1413 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Rechnungshofausschusses


betreffend den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Mautvignette (III-138 der Beilagen)


Der Rechnungshof erstattet gemäß Art. 126d Abs. 1 B-VG Bericht über das Ergebnis der von ihm durchgeführten Gebarungsüberprüfung.

In der einleitenden Kurzfassung führt der Rechnungshof folgendes aus: Gegenstand der Überprüfung waren insbesondere die Vorarbeiten zur Einführung der Mautvignette im BMwA, die Organisation des Gesamtvorhabens, die Ermittlung des Vignettenbedarfes sowie die Ausschreibung, Vergabe und Abwicklung der Aufträge für die Herstellung und den Vertrieb der Vignette für das Jahr 1997 und die diesbezügliche Öffentlichkeitsarbeit.

Die Gebarungsüberprüfung wurde von März bis Mai 1997 im wesentlichen bei der Alpen Straßen AG in Innsbruck sowie bei der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG in Salzburg und teilweise auch im BMwA durchgeführt.

Wie der gegenständliche Bericht in der Kurzfassung ausführt, mußte auf Grund des politischen Entscheidungsablaufes die neuartige und heikle Aufgabe der Einführung der Mautvignette in sehr kurzer Zeit umgesetzt werden. Da für die gewählte Lösung mit elf verschiedenen Vignettentypen keine Erfahrungen vorlagen und die Details erst sehr spät festgelegt wurden (zuletzt im August 1996), war die Abschätzung des Bedarfs, aber auch der Aufbau der Vertriebsorganisation, schwierig.

Das Ziel der Schaffung einer effizienten Mautbetreiberorganisation ist laut Ansicht des Rechnungshofes mit der von den beiden Bundesstraßengesellschaften gegründeten Tochtergesellschaft Österreichischer Mauterrichtungs GesmbH nicht erreicht worden. Die organisatorisch komplizierte Lösung mit zwei Eigentümern, zwei Standorten und entsprechend erhöhtem Kommunikations- und Abstimmungsbedarf erschwerte insbesondere in der Krisensituation um die Jahreswende 1996/97 ein rasches Gegensteuern.

Ungeachtet der objektiven Schwierigkeit, das Kaufverhalten der Kraftfahrer bezüglich elf verschiedener Vignettentypen nicht richtig abzuschätzen, unterliefen bei der Bedarfsermittlung auch vermeidbare Fehler (Verwendung ungeeigneten Datenmaterials, unplausible Verhaltensmaßnahmen und fehlerhafte Umrech­nungen), die sich auf die weitere Projektabwicklung negativ auswirkten.

Bei der Festlegung der konkreten Bestellmengen an Vignetten wurde verabsäumt, die vorsichtigen Mengenannahmen der Erlösabschätzung im Hinblick auf die unvermeidliche Streuverluste und sonstige Unsicherheiten angemessen zu beaufschlagen. Das Konzept allfällige Fehlmengen allein durch die Sicherung einer kurzfristigen Nachproduktion zu bewältigen, erwies sich wegen der Größe der Schätzfehler als ungeeignet. Darüber hinaus beeinflußten die unrichtigen Mengen die Ausschreibung auch die Angebotsbeurteilung wie auch die Verteilungsplanung für die Vignetten ungünstig.

Nach Ansicht des RH trugen in erster Linie die Beratungsunternehmen die Verantwortung für die unzulänglichen Mengenschätzungen; wegen der Fachkundigkeit des Auftraggebers waren aber auch die im BMwA eingerichteten begleitenden Gremien, die diese Schätzungen guthießen, mitverantwortlich.

Zur Ermittlung des Herstellers der Vignette erachtete der RH den Weg der funktionalen Ausschreibung für zweckmäßig. Die Ausschreibungsbestimmungen waren aber insbesondere im Hinblick auf die unsichere Nachfrageentwicklung mangelhaft.

Die Einbeziehung der bei der Angebotseröffnung nicht registrierten Alternativangebote für die Vignetten­herstellung in die Angebotsauswahl und der Zuschlag zugunsten eines dieser Angebote widersprachen den Vergabevorschriften.


Der RH erachtete die Angebotsbeurteilung in mehrfacher Hinsicht als fehlerbehaftet und beanstandet insbesondere, daß die Preissituation der Angebote nicht auch im Hinblick auf erwartbare Mengenände­rungen geprüft wurde.

Die zur Kompensation der Minderleistungen, Schäden und Einnahmenausfälle beim Herstellen der Vignetten sowie der Beratungsunternehmung erwirkten Entgeltminderungen in Höhe von insgesamt 12,1 Millionen Schilling erachtete der RH im Hinblick auf das gegebene Prozeßrisiko als annehmbar.

Die Organisation des Vertriebes über bestehende große Dachorganisationen erachtete der RH als zweckmäßig. Das verzögerte Tätigwerden der Österreichischen Mauterrichtungs GesmbH auf erste Hinweise einer unzureichenden Vignettenversorgung erachtete der RH als durch die gespaltene Organisation bedingt, allerdings war die Dringlichkeit der Problemlage offenbar zu spät erkannt worden. Bei den Pkw-Wochenvignetten beruhte der Engpaß neben der Unterschätzung des Bedarfs auch auf einer nicht den tatsächlichen Erfordernissen entsprechenden räumlichen Zuteilung der Vignetten an die Vertriebsstellen.

Die Öffentlichkeitsarbeit wäre insofern wirksamer zu gestalten gewesen, als zum Einführungszeitpunkt der Mautvignette die österreichische Bevölkerung kaum besser informiert war und die Information des benachbarten Auslandes vernachlässigt wurde.

In der Schlußbeurteilung hielt der Rechnungshof abschließend fest:

Die Umsetzung des Projektes Mautvignette erfolgte unter in mehrfacher Hinsicht ungünstigen Begleitumständen. Obwohl keine vergleichbaren Erfahrungen vorlagen – das Schweizer Beispiel mit nur einer Jahresvignette war kaum verwertbar – und die erforderlichen Festlegungen (Vignettenkategorien und -tarife) erst sehr spät erfolgten, mußte der gesetzliche Termin Jänner 1997 unbedingt eingehalten werden. Eine Verschiebung des Einführungstermines um ein Jahr hätte zu Einnahmenausfällen von über 2,5 Milliarden Schilling geführt. Wie der RH feststellte, haben die beteiligten Stellen (einschließlich der Münchner Beratungsunternehmung) zwar bei der Bewältigung dieser Aufgabe einen hohen Einsatz geleistet, trotzdem kam es zu Fehlleistungen.

Bezüglich mancher Feststellungen des RH ist durch die mittlerweile getroffenen Maßnahmen (Konzentration der Vignettenaktivitäten bei einer Gesellschaft, Splittung der Vignettenqualität zwischen Jahresvignetten und Zeitvignetten) bereits eine Änderung eingetreten. Ferner empfahl er der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG, weiterhin um eine verstärkte Verwendung der PKW-Zweimonatsvignette gegenüber der Wochenvignette bemüht zu sein.

Der Rechnungshofausschuß hat den gegenständlichen Bericht in seinen Sitzungen am 1. Juli, 18. September und 30. September 1998 unter Beiziehung von Auskunftspersonen aus den geprüften Unternehmungen gemäß § 40 Abs. 1 GOG behandelt.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Georg Wurmitzer, Otmar Brix, Ing. Walter Meischberger, Josef Edler, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, Ute Apfelbeck, Mag. Reinhard Firlinger, Mag. Herbert Haupt, Mag. Franz Steindl, Kurt Wallner sowie der Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler, der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner und der Ausschußobmann Abgeordneter Andreas Wabl.

Mit Stimmenmehrheit wurde beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Wahrnehmungsberichtes zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Rechnungshofausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über die Mautvignette (III-138 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1998 09 30

                              Mag. Franz Steindl                                                                Andreas Wabl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann