1320 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten


über die Regierungsvorlage (1283 der Beilagen): Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998
und
über den Antrag 301/A der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz geändert wird


Die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ist der letzte Schritt einer geglückten Integration Fremder in Österreich. Diesem Grundsatz soll durch die vorliegende Regierungsvorlage zum Staats­bürgerschaftsgesetz insofern Rechnung getragen werden, als die Fristen zur Verleihung der österreichi­schen Staatsbürgerschaft zwar grundsätzlich unangetastet bleiben, unter besonders berücksichtigungs­würdigen – integrationsindizierenden oder integrationsfreundlichen – Umständen jedoch verkürzt werden können; beispielsweise handelt es sich dabei um Minderjährige, Asylberechtigte, EWR-Bürger (vier Jahre Wohnsitzdauer) oder um Fremde, die den Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration erbringen (sechs Jahre Wohnsitzdauer). Die Wartefrist für die Verleihung der österreichischen Staats­bürgerschaft kraft Rechtsanspruches soll nach wie vor 30 Jahre betragen, Fremde, die den Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration erbringen, sollen allerdings auch hier bevorzugt werden: Sie erwerben den Rechtsanspruch schon nach 15 Jahren. Jegliche Verleihung (Erstreckung der Verleihung) soll jedoch – auch dies als Anknüpfung an eine erfolgte Integration – von den persönlichen Umständen des Staatsbürgerschaftswerbers entsprechenden Kenntnissen der deutschen Sprache abhängig sein.

Minderjährige ab 14 Jahren werden den Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft durchwegs selbst stellen können; stimmt der gesetzliche Vertreter nicht zu, kann diese Zustimmung vom Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Anderen nicht eigenberechtigten Fremden kommt wie bisher ein – gleichfalls durch das Vormundschaftsgericht ersetzbares – Einwilligungsrecht zu.

Weiters ist die Verleihung der Staatsbürgerschaft an verfolgte “Altösterreicher”, die Staatsangehörige eines Nachfolgestaates der österreichisch-ungarischen Monarchie waren und ihren Wohnsitz vor 1938 in Österreich hatten, ohne Wartefrist vorgesehen.

Diesen Erleichterungen stehen – bei Anzeichen mangelnder Integrationsbereitschaft – Verschärfungen gegenüber: Die Verleihung bei Straffälligkeit und bei Gefährdung der Schutzgüter des Art. 8 Abs. 2 EMRK soll erschwert werden. Außerdem wird in Ergänzung der Scheinehenregelungen im Fremden­gesetz ein Erstreckungshindernis der Staatsbürgerschaft auf vormalige Ehegatten vorgeschlagen.

Das “Zusicherungsverfahren” erfährt insofern eine bürokratische Vereinfachung, als bei unverhältnis­mäßigen Kostenfolgen für das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband eine Verleihung möglich ist, sobald dieser Umstand glaubhaft gemacht wird.

Die Umsetzung des Entwurfes wird nicht mit maßgeblichen Kostenfolgen verbunden sein. Das Gesetz sieht insbesondere für den Erwerb der für die Einbürgerung erforderlichen Deutschkenntnisse keinerlei Leistung einer Gebietskörperschaft vor. Eine zusätzliche Belastung der Staatsbürgerschaftsbehörden findet nicht statt: Die Verkürzung der geforderten  Wohnsitzdauer für nachhaltig persönlich und beruflich integrierte Fremde führt lediglich zu einer Vorverlegung bisher später durchzuführender Verfahren. Hingegen wird es wegen der Verschärfung im Bereich der Verurteilungen wegen Vorsatztaten zu einer Entlastung des Verwaltungsapparates kommen. Auch eine zusätzliche Belastung der Vormundschafts­gerichte wird kaum eintreten: Einerseits hatten diese schon bisher im Rahmen des § 19 Abs. 3 StbG einzuschreiten und andererseits zeigt die Erfahrung, daß derartige Bestimmungen in der Weise präventiv wirken, daß ersetzbare Zustimmungen schließlich doch vom primär Berechtigten erteilt werden.

Für die Regelung der Materie wird der im Gesetzgebungsbereich des Bundes gelegene Kompetenz­tatbestand “Staatsbürgerschaft” (Art. 11 Abs. 1 Z 1 B-VG) in Anspruch genommen.


Der Entwurf in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung enthält in § 10 Abs. 6, § 40 und § 62a Abs. 3 Verfassungsbestimmungen.

Die Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen haben am 2. Oktober 1996 den Antrag 301/A eingebracht und wie folgt erläutert:

“Die vorliegende Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 soll sicherstellen, daß die österreichische Staatsbürgerschaft nur Fremde erhalten, die integrationsfähig und integrationswillig sind. Aus diesem Grund soll in Hinkunft im Einbürgerungsverfahren – wie dies schon bisher in vielen Ländern der Fall ist und diese damit auch gute Erfahrungen gemacht haben (zB USA, Niederlande, Kanada, Ungarn, Deutsch­land, Großbritannien usw.) – eine gewisse Sprachbeherrschung, die für eine erfolgreiche Integration wesentlich ist, in die Ermessensabwägung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft miteinbezogen werden. Darüber hinaus erscheint es auch notwendig, bei dieser Ermessensabwägung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft, die Kenntnisse insbesondere der österreichischen und europäischen Geschichte, des österreichischen Rechtssystems, der demokratischen Verfassung Österreichs und der österreichischen und europäischen Kultur zu berücksichtigen. Das Vorliegen dieser Kenntnisse soll nach Absolvierung von Integrationsschulungen, die von den Ländern im Zusammenhang mit Erwachsenenbildungseinrichtungen angeboten werden sollen, nachgewiesen werden, wobei die Kosten für diese Kurse der Staatsbürger­schaftswerber zu tragen hat.

Darüber hinaus war in der Vollziehung des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 bisher auch feststellbar, daß sich Fälle in auffälliger Weise mehren, in denen nur ein Ehepartner mit den Kindern um die Verleihung bzw. Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft ansucht, um einerseits für die gesamte Familie die Vorteile zu erlangen, die aus dem Besitz der Staatsbürgerschaft insbesondere hinsichtlich des Auf­enthaltsrechtes und des Zugangs zum Arbeitsmarkt erwachsen, und um andererseits dem Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband auszuweichen.

Ebenso sind in der Praxis auch vermehrt Fälle aufgetreten, in denen die Ehegattin den Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft stellt und der Ehegatte als Erstreckungswerber auftritt, um so einer Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Ehegatten auszuweichen.

Die vorliegende Novelle hat es sich daher auch zum Ziel gesetzt, die Herstellung der staatsbürgerschaft­lichen Familieneinheiten nicht nur zu begünstigen, sondern auch in abgewogener Weise von Gesetzes wegen zu fordern.

Hauptziel jedoch ist es, die Integrationsbemühungen Österreichs für integrationswillige Ausländer zu forcieren und so zu einem gedeihlichen Miteinander zu kommen.”

Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seinen Sitzungen am 3. und 30. Juni 1998 in Verhandlung genommen.

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Paul Kiss, Wolfgang Jung, Dr. Volker Kier, Günther Platter, Dr. Helene Partik-Pablé, Franz Lafer, Mag. Terezija Stoisits, Anton Gaál, Dr. Karl Maitz, Emmerich Schwemlein, Helmut Dietachmayr und der Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl das Wort.

Im Zuge der Beratungen brachten die Abgeordneten Anton Leikam und Paul Kiss einen Abänderungs­antrag ein. Weiters brachte die Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits einen Abänderungsantrag ein.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichti­gung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Anton Leikam und Paul Kiss mit Stimmenmehrheit angenommen. Der Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits fand nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit. Der Antrag 301/A gilt als miterledigt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 06 30

                             Helmut Dietachmayr                                                              Anton Leikam

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (Staatsbürger­schaftsgesetznovelle 1998)


Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 30/1998, wird wie folgt geändert:

2

1. § 4 lautet:

§ 4. Soweit dieses Bundesgesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, kommt für seinen Bereich dem Geschlecht und dem Familienstand keine rechtliche Bedeutung zu. Fremde, die einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft eingebracht haben, sind jedoch verpflichtet, in diesen Verfahren ihre familiären Verhältnisse, die Mittelpunkte ihrer Lebensinteressen sowie ihre persönlichen Lebens­umstände darzulegen.”

2. In § 5 wird der Ausdruck “Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft” durch den Ausdruck “Wirt­schaftskammer Österreich” ersetzt.

3. Die §§ 10 und 10a lauten:

“Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

           1. er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat;

           2. er nicht durch ein inländisches oder ausländisches Gericht wegen einer oder mehrerer Vorsatz­taten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, die der Verurteilung durch das ausländische Gericht zugrundeliegenden strafbaren Handlungen auch nach dem inländischen Recht gerichtlich strafbar sind und die Verurteilung in einem den Grundsätzen des Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, entsprechendem Verfahren ergangen ist;

           3. er nicht durch ein inländisches Gericht wegen eines Finanzvergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist;

           4. gegen ihn nicht wegen des Verdachtes einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Vorsatztat oder eines mit Freiheitsstrafe bedrohten Finanzvergehens bei einem inländischen Gericht ein Strafverfahren anhängig ist;

           5. gegen ihn kein Aufenthaltsverbot besteht und auch kein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung anhängig ist;

           6. er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik bejahend einge­stellt ist und weder eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellt noch andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen gefährdet;

           7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist oder ihn an seiner finanziellen Notlage kein Verschulden trifft und

           8. er nicht mit fremden Staaten in solchen Beziehungen steht, daß die Verleihung der Staatsbürger­schaft die Interessen der Republik schädigen würde.

(2) Eine gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie in Strafregister­auskünfte an die Behörde nicht aufgenommen werden darf. Eine gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 maßgebliche Verurteilung liegt vor, wenn sie wegen einer Jugendstraftat erfolgt.

(3) Einem Fremden, der eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, darf die Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden, wenn er

           1. die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen unterläßt, obwohl ihm diese möglich und zumutbar sind oder

           2. auf Grund seines Antrages oder auf andere Weise absichtlich die Beibehaltung seiner bisherigen Staatsangehörigkeit erwirkt.

(4) Von der Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 kann abgesehen werden

           1. aus besonders berücksichtigungswürdigem Grund, sofern es sich um einen Minderjährigen, der seit mindestens vier Jahren, oder um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich dieser Wohnsitzdauer anderes vorgesehen;

           2. bei einem Fremden, der vor dem 9. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit eines der Nachfolgestaaten der ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie hatte oder staatenlos war, seinen Haupt­wohnsitz im Bundesgebiet hatte und sich damals deshalb in das Ausland begeben hat, weil er Verfolgung durch Organe der NSDAP oder der Behörden des Dritten Reiches mit Grund zu befürchten hatte oder erlitten hat oder weil er wegen seines Einsatzes für die demokratische Republik Österreich Verfolgungen ausgesetzt war oder solche mit Grund zu befürchten hatte.

(5) Als besonders berücksichtigungswürdiger Grund (Abs. 4 Z 1) gilt insbesondere

           1. der Verlust der Staatsbürgerschaft anders als durch Entziehung (§§ 33 und 34) oder

           2. bereits erbrachte und zu erwartende besondere Leistungen auf wissenschaftlichem, wirtschaft­lichem, künstlerischem oder sportlichem Gebiet oder

           3. der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration oder

           4. die Gewährung von Asyl nach dem Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76, einschließlich der Asylbe­rechtigung (§ 44 Abs. 6 AsylG) nach einer Wohnsitzdauer von vier Jahren oder

           5. der Besitz der Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen), BGBl. Nr. 909/1993, nach einer Wohnsitzdauer von vier Jahren oder

           6. die Geburt im Bundesgebiet.

(6) (Verfassungsbestimmung) Die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 7 sowie des Abs. 3 ent­fallen, wenn die Bundesregierung bestätigt, daß die Verleihung der Staatsbürgerschaft wegen der vom Fremden bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden außerordentlichen Leistungen im besonderen Interesse der Republik liegt.

§ 10a. Voraussetzungen jeglicher Verleihung sind unter Bedachtnahme auf die Lebensumstände des Fremden jedenfalls entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache.”

4. § 11 lautet:

§ 11. Die Behörde hat sich unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Fremden bei der Ausübung des ihr in § 10 eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Ausmaß der Integration des Fremden leiten zu lassen.”

5. § 11a lautet:

§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

           1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,

           2. die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,

           3. er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und

            4. a) die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht oder

               b) die Ehe seit mindestens fünf Jahren aufrecht und sein Ehegatte seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen österreichischer Staatsbürger ist oder

                c) der Ehegatte die Staatsbürgerschaft durch Verleihung gemäß § 10 Abs. 4 Z 2 oder durch Erklärung gemäß § 58c erworben hat und der Fremde seinen Hauptwohnsitz vor dem 9. Mai 1945 im Bundesgebiet hatte und sich damals gemeinsam mit seinem späteren Ehegatten ins Ausland begeben hat.

(2) Einem Fremden darf die Staatsbürgerschaft gemäß Abs. 1 nicht verliehen werden, wenn er

           1. mit dem Ehegatten das zweite Mal verheiratet ist und

           2. diesem Ehegatten die Staatsbürgerschaft nach Scheidung der ersten gemeinsamen Ehe auf Grund der Heirat mit einem Staatsbürger verliehen wurde.”

6. § 12 lautet:

§ 12. Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er

           1. nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft (§§ 33 oder 34) oder des Verzichtes auf die Staatsbürgerschaft (§ 37) Fremder ist und entweder

                a) seit mindestens 30 Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat oder

               b) seit mindestens 15 Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat und seine nachhaltige persönliche und berufliche Integration nachweist oder

           2. durch mindestens zehn Jahre die Staatsbürgerschaft ununterbrochen besessen, diese auf andere Weise als durch Entziehung (§§ 33 oder 34) oder Verzicht (§ 37) verloren hat, seither Fremder ist und mindestens ein Jahr ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat oder

           3. die Staatsbürgerschaft zu einer Zeit, da er nicht eigenberechtigt war, auf andere Weise als durch Entziehung nach § 33 verloren hat, seither Fremder ist und die Verleihung der Staatsbürgerschaft binnen zwei Jahren nach Erlangung der Eigenberechtigung beantragt oder

           4. die Staatsbürgerschaft nach § 17 durch Erstreckung der Verleihung nur deshalb nicht erwerben kann, weil der hiefür maßgebende Elternteil (Wahlelternteil) bereits Staatsbürger ist.”

7. § 13 lautet:

§ 13. Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

           1. er die Staatsbürgerschaft dadurch verloren hat, daß er

                a) einen Fremden geheiratet,

               b) gleichzeitig mit dem Ehegatten dieselbe fremde Staatsangehörigkeit erworben oder

                c) während der Ehe mit einem Fremden dessen Staatsangehörigkeit erworben hat;

           2. er seither Fremder ist;

           3. die Ehe durch den Tod des Ehegatten oder sonst dem Bande nach aufgelöst ist und

           4. er die Verleihung der Staatsbürgerschaft binnen fünf Jahren nach Auflösung der Ehe beantragt.”

8. In § 15 Abs. 1 wird das Zitat “§ 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3” durch das Zitat “§ 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4” und das Zitat “§ 12 lit. a und b” durch das Zitat “§ 12 Z 1 und 2” ersetzt.

9. In § 16 Abs. 1 wird das Zitat “§ 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 2” durch das Zitat “§ 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3” ersetzt und werden vor dem Wort “Ehegatten” die Worte “mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden” eingefügt.

10. In § 16 Abs. 2 wird das Zitat “§ 10 Abs. 2” durch das Zitat “§ 10 Abs. 3” und das Zitat “§ 10 Abs. 4” durch das Zitat “§ 10 Abs. 6” ersetzt.

11. In § 17 Abs. 1 wird das Zitat “§ 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 2” durch das Zitat “§ 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3” ersetzt.

12. In § 17 Abs. 2 wird das Zitat “§ 10 Abs. 2” durch das Zitat “§ 10 Abs. 3” ersetzt.

13. In § 17 Abs. 4 wird das Zitat “§ 10 Abs. 2” durch das Zitat “§ 10 Abs. 3” und das Zitat “§ 10 Abs. 4” durch das Zitat “§ 10 Abs. 6” ersetzt.

14. § 19 lautet:

§ 19. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft sowie die Erstreckung der Verleihung bedarf eines schriftlichen Antrages.

(2) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können einen Antrag gemäß Abs. 1 nur selbst stellen; er bedarf der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

(3) Anträge anderer nicht eigenberechtigter Fremder bedürfen deren schriftlicher Zustimmung.

(4) Erteilt der gesetzliche Vertreter in den Fällen des Abs. 2 die Einwilligung nicht, so ist diese auf Antrag des Minderjährigen oder von Amts wegen vom Pflegschaftsgericht zu ersetzen, wenn die Ver­leihung oder Erstreckung der Verleihung dem Wohl des Minderjährigen entspricht. Dies gilt auch, wenn der Antragsteller keinen gesetzlichen Vertreter hat oder sein gesetzlicher Vertreter nicht erreichbar ist und die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters auf unüberwindliche Hindernisse stößt.

(5) Erteilt der nicht eigenberechtigte Fremde in den Fällen des Abs. 3 die Zustimmung nicht oder ist er hiezu nicht in der Lage, so ist diese auf Antrag des gesetzlichen Vertreters oder von Amts wegen vom Pflegschaftsgericht zu ersetzen, wenn die Verleihung oder Erstreckung der Verleihung dem Wohl des Fremden entspricht.”

15. § 20 lautet:

§ 20. (1) Die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist einem Fremden zunächst für den Fall zuzu­sichern, daß er binnen zwei Jahren das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates nachweist, wenn

           1. er nicht staatenlos ist;

           2. weder § 10 Abs. 6 noch die §§ 16 Abs. 2 oder 17 Abs. 4 Anwendung finden und

           3. ihm durch die Zusicherung das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates ermöglicht wird oder erleichtert werden könnte.

(2) Die Zusicherung ist zu widerrufen, wenn der Fremde auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

(3) Die Staatsbürgerschaft, deren Verleihung zugesichert wurde, ist zu verleihen, sobald der Fremde

           1. aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates ausgeschieden ist oder

           2. nachweist, daß ihm die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen nicht möglich oder nicht zumutbar waren.

(4) Die Staatsbürgerschaft, deren Verleihung zugesichert wurde, kann verliehen werden, sobald der Fremde glaubhaft macht, daß er für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband Zahlungen zu entrichten gehabt hätte, die für sich allein oder im Hinblick auf den für die gesamte Familie erforderlichen Aufwand zum Anlaß außer Verhältnis gestanden wären.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten auch für die Erstreckung der Verleihung.”

16. In den §§ 24, 36 und 41 Abs. 2 ist statt auf das “AVG 1950, BGBl. Nr. 172” auf das “AVG, BGBl. Nr. 51/1991” zu verweisen, außerdem hat das Zitat in § 24 statt “§ 69 Abs. 1 lit. b und c” nunmehr “§ 69 Abs. 1 Z 2 und 3” zu lauten.

17. § 28 Abs. 1 und 2 lautet:

§ 28. (1) Einem Staatsbürger ist für den Fall des Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit (§ 27) die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft zu bewilligen, wenn

           1. sie wegen der von ihm bereits erbrachten und von ihm noch zu erwartenden Leistungen oder aus einem besonders berücksichtigungswürdigen Grunde im Interesse der Republik liegt und

           2. der fremde Staat, dessen Staatsangehörigkeit er anstrebt, der Beibehaltung zustimmt und

           3. die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 4 sowie 6 und 8 sinngemäß erfüllt sind.

(2) Dasselbe gilt für Staatsbürger, die die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 2 und 3 erfüllen, wenn sie die Staatsbürgerschaft durch Abstammung erworben haben und in ihrem Privat- und Familienleben ein für die Beibehaltung besonders berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt.”

18. Die bisherigen Absätze 2, 3 und 4 des § 28 erhalten die Bezeichnung “3”, “4” und “5”, die Zitate in § 38 Abs. 1, § 46 Abs. 1 und § 66 Z 1 lit. b werden dem angepaßt.

19. In § 34 Abs. 1 Z 2 wird das Zitat “§ 10 Abs. 4” durch das Zitat “§ 10 Abs. 6” ersetzt.

20. § 34 Abs. 1 Z 3 entfällt; die bisherige Z 4 erhält die Bezeichnung “3”.

21. (Verfassungsbestimmung) § 40 lautet:

“§ 40. (Verfassungsbestimmung) Der Antrag gemäß § 28 kann auch bei der gemäß § 41 Abs. 2 zuständigen Vertretungsbehörde eingebracht werden, die sie an die Behörde weiterzuleiten hat.”

22. In § 41 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 4 angefügt:

“(4) Erwirbt ein im Bundesgebiet niedergelassener Fremder die Staatsbürgerschaft anders als durch Abstammung, so hat die Behörde (§ 39) hievon jene Fremdenpolizeibehörde erster Instanz in Kenntnis zu setzen, in deren Sprengel der Hauptwohnsitz des Betroffenen liegt; handelt es sich dabei um eine Bundes­polizeidirektion, so ist auch die Einwanderungsbehörde erster Instanz (§ 89 Abs. 1 FrG) entsprechend zu informieren. Die Behörde hat hiebei den Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Geburtsort, Adresse und bis­herige Staatsangehörigkeit des Betroffenen anzuführen und das Datum des Erwerbs der Staatsbürgerschaft mitzuteilen.”

23. In § 66 Z 1 lit. a wird das Zitat “§ 10 Abs. 4” durch das Zitat “§ 10 Abs. 6” ersetzt.


24. § 64a erhält die Absatzbezeichnung “(1)” und es wird nachstehender Abs. 2 angefügt:

“(2) Die §§ 4, 5, 10 Abs. 1 bis 5, 10a, 11, 11a, 12, 13, 15, 16, 17, 19, 20, 24, 28, 34, 36, 38, 41, 46 und 66 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/1998 treten mit 1. Jänner 1999 in Kraft.”

25. (Verfassungsbestimmung) § 64a Abs. 2 wird nachstehender Abs. 3 angefügt:

“(3) (Verfassungsbestimmung) Die §§ 10 Abs. 6 und 40 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/1998 treten mit 1. Jänner 1999 in Kraft.”

 

Abweichende persönliche Stellungnahme

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits

(gemäß § 42 Abs. 5 GOG)


Grundsätzliches

Unter dem Motto Integration statt Zuwanderung wurde seitens der Bundesregierung seit Jahren eine Novellierung der Staatsbürgerschaftsbestimmungen angekündigt. Nun wird ein koalitionärer Entwurf vorgelegt, der keineswegs als Reform bezeichnet werden kann. Insgesamt überwiegen die Änderungen, die den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft weiter erschweren.

Österreich ist eines der letzten Länder innerhalb der EU, das in derart restriktiver Weise am Verbot der Doppelstaatsbürgerschaft festhält und in dem gleichzeitig die längsten Fristen festgeschrieben sind (ähnlich restriktive Regelungen gibt es in Europa nur in der Schweiz und in Deutschland).

Es ist bedauerlich, daß die Koalitionsparteien dem Wunsch nach einer umfassenden Diskussion der Materie mit Beiziehung von Experten nicht Rechnung getragen haben und die Einsetzung eines Unterausschusses ablehnten. So war es den Grünen vorbehalten, sich in einem Hearing mit den Meinungen international anerkannter Experten wie Univ.-Doz. Dr. Rainer Bauböck und Mag. Dilek Cinar auseinanderzusetzen.

Einbürgerung ist eine Voraussetzung, nicht Abschluß der Integration

Die Regierungsvorlage geht von der irrigen Annahme aus, daß die Einbürgerung den Integrationsprozeß zum Abschluß bringt, indem der Ausländerstatus aufgehoben wird. Tatsächlich ist jedoch wissen­schaftlich belegt (und wird auch in den meisten westeuropäischen Ländern in dieser Form praktiziert), daß die Einbürgerung zur Erleichterung der Integration vorgenommen werden soll, da der Ausländerstatus ein wesentliches Integrationshindernis darstellt.

Eine sinnvolle Integrationspolitik muß dazu führen, daß Migrantinnen/Migranten bei uns eine Heimat im Sinne eines selbstverständlichen Zuhause-Seins, und zwar ein Zuhause nicht nur im äußerlichen sozialen Leben, sondern im Bewußtsein einer sicheren, festgefügten moralischen und geistigen Welt finden. Migrantinnen/Migranten, denen in unserer Gesellschaft kein Zuhause geboten wird, schotten sich mehr und mehr ab und ziehen sich in ihre eigenen Bereiche zurück, da sie nur in diesen Kreisen Sicherheit und Geborgenheit finden können. Damit sind diese Personen aber auch offen für fundamentalistisches und nationalistisches Gedankengut. Als Alternative dazu gibt es nur eine positive Integrationspolitik, die insbesondere auch Erleichterungen beim Erwerb der Staatsbürgerschaft vorsieht.

In den meisten europäischen Ländern wird ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung nach wenigen Jahren eingeräumt. Diese Praxis gründet sich auf ein fundamentales Demokratieprinzip, das lautet: “Wer den Gesetzen eines Staates unterworfen ist, muß auch in der Gesetzgebung repräsentiert sein.” In diesem Sinne wird in Ländern wie zB Belgien, Frankreich, Niederlande, Schweden, Großbritannien die Staats­bürgerschaft nach fünf Jahren gewährt, da die Einbürgerung als wesentliches Instrument auf dem Weg zur Gleichberechtigung zu sehen ist, das mit einem subjektiven moralischen Rechtsanpruch verbunden sein sollte und nicht als Gnadenakt zu gelten hat.

Verweigerung der Doppelstaatsbürgerschaft

Bezüglich der Doppelstaatsbürgerschaft können in Europa drei Gruppen von Staaten unterschieden werden: Einerseits Staaten, in denen ein striktes Verbot der Doppelstaatsbürgerschaft existiert (Österreich, Deutschland und Luxemburg), dann die Staaten, in denen die Einbürgerung nicht von der Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft abhängig ist, das ist in Belgien, Italien, Frankreich, Großbritannien und klassischen Einwanderungsländern (USA, Australien, Kanada) der Fall, und drittens die Gruppe, die zwar für die erste Generation die Einbürgerung von der Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft abhängig macht, aber die zweite und dritte Generation vom Verbot der Doppelstaatsbürgerschaft ausnimmt (Niederlande, Schweden). Dazu sei erwähnt, daß alle diese Länder das Übereinkommen des Europarates aus dem Jahre 1963 zur Vermeidung von Mehrstaatlichkeit ratifiziert haben, dieses also kein Argument für die Ablehnung der Doppelstaatsbürgerschaft sein kann. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß es in der Zwischenzeit ein zweites Zusatzprotokoll aus dem Jahre 1993 gibt. Nach diesem Übereinkommen soll im Falle gemischtnationaler Ehen, bei Kindern aus Mischehen sowie bei Kindern, die im Inland geboren und aufgewachsen sind, die Doppelstaatsbürgerschaft zugelassen werden. Dieses Zusatzprotokoll ist bis heute nur von Frankreich, Italien und der Niederlande ratifiziert worden. Es sollte daher die Gelegenheit wahrgenommen werden und dieses Übereinkommen auch von Österreich ratifiziert werden.

Migrantinnen/Migranten zweiter und dritter Generation – gelernte ÖsterreicherInnen?

Es ist bedauerlich, daß für die Kinder und Enkelkinder von Migrantinnen/Migranten in der gegen­ständlichen Novelle keine Begünstigungen vorgesehen sind. Dabei handelt es sich hierbei vielleicht um die wichtigste Gruppe im Bezug auf die Integration, für die spezielle Sonderregelungen und vor allem Rechtsansprüche geschaffen werden sollten. Das ist gängige Praxis, mittlerweile in fast allen europäischen Staaten. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, für die Folgegeneration den Zugang zur Staatsbürger­schaft zu regulieren. Manche Staaten knüpfen nur an den Aufenthalt im Inland an, dies ist in Deutschland und in Schweden der Fall. In beiden Staaten hat die zweite bzw. dann auch die dritte Generation einen Rechtsanspruch auf die Einbürgerung, sofern ein fünfjähriger Aufenthalt (in Schweden) bzw. ein acht­jähriger Aufenthalt (in Deutschland) vorliegt und eine Erklärung zwischen dem 16. und 21. Lebensjahr abgegeben wird.

Die zweite Gruppe der Staaten knüpft sowohl an das Kriterium der Geburt im Inland als auch an gewisse Aufenthaltsfristen an. Diese Regelung gibt es in Belgien, in Frankreich, in Italien, in den Niederlanden und in Großbritannien. Im europäischen Kontext ist es eigentlich nur Großbritannien, wo bei der zweiten Generation allein an die Geburt angeknüpft wird. Ein in Großbritannien geborenes ausländisches Kind hat per Geburt das Recht auf die Registrierung als ein britischer Staatsbürger, falls zumindest ein Elternteil ein unbefristetes Aufenthaltsrecht hat. Erfüllen die Eltern diese Voraussetzung nicht, so hat das Kind mit Erreichen des zehnten Lebensjahres wiederum einen Rechtsanspruch auf den Erwerb der britischen Staatsangehörigkeit, diesmal unabhängig davon, ob die Eltern ein unbefristetes Aufenthaltsrecht haben oder auch nicht.

Ähnliche Regelungen gibt es in Belgien, Frankreich, Italien und den Niederlanden. In Frankreich geborene Kinder, die sich dort fünf Jahre lang aufgehalten haben, werden automatisch bei Erreichung der Volljährigkeit eingebürgert.

Zur Regierungsvorlage im besonderen

Bei genauer Durchsicht muß festgestellt werden, daß die Verschärfungen des Gesetzes bei weitem überwiegen.

a)  Die Einbürgerungsfrist aus “besonders berücksichtigungswürdigen Gründen” ist von vier auf sechs Jahre erhöht worden. Ausgenommen sind anerkannte Flüchtlinge, EWR-Bürger und Minderjährige. Es ist allerdings nicht klar, ob dazu nur die “unbegleiteten” Minderjährigen zählen – wie aus den Erläuternden Bemerkungen hervorgeht – oder ob generell Minderjährige gemeint sind. Die Be­schränkung auf unbegleitete Minderjährige wäre unsinnig, da unbegleitete Minderjährige in der Regel nur als Flüchtlinge nach Österreich kommen und als Flüchtlinge bevorzugt zu behandeln sind. Da aber auch bei diesen Personen erstmals Deutschkenntnisse verlangt werden und die Integration zu berücksichtigen ist, kann es je nach Interpretation der “Deutschkenntnisse” auch bei diesen Personen zu weiteren Verlängerungen der Fristen kommen.

b) Auch die Verurteilung wegen Bagatelldelikten (bedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten) stellt in Hinkunft ein Erwerbshindernis dar. Dabei ist zu bemerken, daß eine Freiheitsstrafe nur dann bedingt verhängt wird, wenn das Gericht davon ausgeht, daß die verurteilte Person sich wohl verhalten werde. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß es bei einer Verurteilung wegen einer vorsätzlich und einer fahrlässig begangenen Straftat nicht möglich sein wird festzustellen, welcher Teil der Strafe auf die vorsätzlich begangene strafbare Handlung entfällt (siehe dazu auch die Stellungnahme des Bundes­ministeriums für Justiz).

     Die Tatsache, daß ein anhängiges Strafverfahren bereits ein Verleihungshindernis darstellt, erscheint auch in Hinsicht auf die in Art. 6 Abs. 2 MRK verfassungsrechtlich festgeschriebene Unschulds­vermutung bedenklich. Ein anhängiges Verfahren kann daher wohl lediglich eine Unterbrechung des Einbürgerungsverfahrens nach sich ziehen und nicht ein Verleihungshindernis darstellen.

c)  Nach dem Novellierungsvorschlag stellt ein Verleihungshindernis nicht nur ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, sondern bereits ein bloßes Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung (Aufenthaltsverbot oder Ausweisung) dar. Wenn man bedenkt, daß immer wieder Aufenthaltsverbote ungerechtfertigt verhängt und nachträglich aufgehoben wurden, so stellt diese Bestimmung eine erhebliche Ver­schlechterung dar.

     Der Verfassungsgerichtshof stellt in ständiger Judikatur fest, daß es nicht angeht, den Rechts­schutzsuchenden generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung so lange zu belasten, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist. Die vorliegende Bestimmung des Staatsbürgerschaftsgesetzes widerspricht klar diesen Grundsätzen. Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß eine rechtskräftige Ausweisung kein Verleihungshindernis darstellt, sehr wohl aber ein anhängiges Ausweisungsverfahren.

d) Bisher wurde bei anerkannten Flüchtlingen von der Verpflichtung des Nachweises der Zurücklegung der bisherigen Staatsbürgerschaft abgesehen. Da in vielen Fällen noch Verwandte von Flüchtlingen in den ehemaligen Heimatstaaten leben, handelt es sich hierbei um eine sinnvolle Bestimmung zum Schutz der Angehörigen. Diese Ausnahmeregelung für anerkannte Flüchtlinge soll in Hinkunft gestrichen werden (§ 10 Abs. 3 Z 1 und § 20 Abs. 1 Z 1), was für diese Personengruppe erhebliche Nachteile bringen kann.

     Nach den Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention ist ganz klar, daß es für Flüchtlinge unzumutbar ist, mit den Behörden des Verfolgerlandes Kontakt aufzunehmen. Das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband setzt voraus, daß den Behörden des Herkunftslandes wesentliche personenbezogene Daten übermittelt werden. Wie bisher sollten daher die anerkannten Flüchtlinge von der Verpflichtung des § 10 Abs. 3 befreit werden. Außerdem sollten die bosnischen Kriegsflüchtlinge wie andere anerkannte Flüchtlinge behandelt und ebenfalls nach vier Jahren eingebürgert werden können. Die bestehende Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt, zumal bei den meisten in Österreich verbliebenen Personen klar ist, daß sie nicht in ihr ehemaliges Heimatland zurückkehren können.

e)  Bei der Einbürgerung durch die Bundesregierung wurde die Hervorhebung der besonderen Leistungen auf wissenschaftlichem, wirtschaftlichem, künstlerischem und sportlichem Gebiet gestrichen.

     Die Streichung der demonstrativen Aufzählung der Gebiete, in denen die Leistungen zu erbringen sind, führt dazu, daß die Unbestimmtheit größer wird und überhaupt nicht mehr nachvollziehbar ist, wann jemand unter diese Begünstigung fällt.

f)  In Zukunft sollen Kenntnisse der deutschen Sprache eine Voraussetzung für jegliche Verleihung sein. Wann allerdings die Kenntnisse der deutschen Sprache “entsprechend” sind, geht weder aus den Erläuternden Bemerkungen hervor, noch gibt es sonst irgendwelche Definitionen dazu. Das heißt, es hängt von der alleinigen Einschätzung der Beamten ab, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Für die betroffenen Personen wird es daher überhaupt nicht mehr abschätzbar sein, wann sie diese Voraussetzungen zum Erwerb der Staatsbürgerschaft erfüllen. Damit wird einer möglichen Behörden­willkür Tür und Tor geöffnet.

     Es ist international üblich, Kenntnisse der Staatssprache zu verlangen, allerdings nicht in der strikten Form, wie es in Österreich vorgesehen ist. Üblich ist eine Regelung, die davon ausgeht, daß der Staat selbst oder seine Organe zunächst einmal den Einwanderern gegenüber verpflichtet sind, ihnen die Erlernung der Landessprache zu ermöglichen, das heißt Sprachkurse anzubieten, kostengünstig und flächendeckend, um die Einwanderer zu motivieren, an diesen teilzunehmen. Davon ist in Österreich bisher – abgesehen von einer sehr kurzfristigen und marginalen Sprachoffensive in Wien – noch nicht die Rede. In anderen Ländern ist die Überprüfung der Sprachkenntnisse im Einbürgerungsverfahren in der Regel ein simpler und standardisierter Test, und nicht etwas, was im Ermessen der Behörde liegt; und sehr häufig gibt es Ausnahmen für bestimmte Gruppen, die eine extrem lange Aufenthaltsdauer haben, und vor allem für ältere Einwanderer.

g) In Zukunft ist von der Behörde im Zuge der Ausübung des Ermessens das Ausmaß der Integration zu berücksichtigen. Damit wird generell der Ermessensspielraum der Behörde wesentlich erhöht. Es fehlt jegliche Definition, was unter einer ausreichenden Integration zu verstehen ist. Die Einschätzung hängt allein vom Verständnis der entscheidenden Behörde ab, zumal es diesbezüglich keine einheitlichen Richtlinien gibt. Auch diesbezüglich ist zu bezweifeln, ob dies dem Bestimmtheitsgebot des Art. 18 B‑VG entspricht.

h) Personen, die nach der Heirat mit einem nichtösterreichischen Staatsbürger die österreichische Staatsbürgerschaft verloren haben, können nach der Scheidung bzw. Tod die österreichische Staatsbürgerschaft erst wieder fünf Jahre nach Auflösung der Ehe erwerben; derzeit beträgt die Frist zwei Jahre.


i)   Bedauerlich ist insbesondere, daß nach wie vor die Ungleichbehandlung von unehelichen gegenüber ehelichen Kindern aufrechterhalten wird, obwohl eine völlige Gleichstellung in unserem Rechtssystem schon seit Jahren üblich ist (zB völlige Gleichstellung im Erbrecht). Es ist bedauerlich, daß Österreich hier nicht dem europäischen Übereinkommen über Staatsangehörigkeit gefolgt ist, sondern die Koalitionsparteien gezwungen waren, zu diesem Punkt (wie auch zu zahlreichen anderen) einen Vorbehalt festzuschreiben. Demnach soll unter “Eltern” nur die Mutter eines unehelichen Kindes verstanden werden, der Vater aber nicht. Es wäre Österreich, aber insbesondere den betroffenen unehelichen Kindern eher gedient gewesen, auch im Staatsbürgerschaftsgesetz die Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern festzuschreiben.

Mag. Terezija Stoisits