzungsbestimmung aber auch ein geringerer als ein 15%iger Abschlag (vgl. § 26 Abs. 1) vorgesehen werden.

Zu Abs. 1 Z 3:

Die Satzung kann auch ein ”Opting-out” für erst zu begebende Substanzpapiere ohne Stimmrecht vor­sehen. Der Entwurf erfaßt unter dem Begriff Beteiligungspapiere grundsätzlich alle Substanzpapiere, unabhängig davon, ob sie mit einem Stimmrecht verbunden sind. Dies war rechtspolitisch umstritten. Die vorliegende Bestimmung gestattet es, durch Satzungsbestimmung andere Beteiligungspapiere als Stimm­rechtsaktien von der Angebotspflicht zumindest für die Zukunft auszunehmen. Der jeweilige Zeichner weiß dann, daß ihm im Fall einer Übernahme kein Recht auf ein Pflichtangebot zusteht.

Zu Abs. 2:

Die genannten Satzungsbestimmungen bedürfen einer Mehrheit von mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals, eine andere Kapitalmehrheit kann in der Satzung festgesetzt werden.

Zu Abs. 3:

Beschlüsse, mit denen die die Minderheitsaktionäre begünstigenden Satzungsbestimmungen nach Abs. 1 Z 1 und 2 zu ihrem Nachteil abgeändert oder rückgängig gemacht werden sollen, können nach Abs. 3 nur mit Zustimmung aller Inhaber von Beteiligungspapieren gefaßt werden.

Zu § 28 (Übernahmekommission):

Vgl. Art. 4 RL-Vorschlag, Art. 23 und 34 BEHG und Art. 20 dÜbernahmekodex.

Nach Art. 4 Abs. 1 des RL-Vorschlags haben die Mitgliedstaaten eine oder mehrere Stellen zu benennen, die den gesamten Angebotsvorgang überwachen. Als Aufsichtsorgan können auch Vereinigungen oder private Einrichtungen benannt werden.

Der Entwurf schlägt vor, daß eine neu zu gründende Übernahmekommission für alle nach dem Übernahmegesetz zu entscheidenden Fragen ausschließlich zuständig ist (vgl. § 29 Abs. 1 und Punkt 6.4 des Allgemeinen Teils der Erläuterungen). Die Übernahmekommission ist eine nach Art. 133 Z 4 B-VG eingerichtete Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag. Eine Anrufung des VwGH ist daher nicht zulässig.

Zu Abs. 1:

Daß die Übernahmekommission bei dem die Wiener Börse leitenden und verwaltenden Börseunter­nehmen, das ist die Wiener Börse AG, eingerichtet ist, hat rein faktische und finanzielle Bedeutung (vgl. § 31 Abs. 2), sie ist aber als Sonderbehörde rechtlich vollkommen unabhängig.

Die Notwendigkeit einer raschen endgültigen Entscheidung spricht dafür, die Übernahmekommission als Behörde gemäß Art. 133 Z 4 B-VG einzurichten. Damit kann dem im RL-Vorschlag (Art. 5 lit. e) und dem in § 3 Z 5 dieses Entwurfs statuierten Grundsatz, daß Übernahmeverfahren rasch durchzuführen sind und die Zielgesellschaft nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus in ihrer Geschäftstätigkeit behindert werden darf, am besten Rechnung getragen werden. Für die dazu notwendige Vorarbeit und Aufbereitung des Sachverhalts sorgen die nach § 9 und § 13 dieses Entwurfs zu bestellenden unabhängigen Sachverständigen.

Eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag bietet weiters den Vorteil, daß eine solche Behörde als ”Tribunal” auch über ”civil rights” im Sinn des Art. 6 Abs. 1 MRK gestaltet werden kann. Sowohl der VfGH als auch der EGMR qualifizieren diese Kollegialbehörden wegen ihrer relativen Unabhängigkeit von der Exekutive als Gerichte im Sinn der MRK. Die hier vorgesehene Beteiligung eines Richters bietet Gewähr, daß auch verfahrensrechtliche Fragen kompetent entschieden werden. Der Befassung eines Richters steht auch nicht das Bedenken einer allzu großen Inanspruchnahme richterlicher Arbeitskapazität entgegen, weil nach Schätzungen von Experten in den künftigen Jahren mit wenigen Übernahmefällen zu rechnen ist.

Zu Abs. 2:

Die Zusammensetzung und vor allem die hier genannten Bestellungskriterien sollen für möglichst große Fachkompetenz der Mitglieder der Übernahmekommission sorgen.

Zu Abs. 3:

Durch die vorgesehene Senatsbesetzung soll im Zusammenhang mit der von der Übernahmekommission zu erlassenden Geschäftsordnung sichergestellt werden, daß rasch ein beschlußfähiger Senat einberufen werden kann. Dem Vorsitzenden kommt ein Dirimierungsrecht zu.

Zu Abs. 4 bis 7:

Hier sind detailliert die Bestellungsvoraussetzungen sowie das Erlöschen der Mitgliedschaft geregelt. Festzuhalten ist, daß dem Vorsitzenden angesichts seines Dirimierungsrechts nach Abs. 3 und Abs. 7 sowie der Möglichkeit, ihm in der Geschäftsordnung verfahrensleitende Verfügungen vorzubehalten, eine bedeutende Funktion zukommt, die sich mit seiner fachlichen Qualifikation decken soll. Das Gesetz verlangt nicht die gleichmäßige Verteilung der Aufgaben auf alle Mitglieder. Der Vorsitzende kann daher durch die Geschäftsordnung zum Vorsitzenden aller Senate bestellt werden, sodaß gemäß der Geschäfts­ordnung seine Stellvertreter nur bei seiner Verhinderung (der die Überlastung gleichgestellt werden kann) zum Zuge kommen.

Zu Abs. 8:

Für alle zu erlassenden Verordnungen sind hier Anhörungsrechte geregelt, wobei zusätzlich auf das Anhörungsrecht der gesetzlichen Interessenvertretungen hinzuweisen ist. Nach § 2 Abs. 2 Z 2 BGBlG sind von den im ÜbG vorgesehenen Verordnungen nur die Verordnungen des Bundesministers für Justiz im II. Teil des BGBl zu veröffentlichen. Der Entwurf sieht die (Doppel-)Veröffentlichung aller Verordnungen nach dem ÜbG im Veröffentlichungsblatt des Börseunternehmens vor, das die Wiener Börse AG leitet und verwaltet, damit alle Rechtsquellen in einem Publikationsorgan auffindbar sind.

Zu § 29 (Aufgaben der Übernahmekommission, Vorfragenentscheidung):

Vgl. Art. 23 BEHG.

Der erste Satz normiert die generelle Entscheidungskompetenz der Übernahmekommission für alle nach dem ÜbG zu beurteilenden Sachverhalte.

Nach dem zweiten Satz überwacht die Übernahmekommission die Anwendung dieses Bundesgesetzes, damit in Verbindung ist der dritte Satz zu sehen, wonach sie jederzeit die Einleitung eines Verfahrens auch von Amts wegen beschließen kann.

Der letzte Satz des Abs. 1 schreibt der Übernahmekommission eine Funktion zu, wie sie vergleichbare Stellen im Ausland haben. Im Interesse einer raschen und reibungslosen Abwicklung von Übernahme­verfahren soll auch die österreichische Übernahmekommission möglichst formfrei vorgehen können, sie kann daher formlos mit den Parteien (das wird im ersten Stadium eines Übernahmeverfahrens vor allem der Bieter sein) Kontakt aufnehmen. Sie kann mündliche und telefonische Konsultationen mit dem Bieter und der Zielgesellschaft und den von diesen zu bestellenden Sachverständigen sowie anderen Experten pflegen. Vor der Erlassung von Bescheiden kann und soll sie mit Stellungnahmen operieren und die und damit den Parteien ihre Rechtsauffassung zur Kenntnis bringen, an die sie sich in der Regel halten werden, weil ansonsten – allerdings mit einer gewissen Verzögerung, die kaum jemals im Interesse des Bieters und oft auch nicht im Interesse der Zielgesellschaft liegen wird – mit einem Bescheid zu rechnen ist. Die Übernahmekommission kann auch nach § 30 Abs. 6 ihre Stellungnahmen und Bescheide veröffentlichen, wenn es zur Information der Beteiligungspapierinhaber der Zielgesellschaft zweckmäßig ist.

Zu Abs. 1:

Insbesondere hat die Übernahmekommission folgende Angelegenheiten zu entscheiden:

–   Die Entscheidung, ob ein Angebot an mehrere Aktionäre als öffentliches Angebot zu qualifizieren ist und daher den Vorschriften des 2. Teils dieses Gesetzes unterliegt (vgl. die Erläuterungen zu § 1 Z 1).

–   Die Entscheidung über die Verpflichtung zur unverzüglichen Bekanntmachung, wenn etwa Gerüchte über ein bevorstehendes Übernahmeangebot entstanden sind (vgl. näher § 5 Abs. 2) und die allfällige Befreiung von der Verpflichtung zur Bekanntmachung (§ 5 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4).

–   Die Entscheidung über die Gesetzmäßigkeit der Angebotsunterlage und über die vorläufige oder endgültige Untersagung ihrer Veröffentlichung (§ 11 Abs. 1 und § 15); in vielen Fällen auch über Ergänzungen oder Berichtigungen zu Veröffentlichungen des Bieters oder der Zielgesellschaft oder über die Verpflichtung zur Unterlassung bestimmter Maßnahmen der Beeinflussung der öffentlichen Meinung (§ 18). Weiters kann sie über Ausnahmen für bestimmte Transaktionen in Beteiligungs­papieren einer Zielgesellschaft (§ 16 Abs. 1) entscheiden.

–   Die Entscheidung über die Verkürzung der Sperrfrist (§ 21 Abs. 4).

–   Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Stellung eines Angebots wegen Vorliegens einer kon­trollierenden Beteiligung (§ 22) und die damit verbundene Feststellung, ob mehrere Rechtsträger im Hinblick auf ein Angebot oder auf die Ausübung der Stimmrechte gemeinsam vorgehen (§ 23 Abs. 1); weiters trifft sie Feststellungen über das Vorliegen von gesetzlichen Ausnahmen von der Angebots­pflicht (§ 24).

–   Entscheidungsspielraum kommt der Übernahmekommission bei der Anordnung der Verpflichtung zur Stellung eines Übernahmeangebots nach § 25 Abs. 2 zu; hier hat sie vor allem die mögliche Gefährdung von Vermögensinteressen der Beteiligungspapierinhaber zu berücksichtigen.

–   Weiters hat sie die Gesetzmäßigkeit oder -widrigkeit des angebotenen Preises bei einem Pflichtangebot (über Antrag: § 26 Abs. 5 in Verbindung mit § 33 Abs. 2 Z 4; aber auch von Amts wegen) festzustellen und

–   zivilrechtliche Sanktionen (§ 34) auszusprechen und Verwaltungsstrafen (§ 35) zu verhängen.

Zu Abs. 2:

Aus der in Abs. 1 normierten ausschließlichen Zuständigkeit der Übernahmekommission für die nach dem ÜbG zu beurteilenden Sachverhalte ergibt sich, daß ein zivilgerichtliches Verfahren zu unterbrechen ist, wenn über eine bestimmte in die Zuständigkeit der Übernahmekommission fallende Vorfrage noch nicht entschieden worden ist.

In diesem Fall ist ein Feststellungsbescheid betreffend die Vorfrage herbeizuführen, wobei die Parteien des zivilgerichtlichen Verfahrens sowie der Bieter und die Zielgesellschaft auch Parteien des Fest­stellungsverfahrens vor der Übernahmekommission sind.

Bei Vorfragenentscheidungen ist in vielen Fällen auch § 33 zu beachten. Die Regel des § 29 über die Parteien des Feststellungsverfahrens geht allerdings § 33 Abs. 2 vor.

Das zivilgerichtliche Verfahren kann zB eine aktienrechtliche Klage auf Anfechtung eines Haupt­versammlungsbeschlusses sein, mit der ein Kläger behauptet, daß die Stimmrechtsabgabe eines Aktionärs unzulässig gewesen sei, weil dessen Stimmrecht gemäß § 34 Abs. 1 ruhe, da er durch Unterlassung der Stellung eines Pflichtangebots die Vorschriften des dritten Teils des ÜbG verletzt habe. Die Vorfrage, ob eine derartige Verpflichtung bestand und ob aus diesem Grund das Stimmrecht ruht, ist von der Übernahmekommission zu entscheiden, die Anfechtungsklage selbst von den Zivilgerichten.

Zu § 30 (Verfahren):

Vgl. Art. 4 RL-Vorschlag, Art. 23 und 34f BEHG.

Zu Abs. 1:

Mit Ausnahme von Straferkenntnissen und Erkenntnissen im Verfahren gemäß § 33 sind Entscheidungen innerhalb eines Monats zu fällen. (Vgl. auch § 25 Abs. 2 dritter Satz.) Sie sind – ebenfalls mit Ausnahme der Straferkenntnisse (vgl. § 35 Abs. 3) – sofort rechtskräftig. Für die Entscheidung über Straftatbestände ist eine Fristsetzung nicht erforderlich; sie ist auch im VStG nicht vorgesehen, da gemäß § 24 VStG unter anderem § 73 AVG, der eine sechsmonatige Entscheidungsfrist statuiert, für das Verwaltungsstraf­verfahren nicht gilt. In Verfahren nach § 33 ist eine Entscheidung schon wegen der in § 33 Abs. 3 vorgesehenen Veröffentlichung der Verfahrenseinleitung und des darin enthaltenen Aufrufs der Beteiligungspapierinhaber nicht möglich. Die Übernahmekommission hat daher in den in § 33 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Fällen innerhalb angemessener Frist zu entscheiden.

Nach § 25 Abs. 2 dritter Satz hat die Übernahmekommission auf Antrag des Bieters längstens innerhalb eines Monats nach Einlangen der Sachverhaltsmitteilung des Bieters über die Angebotspflicht zu entscheiden.

Zu Abs. 2:

Hier wird im Hinblick darauf, daß die Übernahmekommission auch ”civil rights” im Sinn des Art. 6 der MRK zu entscheiden hat, näher bestimmt, daß auch die für das Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten normierten Bestimmungen anzuwenden sind, sodaß zB eine mündliche Verhandlung abgehalten werden muß.

Zu Abs. 3:

Unter den im ersten Satz genannten Voraussetzungen ist ein Verzicht auf eine mündliche Verhandlung möglich. Unverzichtbar ist sie in den in die Rechte der Beteiligten tief eingreifenden Angelegenheiten, die zum Bereich der civil rights oder zum Strafrecht gehören. Bei den Fällen, in denen ein Verzicht möglich ist, wird es sich dagegen vor allem um Fragen der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens handeln, zB um Fragen der sofortigen Offenlegung der Absicht, ein Übernahmeangebot zu stellen (§ 5 Abs. 2 und Abs. 3), um die Verlängerung und Verkürzung von Fristen (zB § 11 Abs. 1) und um Anordnungen hinsichtlich von Äußerungen der Zielgesellschaft und des Bieters (§ 18). Da insbesondere die zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen nur auf Grund einer mündlichen Verhandlung verhängt werden können, wird den Parteien jedenfalls vor Entscheidung über die Sanktion die Gelegenheit des mündlichen Vorbringens geboten.

Zu Abs. 4:

Die hier normierten Auskunftspflichten erstrecken sich nicht nur auf den Bieter und die Organe der Zielgesellschaft, sondern auch auf die nach § 9 und § 13 zu bestellenden unabhängigen Sachverständigen, insbesondere auch auf beratende Investmentbanken.

Zu Abs. 5:

Damit die Übernahmekommission ihrer Aufgabe der Überwachung von Übernahmeverfahren gerecht werden und rechtzeitig Maßnahmen nach § 18 ergreifen kann, sind ihr alle im Zusammenhang mit einem Übernahmeverfahren in die Öffentlichkeit gelangten Meinungsäußerungen zur Kenntnis zu bringen, soweit sie ihr nicht vor der Veröffentlichung ohnehin anzuzeigen sind. Solche anzeigepflichtigen Veröffentlichungen sind in § 10 Abs. 1, § 14 Abs. 3 und § 18 angeführt.

Zu Abs. 6:

Auch die Übernahmekommission soll während des Übernahmeverfahrens unmittelbar ”an die Öffentlichkeit gehen” können, um die Adressaten eines Übernahmeangebotes rasch zu informieren.

Zu § 31 (Auslagenersatz, Kosten und Gebühren):

Vgl. Art. 23 Abs. 5 BEHG, wonach die Börsen die Kosten der Übernahmekommission tragen.

Hier sind vor allem Bestimmungen im Zusammenhang mit der Vergütung der Mitglieder der Übernahmekommission zusammengefaßt. Diese Vergütung ist näher in einer Verordnung des Bundes­ministers für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu regeln. Zu begleichen sind die Ansprüche der Mitglieder der Übernahmekommission vorerst durch die Wiener Börse AG (als das die Wiener Börse leitende und verwaltende Börseunternehmen). Die Wiener Börse AG hat nach § 30 Abs. 7 den Sach- und Personalaufwand der Übernahmekommission zu tragen und ihr ein Sekretariat und qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung zu stellen.

Dieser Aufwand soll im Durchschnitt der Jahre im Ergebnis kostenneutral durch Gebühren der Bieter und der Zielgesellschaften gedeckt werden.

Aus Abs. 4 ergibt sich, daß der Bieter die Barauslagen, zB Sachverständigenkosten, zu tragen hat.

Zu § 32 (Veröffentlichung von Stellungnahmen und Entscheidungen):

Wegen des zu erwartenden Interesses an den Stellungnahmen und den Entscheidungen der Übernahme­kommission, sollen diese – soweit sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben – veröffent­licht werden. Dies gilt auch für allfällige Stellungnahmen zu Rechtsfragen, welche die Übernahme­kommission nach § 28 Abs. 7 letzter Satz abgeben kann. Die Entscheidung über die Veröffentlichung fällt in die Zuständigkeit des Vorsitzenden der Übernahmekommission.

Zu § 33 (Besondere Vorschriften über das Pflichtangebot, die Preisbildung und zivilrechtliche Sanktionen):

Zu Abs. 1:

Das Verfahren nach § 33 zeichnet sich dadurch aus, daß es ein bereits durchgeführtes Übernahme­verfahren voraussetzt, über dessen Mängel mit erweiterter Rechtskraft entschieden werden soll. Aus diesem Grund wird auch den Aktionären und sonstigen Beteiligungspapierinhabern der Zielgesellschaft Parteistellung gewährt. Eine allfällige Entscheidung nach § 33 ist wegen der erweiterten Rechtskraft auch als eine bindende Vorfragenentscheidung in einem Zivilverfahren anzuerkennen (vgl. dazu auch § 225i AktG idF des EU-GesRÄG).

Auch die Übernahmekommission kann jederzeit von Amts wegen ein Verfahren im Sinn des § 33 einleiten. Die Möglichkeit zur Verfahrenseinleitung steht ihr auch generell auf Grund ihrer in § 29 Abs. 1 angeführten Aufgabe zu, die Anwendung dieses Bundesgesetzes zu überwachen und über alle nach diesem Bundesgesetz zu beurteilenden Angelegenheiten zu entscheiden.

Zu Abs. 2:

In Abs. 1 Z 1 bis 4 sind die Parteien des Verfahrens genannt. Ähnlich dem § 225c Abs. 3 AktG haben Beteiligungspapierinhaber nach Z 4 dann Parteistellung, wenn sie insgesamt über ein Hundertstel des Grundkapitals oder über Beteiligungspapiere im anteiligen Betrag von mindestens einer Million Schilling oder 70.000 Euro verfügen. Dadurch soll ein Mißbrauch des Antragsrechts verhindert werden (vgl. § 225c AktG, § 2 Abs. 3 UmwG, §§ 9 und 11 SpaltG). In all diesen Fällen geht es unter anderem um die angemessene Abfindung des Minderheitsaktionärs. Es wird daher auch in diesem Entwurf die Antragslegitimation (die hier nicht nur Aktionären, sondern allen Beteiligungspapierinhabern nach § 1 Z 4 des Entwurfs zustehen soll) entsprechend dem EU-GesRÄG festgelegt.

Aus der Parteistellung ergibt sich auch die Legitimation zur Stellung eines Antrags auf Einleitung des Verfahrens; im Fall der Z 4 ist zusätzlich ein gemeinsamer Vertreter zu bestellen, wenn nur mehrere Beteiligungspapierinhaber gemeinsam die in Z 4 genannte Voraussetzung erfüllen.

Zu Abs. 3:

Um alle Parteien des Verfahrens, insbesondere die Inhaber von im Streubesitz befindlichen Aktien und sonstigen Beteiligungspapieren, über die Einleitung des Verfahrens zu informieren, sieht der erste Satz des Abs. 3 eine öffentliche Bekanntmachung vor, deren Form sich nach der für die Veröffentlichung der Angebotsunterlage in § 11 Abs. 1 dritter Satz statuierten Form richtet. Dabei ist den Inhabern von Beteiligungspapieren eine Frist von einem Monat für den Anschluß am Verfahren zu setzen. Erreichen die Beteiligungspapierinhaber das in Abs. 2 Z 4 genannte Quorum, kommt ihnen Parteistellung zu.

In der Veröffentlichung ist dem ausländischen Bieter auch die Namhaftmachung eines Zustellbevoll­mächtigten aufzutragen. Geschieht dies nicht, kann die Übernahmekommission nach Abs. 7 selbst einen Zustellbevollmächtigten bestellen.

Zu Abs. 4:

Im Interesse aller Beteiligungspapierinhaber der Zielgesellschaft bleibt die Übernahmekommission zur Entscheidung verpflichtet, auch wenn alle Anträge der Parteien zurückgezogen wurden. Dies entspricht dem Grundsatz der Amtswegigkeit und dient auch der Vermeidung des ”Abkaufens” von Anträgen.

Zu Abs. 5:

Diese Bestimmung ist als Sonderregelung zu den §§ 74 ff AVG zu verstehen und sieht als Grundregel vor, daß die Kosten des Verfahrens vom Bieter zu tragen sind.

Zu Abs. 6:

Auch die Prüfung der Angemessenheit des Preises beim Pflichtangebot wirft ähnliche Fragen auf wie die Überprüfung des Umtauschverhältnisses bei der aktienrechtlichen Verschmelzung nach § 225c AktG und die Überprüfung des Barabfindungsangebots bei der verschmelzenden Umwandlung nach § 2 Abs. 3 UmwG sowie bei der nicht verhältniswahrenden und der rechtsformübergreifenden Spaltung (§§ 9 und 11 SpaltG). Das dazu mit dem EU-GesRÄG zur Unterstützung des Gerichts eingerichtete Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses nach § 225g AktG soll daher auch von der Übernahme­kommission in Anspruch genommen werden können; in diesem Fall gelten die §§ 225g und 225h AktG sinngemäß. Dem Gremium kommt im Verfahren die Stellung eines Sachverständigen zu; es soll durch die Sachkunde und Praxisnähe seiner Mitglieder eine rasche und formfreie Erörterung der entscheidenden Tatsachen ermöglichen und so zur Verfahrensbeschleunigung beitragen. Einen Vergleich vor dem Gremium (§ 225h AktG) darf die Übernahmekommission jedoch nur genehmigen, wenn die Rechte der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft angemessen berücksichtigt werden.

Zu Abs. 7:

Diese Bestimmung soll sicherstellen, daß Bescheide der Übernahmekommission dem Bieter rasch zugestellt werden können.

Zu § 34 (Zivilrechtliche Sanktionen):

Vgl. Art. 32 Abs. 7 und Art. 26 BEHG.

Die hier vorgesehenen zivilrechtlichen Sanktionen ergänzen die strafrechtlichen. Insbesondere im Hin­blick auf ausländische Bieter, die möglicherweise in erster Linie auch nur ausländische Investoren ansprechen, sind diese strengen, zum Teil ex lege eintretenden Rechtsfolgen zur Durchsetzung der Ziele des Übernahmegesetzes unverzichtbar.

Zu Abs. 1:

Die Sanktion des Ruhens der Stimmrechte tritt ex lege ein, wenn Aktionäre die Bestimmungen über das freiwillige Übernahmeangebot (vgl. Z 1) nicht beachten oder wenn ein kontrollierender Aktionär seiner Verpflichtung zur Stellung eines Angebots oder zur Erstattung einer Mitteilung an die Übernahme­kommission nicht entspricht.

Das Ruhen der Stimmrechte erfaßt nicht nur die verbotswidrig erworbenen Aktien bzw. den zeitlich letzten Aktienerwerb, durch den die Angebotspflicht ausgelöst wurde, sondern alle Aktien des verbots­widrig handelnden Rechtsträgers.

Zu einer bescheidmäßigen Feststellung des Ruhens der Stimmrechte kann es auch in einem Vorfragen­verfahren nach § 29 Abs. 2 kommen; so zB im Zusammenhang mit einer Anfechtungsklage, durch die sich ein Aktionär dagegen wehrt, daß der nicht stimmberechtigte Erwerber von Aktien bei einem Hauptversammlungsbeschluß mitgestimmt hat.

Zu Abs. 2:

Die Verletzung der Bestimmungen des Übernahmegesetzes sind nicht immer von gleicher Tragweite; insbesondere der zweite Teil enthält viele den geregelten Ablauf sichernde Formvorschriften, deren Verletzung im Einzelfall aber nicht immer wesentlich nachteilige Folgen zeitigen muß. Aus diesen Gründen soll es möglich sein, daß in Fällen geringfügiger Verletzungen die Übernahmekommission auf Antrag des Bieters und der gemeinsam mit ihm vorgehenden Rechtsträger eine Ausnahme vom Ruhen der Stimmrechte aussprechen kann.

Zu Abs. 3:

Neben der Feststellung, daß die Stimmrechte ruhen, kann die Übernahmekommission auf Antrag oder von Amts wegen auch das Ruhen sonstiger Aktionärsrechte festlegen. Diese Entscheidung ist konstitutiv und bewirkt, daß insbesondere die fälligen Zahlungen aus Vermögensrechten zugunsten der Zielgesellschaft verfallen.

Zur Qualifikation einer Gesetzesverletzung als schwer vgl. Abs. 5.

Zu Abs. 4:

Bei schweren Verletzungen der Vorschriften dieses Bundesgesetzes (vgl. dazu Abs. 5) soll dem Verkäufer das Wahlrecht zustehen, ob er am Vertrag festhalten oder von ihm zurücktreten will. Vorbild dieser Bestimmung ist § 26 BEHG. Zur Verschärfung der Rechtsfolge gibt der Entwurf dem Verkäufer auch ein Wahlrecht, ob er bei der Rückabwicklung (vgl. lit. a bis c) den Kaufpreis oder den Geldwert der Aktien zum Zeitpunkt der Rückabwicklung oder zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung erstatten will.

Zu Abs. 5:

Die Beurteilung einer Gesetzesverletzung als schwer ist für die Rechtsfolgen nach Abs. 3 und Abs. 4 ausschlaggebend und kann eine entscheidende Vorfrage für zivilrechtliche Ansprüche sein (§ 29 Abs. 2). In der Z 1 sind Fälle zusammengefaßt, in denen die Übernahmekommission eingeschritten ist und sich der Bieter an ihre Stellungnahmen (so zB zur Gesetzmäßigkeit der Angebotsunterlage) oder bescheidmäßigen Anordnungen nicht gehalten hat. Eine schwere Verletzung liegt nach Z 2 dann vor, wenn der Bieter von der Übernahmekommission festgelegten Wiedergutmachungsaufträgen nicht Folge geleistet hat.

Zu Abs. 6:

Alle Sanktionen können durch Bescheid der Übernahmekommission aufgehoben werden, wobei sie Bedingungen und Auflagen aussprechen kann.

Zu § 35 (Strafbestimmungen):

Vgl. Art. 41f BEHG und § 48 BörseG.

Diese Strafbestimmungen sollen neben den in § 34 normierten Rechtsfolgen dafür sorgen, daß der Angebotspflicht entsprochen wird, sie sollen aber auch die Einhaltung eines den Grundsätzen des § 3 entsprechenden Übernahmeverfahrens gewährleisten. Entsprechend dem vom 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz vorgesehenen Ablauf werden die in Strafbestimmungen enthaltenen Schillingbeträge vorläufig nicht auf den Euro umgestellt.

Verwaltungsstrafbehörde ist die Übernahmekommission, die hier das VStG anzuwenden hat (vgl. Art. III). Gegen ihre Strafbescheide ist eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zulässig. Dessen örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 51 Abs. 1 VStG, wonach sich die Zuständigkeit des UVS für Berufungen gegen Straferkenntnisse ausschließlich nach dem Sitz der erstinstanzlichen Behörde richtet.

In Abs. 4 wird das Bundesministerium für Finanzen als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinn des § 51a VStG bestimmt.

Zu § 36 (Verweisungen):

Dieser Paragraph enthält die übliche Verweisungsformel.

Zu Art. II (Änderungen des Börsegesetzes):

Zu Z 1 (§ 91 BörseG):

Meldepflichten sind für die Zwecke des Übernahmerechts unerläßlich, um Klarheit über den Aufbau größerer Aktionärspakete zu erhalten, die schließlich die Pflicht zur Stellung eines öffentlichen Übernahmeangebots nach § 22 ÜbG auslösen können. Daher werden die Meldepflichten nach § 91 BörseG erweitert.

Zu Z 2 (§ 92 BörseG):

Die in § 92 BörseG zur Feststellung der Stimmrechtsanteile entsprechend der Transparenzrichtlinie (88/627/EWG) normierten Tatbestände erfassen nicht alle Fälle des gemeinsamen Vorgehens (§ 23 Abs. 1). Nach dieser Bestimmung gelten die Pflichten eines Bieters für alle Rechtsträger, die im Hinblick auf ein Angebot oder auf die Ausübung der Stimmrechte gemeinsam vorgehen. Dieses gemeinsame Vorgehen kann in der Zugehörigkeit zu demselben Konzern begründet sein (vgl. § 92 Z 2), auf einem Vertrag beruhen (vgl. § 92 Z 3) oder auf sonstigem abgestimmten Verhalten. Gerade dieser Tatbestand ist von den Fällen des § 92 nicht vollständig erfaßt und macht die neue Z 9 zur Anpassung der Meldepflichten nach dem BörseG an das Übernahmegesetz erforderlich.

Zu Art. III (Änderung des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991):

Die Übernahmekommission soll das AVG und das VStG anzuwenden haben. Dazu wird eine entsprechende Ergänzung des Art. II Abs. 2A des EGVG vorgeschlagen (AVG und Verfahren vor den UVS).

Zu Art. IV (Inkrafttreten, Schluß- und Übergangsbestimmungen, Opting-out, Vollziehungsklausel):


Zu § 2:

Durch diese Bestimmung wird klargestellt, daß bereits bestehende kontrollierende Beteiligungen keine Angebotspflicht auslösen, wenn sie nicht weiter ausgebaut werden.

Zu § 3:

Abs. 1 enthält einen die Akzeptanz des Entwurfs fördernden Kompromiß im Interesse der Paketbesitzer, die an eine Veräußerung denken. Diese können im Weg einer Satzungsänderung erreichen, daß die Regeln über das Pflichtangebot bei Erlangung einer kontrollierenden Beteiligung an ihrer Gesellschaft nicht angewendet werden (Opting-out). Diese Möglichkeit soll jedoch nur während einer Übergangsfrist von einem Jahr ab Inkrafttreten des Gesetzes bestehen.

Der Beschluß der Hauptversammlung bedarf nach § 27 Abs. 2 der Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals; die Satzung könnte eine größere Kapitalmehrheit vorsehen. Die Anfechtung auf Grund des § 195 Abs. 2 AktG muß ausgeschlossen werden, weil typischerweise der Mehrheitsaktionär durch das Opting-out den gesellschaftsfremden Sondervorteil erlangt, bei Verkauf der kontrollierenden Beteiligung einen Paketzuschlag lukrieren zu können, ohne diesen mit den übrigen Aktionären teilen zu müssen; auch die durch das Opting-out verschlechterte Emissionsfähigkeit der Gesellschaft ist kein ausreichender Anfechtungsgrund. Diese im Weg der Satzung weiterhin mögliche Begünstigung des Großaktionärs ist damit zu rechtfertigen, daß er nach der bisherigen Praxis einen Paketzuschlag erzielen konnte, den er mit den Kleinaktionären nicht zu teilen brauchte.

Derzeit im amtlichen Handel oder im geregelten Freiverkehr notierende Gesellschaften sollen im Interesse des Anlegerschutzes innerhalb kurzer Zeit nach Inkrafttreten des ÜbG klarstellen, ob ihren Minderheitsaktionären die Schutzbestimmungen des Übernahmegesetzes zugute kommen. Um das Ansehen des amtlichen Handels durch diese Ausnahme nicht zu beeinträchtigen, sollen die Beteiligungspapiere von Gesellschaften, die von der Opting-out-Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, gemäß Abs. 3 nur im geregelten Freiverkehr gehandelt werden. Der Vorstand der Gesellschaft wird daher verpflichtet, eine notariell beglaubtigte Abschrift des Hauptversammlungsbeschlusses der Wiener Börse AG vorzulegen, die daraufhin bescheidmäßig die Umreihung vom amtlichen Handel in den geregelten Freiverkehr auszusprechen hat. Diese Umreihung muß dem Firmenbuchgericht vor Eintragung der Satzungsänderung – am zweckmäßigsten durch Vorlage des rechtskräftigen Bescheides – nachgewiesen werden.

Zu § 4 und § 5:

Im übrigen finden sich in diesem Artikel Übergangsbestimmungen über den Zeitpunkt der nach dem Entwurf zu erlassenden Verordnungen (§ 4), über die Errichtung der Übernahmekommission (§ 5) und die Vollziehungsklausel (§ 6). Die im Entwurf enthaltenen (und in § 4 Abs. 2 nicht angeführten) Verordnungsermächtigungen sind Kann-Bestimmungen.


ANHANG

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 10. 11. 1997

KOM(97) 565 endg.

95/0341 (COD)

Geänderter Vorschlag für eine

DREIZEHNTE RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über

Übernahmeangebote

(gemäß Artikel 189a, Absatz 2 des EG-Vertrages
von der Kommission vorgelegt)

BEGRÜNDUNG

I.       ALLGEMEINES

Am 8. Februar 1996 legte die Kommission dem Rat und dem Europäischen Parlament den Vorschlag für eine Dreizehnte Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote vor. [1])

Der Wirtschafts- und Sozialausschuß gab am 11. Juli 1996 eine befürwortende Stellungnahme ab [2]).

Im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens gab das Europäische Parlament auf seiner Plenartagung vom 25. und 26. Juni 1997 seine Stellungnahme in erster Lesung ab [3]). Darin billigte es mit großer Mehrheit den Kommissionsvorschlag, schlug allerdings etwa zwanzig Änderungen vor.

Die Kommission hat die meisten dieser Änderungen übernommen. Dabei handelt es sich um Änderungen, die auf die Präzisierung bestimmter Begriffe abzielen und dem Sinn und Zweck der Richtlinie, nämlich der Sicherstellung einer Mindestharmonisierung unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips, nicht zuwiderlaufen.

Sie hat auch diejenigen Änderungen gebilligt, die darauf abzielen, daß das Personal nach Bekannt­machung des Angebots unterrichtet und die Angebotsunterlage ihm übermittelt wird. Darüber hinaus wurde die Änderung angenommen, mit der der Grundsatz der Unterrichtung der Aktionäre auf das Personal ausgedehnt wird. Nicht übernommen wurde hingegen die Änderung, der zufolge die Leitung der Zielgesellschaft das Personal konsultieren muß, bevor sie ihre Stellungnahme zu dem Angebot abgibt. Nach den allgemeinen Grundsätzen muß die Unternehmensleitung nun sämtliche Interessen der Gesellschaft, insbesondere die Beschäftigung, berücksichtigen. Die Umsetzung dieser Grundsätze ist den Mitgliedstaaten zu überlassen, da es sich um eine ”Rahmenrichtlinie” handelt. Nicht gebilligt hat die Kommission die Änderung, der zufolge- das Aufsichtsorgan nach einer Übernahme fünf Jahre lang jährlich einen Bericht über die Beschäftigtenzahl der Bieter- und der Zielgesellschaft veröffentlichen sollte. Neben der Tatsache, daß das Subsidiaritätsprinzip beachtet werden muß, handelt es sich um einen nicht praktizierbaren Vorschlag, da das von den Mitgliedstaaten für die Überwachung des Angebots­vorgangs bestimmte Aufsichtsorgan nach Abschluß der Transaktion nicht mehr zuständig ist.


Ebensowenig hat die Kommission die Änderungen übernommen, nach denen zum einen ein besonderes Konsultationsverfahren für die Personen eingeführt werden sollte, die durch Investitionen im Rahmen der Verwaltung ihrer Pensionsfonds Aktionäre der Bieter- oder der Zielgesellschaft werden, und zum anderen die Rolle der institutionellen Anleger eingeschränkt werden sollte. Diese Frage fällt eher unter nationales Recht und ist auf jeden Fall schwer in der vorliegenden Richtlinie unterzubringen. Die Kommission hat es auch abgelehnt, die Mindestfrist für die Annahme des Angebots von vier auf zwei Wochen zu senken, damit während des Verfahrens genügend Zeit für die Einberufung der Hauptversammlung bleibt.

Der geänderte Vorschlag enthält nicht nur die vom Parlament vorgeschlagenen und von der Kommission im Plenum gebilligten Änderungen, sondern trägt auch den vom Wirtschafts- und Sozialausschuß vorgetragenen Anliegen möglichst weitgehend Rechnung. Im übrigen enthält dieser Vorschlag bestimmte Änderungen, die die Anmerkungen der beteiligten Kreise zu dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag widerspiegeln. Diese Änderungen dienen der Präzisierung einiger Bestimmungen und ändern nichts an Sinn und Zweck des Richtlinienvorschlags.

II.      ERLÄUTERUNG DER ARTIKEL

Die redaktionellen Änderungen des Vorschlags werden nicht erläutert.

Artikel 1

Anwendungsbereich

Auf Ersuchen des Wirtschafts- und Sozialausschusses (WSA) und des Europäischen Parlaments (EP) wird ausgeführt, daß die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Koordinierungsmaßnahmen für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten gelten und Verfahren und Regelungen einschließen können, die von den für die Regulierung der Märkte amtlich zuständigen Stellen eingeführt werden.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Auf Antrag des WSA und des EP wird die Definition des ”Bieters” durch einen Verweis auf das für das Aufsichtsorgan geltende nationale Recht ergänzt. So müssen die Mitgliedstaaten neben dem Bieter alle Personen in die Definition einbeziehen, die diesem gleichgestellt werden könnten, wie Personen, die im Hinblick auf den Erwerb von Wertpapieren einer Gesellschaft gemeinsam handeln oder Personen, die in ihrem eigenen Namen, aber auf Rechnung eines anderen ein Angebot abgeben.

Auf Anregung des WSA wurde die Definition des Begriffs ”Wertpapiere” auf Wertpapiere begrenzt, mit denen Stimmrechte verbunden sind, die die tatsächliche Kontrolle über eine Gesellschaft begründen.

Artikel 3

Schutz der Minderheitsaktionäre

Auf Antrag des WSA und des EP wurde präzisiert, daß die Bestimmungen über die Verpflichtung zum Schutz der Minderheitsaktionäre auch für einen Erwerb gelten, durch den die Kontrolle nicht sofort, sondern später übertragen wird. In letzterem Fall ist für die Bestimmung des prozentualen Anteils der Stimmrechte, der die Kontrolle über eine Gesellschaft begründet, der Zeitpunkt entscheidend, ab dem die Kontrolle tatsächlich ausgeübt werden kann, z.B. bei Fälligwerden eines Terminkontrakts oder zum Zeitpunkt der Ausübung einer Option.

Auf Ersuchen des WSA wurde stärker präzisiert, daß die Richtlinie nur die direkte Erlangung der Kontrolle durch den Erwerb von Wertpapieren der Zielgesellschaft erfaßt und nicht den indirekten Erwerb durch die Übernahme der Kontrolle über eine nicht börsennotierte Holding der Zielgesellschaft.

Darüber hinaus wurde der Aufforderung des EP und des WSA zufolge die Möglichkeit eingeführt, daß das Aufsichtsorgan Ausnahmen von der Verpflichtung zum Schutz der Minderheitsaktionäre zulassen kann, wenn eine Person im Besitz von Wertpapieren ist, die ihr die Kontrolle nur zeitweilig oder ohne Anspruch auf Ausübung der Kontrolle übertragen; darunter fällt beispielsweise auch der Erwerb von Aktien, die zum Handelsbestand von Gesellschaften gehören, deren Gesellschaftszweck Wertpapier­maklergeschäfte sind.

Artikel 4

Aufsichtsorgan

Es wurde präzisiert, daß das von den Mitgliedstaaten benannte Aufsichtsorgan für die Überwachung des Ablaufs des gesamten Angebotsvorgangs und nicht aller Aspekte des Angebots (Artikel 4 Absatz 1 und Erwägungsgrund Nr. 6) zuständig ist. Ziel ist es, andere Behörden, die ebenfalls von bestimmten Aspekten des Angebots betroffen sein könnten – z.B. die Wettbewerbsbehörden – nicht auszuschließen.

Auf Antrag des EP wurde darüber hinaus die Bestimmung der zuständigen Behörde, nach der sich das anzuwendende Recht richtet, durch ein drittes Kriterium ergänzt, um Fälle zu erfassen, in denen die Wertpapiere der Zielgesellschaft zum ersten Mal gleichzeitig auf mehreren Märkten außerhalb des Mitgliedstaats des Gesellschaftssitzes gehandelt werden. In diesem Fall ist das Aufsichtsorgan des Mitgliedstaats zuständig, auf dessen Markt die Wertpapiere während des Zeitraums der Übernahme der Kontrolle über die Zielgesellschaft überwiegend gehandelt werden (Artikel 4 Absatz 2).

Die Geheimhaltungspflicht wurde mit Bezug auf die bereits im Bereich der Wertpapiermärkte angenommenen Vorschriften ausdrücklich eingeführt (Artikel 4 Absatz 3).

Die allgemeine Befugnis des Aufsichtsorgans, von bestimmten in Anwendung der Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften abzuweichen (Artikel 4 Absatz 4 zweiter Satz), wurde auf die in der Richtlinie selbst vorgesehenen besonderen Fälle (siehe Artikel 3 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 3, neunter Spiegelstrich und Artikel 10 Absatz 1) beschränkt. Diese Änderung wurde aufgrund der Kritik des WSA vorge­nommen, der es für unannehmbar hielt, den Aufsichtsorganen hier eine allgemeine Befugnis zuzu­gestehen.

Was Rechtsstreitigkeiten betrifft, die während des Angebotsverfahrens auftreten können, so wurde Artikel 4 Absatz 5 dahingehend geändert, daß es den Mitgliedstaaten freigestellt wird, die gerichtlichen oder sonstigen Behörden zu benennen, die für Rechtsstreitigkeiten zuständig sind und sich zu den während des Angebotsverfahrens aufgetretenen Unregelmäßigkeiten äußern, sofern die geschädigte Partei über einen geeigneten und ausreichenden Rechtsbehelf zur Erlangung von Schadenersatz verfügt. Damit wird die Entscheidung darüber, inwieweit diese Behörden während des Angebotsverfahrens in einem Rechtsstreit entscheiden können und ob das Angebotsverfahren ausgesetzt oder unterbrochen werden muß, ins Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt.

Artikel 5

Allgemeine Grundsätze

Der dritte allgemeine Grundsatz, der sicherstellen soll, daß das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft im Interesse der gesamten Gesellschaft handelt, wurde sowohl redaktionell als auch inhaltlich geändert. Danach muß das Leitungsorgan die gesamten Interessen der Gesellschaft, ein­schließlich der der Aktionäre, der Gläubiger und der Arbeitnehmer, berücksichtigen und insbesondere die Sicherung der Arbeitsplätze einbeziehen, wie vom EP gewünscht.

Der vierte allgemeine Grundsatz, der Marktverzerrungen beim Handel mit den Wertpapieren sämtlicher von dem Angebot betroffenen Gesellschaften unterbinden soll, wurde auf Aufforderung des WSA klarer gefaßt. Marktverzerrungen können insbesondere geschaffen werden, wenn eine künstliche Hausse oder Baisse der Wertpapierkurse entsteht, weil z.B. falsche, übertriebene oder tendenziöse Angaben veröffent­licht oder verbreitet werden und zur Störung des normalen Funktionierens der Märkte führen (siehe auch Artikel 7 Absatz 1 – Offenlegung).

Artikel 6

Auf Aufforderung des EP wurden die Absätze 1 und 2 sowie der Erwägungsgrund Nr. 9 dahingehend geändert, daß ausdrücklich eine Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter, oder falls keine Vertreter vorhanden sind, der Arbeitnehmer selbst, vorgeschrieben wird. Demzufolge muß das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft diese unterrichten, sobald das Angebot offengelegt ist, und ihnen die offengelegte Angebotsunterlage übermitteln.

Die Liste der in die Angebotsunterlage aufzunehmenden Angaben wurde wie folgt ergänzt:

Bei grenzüberschreitenden Angeboten müssen auch Angaben über die Modalitäten der Zahlungen an Aktionäre, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Sitzes der Zielgesellschaft oder der Börsennotierung der Wertpapiere haben, enthalten sein.

Der Bieter muß die von ihm beabsichtigten Änderungen der Beschäftigungsbedingungen in der Ziel­gesellschaft ankündigen.

Was die Frist für die Annahme des Angebots betrifft, so nimmt der geänderte Vorschlag ausdrücklich Bezug auf die Möglichkeit des Aufsichtsorgans, Ausnahmen von der Frist von mindestens vier bis höchstens zehn Wochen zu gewähren. Diese Flexibilität ist vor allem wichtig, wenn konkurrierende Angebote vorliegen oder wenn den Besonderheiten eines bestimmten Angebots Rechnung getragen werden muß.


Um den Aktionären der betroffenen Gesellschaft zu ermöglichen, die finanziellen Garantien des Angebots sowie dessen eventuelle Auswirkungen auf ihre Gesellschaft zu beurteilen, muß der Bieter auch die Bedingungen für die Finanzierung seines Angebots präzisieren.

Artikel 7

Offenlegung

Auf Antrag des EP wurden die Vorschriften über die Bekanntmachung aller erforderlichen Informationen und Unterlagen auf die Arbeitnehmervertreter der Zielgesellschaft – oder ersatzweise die Arbeitnehmer selbst – ausgedehnt. Im übrigen müssen bei grenzüberschreitenden Angeboten auch diejenigen Aktionäre von den Vorschriften erfaßt werden, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Sitzes der Zielgesellschaft oder der Börsennotierung der Wertpapiere haben.

Artikel 8

Pflichten des Leitungs- oder Verwaltungsorgans der Zielgesellschaft

Auf Antrag des EP muß die Genehmigung der Hauptversammlung für die Annahme defensiver Maßnahmen während der Frist für die Annahme des Angebots ausgesprochen werden, um den Aktionären zu ermöglichen, ihre Entscheidung in Kenntnis sämtlicher Bedingungen eines bestimmten Angebots zu treffen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß diese Vorschrift auch für den in Artikel 19 Absätze 1 Buchstabe a und 2 der Zweiten Richtlinie auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts genannten Erwerb eigener Aktien der Zielgesellschaft gilt (die Mitglieder des Verwaltungsorgans können bis zu 10% eigener Aktien der Gesellschaft ohne Genehmigung der Hauptversammlung erwerben, wenn die Transaktion nötig ist, um einen schweren unmittelbar bevorstehenden Schaden von der Gesellschaft abzuwenden). Ein Übernahmeangebot darf jedoch nicht als schwerer unmittelbar bevorstehender Schaden angesehen werden, um eine Umgehung der Genehmigung der Hauptversammlung zu rechtfertigen.

Artikel 10

Obligatorisches Angebot

Auf Antrag des EP und des WSA wird im Hinblick auf Teilangebote der Begriff ”wesentlicher Teil” präzisiert, indem die Mindestschwelle auf 70% der Wertpapiere der Zielgesellschaft festgesetzt wird. Das Aufsichtsorgan kann jedoch bei ausreichender Begründung Ausnahmen gewähren.

Geänderter Vorschlag für eine

DREIZEHNTE RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über

Übernahmeangebote

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 54;

auf Vorschlag der Kommission 1),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses 2),

gemäß dem Verfahren des Artikels 189 b EG-Vertrag 3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

URSPRÜNGLICHER VORSCHLAG

GEÄNDERTER VORSCHLAG

Gewisse Schutzbestimmungen, die in den Mit­gliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 EG-Vertrag im Interesse der Gesellschafter und Dritter vorgeschrieben sind, be­dürfen der Koordinierung, um sie gleichwertig zu gestalten.

unverändert

In den Fällen, in denen Gesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen, Adressaten eines Übernahmeangebots sind oder ein Kontroll­wechsel stattfindet und ihre Wertpapiere auf einem im Sinne dieser Richtlinie geregelten Markt ge­handelt werden, ist es notwendig, die Interessen der Aktionäre dieser Gesellschaften zu schützen.

unverändert

Nur ein Vorgehen auf Gemeinschaftsebene kann einen angemessenen Schutz der Aktionäre inner­halb der Europäischen Union gewährleisten und sicherstellen, daß gewisse Mindestregeln für die Durchführung eines Übernahmeangebots zur Ver­fügung stehen. Die Mitgliedstaaten sind vor allem bei grenzübergreifenden Übernahmen oder dem Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteili­gung alleine nicht in der Lage, dasselbe Schutz­niveau zu garantieren.

unverändert

Eine Richtlinie ist hier das geeignete Instrument, um eine Rahmenregelung zu schaffen, die all­gemeine Grundsätze und eine begrenzte Zahl allgemeiner Vorschriften enthält, die von den Mitgliedstaaten in Form detaillierterer Bestim­mungen im Einklang mit ihrer jeweiligen Rechts­ordnung und ihrem kulturellen Kontext umzu­setzen sind.

unverändert

Die Mitgliedstaaten sollten die notwendigen Schritte unternehmen, um Minderheitsaktionäre nach dem Erwerb einer die Kontrolle über ihre Gesellschaft begründenden Beteiligung zu schüt­zen. Dieser Schütz kann entweder dadurch ge­währleistet werden, daß die Person, die die Kontrolle über die Gesellschaft erlangt hat, ver­pflichtet wird, allen Aktionären ein Angebot zur Übernahme sämtlicher Wertapiere oder eines wesentlichen Teils davon zu machen oder durch andere Maßnahmen, die einen mindestens gleich­wertigen Schutz der Minderheitsaktionäre sicher­stellen.

unverändert

Jeder Mitgliedstaat sollte eine oder mehrere Behörden oder Stellen zur Überwachung sämt­licher Aspekte eines Übernahmeangebots bestim­men und sicherstellen, daß die Parteien des Angebots den nach Maßgabe dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften nachkommen. Diese ver­schiedenen Aufsichtsorgane müssen untereinander zusammenarbeiten.

Jeder Mitgliedstaat sollte eine oder mehrere Behörden oder Stellen benennen, die den Ablauf des gesamten Angebotsvorgangs überwachen und sicherstellen, daß die Parteien, des Angebots den nach Maßgabe dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften nachkommen. Diese verschiedenen Aufsichtsorgane müssen untereinander zusammen­arbeiten.

Um die Einschaltung der Verwaltungsbehörden oder der Gerichte zu vermeiden, sollte eine außer­gerichtliche Kontrolle durch Stellen der frei­willigen Selbstkontrolle angeregt werden.

unverändert

Um die Möglichkeiten für Insidergeschäfte zu verringern, sollten die Bieter verpflichtet werden, ihre Absicht, ein Angebot zu unterbreiten, so früh wie möglich bekanntzugeben und das Aufsichts­organ sowie die Leitung der Zielgesellschaft von dem Angebot zu unterrichten, bevor es offengelegt wird.

unverändert

Die Empfänger eines Übernahmeangebots müssen im Wege einer Angebotsunterlage ordnungsgemäß von den Angebotskonditionen in Kenntnis gesetzt werden.

Die Empfänger eines Übernahmeangebots müssen im Wege einer Angebotsunterlage ordnungsgemäß von den Angebotskonditionen in Kenntnis gesetzt werden, und das Personal der Zielgesellschaft muß über die Personalvertretung oder ersatz­weise auf direktem Weg ebenfalls in ange­messener Weise unterrichtet werden.

Übernahmeangebote müssen befristet sein.

unverändert

Zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Auf­gaben müssen die Aufsichtsorgane die Parteien des Angebots jederzeit zur Mitteilung von Infor­mationen, die das Angebot betreffen, auffordern können.

unverändert

Um Handlungen vorzubeugen, durch die das An­gebot vereitelt werden könnte, müssen die Befug­nisse des Leitungs- oder Verwaltungsorgans der Zielgesellschaft zur Vornahme außergewöhn­licher Handlungen beschränkt werden.

unverändert

Das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielge­sellschaft muß zu dem Angebot schriftlich unter Angabe von Gründen Stellung nehmen.

unverändert

Die Mitgliedstaaten müssen Vorschriften für den Fall vorsehen, daß das Angebot nach Offenlegung der Angebotsunterlage zurückgezogen oder für nichtig erklärt wird, für das Recht des Bieters auf Änderung seines Angebots, für die Möglichkeit konkurrierender Angebote, die für die Aktionäre der Gesellschaft vorteilhaft sein müssen, und für die Offenlegung des Ergebnisses des Angebots –

unverändert

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Artikel 1

Anwendungsbereich

Anwendungsbereich

Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ko­ordinierungsmaßnahmen gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und für sonstige Ver­fahren oder Regelungen der Mitgliedstaaten für öffentliche Übernahmeangebote von Wertpapieren einer dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen­den Gesellschaft, sofern diese Wertpapiere ganz oder teilweise auf einem geregelten, von staatlich anerkannten Stellen überwachten, regelmäßig funktionierenden und der Öffentlichkeit direkt oder indirekt zugänglichen Markt in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind.

Die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ko­ordinierungsmaßnahmen gelten für die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten – ein­schließlich der vor den amtlich befugten Stellen für die Regulierung der Märkte einge­führten Verfahren oder Regelungen – für öffentliche Übernahmeangebote von Wertpapieren einer dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegenden Gesell­schaft, sofern diese Wertpapiere ganz oder teil­weise auf einem geregelten, von staatlich aner­kannten Stellen überwachten, regelmäßig funk­tionierenden und der Öffentlichkeit direkt oder indirekt zugänglichen Markt in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind.

Artikel 2

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bedeuten:

 

–       ”Übernahmeangebot” (”Angebot”): ein dem Wertpapierinhaber einer Gesellschaft ge­machtes Angebot zum Erwerb eines Teils oder aller Wertpapiere gegen Barzahlung und/oder im Austausch gegen andere Wert­papiere. Ein Angebot kann entweder obliga­torisch sein, wenn die Mitgliedstaaten dies zum Schutz der Minderheitsaktionäre vor­sehen, oder freiwillig;

unverändert

–       ”Zielgesellschaft”: diejenige Gesellschaft, deren Wertpapiere Gegenstand eines Ange­bots sind;

unverändert

–       ”Bieter”: jede natürliche Person oder juris­tische Person des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, die ein Angebot abgibt;

–       ”Bieter”: jede natürliche Person oder juris­tische Person des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts, die im Einklang mit den Vorschriften des gemäß Artikel 4 Absatz 2 bestimmten Mitgliedstaats ein Angebot ab­gibt;

–       ”Wertpapiere”: übertragbare Wertpapiere, mit denen Stimmrechte in einer Gesellschaft ver­bunden sind oder die zum Erwerb über­tragbare Wertpapiere, die mit Stimmrechten ausgestattet sind, berechtigen;

–       ”Wertpapiere”: übertragbare Wertpapiere, mit denen Stimmrechte in einer Gesellschaft verbunden sind. (oder die zum Erwerb über­tragbarer Wertpapiere, die mit Stimmrechten ausgestatte sind, berechtigen).

–    ”Parteien des Angebots”: der Bieter, die Mitglieder des Leitungs- oder Verwaltungs­organs der Bietergesellschaft, die Empfänger des Angebots und die Mitglieder des Lei­tungs- oder Verwaltungsorgans der Ziel­gesellschaft.

unverändert

Artikel 3

Artikel 3

Schutz der Minderheitsaktionäre

Schutz der Minderheitsaktionäre

1.      Erwirbt eine natürliche oder juristische Per­son Wertpapiere, die ihr gegebenenfalls unter Hinzuzählung der von ihr bereits gehaltenen Wert­papiere einen die Kontrolle über die - Gesellschaft begründenden Anteil an den Stimmrechten dieser Gesellschaft im Sinne von Artikel 1 verschaffen, so sorgen die Mitgliedstaaten dafür, daß Vor­schriften oder sonstige Verfahren oder Regelungen in Kraft sind, die diese Person entweder zur Abgabe eines Angebots nach Artikel 10 verpflich­ten oder andere geeignete und mindestens gleich­wertige Vorkehrungen zum Schutz der Minder­heitsaktionäre dieser Gesellschaft vorsehen.

1.       Erwirbt eine natürliche oder juristische Per­son aufgrund eines sofortigen oder künftigen Erwerbs Wertpapiere, die ihr gegebenenfalls unter Hinzuzählung der von ihr bereits gehaltenen Wertpapiere unmittelbar einen die Kontrolle über die Gesellschaft begründenden Anteil an den Stimmrechten dieser Gesellschaft im Sinne von Artikel 1 verschaffen, so sorgen die Mitglied­staaten dafür, daß Vorschriften oder sonstige Ver­fahren oder Regelungen in Kraft sind, die diese Person entweder zur Abgabe eines Angebots nach Artikel 10 verpflichten oder andere geeignete und mindestens gleichwertige Vorkehrungen zum Schutz der Minderheitsaktionäre dieser Gesell­schaft vorsehen.

2.      Der Anteil der Stimmrechte, der die Kontrolle nach Absatz 1 begründet, und die Art und Weise seiner Berechnung bestimmen sich nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sich das Auf­sichtsorgan befindet.

2.       Der Anteil der Stimmrechte, der die Kontrolle nach Absatz 1 begründet, und die Art und Weise seiner Berechnung werden von dem Mitglied­staat bestimmt, in dem sich gemäß Artikel 4 Absatz 2 das Aufsichtsorgan befindet. Dieses Auf­sichtsorgan bestimmt auch, ob und in welchem Umfang Absatz 1 auf den zeitweiligen Besitz von Wertpapieren oder den Erwerb der Mehr­heit ohne Anspruch auf Ausübung der Kon­trolle über die Gesellschaft Anwendung findet.

Artikel 4

Artikel 4

Aufsichtsorgan

Aufsichtsorgan

1.      Die Mitgliedstaaten benennen ein oder mehrere Stellen, die den gesamten Angebots­vorgang überwachen. Als Aufsichtsorgan können auch Vereinigungen oder private Einrichtungen benannt werden. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die von ihnen benannten Aufsichts­organe und die ihnen übertragenen Aufgaben mit.

1.       Die Mitgliedstaaten benennen ein oder mehrere Stellen, die den gesamten Ablauf des Angebotsvorgangs überwachen. Als Aufsichts­organ können auch Vereinigungen oder private Einrichtungen benannt werden. Die Mitglied­staaten teilen der Kommission die von ihnen benannten Aufsichtsorgane und die ihnen über­tragenen Aufgaben mit.

2.      Für das Angebot ist das Aufsichtsorgan des Mitgliedstaats zuständig, in dem die Zielgesell­schaft ihren Sitz hat, wenn die Wertpapiere der Gesellschaft auf einem geregelten Markt dieses Staates zum Handel zugelassen sind. Anderenfalls ist das Aufsichtsorgan des Mitgliedstaats zustän­dig, auf dessen geregeltem Markt die Wertpapiere  der  Gesellschaft  zum  ersten  Mal zum Handel zu-

gelassen worden sind und nach wie vor gehandelt werden.

2.       Für das Angebot ist das Aufsichtsorgan des Mitgliedstaats zuständig, in dem die Zielgesell­schaft ihren Sitz hat, wenn die Wertpapiere der Gesellschaft auf einem geregelten Markt dieses Staates zum Handel zugelassen sind. Anderenfalls ist das Aufsichtsorgan des Mitgliedstaats zu­ständig, auf dessen geregeltem Markt die Wert­papiere  der   Gesellschaft   zum   ersten  Mal  zum

Handel zugelassen worden sind und nach wie vor gehandelt werden, und gilt das Recht dieses Mitgliedstaats. Ist auch diese Voraussetzung nicht erfüllt, so ist das Aufsichtsorgan des Mitgliedstaats zuständig, auf dessen geregeltem Markt die Wertpapiere der Gesellschaft wäh­rend des Zeitraums des Erwerbs der Wert­papiere, durch die die Kontrolle über diese Gesellschaft übertragen wird, überwiegend ge­handelt werden, und es gilt das Recht dieses Mitgliedstaats.

3.      Die Aufsichtsorgane der Mitgliedstaaten ar­beiten unbeschadet ihrer Geheimhaltungspflicht zusammen, soweit dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist, und teilen einander zu diesem Zweck alle notwendigen Informationen mit.

3.       Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, daß sämt­liche bei den Aufsichtsorganen tätigen Personen der Geheimhaltungspflicht unter­liegen unbe­schadet ihrer Verpflichtung, keine unter das Berufsgeheimnis fallenden Informa­tionen wei­terzugeben, arbeiten die Aufsichts­organe der Mitgliedstaaten zusammen, soweit dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist, und teilen einander zu diesem Zweck alle notwendigen Informationen mit.

4.      Die Aufsichtsorgane verfügen über alle Befugnisse, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind; sie sorgen insbesondere dafür, daß die Parteien des Angebots die nach dieser Richt­linie erlassenen Vorschriften beachten. Die Mit­gliedstaaten können ihre Aufsichtsorgane er­mächtigen, im Wege einer mit Gründen versehenen Entscheidung Ausnahmen von den nach Maßgabe dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften zuzu­lassen, sofern die Aufsichts­organe dabei die Grundsätze des Artikels 5 be­achten.

4.       Die Aufsichtsorgane verfügen über alle Be­fugnisse, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind; sie sorgen insbesondere dafür, daß die Parteien des Angebots die nach dieser Richt­linie erlassenen Vorschriften beachten. Die Mit­gliedstaaten können ihre Aufsichtsorgane ermäch­tigen, im Wege einer mit Gründen versehenen Ent­scheidung Ausnahmen von den nach Maßgabe dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften zuzulas­sen, sofern die Aufsichtsorgane dabei die Grund­sätze des Artikels 5 beachten.

5.      Diese Richtlinie läßt die im Recht eines Mitgliedstaats gegebenenfalls bestehende Befugnis der Gerichte unberührt zu entscheiden, ob ein Gerichtsverfahren den Ausgang des Angebots beeinflußt oder nicht, und die Aufnahme eines Gerichtsverfahrens abzulehnen, sofern die ge­schädigte Partei über einen geeigneten Rechts­behelf entweder in Form einer Beschwerde beim Aufsichtsorgan oder in Form einer Klage auf Schadenersatz verfügt.

5.       Diese Richtlinie läßt die Befugnis der Mitgliedstaaten unberührt, die gerichtlichen oder sonstigen Behörden zu benennen, die für Rechts­streitigkeiten zuständig sind und sich zu den während des Angebotsverfahrens aufge­tretenen Unregelmäßigkeiten äußern, sofern die geschädigte Partei über einen geeigneten und ausreichenden Rechtsbehelf zur Vertretung ihrer Interessen und zur Erlangung von Schaden­ersatz für alle ge­gebenenfalls verur­sachten Schäden verfügt.

Artikel 5

Artikel 5

Allgemeine Grundsätze

Allgemeine Grundsätze

1.      Die Mitgliedstaaten stellen zur Anwendung dieser Richtlinie sicher, daß die nach Maßgabe der Richtlinie erlassenen Vorschriften folgende Grund­sätze beachten:

unverändert

a)      Alle Inhaber von Wertpapieren der Ziel­gesellschaft, die sich in gleichen Verhält­nissen befinden, müssen gleichbehandelt werden.

(– deutsche Fassung unverändert –)

b)      Die Empfänger des Angebots müssen über genügend Zeit und hinreichende Informa­tionen verfügen, um in voller Kenntnis der Sachlage entscheiden zu können.

unverändert

c)      Das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft muß im Interesse der ge­samten Gesellschaft handeln.

c)      Das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft muß bei ihrem Vorgehen sämliche Interessen der Gesellschaft ein­schließlich der Beschäftigung berück­sichtigen.

d)      Beim Handel mit den Wertpapieren der Ziel­gesellschaft, der Bietergesellschaft oder anderer durch das Angebot betroffener Ge­sellschaften dürfen keine Marktver­zerrungen geschaffen werden.

d)      Beim Handel mit den Wertpapieren der Zielgesellschaft, der Bietergesellschaft oder anderer durch das Angebot betroffener Gesellschaften dürfen keine Marktverzer­rungen dahingehend geschaffen werden, daß eine künstliche Hausse oder  Baisse der Wertpapierkurse entsteht und das normale Funktionieren der Märkte gestört wird.

e)      Die Zielgesellschaft darf durch ein Über­nahmeangebot in ihrer Geschäftstätigkeit nicht über einen angemessenen Zeitraum hinaus behindert werden.

unverändert

2.      Um die in Absatz 1 genannten Grundsätze zu wahren, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, daß ihr geltendes Recht den in den folgenden Artikeln vorgeschriebenen Mindestanforderungen ent­spricht.

unverändert

Artikel 6

Artikel 6

Information

Information

1.      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß nach ihrem geltenden Recht die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bekanntzumachen ist und das Aufsichtsorgan und das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft vor seiner Bekanntmachung über das Angebot unterrichtet werden müssen.

1.       Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß nach ihrem geltenden Recht die Entscheidung zur Abgabe eines Angebots bekanntzumachen ist und das Aufsichtsorgan und das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft vor seiner Bekanntmachung über das Angebot unterrichtet werden müssen. Sobald das Angebot bekannt­gemacht ist, unterrichtet das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft die Ar­beitnehmervertreter oder in Ermangelung solcher Vertreter die Arbeitnehmer selbst.

2.      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß nach ihrem geltenden Recht der Bieter eine Angebots­unterlage mit den notwendigen Informationen zu erstellen und rechtzeitig offenzulegen hat, damit die Empfänger des Angebots in voller Kenntnis der Sachlage entscheiden können. Der Bieter über­mittelt die Angebotsunterlage vor ihrer Offen­legung dem Aufsichtsorgan.

2.       Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß nach ihrem geltenden Recht der Bieter eine Angebots­unterlage mit den notwendigen Informa­tionen zu erstellen und rechtzeitig offenzulegen hat, damit die Empfänger des Angebots in voller Kenntnis der Sachlage entscheiden können. Der Bieter übermittelt die Angebotsunterlage vor ihrer Offen­legung dem Aufsichtsorgan. Sobald die Angebots­unterlage offengelegt ist, wird sie vom Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaften Arbeitnehmervertretern oder in Ermangelung solcher Vertreter den Arbeitnehmern selbst übermittelt.

3.      Die Angebotsunterlage muß mindestens folgende Angaben enthalten:

unverändert

–       den Inhalt des Angebots,

unverändert

–       die Personalien des Bieters oder, wenn es sich um eine Gesellschaft handelt, Rechtsform, Firma und Sitz der Gesellschaft,

unverändert

–       die Wertpapiere oder die Gattung oder Gattungen der Wertpapiere, die Gegenstand des Angebots sind,

unverändert

–       die für jedes Wertpapier oder jede Gattung von Wertpapieren gebotene Gegenleistung sowie die bei der Bestimmung der Gegen­leistung angewandte Bewertungsme­thode und Angaben über die Erbringung der Gegen­leistung,

–       die für jedes Wertpapier oder jede Gattung von Wertpapieren gebotene Gegenleistung sowie die bei der Bestimmung der Gegen­leistung angewandte Bewertungsme­thode und Angaben über die Erbringung der Gegen­leistung, insbesondere die Modali­täten der Zahlungen an Aktionäre mit Wohnsitz in einem anderen Mitglied­staat als dem des Sitzes der Zielgesellschaft oder der Börsen­notierung der Wertpapiere.

–       den prozentualen Mindest- und Höchstanteil oder die Mindest- und Höchstzahl der Wertpapiere, zu deren Erwerb sich der Bieter verpflichtet,

unverändert

–       die Anteile der Zielgesellschaft, über die der Bieter bereits verfügt,

unverändert

–       alle Bedingungen, an die das Angebot ge­bunden ist,

unverändert

–       die Absichten des Bieters in bezug auf die künftige Tätigkeit der Zielgesellschaft, auf ihre Beschäftigten und das Management,

–       die Absichten des Bieters in bezug auf die künftige Tätigkeit der Zielgesellschaft, auf ihre Beschäftigten und das Management, einschließlich aller Änderungen der Be­schäftigungsbedingungen.

–       die Frist für die Annahme des Angebots, die nicht weniger als vier Wochen und nicht mehr als zehn Wochen ab Offenlegung des Angebots betragen darf,

–       die Frist für die Annahme des Angebots, die nicht weniger als vier Wochen und nicht mehr als zehn Wochen ab Offenlegung des Angebots betragen darf, es sei denn, daß eine ausreichend begründete Genehmi­gung des Aufsichtsorgans vorliegt.

–       im Fall einer Gegenleistung in Form von Wertpapieren Angaben zu diesen Wert­papieren.

unverändert

 

–       die Bedingungen der Finanzierung der Transaktion durch den Bieter.

4.      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß ihr geltendes Recht gewährleistet, daß die Parteien des Angebots dem Aufsichtsorgan auf Anfrage jederzeit alle verfügbaren Informationen über das Angebot mitteilen, die das Aufsichtsorgan zur Erfüllung seiner Aufgaben als notwendig erachtet.

4.       Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß ihr geltendes Recht gewährleistet, daß die Parteien des Angebots dem Aufsichtsorgan auf Anfrage jederzeit alle verfügbaren Informationen über das Angebot mitteilen, die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendig sind.

Artikel 7

Artikel 7

Offenlegung

Offenlegung

1.      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß nach ihrem geltenden Recht das Angebot in der Weise bekanntzumachen ist, daß keine Marktverzer­rungen im Handel mit Wertpapieren der Ziel- oder der Bietergesellschaft geschaffen werden.

1.       Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß nach ihrem geltenden Recht das Angebot in der Weise bekanntzumachen ist, daß im Handel mit Wert­papieren der Zielgesellschaft, der Bietergesell­schaft oder jeglicher anderen von dem Angebot betroffenen Gesellschaft keine Marktver­zerrungen – etwa durch Veröffentlichung oder Verbreitung falscher, übertriebener oder ten­denziöser Angaben – geschaffen werden.

2.      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß nach ihrem geltenden Recht alle erforderlichen Infor­mationen oder Unterlagen in der Weise offengelegt werden, daß sie den Empfängern des Angebots umgehend zur Verfügung stehen.

2.       Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß nach ihrem geltenden Recht alle erforderlichen Informationen oder Unterlagen in der Weise offengelegt werden, daß sie den Empfängern des Angebots – einschließlich derjenigen mit Wohn­sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Sitzes der Zielgesellschaft oder der Börsen­notierung der Wertpapiere – und den Arbeit­nehmervertretern der Zielgesellschaft oder in Ermangelung solcher Vertreter den Arbeit­nehmern selbst umgehend zur Verfügung stehen.

Artikel 8

Artikel 8

Pflichten des Leitungs- oder Verwaltungsorgans der Zielgesellschaft

Pflichten des Leitungs- oder Verwaltungsorgans der Zielgesellschaft

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß ihr geltendes Recht folgendes gewährleistet:

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß ihr geltendes Recht folgendes gewährleistet:

a)      Nach Erhalt der Mitteilung über das Angebot und bis zur Offenlegung des Ergebnisses des Angebots hat sich das Leitungs- oder Ver­waltungsorgan der Zielgesellschaft jeder Hand­lung zu enthalten, durch die das An­gebot vereitelt würde, es sei denn, die Haupt­versammlung hat dazu ihre Zustimmung erteilt; dies gilt insbesondere für die Ausgabe von Wertpapieren, durch die der Bieter auf Dauer an der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft gehindert werden könnte.

a)      Nach Erhalt der Mitteilung über das Angebot und bis zur Offenlegung des Ergebnisses des Angebots hat sich das Leitungs- oder Ver­waltungsorgan der Zielgesellschaft jeder Handlung zu enthalten, durch die das An­gebot vereitelt würde, es sei denn, die Haupt­versammlung hat während der Frist für die Annahme des Angebots dazu ihre Zustim­mung erteilt; dies gilt insbesondere für die Ausgabe von Wertpapieren, durch die der Bieter auf Dauer an der Erlangung der Kontrolle über die Zielgesellschaft gehindert werden könnte.

b)      Das Leitungs- oder Verwaltungsorgan der Zielgesellschaft veröffentlicht zu dem Ange­bot eine mit Gründen versehene Stellung­nahme.

unverändert

Artikel 9

Artikel 9

Verfahrensregeln für das Angebot

Verfahrensregeln für das Angebot

Die Mitgliedstaaten sorgen außerdem dafür, daß ihr geltendes Recht zumindest folgende Ver­fahrensfragen regelt:

unverändert

a)      Rücknahme oder Nichtigkeit des Angebots;

 

b)      Änderung des Angebots;

 

c)      konkurrierende Angebote;

 

d)      Offenlegung des Ergebnisses des Angebots.

 

Artikel 10

Artikel 10

Obligatorisches Angebot

Obligatorisches Angebot

1.      Sieht ein Mitgliedstaat ein obligatorisches Angebot zum Schutz der Minderheitsaktionäre vor, so wird das Angebot allen Aktionären für alle oder einer wesentlichen Teil ihrer Wertpapiere zu einem Preis unterbreitet, der dem Schutz ihrer Interessen gerecht wird.

1.       Sieht ein Mitgliedstaat ein obligatorisches Angebot zum Schutz der Minderheitsaktionäre vor, so wird das Angebot allen Aktionären für alle oder einen wesentlichen Teil ihrer Wertpapiere zu einem Preis unterbreitet, der die Gleichbehand­lung der Aktionäre sicherstellt. Der Begriff ”wesentlicher Teil” ist so auszulegen, daß eine Schwelle von 70% der Wertpapiere nicht unter­schritten wird, es sei denn, daß eine ausreichend begründete Genehmigung des Aufsichtsorgans vorliegt. Gegebenenfalls findet Artikel 4 Absatz 4 Anwendung.

2.      Erstreckt sich das obligatorische Angebot nur auf einen Teil der Wertpapiere der Zielgesellschaft und bieten die Aktionäre dem Bieter mehr Wert­papiere an als das Teilangebot umfaßt, so ist die Gleichbehandlung der Aktionäre dadurch zu gewährleisten, daß sie entsprechend ihrem pro­zentualen Anteil an der Gesellschaft berücksichtigt werden.

unverändert

Artikel 11

Artikel 11

Umsetzung der Richtlinie

Umsetzung der Richtlinie

1.      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die not­wendig sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, zum 1. April l998 in Kraft sind

1.       Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die not­wendig sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, zum 1. Januar 1999 in Kraft sind.

2.      Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die in Absatz 1 genannten Vorschriften und sonstige Regelungen mit, in denen ausdrücklich auf diese Richtlinie Bezug genommen wird.

unverändert

Artikel 12

Artikel 12

Adressaten der Richtlinie

Adressaten der Richtlinie

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten ge­richtet.

unverändert

 


Textgegenüberstellung

                                                      Geltende Fassung:                                                                                                           Vorgeschlagene Fassung:      


Börsegesetz


Änderungen bedeutender Beteiligungen

Änderungen bedeutender Beteiligungen

§ 91. (1) Erwerben oder veräußern natürliche oder juristische Personen unmittelbar oder mittelbar eine Beteiligung an einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich, deren Aktien an einer österreichischen Börse amtlich notieren oder im geregelten Freiverkehr gehandelt werden, so haben sie innerhalb von sieben Tagen das Börseunternehmen sowie die Gesellschaft über den Anteil an Stimmrechten zu unterrichten, den sie nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung halten, wenn als Folge dieses Erwerbs oder dieser Veräußerung der Anteil an den Stimmrechten 5 vH, 10 vH, 25 vH, 50 vH, 75 vH und 90 vH erreicht, übersteigt oder unterschreitet. Die Frist von sieben Kalendertagen läuft ab dem Zeitpunkt, zu dem der Inhaber einer bedeutenden Beteiligung von dem Erwerb oder der Veräußerung Kenntnis hatte, oder ab dem Zeitpunkt, zu dem er nach den Umständen davon hätte Kenntnis haben müssen.

§ 91. (1) Erwerben oder veräußern natürliche oder juristische Personen unmittelbar oder mittelbar eine Beteiligung an einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich, deren Aktien an einer österreichischen Börse amtlich notieren oder im geregelten Freiverkehr gehandelt werden, so haben sie innerhalb von sieben Tagen das Börseunternehmen sowie die Gesellschaft über den Anteil an Stimmrechten zu unterrichten, den sie nach diesem Erwerb oder dieser Veräußerung halten, wenn als Folge dieses Erwerbs oder dieser Veräußerung der Anteil an den Stimmrechten 5 vH, 10 vH, 15 vH, 20 vH, 25 vH, 30 vH, 35 vH, 40 vH, 45 vH, 50 vH, 75 vH und 90 vH erreicht, übersteigt oder unterschreitet. Dies gilt auch für die Anteilsschwelle, die eine solche Gesellschaft in Ansehung des § 27 Abs. 1 Z 1 Übernahmegesetz in ihrer Satzung vorgesehen hat. Die Frist von sieben Kalendertagen läuft ab dem Zeitpunkt, zu dem der Inhaber einer bedeutenden Beteiligung von dem Erwerb oder der Veräußerung Kenntnis hatte, oder ab dem Zeitpunkt, zu dem er nach den Umständen davon hätte Kenntnis haben müssen.



Feststellung der Stimmrechtsanteile

Feststellung der Stimmrechtsanteile

§ 92.

§ 92.


                                                                                                                                                                                              …

                                                                                                                                                                                              …


                                                                                               8.                                                                                               … spätestens drei Wochen vor deren Hauptversammlung erforderlich,

                                                                                               8.                                                                                               … spätestens drei Wochen vor deren Hauptversammlung erforderlich;

 

                                                                                               9.                                                                                               Stimmrechte aus Aktien, die nach § 23 Abs. 1 Übernahmegesetz mit den Stimmrechten des Erwerbers zusammenzuzählen sind.


Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991


Artikel II

Artikel II



(2) …

(2) …



                                                                                                                                                                                              …

                                                                                                                                                                                              …


                                                                                               28a.                                                                                               der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA),

                                                                                               28a.                                                                                               der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA);


 

                                                                                               28b.                                                                                               der Übernahmebehörde;

 

 



[1])       ABI. C 162 vom 6. 6. 1996, S. 6; mit Begründung KOM(95) 655 endg.

[2])       ABI. C 295 vom 7. 10. 1996, S. 1.

[3])       ABI. Nr. C 222 vom 21. 7. 1997, S 20.

1)       ABI. Nr. C 162 vom 6. 6. 1996, S. 5; mit Begründung: KOM(95)655 endg.

2)       ABI. Nr. C 295 vom 7. 10. 1996, S. 1.

3)       Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 26. Juni 1997 (ABI. Nr. C 222 vom 21. 7. 1997, S. 20); Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom …; Beschluß des Europäischen Parlaments vom …