1850 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


über den Antrag 1032/A(E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Entwurf für ein Bundesgrundsatzgesetz in der Sozialhilfe


Die Abgeordneten Dr. Volker Kier, Helmut Peter und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 25. Februar 1999 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Seit einigen Jahren bereits fordern unzählige Organisationen, Armuts-Netzwerke sowie politische Gruppierungen fast jeden Couleurs, die vollkommen unbefriedigende Gesetzeslage in der Sozialhilfe zu ändern, indem bundeseinheitliche Standards für Gewährung und Höhe der Sozialhilfe geschaffen werden. Bereits vor über zwei Jahren hat das Liberale Forum daher einen Antrag eingebracht, in dem Mindeststandards für eine Bundes-Sozialhilfe vorgeschlagen wurden.

Angelegentlich der Behandlung dieses Antrages am 1. Oktober 1997 hat der Sozialausschuß die Bundes­ministerin in einer Entschließung einstimmig aufgefordert, mit den Ländern Gespräche über die ,Weiterentwicklung der Sozialhilfe‘ aufzunehmen. Nachdem mittlerweile die Sozialministerin mehrmals geäußert hatte, daß diese Gespräche erfolglos verlaufen sind, weil sich die Landesfinanzreferenten gegen eine Änderung in der ausschließlichen Zuständigkeit für die Sozialhilfe ausgesprochen hatten, ist es nach Meinung der unterzeichneten Abgeordneten höchst an der Zeit, daß der Bund verstärkt initiativ wird und mittels Vorlage eines konkreten Gesetzentwurfs die Verhandlungen mit den Ländern wieder aufnimmt. Dies ist umso notwendiger, als auf Grund steigender Notstandshilfe – und Sozialhilfe – Empfängerzahlen die Länder mit ihrer unterschiedlichen Gesetzgebung und ihren niedrig dotierten Sozialhilfe-Budgets immer weniger in der Lage sind, den sozialen Problemen wirksam zu begegnen.

Nach wie vor nämlich besteht beispielsweise bei den Sozialhilferichtsätzen für Hauptunterstützte eine Schwankungsbreite in den einzelnen Bundesländern zwischen 3 715 S (Salzburg) und 5 460 S (Oberösterreich). Bei den Zusatzleistungen werden zB in Tirol die Wohnkosten in der Höhe des tatsächlichen Aufwandes, in der Steiermark hingegen in Höhe des vertretbaren Aufwandes übernommen, während Kärnten für die Wohnkostenerstattung Obergrenzen bestimmt und Salzburg einen Teil der Kosten aus der ,Hilfe für besondere Lebenslagen‘ bestreitet. Schließlich bestehen markante Ungleich­heiten, was die Gewährung von Sozialhilfe in Ergänzung zum Arbeitslosengeldbezug betrifft. In einigen Bezirken Nieder- und Oberösterreichs sowie der Steiermark werden sogar grundsätzlich keine Sozialhilfe­leistungen gewährt, wenn ein Arbeitslosengeldbezug vorliegt.

In vielen Ländern der EU wurden bereits vor Jahren Systemumstellungen vorgenommen, die unabhängig von vorangegangenen Erwerbseinkommen eine einheitlich gestaltete Mindestsicherung – gerade auch als Grundsicherung im Alter – vorsehen. Die gegenwärtige sozialpolitische Entwicklung in Österreich weist indes noch immer in die gegensätzliche Richtung: Niedrigeinkommen führen zu niedrigen Arbeitsersatz­einkommen (wie Arbeitslosengeld oder Pension) und werden durch die Sozialhilfe der Länder äußerst uneinheitlich aufgestockt – dies betrifft sowohl die Anspruchsvoraussetzungen als auch die Höhe der Sozialhilfe in den einzelnen Bundesländern.

Eine zusätzliche, wesentliche Komponente erhält die Forderung nach Ausbau einer Bundes-Sozialhilfe dadurch, daß es angesichts der steigenden Zahl an Langzeitarbeitslosen, die überwiegend das soziale Netz der Notstandshilfe beanspruchen, immer schwieriger und unplausibler wird, diese Leistung ausschließlich aus den Beiträgen der DienstnehmerInnen und DienstgeberInnen zur Arbeitslosenversicherung zu finanzieren.

Hier sind Lösungen dringend gefragt – eine Eingliederung der derzeitigen Notstandshilfe in eine neue, erweiterte Bundes-Sozialhilfe ist hierzu ein Diskussionsansatz des Liberalen Forum.


Weiters ist nach Ansicht der Liberalen die Schaffung eines Bundesgrundsatzgesetzes für einen Umbau der Sozialhilfesysteme in Richtung einer Grundsicherung wesentlich und geboten. Für die – auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht – notwendigen Vorarbeiten drängt daher die Zeit, will die Republik die sozialen Grundrechte, die Sicherung des Sozialbudgets und den Erhalt des sozialen Friedens bewahren.”

Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den Antrag 1032/A(E) in seiner Sitzung am 12. Mai 1999 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuß war der Abgeordnete Karl Öllinger.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Sophie Bauer, Karl Öllinger, Dr. Volker Kier, Dr. Gottfried Feurstein sowie die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Antrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zu Kenntnis nehmen.

Wien, 1999 05 12

                                 Heidrun Silhavy                                                            Annemarie Reitsamer

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau