128 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 21. 5. 1996

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 383/1995, wird wie folgt geändert:

1. § 40 Abs. 1 Z 1 lautet:

      ,,1.   Bei Anknüpfung einer dauernden Geschäftsbeziehung, ausgenommen bei der Eröffnung von Sparbüchern; Geschäfte nach § 12 Depotgesetz gelten jedenfalls als dauernde Geschäftsbeziehung;“

2. In § 40 Abs. 1 Z 3 wird der Klammerausdruck ,,(§§ 165 und 278a Abs. 2 StGB)“ durch den Klammerausdruck ,,(§§ 165 – ohne Rücksicht auf die dort angeführten Mindestwerte – und 278a Abs. 2 StGB)“ ersetzt.

3. In § 40 Abs. 2 wird zweimal die Wortfolge ,,die Fälle gemäß lit. a und b“ durch die Wortfolge ,,bei der Eröffnung von Sparbüchern“ ersetzt.

4. Nach § 40 Abs. 4 wird folgender Abs. 5 angefügt:

,,(5) Die Entgegennahme und der Erwerb von Wertpapieren für

        1.   Wertpapierkonten (§ 11 Depotgesetz) und

        2.   Geschäftsbeziehungen gemäß § 12 Depotgesetz,

die vor dem 1. Juli 1996 eröffnet oder eingegangen worden sind, sind nur dann zulässig, wenn die Identität des Kunden zuvor festgehalten und Abs. 2 entsprochen wurde.“

5. § 107 Abs. 6 erhält die Bezeichnung Abs. 7; folgender Abs. 6 wird eingefügt:

,,(6) § 40 Abs. 1 Z 1 und Z 3, Abs. 2 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. xxx/xxxx tritt mit 1. Juli 1996 in Kraft. Bei bestehenden zivilrechtlichen Verpflichtungen des Kredit- oder Finanz­institutes zur Vermögensverwaltung und/oder zur Wiederveranlagung kommt § 40 Abs. 5 jedoch erst am 1. Oktober 1996 zur Anwendung.“

vorblatt

Probleme:

         –   Ständige Insidergerüchte am Finanzplatz Wien

         –   Vorwürfe, die Richtlinie zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche (91/308/EWG) nicht komplett umgesetzt zu haben.

Ziele:

         –   Die wirksamere Bekämpfung von Geldwäscherei und Insidergeschäften

         –   Die Aufwertung der Wiener Börse

Problemlösung:

Zwingende Legitimierung der Bankkunden bei der Eröffnung von Wertpapierdepots und bei Wertpapiertransaktionen gemäß § 12 Depotgesetz.

Kosten:

Keine; die Prüfung der Einhaltung der Bestimmungen obliegt dem Bankprüfer, der im Wege des Bankprüferhonorars entlohnt wird.

EU-Konformität:

Wird durch den vorliegenden Entwurf verdeutlicht.

Alternativen:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeines


Der vorliegende Entwurf bezweckt die Beendigung von nationaler und internationaler Kritik an Österreich wegen der bisherigen faktischen Behinderung von Verfolgungshandlungen durch die Behörden wegen Insiderstraftaten und Geldwäscherei infolge der Möglichkeit von Bankkunden, anonyme Wertpapierdepots zu unterhalten. Diese Kritik hat auch dazu geführt, daß der Finanzplatz Wien, respektive die Wiener Börse, insbesondere für ausländische Anleger an Attraktivität verloren hat. Durch den vorliegenden Entwurf soll auch dieser Nachteil der bestehenden Rechtslage beseitigt werden.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Z 1:

Der neugefaßte § 40 Abs. 1 Z 1 BWG enthält die allgemeine Identifizierungspflicht bei Anknüpfung sämtlicher dauernder Geschäftsverbindungen mit Ausnahme der Eröffnung von Sparbüchern. Geschäfte nach § 12 Depotgesetz sind solche, bei denen einem Kreditinstitut Wertpapiere zu anderen Zwecken als zur Verwahrung (im Sinne des Depotgesetzes) anvertraut werden; zur Vermeidung von Umgehungen der Identifizierungspflicht ist die Anordnung, wonach solche Geschäfte stets als dauernde Geschäftsverbindungen gelten, dh. zur Identifizierungspflicht führen, unbedingt erforderlich.

Zu Z 2:

Dient der Klarstellung, daß die Kredit- und Finanzinstitute bei der Prüfung des Verdachtes der Geldwäscherei auf keine Mindestwerte zu achten haben.

Zu Z 3:

Diese Anpassungen folgen aus den in Z 1 vorgenommenen Änderungen.

Zu Z 4:

Der neueingefügte § 40 Abs. 5 BWG soll verhindern, daß bestehende anonyme Geschäftsverbindungen im Wertpapierbereich zur künftigen Begehung von Insidergeschäften verwendet werden können. Die Hereinnahme von Wertpapieren in ein bestehendes Wertpapierdepot, gleichgültig ob davor ein Ankauf durch das depotführende Institut erfolgt ist oder nicht, führt zur Identifizierungspflicht. Dies gilt nicht, solange ein bestehendes, anonymes Wertpapierkonto unverändert bleibt oder die auf ihm befindlichen Wertpapiere bloß abverkauft werden Durch diese ,,Übergangsregelung“ soll ein plötzlicher Abverkauf von Wertpapieren dadurch vermieden werden, daß anonymen Anlegern die Möglichkeit gegeben wird, aus der anonymen Veranlagung unbefristet anonym auszusteigen. Jede Stichtagsregelung hätte eine Verkaufswelle zur Folge. Bei einem Anlaßfall im Sinne des Abs. 5 ist vom Unternehmen so vorzugehen, als wäre die dauernde Geschäftsbeziehung gerade erst angeknüpft worden. Die Erneuerung von Kuponbögen, der Austausch von Wertpapierurkunden infolge von Kapitalveränderungen bzw. aus wertpapiertechnischen Gründen, die Abstempelung von Wertpapierkunden, das Inkasso von Kupons und Tilgungserlösen oä. lösen für sich alleine keine Identifizierungspflicht aus.

Zu Z 5:

Für Vermögensverwaltungsverträge und Wiederveranlagungsaufträge besteht eine Sonderübergangsvorschrift. Bei solchen bestehenden Vereinbarungen sollen die Kredit- und Finanzinstitute über den 1. Juli 1996 hinaus noch drei Monate die Möglichkeit erhalten, weiter entsprechend der Vereinbarung zu disponieren. Hiedurch sollen Nachteile für den Kunden bei der Vermögensveranlagung vermieden werden, die dadurch entstehen können, daß sich die anonymen Kunden nicht rechtzeitig bis zum 1. Juli 1996 beim Kredit- oder Finanzinstitut melden und sich legitimieren und dieses daher nicht berechtigt ist, Wertpapierkäufe entsprechend der Vereinbarung durchzuführen.


Vermögensverwaltung im Sinne dieser Bestimmung ist die auf einer privatrechtlichen Vereinbarung beruhende, treuhändige Verwaltung vom Kundenvermögen, die über die reine Depotführung hinausgeht und im Kauf und Verkauf von Veranlagungsprodukten ohne Rücksprache mit dem Kunden bei Einzelentscheidungen besteht. Analog sind auch sogenannte Wiederveranlagungsaufträge oder Aufbaupläne zu sehen, die auf einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Kredit- und Finanzinstitut beruhen.