159 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


über den Antrag der Abgeordneten Dr. Jörg Haider und Genossen betreffend umfassende Maßnahmen gegen die steigende Arbeitslosigkeit [55/A(E)]

Die Abgeordneten Dr. Jörg Haider, Sigisbert Dolinschek und Genossen haben diesen Entschließungsantrag am 31. Jänner 1996 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

,,Die Arbeitslosenzahlen werden nicht nur von der Wirtschaftsentwicklung, sondern auch von Steuerungseffekten staatlicher Regelungen beeinflußt. Gerade wenn die Situation auf dem Arbeitsmarkt schwieriger wird, müssen deshalb die staatlich geschaffenen Rahmenbedingungen darauf überprüft werden, ob sie die Arbeitslosigkeit begünstigende Fehlsteuerungen enthalten. In einigen Bereichen scheinen aus diesem Blickwinkel durchaus Gesetzesänderungen notwendig:

Arbeitslosenversicherung: Viele arbeitslose Menschen sind dies deshalb relativ lange, weil sie für die Annahme jeder unter ihrer Qualifikation liegenden Beschäftigung vom System ,,bestraft“ werden: Das Arbeitslosengeld fällt weg, die Vermittlungsbemühungen des Arbeitsmarktservice werden eingestellt, künftiges Arbeitslosengeld sinkt, die schlechter qualifizierte Tätigkeit wird auch in Zukunft zumutbar. Auch die Annahme eines Arbeitsplatzes während einer saisonal bedingten Arbeitslosigkeit ist für den Arbeitslosen negativ, weil der Verdienst für die Arbeit kaum höher ist als das durch die Überstunden der Saisonarbeit bedingt hohe und mühelos erworbene Arbeitslosengeld. Zusätzliche Arbeit, die möglicherweise schon vor Verlust des Arbeitsplatzes ausgeübt wurde, muß ein Arbeitsloser – wenn der Verdienst über der Geringfügigkeitsgrenze liegt – derzeit ehestmöglich aufgeben, um überhaupt Arbeitslosengeld zu erhalten. Arbeitslose können andererseits ungehindert bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazuverdienen (Hausbesorgertätigkeit samt Entgeltwert der freien Dienstwohnung bleibt gänzlich unberücksichtigt!), ohne eine Einbuße an Arbeitslosengeld hinnehmen zu müssen.

Diese tendenziell zur Erhöhung der Arbeitslosenzahl und der Belastung der Versichertengemeinschaft geeigneten Anreize könnten behoben werden, indem nicht der Qualifikation des Arbeitslosen entsprechende oder trotz Einstellungszusage außerhalb der Saison oder weiterhin nach Verlust der versicherten Tätigkeit bestehende Einkünfte auf das Arbeitslosengeld teilweise angerechnet werden. Damit würde nicht nur die ungerechtfertigte Gewährung des vollen Arbeitslosengeldes trotz eines daneben erzielten geringfügigen Einkommens beseitigt, sondern auch durch das erhöhte Einkommen ein Anreiz gegeben, vorübergehend auch nicht der Qualifikation des Arbeitslosen entsprechende Beschäftigungen anzunehmen. Die weitere Vermittlung auf eine zumutbare Arbeitsstelle muß aber ebenso aufrecht bleiben wie die Beibehaltung der Zumutbarkeit nach der Qualifikation des Arbeitslosen und die Weitergeltung der alten Bemessungsgrundlage.

Die eigene Passivität des Arbeitslosen bleibt normalerweise ohne jegliche Auswirkung: Das Arbeitslosengeld wird bezahlt und die Verpflichtung zum Nachweis eigener Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung ist derzeit auch so ausgestaltet, daß sie kaum einen spürbaren Druck zur eigenverantwortlichen Arbeitsplatzsuche darstellt. Das Verhindern einer Anstellung auf Grund einer Vermittlung durch das Arbeitsmarktservice oder die Beschleunigung der Kündigung, wenn die Annahme einer Beschäftigung unvermeidlich ist, macht findigen Arbeitslosen erfahrungsgemäß auch keine besonderen Schwierigkeiten. So ist auf Grund einer kurzfristig gut bezahlten Stelle ein jahrelanges arbeitsloses und verglichen mit der Sozialhilfe meist auch hohes Einkommen auf Kosten aller anderen Beitragszahler lukrierbar.

Diese zum Mißbrauch geradezu verlockende Gesetzeslage sollte so geändert werden, daß – neben der Motivation zur vorübergehenden Annahme einer schlechteren Beschäftigung – eine degressive Gestaltung der Höhe des Arbeitslosengeldes bis zur reinen Bedarfsabdeckung durch die Sozialhilfe dazu beiträgt, Mißbräuche zu verhindern und eine möglichst rasche und effiziente Arbeitssuche sicherzustellen. Diese Verringerung des Arbeitslosengeldes darf für Arbeitslose, die vorübergehend andere Beschäftigungen annehmen oder sich sinnvoll und erfolgreich weiterbilden (auch wenn diese Weiterbildung erst während der Arbeitslosigkeit begonnen wurde), erst nach einer Frist von einem Jahr beginnen. Ebenso muß das Verhältnis zwischen den Arbeits- und den Arbeitslosenzeiten in der gesamten Berufslaufbahn des Betroffenen bei der Abstufung Berücksichtigung finden. Langzeitarbeitslose, die – aus welchen Gründen immer – überhaupt keine Beschäftigung finden können und damit letztlich Sozialhilfe beziehen, sollten (ebenso wie andere Sozialhilfebezieher, die dazu geignet sind) von den Gemeinden für gemeinnützige Arbeiten herangezogen werden können.


Ausländerbeschäftigung: Auf dem Arbeitsmarkt bedeutet eine hohe Arbeitslosenrate einen deutlichen Überhang an Arbeitssuchenden. Jede Maßnahme, die geeignet ist, Mitbewerber von diesem Markt fernzuhalten, ist daher grundsätzlich geeignet, die Arbeitslosigkeit zu senken. Da der EU-Beitritt eine freizügige Konkurrenz der Arbeitssuchenden im gesamten EU-Raum ermöglicht, scheint es besonders wichtig, zumindest im Bereich der anderen ausländischen Arbeitnehmer und bei der Schwarzarbeit spürbare Maßnahmen zu setzen, die geeignet sind, die Interessen der österreichischen Arbeitnehmer zu schützen.

Eine Einschränkung der Höchstzahlen für die Beschäftigung von (nicht aus der EU stammenden) Ausländern würde angesichts dessen, daß die Ausländerbeschäftigung im letzten Jahr trotz steigender Arbeitslosigkeit zugenommen hat und die Zahl der beschäftigten Ausländer mit der der Arbeitslosen übereinstimmt, die Lage auf dem Arbeitsmarkt sicherlich entspannen helfen. Dies vor allem dann, wenn gleichzeitig die Arbeitslosen motiviert werden, kurzfristig auch unter ihrer Qualifikation liegende Arbeitsangebote anzunehmen. Nachdem die Rückwanderung der Flüchtlinge aus dem Balkankrieg nach dem Friedensschluß langsam beginnen wird und geltende Beschäftigungsbewilligungen jedenfalls nicht betroffen sind, erscheint sie in absehbarer Zeit auch möglich und zumutbar.

Auch die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung muß weiter ausgebaut werden, um die negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft zu verringern. Ein geeignetes Mittel dazu ist die Ausweispflicht für ausländische Arbeitnehmer. Für die XVIII. Gesetzgebungsperiode hatte die große Koalition die Einführung einer Ausweispflicht vorgesehen, um die Überwachung und Bekämpfung der illegalen Beschäftigung zu erleichtern. Die geplante Maßnahme wurde aber überraschend von einem Koalitonspartner später abgelehnt. Inzwischen wurde auf freiwilliger Basis in der Baubranche ein eigenes Dokument geschaffen; diese lobenswerte Initiative der Privatwirtschaft kann aber natürlich nie die gleichen Wirkungen haben wie eine staatliche Vorschrift.“

Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Antrag [55/A(E)] in seiner Sitzung am 29. Mai 1996 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuß war der Abgeordnete Sigisbert Dolinschek. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Sigisbert Dolinschek, Ridi Steibl, Dr. Volker Kier, Karl Öllinger, Mag. Walter Guggenberger, Mag. Herbert Haupt, Josef Meisinger, Eleonore Hostasch, Theresia Haidlmayr, Elfriede Madl, Dr. Elisabeth Pittermann und Mag. Dr. Josef Trinkl sowie der Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums. Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1996 05 29

                        Dr. Elisabeth Pittermann                                                   Annemarie Reitsamer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obfrau