1307 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Wirtschaftsausschusses


über den Antrag 543/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen betreffend Neuorganisation der österreichischen Elektrizitätswirtschaft


Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen haben diesen Entschließungsantrag am 11. Juli 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“1. Ausgangslage

Das derzeitige System der Versorgung mit elektrischer Energie in Österreich und die Struktur der österreichischen Elektrizitätswirtschaft ist durch eine starke Zersplitterung einerseits und durch eine monopolartige Situation in den Lieferanten-Kundenbeziehungen andererseits gekennzeichnet. Das führt zu wirtschaftlicher Ineffizienz in der Elektrizitätsversorgung und letztlich zu einer Beeinträchtigung des Wirtschaftsstandortes Österreich durch im Vergleich zum europäischen Durchschnitt höhere Stromkosten.

Die derzeitige Monopolstellung erlaubt einen leichtfertigen Umgang mit den Kosten und führt – auch nach der bisherigen Praxis der Strompreisbildung und des Strompreisverfahrens, die fast ausschließlich von der Kostenentwicklung bestimmt ist – zu überhöhten Strompreisen für Tarif- und Sonderabnehmer. Dies bedeutet eine nicht akzeptable Belastung auch der Haushalte und der gewerblichen Kleinabnehmer. Überhöhte Strompreise bewirken Wettbewerbsnachteile und Marktanteilsverluste für die im internationalen Wettbewerb stehende österreichische Industrie. Die bisherige Praxis hat darüber hinaus auch zu einer Anhäufung von Privilegien für die in diesem wichtigen Bereich der österreichischen Volkswirtschaft Beschäftigten geführt (überdurchschnittliches Lohn- und Gehaltsniveau, Sondervorteile für Dienstnehmer wie besonders günstige Pensionsregelungen und Kündigungsschutz, überhöhte Personalstände usw.).

Die daraus entstehenden Kosten belasten über den Strompreis Haushalte, Gewerbe-, Klein- und Mittelunternehmen, Landwirtschaft und Industrie. Bemerkenswert ist, daß trotz dieser aufgezeigten Situation in der Vergangenheit einige Landesgesellschaften Verluste in ihren Bilanzen ausgewiesen haben. Dieser Umstand ist auf Mißstände verschiedener Art, wie zB aufgeblähte Apparate, Ineffizienz, ständige politische Interventionen und Standesdünkel, zurückzuführen. Umschichtungen zwischen verschiedenen Betriebszweigen bei Landesgesellschaften werden mitunter zur Verbesserung der Ausgangsbasis in Strompreisverfahren genutzt. Synergieeffekte bleiben trotz Verschränkungen von Landesgesellschaften weitgehend ungenutzt.

Ein zweifellos gewichtiger negativer Kostenfaktor stellt die Dreistufigkeit der Branche (Verbund­gesellschaft, Landesgesellschaften, Kommunalversorger) dar. Damit verbunden sind Doppelgleisig­keiten, aus denen vermeidbare Kosten in Milliardenhöhe entstehen. Es ist nicht einsichtig, warum in jedem Bundesland und in jeder größeren Stadt eigene Elektrizitätsgesellschaften bestehen müssen, wenn es zu keiner sinnvollen Aufgabenteilung zwischen diesen Gesellschaften kommt. Eine Folge des derzeit bestehenden Zustandes sind zB Kraftwerksprojekte, die eher einem übersteigerten Prestigedenken als nüchternem kaufmännischen Kalkül entspringen.

Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union bringt es mit sich, daß nicht nur der exponierte Sektor der Wirtschaft, der schon viel früher dem vollen internationalen Wettbewerb ausgesetzt war, sondern auch Teile des geschützten Sektors, wie zB die Elektrizitätswirtschaft und das Nachrichtenwesen (Post- und Telekombereich), nunmehr zumindest teilweise dem EU-weiten Wettbewerb gegenüberzutreten haben.

Für den exponierten Sektor sind die beiden beispielhaft angeführten Dienstleistungsbereiche des geschützten Sektors wichtige Kostenfaktoren und daher nicht unbedeutende Standortvoraussetzungen. Daher müssen die erforderlichen oder auf Grund der EU-Regelung vorgeschriebenen Liberalisierungs­schritte zügig und ohne Einschränkung umgesetzt werden.

Für den Bereich der Elektrizitätswirtschaft ist die von der EU nunmehr fertiggestellte Binnenmarktricht­linie für elektrischen Strom die Basis für die in Österreich selbst zu treffenden Maßnahmen. Diese Binnenmarktrichtlinie verlangt eine Marktöffnung bis 19. Februar 1999, zumindest für Großverbraucher. Sie muß spätestens bis zu diesem Zeitpunkt in österreichisches Recht umgesetzt sein.

Ziel der Änderung der Organisationsstruktur der österreichischen Elektrizitätswirtschaft muß es sein, eine eigenständige österreichische Elektrizitätswirtschaft in einer gesellschaftsrechtlichen Form zu erhalten, die so gestaltet ist, daß eine teilweise oder gänzliche Übernahme von Anteilen an Elektrizitätsver­sorgungsunternehmen von überregionaler Bedeutung jetzt und in Zukunft durch einen ausländischen Investor jedenfalls nur in Abstimmung mit der von Österreich verfolgten Energie- bzw. Elektrizitäts­wirtschaftspolitik möglich ist.

Gleichzeitig muß den Anforderungen der EU-Binnenmarktrichtlinie für die E-Wirtschaft entsprochen und die Versorgung der österreichischen Wirtschaft in ihrer Gesamtheit, dh. einschließlich der kleinen und mittleren Unternehmen des Gewerbes, der Industrie sowie der Tarifabnehmer im Bereich der Haushalte und der Landwirtschaft mit elektrischem Strom zu vergleichbaren Wettbewerbsbedingungen sichergestellt werden.

Die gesellschaftsrechtliche Struktur muß in einem ordnungspolitischen Rahmen eingebettet sein, der so gestaltet ist, daß die Eigentumsverhältnisse hinsichtlich der Geschäftspolitik nicht ausschlaggebend sind und allfällige ,strategische Allianzen‘ nicht zu Wettbewerbseinschränkungen oder -verhinderungen führen.

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen haben in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Nationalrates am 2. Juli 1996 einen Antrag betreffend Maßnahmen zur umfassenden Liberalisierung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft eingebracht. Darin wird die Aufhebung der Vorschriften des 2. Verstaatlichungsgesetzes, die Vorbe­reitung von Bundesgesetzen zur vollständigen Privatisierung der Verbundgesellschaft, die Aufhebung des Außenhandelsmonopols dieser Gesellschaft, die Zusammenlegung der Landes-EVUs und die Beschrän­kung des Anteils der öffentlichen Hand an den verbleibenden Gesellschaften auf höchstens 25% verlangt.

Ziel der Reform kann demnach nicht eine Minimalanpassung an die Vorschriften der EU für den Elektrizitätsbinnenmarkt sein (siehe zB Risk-sharing-Modell der österreichischen Elektrizitätswirtschaft), sondern muß – auch in Erfüllung des Sinnes der EU-Binnenmarktrichtlinie – die weitestgehende Liberalisierung des Strommarktes und damit der Abgang vom wenig effizienten Monopol hin zu Marktformen mit höherem Wettbewerb auch in der Elektrizitätswirtschaft sein. Gleichzeitig soll auch den bestehenden kleinen und mittleren Elektrizitätserzeugungs- und -versorgungsunternehmen, die heute ständig Gefahr laufen, daß ihre Produktionsanlagen und Versorgungsgebiete übernommen werden, die Basis für ihre weitere wirtschaftliche Existenz geboten werden.

Bis heute sind aber weder von Regierungsseite noch von den beiden Regierungsparteien im Nationalrat Vorschläge zur Erfüllung dieser nicht nur von freiheitlicher Seite geforderten Änderung der organisationsrechtlichen und anderer Rahmenbedingungen für die Elektrizitätswirtschaft gemacht worden. Von Regierungsseite wurde vielmehr die Elektrizitätswirtschaft ersucht, solche Änderungsvorschläge auszuarbeiten.

Die bisher von der Elektrizitätswirtschaft vorgelegten Vorschläge sind nicht geeignet, die Grundprobleme dieses Sektors, nämlich zu wenig Wettbewerb, zu hohe Kosten und zu hohe Preise nachhaltig zu lösen.

Darüber hinaus droht die Gefahr, daß die österreichische Elektrizitätswirtschaft als Folge der Liberalisierungsschritte der EU (siehe hierzu den in der Binnenmarktrichtlinie vorgesehenen Zeitplan) in eine Preis/Kosten-Schere kommt, die die wirtschaftliche Existenz dieses Sektors gefährdet. Eine grundlegende Neuordnung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft erst dann vorzunehmen, wenn es zu einem ,Diktat der leeren Kassen‘ kommt, ist zu riskant und keine Alternative.

Die von der Elektrizitätswirtschaft vorgelegten Vorschläge führen weder zu mehr Wettbewerb noch zu den wettbewerbspolitischen notwendigen Kostensenkungen. Sie führen vielmehr zu einer weitgehenden Beibehaltung der Abschottung des Marktes, um die Kosten jenen anzulasten, die am wenigsten flexibel sind, nämlich vor allem den Haushalten und den kleinen und mittleren Unternehmungen von Gewerbe und Industrie sowie der Landwirtschaft.

Die Vorgangsweise, die ,Kosten der mangelnden Lösungskompetenz‘ den Stromkunden anzulasten, wird abgelehnt. Ziel des vorliegenden Antrages ist es, die Probleme dort zu lösen, wo sie entstehen, nämlich bei der Organisationsstruktur der österreichischen Elektrizitätswirtschaft. Die Lösung liegt demnach in einer umfassenden Neuordnung der Elektrizitätswirtschaft nach Kriterien des Wettbewerbes unter Einbeziehung umweltpolitischer Aspekte.

2

Bewertung der bisherigen Stromversorgung

Für Jahrzehnte bestand Einigkeit darüber, daß die leitungsgebundene Energieversorgung als sogenanntes ,natürliches Monopol‘ zu bewerten ist. Außerdem wirtschaftete die Elektrizitätswirtschaft unter der Prämisse, daß Versorgungssicherheit mit Elektrizität für das Funktionieren einer Volkswirtschaft als essentiell zu betrachten sei. Die Elektrizitätsversorgung wurde als öffentliche Aufgabe angesehen (gemeinschaftliche Verpflichtung) und folglich am besten auch im nationalen Rahmen sichergestellt.

Daß Wettbewerbselemente in die Elektrizitätswirtschaft eingeführt werden können, hängt mit den sich verändernden Rahmenbedingungen, insbesondere mit der fortschreitenden technologischen Entwicklung zusammen und wurde spätestens mit den Richtlinienvorschlägen der Europäischen Kommission zu einer Liberalisierung der Märkte für leitungsgebundene Energieträger auch in Österreich zu einem heftig und kontrovers diskutierten Thema.

Die Stromversorgung läßt sich in folgende Funktionen gliedern:

a)  Erzeugung: die Bereitstellung von Elektrizität;

b) Transport/Übertragung: der Ferntransport über Hochspannungsnetze;

c)  Verteilung: Die Lieferung von Elektrizität über lokale Netze;

d) Verkauf bzw. Versorgung: die Versorgung der Kunden.

Änderungsvorschläge zielen im Kern darauf ab, daß als natürliche Monopole nur mehr die Bereiche Übertragung und Verteilung von Strom bestehen bleiben. Erzeugung und Verkauf von Strom können wettbewerblich organisiert werden.

Die Tatsache, daß der Elektrizitätswirtschaft strategisch nationale Bedeutung beigemessen und die Elektrizitätsversorgung durch die Leitungsgebundenheit als natürliches Monopol betrachtet wurde, führte in den überwiegenden Fällen dazu, daß die Versorgung mit Elektrizität innerhalb geschlossener Versorgungsgebiete durchgeführt sowie zum Teil durch landesweit operierende Staats- oder Privat­monopole organisiert wurde.

Die Schwächen der derzeitigen Organisationsstruktur

Beinahe in allen Ländern konnten in der Vergangenheit Defizite im System regulierter Monopole festgestellt werden. Zahlreiche Staaten – auch innerhalb der Europäischen Union – reagierten darauf mit einer grundlegenden Neuordnung dieses Wirtschaftsbereiches. In Österreich wurden bislang keine umfassenden Neuordnungskonzepte vorgelegt. Die Bundesregierung und das zuständige Bundes­ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ,delegierten‘ diese Aufgabe an die Elektrizitäts­wirtschaft. Es liegt auf der Hand, daß diese Vorgangsweise dazu führt, daß keine am Gemeinwohl orientierten Vorschläge zustande kommen, sondern solche, die darauf abzielen, weitestgehend die bestehenden verkrusteten Strukturen aufrechtzuerhalten, die bestehenden Privilegien zu sichern und diesen Sektor auch weiterhin vor Wettbewerb zu schützen.

Die Entwicklung in der österreichischen Elektrizitätswirtschaft

Die Entwicklungen in der österreichischen Elektrizitätswirtschaft führten in der Vergangenheit dazu, daß ein an sich durchdachtes Modell der Funktions- und Aufgabenteilung durchlöchert wurde. Den Elektri­zitätsverbrauchern blieb keine andere Möglichkeit, als von ihren zuständigen Elektrizitätsversorgungs­unternehmen Strom zu beziehen.

Den Landeselektrizitätsversorgungsunternehmen war und ist auch heute noch das Autonomiestreben, beispielsweise gegenüber der Verbundgesellschaft wichtiger als die kostengünstige Versorgung der Kunden. Da bei fehlendem Wettbewerb alle Kosten über die Tarife auf die Kunden abgewälzt werden konnten, waren die Kosten für die EVUs zweitrangig. Die im internationalen Vergleich drastisch überhöhten Gehälter und die hohen Anteile der Personalkosten an den Gesamtkosten (siehe Kritik des Rechnungshofes im Jahre 1993) sind nur ein Glied in dieser Kette der Ineffizienz.

Reformimpulse der Europäischen Kommission

Die Europäische Kommission soll nach Art. 7a EG-V die Bemühungen um einen Raum ohne Binnen­grenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist, vorantreiben. Dies umfaßt auch den Energiesektor. Dazu besteht zum einen eine rechtliche Verpflichtung, zum anderen aber auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäi­schen Industrie zu stärken. Umweltschutz ist nicht primäres Ziel des Binnenmarktes. Art. 130rII EG-V legt aber fest, daß die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Durchführung und Festlegung anderer Gemeinschaftspolitiken Berücksichtigung finden müssen.

Die Europäische Kommission wandte eine Doppelstrategie an:

a)  Die Wettbewerbsregeln des EG-V werden auf den Stromsektor angewandt, was zu Vertragsver­letzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten führte, die Ausschließlichkeitsrechte für Stromimport und
-export aufrechterhalten wollten.

b) Die stufenweise Implementierung eines einheitlichen Strommarktes über Richtlinien.

Dabei verfolgte man ein Dreistufenkonzept:

1.  Richtlinie über den Transit von Elektrizitätslieferungen über große Netze vom 29. Oktober 1990 (ABl. L 313 vom 13. November 1990). Richtlinie über die Strompreistransparenz bei industriellen Endver­brauchern vom 29. Juni 1990 (ABl. L 185 vom 17. Juli 1990);

2.  Vorschlag für eine Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie [KOM (91) 548 endg., ABl. 1992 C 65], in einer modifizierten Form [KOM (93) 643 endg. COD 384, ABl. 1994 123];

3.  Die Zugangsrechte sollten auf Grund der Erfahrungen mit den Maßnahmen der Stufe 2 auf kleinere und mittlere Stromabnehmer ausgedehnt werden.

Umweltschutzgesichtspunkte sind kein integraler Bestandteil der Richtlinienvorschläge. Der zentrale Ansatz für eine umweltpolitische Steuerung liegt im Richtlinienvorschlag für eine kombinierte Emissions­abgabe.

Ineffizienz durch Querverbund

Ein weiteres Merkmal der Elektrizitätswirtschaft ist, daß es bei städtischen Energieversorgern zu sogenannten kommunalen Querverbünden kommt, dh. durch die im Monopolmarkt erwirtschafteten Erlöse werden defizitäre Bereiche (zB öffentlicher Verkehr, kommunale Schwimmbäder, Theater) der Gemeinden finanziert. Die stärker werdende Tendenz der Landesgesellschaften, sich Geschäftsfelder außerhalb der Elektrizitätsversorgung zu eröffnen, wie beispielsweise auf dem Entsorgungsgebiet, führt ebenfalls zu unerwünschten Querverbünden.

Defizite bei Umweltschutz und Ressourcenschonung

Aber auch Defizite bei Umweltschutz und Ressourcenschonung sind festzustellen. Die Möglichkeit der ressourcenschonenden industriellen und kommunalen Kraft-Wärme-Kopplung blieben bislang auf Grund der geschlossenen Versorgungsgebiete und der Monopolstellung der EVU oft ungenutzt. Es bestehen große Hindernisse für eine dezentrale Eigenversorgung von Industriebetrieben. Diese sind nämlich regelmäßig auf Reserve- und Zusatzstrom angewiesen. Für Eigenerzeuger gelten nicht die allgemeinen Anschluß- und Versorgungspflichten. Anschluß und Versorgung müssen dem EVU wirtschaftlich zumutbar sein. Außerdem neigen EVU dazu, den potentiellen Eigenerzeugern Offerte zur Stromlieferung zu legen, die den Fremdstrombezug letztendlich günstiger machen als die Eigenerzeugung.

Tarifsysteme mit degressiven Preissystemen (bei einer Veranschlagung von hohen Fixkostenanteilen in den Tarifen sinken die Grenzkosten bei zunehmenden Abnahmemengen) stehen Maßnahmen zur Energieeinsparung entgegen.

Die bestehende Preisregelung, die eine vom eingesetzten Kapital abhängige angemessene Rendite gewährleistet, führt zum falschen Anreiz, besonders kapitalintensive Techniken einzusetzen. Die Kosten von Überkapazitäten, Fehlinvestitionen und unangemessenen Kostensteigerungen können auf die Kunden überwälzt werden, weil in geschlossenen Versorgungsgebieten die Kunden ,gefangen‘ sind bzw. die von der Preisbehörde gehandhabte Praxis darauf hinausläuft, nur die angefallenen Kosten bezogen auf das Einzelunternehmen zu prüfen (Kostendeckungsansatz), jedoch nicht vor dem Hintergrund einer gesamtwirtschaftlichen Optimierung der Elektrizitätsbereitstellung.

2. Reformmodelle

Es können vier Modelle unterschieden werden:

1.  Durchleitungsmodelle

2.  Poolmodell

3.  Ausschreibungsmodell

4.  Das Modell einer einheitlichen österreichischen Elektrizitätsgesellschaft

In der Folge werden die Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle behandelt und bewertet.

Durchleitungsmodell

Für vertikal integrierte Elektrizitätsversorgungsunternehmen besteht die Verpflichtung zur Durchleitung von Elektrizität gegen Bezahlung einer Durchleitungsgebühr. Die dafür erforderlichen Durchleitungs­verträge sind individuell auszuverhandeln. Erforderlich ist die zeitliche quantitative Synchronisation von Einspeisung und Entnahme. Freie Durchsetzungskapazitäten sind die Voraussetzung. Der Netzeigentümer hat Vorrang bei der Nutzung seines eigenen Netzes. Zugangsberechtigt sind andere EVU, unabhängige Stromproduzenten, industrielle Eigenerzeuger oder Endverbraucher.

Die Durchleitungsgebühr soll die anteiligen Investitionskosten am Netz, Kosten der Wartung sowie der Instandhaltung, der Reservehaltung für Nachfragespitzen über die eingespeiste Strommenge und für Netzstörung abdecken. Der Netzzugang hat diskriminierungsfrei zu erfolgen.

Poolmodell

Das Poolmodell setzt die Entflechtung der Bereiche Erzeugung, Transport, Verteilung und Verkauf voraus. Die Poolebene dient als Spotmarkt, auf dem die gesamte Stromerzeugung und die gesamte Stromnachfrage (Gebietslast) aggregiert und ausgeglichen werden. Kraftwerke werden in der Reihenfolge der ansteigenden Gebotspreise zu Deckung der aktuellen Gebietslast aufgerufen (,merit order‘). Der Angebotspreis des Grenzanbieters, dh. des letzten zur Nachfragedeckung notwendigen Kraftwerks, bestimmt den markträumenden Poolpreis. Alle eingespeisten und entnommenen Strommengen werden zu diesem einheitlichen Poolpreis abgerechnet. Die Nutzungsentgelte werden nach Spannungsebenen differenziert. Daneben können mittel- und langfristige Preissicherungsverträge (keine Strombezugs­verträge) abgeschlossen werden, über die sich Erzeuger und Händler bzw. Verbraucher gegen die Risiken der Poolpreisschwankungen absichern.

Ausschreibungsmodell

Bei diesem Modell kommt es zu einem Wettbewerb um zusätzliche Kapazitäten im Erzeugungs- und Übertragungsbereich oder um Versorgungsgebiete. Das Ausschreibungsverfahren muß transparent und diskriminierungsfrei sein. Ausschreibungen zusätzlicher Kapazitäten setzen eine zentrale Investitions­planung voraus, die festlegt, wann neue Kraftwerke oder Leitungen benötigt werden. Bestehende Kraftwerke werden dadurch nicht dem Wettbewerb ausgesetzt, ein direkter Wettbewerb um die Stromabnehmer findet nicht statt. Da für Österreich eine Wettbewerbsordnung notwendig ist, die Wettbewerb auch zwischen bereits bestehenden Kraftwerken ermöglicht, scheidet dieses Modell für eine etwaige Umsetzung aus und wird nicht weiter behandelt.

Das Pool- und Durchleitungsmodell im Vergleich

Das Poolmodell führt zu einer höheren Wettbewerbsintensität als das Durchleitungsmodell. Das Durchleitungsmodell führt zu höheren Transaktionskosten und zur Verdrängung der regionalen und kommunalen Stromversorgung durch die vertikal integrierten Verbundunternehmen. Diese sind nämlich weit eher in der Lage, mit ihrem Kraftwerkspark die erforderliche Synchronisation von Einspeisung und Entnahme ohne Unterstützung des durchleitenden Netzbetreibers sicherzustellen. Diese haben auch regelmäßig freie Kapazität für Durchleitungen zu Großabnehmern in den bisherigen Versorgungsgebieten. Der Netzzugang beim Pool hingegen ist reglementiert. Der Pool schafft Markt- und Preistransparenz, was eine Diskriminierung einzelner Erzeuger erheblich erschwert. Es konkurrieren nicht vertikal integrierte Unternehmen miteinander, sondern einzelne Kraftwerke. Durch Unbundling (Entbündelung) werden die Interessengegensätze bei Netzbetreiber und bei den Versorgern gemindert. Die Versorger sind nicht mehr allein am Stromabsatz der eigenen Kraftwerke interessiert.

Beim Durchleitungsmodell sind die Kraftwerke des Netzeigentümers kaum dem Wettbewerb ausgesetzt, da eine Durchleitung nur im Rahmen freier Kapazität gefordert werden kann. Es könnte zu Schwierigkeiten mit der Kontrolle der Durchleitungsverweigerung kommen. Es bleiben weiterhin Markzutrittsbarrieren für  Eigenstromerzeuger und unabhängige Erzeuger bestehen.

Der Wettbewerb um Versorgungsgebiete ist mehr oder weniger ein Wettbewerb um Kunden. Wegen der hohen Transaktionskosten sind Ausschreibungen nur in relativ großen Abständen möglich.

Die Einhand-Gesellschaft

Eine organisatorische Weiterentwicklung des Poolmodells stellt die Bildung einer bzw. mehrerer Einhandgesellschaften dar, die im Bereich Erzeugung und Transport/Übertragung tätig sind, während die Bereiche Verteilung und Verkauf bzw. Versorgung weiterhin dezentral organisiert bleiben. Dieses Modell wird im einzelnen noch ausgeführt.

Zusammenfassung

Die Entscheidung für oder gegen eines dieser Modelle ist auch die Wahl zwischen Staats- und Marktversagen. Staatsentlastung soll durch erweiterte Privatverantwortung in Form gesellschaftlicher Selbststeuerung erreicht werden, wobei der Wettbewerb als Kontrollinstrument wirken soll. Die Steuerungskraft des Marktes ist jedoch beschränkt, weil es zu Marktdefiziten kommt, vor allem durch das Fehlen der Internalisierung externer Effekte (Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung).

Die Liberalisierung der Strommärkte kann daher nicht über ein Modell der reinen Deregulierung erfolgen. Sie bedarf vielmehr einer gewissen Neuregulierung, über die der Staat seine Rahmenverantwortung wahrnimmt und die Realisierung von Gemeinwohlzielen verwirklicht.

3. Die Reform nach marktwirtschaftlichen Kriterien

Wesentlich für jede Reform ist die Beschränkung bzw. Beseitigung des Gebietsmonopol der Stromver­sorgung. Eine Entbündelung von Erzeugung, Übertragung, Verteilung und Verkauf ist vor allem für die Poollösung essentiell. Im Erzeugungsbereich wird bei Wettbewerbsmodellen eine staatliche Investitions­aufsicht entbehrlich, denn der Bau von Kraftwerken soll zu einem durch unternehmerisches Risiko geprägten Entscheidung Privater werden. Der Kraftwerksneubau wird damit für jeden Investor möglich, wenn er sich Chancen dafür ausrechnet, mit dem Poolpreis das Auslangen zu finden.

Die Abgabepreise werden nicht mehr mit staatlicher Genehmigung nach Kosten festgesetzt. Es handelt sich um Konkurrenzpreise, wobei der Wettbewerb als Kontrollmechanismus fungiert. Eine staatliche Rahmensetzung kann dahin gehend erfolgen, daß die umweltverträglichsten und energieeffizientesten Kraftwerke zum Einsatz kommen sollen. Langfristige Versorgungssicherheit muß dabei weiterhin gewährleistet bleiben.

Die wettbewerblich ausgerichtete Neuregulierung der Elektrizitätswirtschaft bedarf überdies einer umweltpolitischen Flankierung. Ein Instrument dazu sind Umweltabgaben, um im Rahmen einer wettbewerblichen Strommarktordnung Umweltverträglichkeit und Ressourcenschonung in der Energie­versorgung zu fördern (Internalisierung externer Kosten).

Liberalisierung des Leitungsbaus

Im Übertragungsbereich ist eine Liberalisierung des Leitungsbaus vorzuziehen: Im Durchleitungsmodell dient die Möglichkeit der parallelen Leitungsführung als Druckmittel in den Verhandlungen über die Gestattung der Durchleitung. Innerhalb des Poolnetzes wird der Netzausbau durch die Netzge­sellschaft/Netzbetreiber festgelegt. Zur Regulierung des Netzzubaus ist folgendes festzuhalten: Im Poolmodell wird ein Kraftwerkseinsatzplan dem für die Laststeuerung zuständigen Netzbetreiber vorgegeben. Der Netzbetreiber ist neutraler Anbieter von Netzdienstleistungen. Ziel der staatlichen Regulierung ist die Neutralität des Pools, die diskriminierungsfreie Ausgestaltung der vom Pool festzulegenden Abrufregeln, vor allem hinsichtlich der Bewertung der Erzeugerangebote.

Preisbildung auf Poolebene

Die Strompreise werden im Poolmodell durch den markträumenden Preis bestimmt und durch den Wettbewerb kontrolliert. Die Kontrollfunktion des Wettbewerbs führt zur Transparenz des Preisfest­setzungsverfahrens und erleichtert den Marktzutritt. Dieses Modell setzt aber eine hinreichend große Anzahl von Anbietern voraus. Es bedarf keiner präventiven Strompreisaufsicht auf der Poolebene. Möglich sind regulativ vorgegebene Zuschläge auf den Pooleinkaufspreis zur langfristigen Versorgung in Hochlastperioden. Neben dem Spotmarkt entsteht ein Kontraktmarkt, wobei es zu verhindern gilt, daß über langfristige Finanzierungsverträge eine neue Form vertikaler Integration zu Lasten der Tarifkunden entsteht. Hinsichtlich der Leitungsnutzungsentgelte ist eine Tarifregulierung erforderlich. Im Poolmodell müssen sich die Netznutzungsentgelte an den in Anspruch genommenen Netzebenen und der Entfernung zu den Erzeugungsstandorten orientieren.

Netzausbau – Sicherung des Netzausbaus durch Ausschreibungen und Infrastrukturzuschläge

Der Netzausbau ist zu sichern. Dies kann in Form von Ausschreibungen durch den Pool und Infrastruktur­zuschläge zu den Netznutzungsgebühren oder allgemeine Infrastrukturabgaben erfolgen. Eine ökologische Ausgestaltung der Pool- und Netznutzungsentgelte ist möglich: Poolzulassungsgebühren und jährliche Poolteilnahmegebühren können so differenziert werden, daß umweltfreundliche Kraftwerke bevorzugt werden, jahreszeitlich und bedarfsabhängig gestaffelte Aufschläge auf den Pooleinkaufspreis, die besonders umweltverträglichen Kraftwerken auf den von ihnen eingespeisten Strom gewährt werden, sind ein weiteres Mittel. Im großen und ganzen sind jedoch die Steuerungsmöglichkeiten im Bereich der Netznutzung gering. Generelle abgabenrechtliche Steuerungsinstrumente bringen in dieser Hinsicht mehr.

Die Organisation des Pools

Der Pool organisiert den Spotmarkt, stellt den markträumenden Preis fest und rechnet die entnommenen und eingespeisten Strommengen zu diesem Preis ab. Teilnahmeberechtigt sind alle Erzeuger, die in das Poolnetz einspeisen, Verteilerunternehmen und Großabnehmer.

Aufrechterhaltung der Versorgungspflicht für Tarifkunden

Die Versorgungspflicht für Tarifkunden (,captive consumers‘) muß bleiben. Die Versorgungssicherheit ist durchaus ein marktfähiges Gut, für das Parteien Preis- und Lieferbedingungen festlegen können. Im Poolmodell ist es möglich, die Gesamtverantwortung dem Pool oder dem Netzbetreiber zu übertragen, wobei den Teilnehmern je nach ihrem Sicherheitsbedürfnis verschiedene Anschlußtarife nach Maßgabe der generellen Poolregeln angeboten werden.

Schutz der Tarifkunden durch Preisaufsicht

Die Preisaufsicht bei Tarifkunden muß als Übergangslösung bis zur Herstellung von Wettbewerb erhalten bleiben.

Ausschreibung der Versorgungsgebiete

Der Verteilungs- und Verkaufsbereich bleibt als natürliches Monopol bestehen. Hier ist ein Ausschrei­bungswettbewerb um Wegenutzungsverträge/Versorgungsgebiete anzuraten, der alle 15 bis 20 Jahre durchgeführt werden sollte.

4. Die organisationsrechtliche Umstrukturierung

Ziel jeder Neuorganisation muß es sein – nicht zuletzt auch in Entsprechung des EU-Binnenmarkt­konzepts –, Wettbewerb auch im Bereich der Elektrizitätswirtschaft zu schaffen, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar ist.

Dieses Ziel kann zwar auf jeden Fall durch die Realisierung des sogenannten Poolmodells erreicht werden. Das Poolmodell als organisatorischer Rahmen bedarf zu seiner tatsächlichen Realisierung einer eigentumsrechtlichen Ergänzung. Hiefür bietet sich die Schaffung einer Einhandgesellschaft der österreichischen Elektrizitätswirtschaft an. Die Umsetzung des Poolmodells mit Hilfe einer solchen Gesellschaft vermeidet eine Reihe von Schwierigkeiten technischer und wirtschaftlicher Art, die sich sonst möglicherweise einer Realisierung des Poolmodells in den Weg stellen.

Keineswegs ist daran gedacht, daß eine neu zu schaffende ,Österreichische Elektrizitäts‘ AG sämtliche Kapazitäten auf dem Kraftwerkssektor übernimmt. Gerade die Einführung des Poolmodells schafft die entsprechenden Voraussetzungen, um auch den Betreibern von privaten oder kommunalen (Wasser)Kraft­werken, von industriellen Eigenkraftanlagen (Co-Generation-Anlagen) und anderen Kraftwerksbetreibern die Einspeisung von Strom ins öffentliche Netz zu geregelten und nachvollziehbaren Bedingungen zu ermöglichen.

Eine reine Poollösung könnte am Widerstand jener Gesellschaften scheitern, deren teure Kapazitäten nicht zum Zuge kommen und die dadurch Gefahr laufen, ihre wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Eine ,Einhand‘-Gesellschaft, die in sich selbst einen wirtschaftlichen Ausgleich zwischen den ans Netz gehenden und den nicht zum Einsatz kommenden Kapazitäten findet, kann diese Schwierigkeiten vermeiden.

Aus diesen Überlegungen heraus wird das Modell einer Einhandgesellschaft vorgeschlagen. Bevor dieses Modell weiter ausgeführt wird, werden einige grundsätzliche Ausführungen zur Frage der Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen gemacht.

Primäres Ordnungskriterium ist der Wettbewerb

Der neue Ordnungsrahmen für die Elektrizitätswirtschaft führt weitestgehend Wettbewerb ein. In jenen Bereichen, wo dies nicht der Fall ist, bleibt die Preisüberwachung aufrecht (Tarifabnehmer im Bereich der Haushalte, des Gewerbes und der Landwirtschaft). Damit es zu keinen Wettbewerbsverletzungen kommt, wird eine Regulierungsbehörde eingeführt. Diese ist in der Setzung der rechtsverbindlichen Regeln zur Aufrechterhaltung und zur Organisation des Wettbewerbs unabhängig.

Gründung einer Regulierungsbehörde

Die Behörde ist beim Verkehrs- oder beim Wirtschaftsministerium eingerichtet. Der Vorsitzende der Regulierungsbehörde ist vom Nationalrat zu bestimmen und diesem verantwortlich. Agenden der Behörde sind die Überwachung der Tarife, die Erlassung und Kontrolle der Peagierungsregelung, die Regelung der Einspeisung seitens privater oder sonstiger Erzeuger.

Jeder, der Elektrizität mit einer Leistung erzeugt, die eine Einspeisung in den Pool erzwingt (Erzeuger) oder die Endversorgung der Kunden mit Elektrizität bewerkstelligt (Endversorger), benötigt eine Konzession. Diese Konzession wird von der Regulierungsbehörde ausgestellt. Die Konzession ist auf der Erzeugerseite ohne elektrizitätswirtschaftliche Bedarfsprüfung zu erteilen. Zur Prüfung steht lediglich die Einhaltung der elektrotechnischen und gewerberechtlichen Bestimmungen an.

Erzeuger, die für den Eigenbedarf erzeugen bzw. deren überschüssige Leistung für eine Einspeisung in den Pool geringer ist als die Konzessionsgrenze, benötigen keine Konzession (Kleinerzeuger). Die Einspeisung der Kleinerzeuger in das Verteilernetz des örtlich zuständigen Gebietsversorgers ist gestattet und wird tariflich geregelt (kein Unterschied zur bestehenden Situation). Die Anlagen der Kleinerzeuger sind nicht konzessionspflichtig, sondern lediglich anmeldepflichtig, soweit es sich um standardisierte Anlagen handelt. Kleinerzeuger können auf Antrag zu Erzeugern werden und in den Pool einspeisen.

Die bevorzugte Zulassung von Stromerzeugern auf Basis von definierten erneuerbaren Energieträgern ist in jenem Ausmaß aus Gründen des Verbraucher- und Umweltschutzes erwünscht, bis die betriebswirt­schaftliche Wettbewerbsfähigkeit erreicht ist. Von seiten der Politik besteht aber grundsätzlich die Möglichkeit, beispielsweise im Rahmen des Pools entsprechende Förderungen für Betreiber von Alternativerzeugungsanlagen generell vorzusehen, worauf weiter unten näher eingegangen wird. Um auch hier Transparenz und Effizienz zu gewährleisten, werden die Kapazitäten vom Poolbetreiber (Netz­gesellschaft) ausgeschrieben.

Schaffung einer Erzeugungs- und Übertragungsgesellschaft

Gründung einer E-AG, die später als Holdinggesellschaft für die zu gründenden beiden Gesellschaften

a)  Erzeugung (Produktion),

b) Übertragung (Netz)

dient.

Sie hält an diesen beiden Gesellschaften 100% der Anteile. Die E-AG geht an die Börse. Zur Gründung der E-AG bringt der Bund seinen Anteil von 51% an der Verbundgesellschaft ein und macht den verbleibenden 49% ,freien‘ Aktionären ein Umtauschangebot (Tausch von Verbundaktien in E-AG Aktien).

Sobald die E-AG über die erforderliche Aktienmehrheit verfügt, um bei einer Abstimmung in der Generalversammlung die notwendige Dreiviertelmehrheit mit Sicherheit zu erreichen, erfolgt die Verschmelzung der Verbund AG mit der E-AG als aufnehmende Gesellschaft. In einer dritten Stufe erfolgt dann

die Ausgliederung der Produktionsanlagen in eine eigene Gesellschaft (Gesellschaft A) im 100%-Eigentum der E-AG und

die Ausgliederung des überregionalen Netzes (Verteilung – 110 bis 380 KV-Netz) in eine eigene Gesellschaft (Gesellschaft B), ebenfalls im 100%-Eigentum der E-AG.

Parallel dazu bringen die Bundesländer Wien, Oberösterreich und Tirol das jeweilige Elektrizitätsunter­nehmen in Form einer Sacheinlage und die übrigen Bundesländer (Niederösterreich nach Übernahme­angebot an die Privataktionäre) ihre Aktien (Beteiligung) an den jeweiligen Landesgesellschaften in die E-AG ein und erhalten dafür Aktien der E-AG.

Die Bewertung erfolgt an Hand des Börsenkurses bzw. durch Schätzgutachten. Da im Augenblick eine auch nur annähernde Bewertung nicht möglich ist, kann lediglich an Hand der Anteile von Verbund und Landesgesellschaften an Produktion und Netz/Übertragung eine Schätzung vorgenommen werden, die den Schluß zuläßt, daß die Anteile sich etwa im Verhältnis 50 zu 50 auf Bund und Länder verteilen dürften.

Parallel zur Einbringung der Landesgesellschaften in die E-AG erfolgt die Gründung von Verteilgesell­schaften bzw. Gesellschaften zur Endversorgung, die das regionale bzw. lokale Netz flächendeckend betreiben. Diesen Gesellschaften steht ebenso wie es derzeit schon für die kommunalen Versorgungs­gesellschaften vorgesehen ist, das Recht zu, ihren Strombezug unter Wettbewerbsbedingungen EU-weit zu vereinbaren.

Die Aktionäre der E-AG, in deren Eigentum sich die Anteile der beiden Gesellschaften befinden und die operative Aufgaben verfolgen (Produktion bzw. Netz/Übertragung), gehen an die Börse und verkaufen anteilsmäßig ihre Aktien der E-AG, bis der gewünschte Anteil der öffentlichen Hand (Bund, Bundesländer) von höchstens 25% des Aktienkapitals erreicht ist.

Bei Kapitalbedarf werden junge Aktien unter Ausschluß des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre ausgegeben. Prinzipiell soll auch die Möglichkeit der Hereinnahme eines strategischen Partners bestehen.

Die Vorteile einer Einhandgesellschaft liegen vor allem in folgenden Punkten:

–   Optimale Nutzung der Kraftwerkskapazitäten ohne die Schwierigkeiten, die eine Poollösung befürchten läßt. (Welche direkten Zugriffsmöglichkeiten hat der Pool? Wie erfolgt die Störaushilfe und wer trägt die Kosten hiefür? Wie arbeitet der Pool?) Überdies erfolgt keine ,kalte Enteignung‘ veralteter bzw. teurer Kapazitäten.

–   Stillegungs- bzw. Neubauentscheidungen werden in der Gesellschaft selbst ausschließlich nach Kosten- und Rentabilitätsgesichtspunkten getroffen.

–   Wegfall überdimensionierter Verwaltungsapparate durch straffes Kostenmanagement und eine ,schlanke‘ Hierarchie. Personalreduktion und Abbau von Privilegien zur Kosteneinsparung und zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den EU-weiten Mitbewerbern.

–   Wegfall ,natürlich‘ gewachsener Versorgungsgebiete innerhalb der bestehenden regionalen Versor­gungsgebiete der EVUs (Beispiel: Wiener Versorgungsgebiete in Niederösterreich, die bei einer Versorgung durch die EVN laut Aussage dieser Gesellschaft auch bei Beibehaltung der derzeitigen Organisationsstruktur ein beachtliche Senkung der Tarife erlauben würde).

–   Wegfall der Notwendigkeit einer Verlustaufteilung zwischen derzeit Verbund und Landesgesell­schaften bei Eintritt in Stromimportverträge von Großverbrauchern (risk sharing).

–   Niedrige Gestehungskosten (Einsatzmanagement bei Kraftwerken) und Gesamtkostenoptimierung erlauben nicht nur niedrige Preise für Tarifabnehmer (Haushalt, Gewerbe, Landwirtschaft) und für importberechtigte Großabnehmer, sondern eine generelle Preissenkung auch für sonstige Sonderab­nehmer (zB Karl-Marx-Universität).

–   Angleichung der österreichischen Strompreise an das internationale (EU) Niveau.

–   Lediglich Einrichtung einer Regulierungsbehörde mit einer vergleichsweise geringen Anzahl von Aufgaben.

Die Einspeisung aus Alternativenergieanlagen und aus Eigenanlagen der Industrie ist in einem einheitlichen Verbunderzeugungsbetrieb technisch einfacher und kommerziell günstiger zu lösen.

Förderung der Betreiber von Regenerativenergieanlagen (Einspeisregelung)

Ausgangslage ist, daß die Förderung unter marktwirtschaftlichen Bedingungen gewährt wird und einen hohen Grad an Flexibilität bietet. Überdies soll das Förderungsmodell allen Produzenten regenerativer Energie die gleichen Chancen auf den Erhalt einer Förderung einräumen.

Der Einsatz bzw. die verstärkte Nutzung alternativer Energieträger ist im wesentlichen eine politische Entscheidung. Die Voraussetzungen für die Förderung können im Rahmen des Pools geschaffen werden.

Bei einer Förderung im Rahmen des Pools können höhere Gestehungskosten, die Betreiber von Alternativenergieanlagen haben und die ihnen im Sinne einer Förderung solcher Anlagen abgedeckt werden sollen, durch einen geringen Zuschlag auf den Poolabgabepreis gedeckt werden.

Darüber hinaus stellen faire Einspeistarife für Strom aus erneuerbaren Energiequellen die Grundvoraus­setzung für die Wettbewerbsfähigkeit und daraus resultierende Weiterverbreitung von regenerativer Energie dar.”

Der Wirtschaftsausschuß hat den gegenständlichen Antrag 543/A(E) in seiner Sitzung am 29. Jänner 1998 in Verhandlung genommen.

Als Berichterstatter im Ausschuß fungierte Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann für den Antrag 543/A(E).

In dieser Sitzung wurde zur Vorbehandlung des gegenständlichen Entschließungsantrages sowie des Entschließungsantrages 386/A(E) der Abgeordneten Thomas Barmüller und Genossen betreffend Regelungen zur Strompreisgestaltung, welche den europäischen Markterfordernissen entsprechen, mit Stimmenmehrheit und des Antrages 215/A der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Einspeisung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Energien und kleinen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in das öffentliche Netz geregelt wird (Einspei­sungsgesetz), mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, einen gemeinsamen Unterausschuß einzusetzen, dem am 17. April 1998 auch die Vorberatung der Regierungsvorlage 1108 der Beilagen [Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitäts­wirtschafts- und -organisationsgesetz – ElWOG), das Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentums­verhältnisse an den Unternehmen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden, erlassen wird und das Kartellgesetz 1988 und das Preisgesetz 1992 geändert werden] übertragen wurde.

Diesem Unterausschuß gehörten von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs die Abgeordneten Kurt Eder, Mag. Kurt Gaßner, Dr. Kurt Heindl, Mag. Herbert Kaufmann, Peter Marizzi und Georg Oberhaidinger, von der Österreichischen Volkspartei die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Puttinger, Rudolf Schwarzböck, Mag. Franz Steindl und Ingrid Tichy-Schreder, von den Freiheitlichen die Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Ing. Wolfgang Nußbaumer und Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, vom Liberalen Forum Abgeordneter Dr. Volker Kier sowie von den Grünen Abgeordnete Ing. Monika Langthaler an.

In der Sitzung am 9. Juni 1998 wurden der Abgeordnete Karlheinz Kopf zum Obmann, der Abgeordnete Georg Oberhaidinger zum Obmann-Stellvertreter und der Abgeordnete Mag. Reinhard Firlinger zum Schriftführer gewählt.


In zwei weiteren Arbeitssitzungen am 10. und 25. Juni 1998 beschäftigte sich der Unterausschuß, dem auch Experten im Verhältnis 2:2:2:1:1 beigezogen wurden, mit den gegenständlichen Materien.

Den Beratungen wurde die Regierungsvorlage 1108 der Beilagen zugrunde gelegt.

Über das Ergebnis seiner Arbeiten berichtete der Unterausschuß durch den Obmann Karlheinz Kopf dem Wirtschaftsausschuß in dessen Sitzung am 25. Juni 1998. Im Unterausschuß wurde kein einvernehmliches Ergebnis erzielt.

An der anschließenden Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Mag. Doris Kammerlander, Dr. Volker Kier, Ing. Wolfgang Nußbaumer,  Kurt Eder und Karlheinz Kopf.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen brachten einen Abänderungsantrag ein.

Bei der Abstimmung fanden der gegenständliche Entschließungsantrag 543/A(E) und der Abänderungs­antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen nicht die erforderliche Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis nehmen.

                       Dipl.-Ing. Leopold Schöggl                                                  Ingrid Tichy-Schreder

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau