1407 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Umweltausschusses


über den Antrag 354/A(E) der Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen betreffend Umsetzung einer österreichischen Anti-Temelin-Offensive


Die Abgeordneten Rudolf Anschober und Genossen haben am 12. Dezember 1996 den gegenständlichen Initiativantrag im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Die Ereignisse rund um die Einwendungsfrist gegen die Vergabe der Kreditgarantie der amerikanischen staatlichen Export-Import-Bank für den Weiterbau des Kernkraftwerkes Temelin in Tschechien zeigen, daß im Anlaßfall eine konstruktive, gesamtösterreichische Vorgangsweise entwickelt und umgesetzt werden kann. Umso dringlicher scheint es, daß für die verbleibenden drei bis vier Jahre bis zur voraussichtlichen Fertigstellung des Risikoreaktors eine umfassende Strategie unter Berücksichtigung aller gegebenen Möglichkeiten zur Entwicklung einer nichtnuklearen Energieversorgung in unserem Nachbarland fixiert wird und kontinuierlich zur Anwendung kommt.

Denn die Projektbetreiber kämpfen mit wachsenden Schwierigkeiten. So explodierten die Baukosten von ursprünglich 26 auf mittlerweile ,mindestens 77 Milliarden Kronen‘, der geplante Inbetriebnahmetermin wurde offiziell in den letzten 24 Monaten um viereinhalb Jahre nach hinten verschoben. Sogar seitens der verantwortlichen Energiegesellschaft CEZ und der Atombehörde SUJB wird attestiert, daß die Probleme mit dem Ost-West-Technikmix massiv unterschätzt wurden, daß keine Funktionsgarantie abgegeben werden kann, daß grobe bauliche und technische Mängel auftreten, in wesentlichen Bereichen das Personal unqualifiziert ist und die Qualitätskontrollen versagt haben. Im Zusammenhang mit den immer lauter werdenden Korruptionsvorwürfen im Rahmen der Auftragsvergabe an das US-Unternehmen Westinghouse untersucht die tschechische Kriminalpolizei, ein parlamentarischer Untersuchungs­ausschuß dürfte folgen.

Obwohl auch offiziell bestätigt wird, daß der Reaktor grundsätzlich umgeplant wird, also die Baugenehmigung aus 1986 gegenstandslos ist, wird bis dato kein Neugenehmigungsverfahren samt UVP, Wirtschaftlichkeits- bzw. Sicherheitsanalyse und Bürgerbeteiligung zugelassen. Auch dagegen formiert sich in Tschechien aber auch international verstärkt öffentlicher Widerstand, der erstmals auch rechtliche Schritte umfaßt. Neu sind auch die Mehrheitsverhältnisse im tschechischen Parlament, die ein gewisses Potential an Kompromißbereitschaft vermuten lassen, ebenso wurde erst im November 1996 von offizieller Seite die Errichtung von Gas-Dampfkraftwerken als reale Option für eine zukünftige tschechische Energieversorgung in Diskussion gebracht. Insgesamt handelt es sich derzeit um Rahmenbedingungen, die eine kooperative österreichische Handlungsoffensive erlauben und erfordern, wobei auch auf die Neuverhandlung der umfangreichen Parlamentsbeschlüsse aus dem Jahr 1995 verwiesen sei, die allerdings primär die Situation in der slowakischen Republik zum Anlaß bzw. Inhalt hatten.”

Der Umweltausschuß nahm den Entschließungsantrag erstmals in seiner Sitzung am 6. und 13. Mai 1997 in Verhandlung. Weitere Sitzungen fanden am 4. Februar, 17. April, 30. Juni und am 24. September 1998 statt.

Als Berichterstatter im Ausschuß fungierte Abgeordneter Rudolf Anschober.

In den Debatten ergriffen die Abgeordneten Rudolf Anschober, Brigitte Tegischer, Dr. Gabriela Moser, Karlheinz Kopf, der Ausschußobmann Mag. Karl Schweitzer, Mag. Thomas Barmüller, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Anna Elisabeth Aumayr, Dr. Volker Kier, Georg Oberhaidinger, Karel Smolle, Georg Wurmitzer und Matthias Ellmauer sowie die Bundesminister Dr. Barbara Prammer und Dr. Martin Bartenstein das Wort.


Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag des Abgeordneten Rudolf Anschober nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1998 09 24

                              Matthias Ellmauer                                                         Mag. Karl Schweitzer

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann