1898 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 17. 6. 1999

Regierungsvorlage


Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften, der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft und der Normen (Notifikationsgesetz 1999 – NotifG 1999)


Der Nationalrat hat beschlossen:

Begriffsbestimmungen

§ 1. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten:

           1. “Erzeugnis”: alle Erzeugnisse, die gewerblich hergestellt werden, sowie alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse einschließlich Fischprodukte;

           2. “Dienst”: eine Dienstleistung der Informationsgesellschaft, das ist jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienst­leistung, wobei im Sinne dieser Definition bedeuten:

                a) “im Fernabsatz erbrachte Dienstleistung”: eine Dienstleistung, die ohne gleichzeitige physi­sche Anwesenheit der Parteien erbracht wird,

               b) “elektronisch erbrachte Dienstleistung”: eine Dienstleistung, die mittels Geräten für die elektronische Verarbeitung, einschließlich digitaler Kompression, und Speicherung von Daten am Ausgangspunkt gesendet und am Endpunkt empfangen und vollständig über Draht, über Funk, auf optischem oder anderem elektromagnetischen Weg gesendet, weitergeleitet und empfangen wird, und

                c) “auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung”: eine Dienstleistung, die durch die Übertragung von Daten auf individuelle Anforderung erbracht wird;

                    Anlage 1 enthält eine nicht abschließende Liste jener Dienstleistungen, die nicht unter diese Definition fallen;

           3. “technische Spezifikation”: Spezifikation, die in einem Schriftstück enthalten ist, das Merkmale für ein Erzeugnis vorschreibt, wie Qualitätsstufen, Gebrauchstauglichkeit, Sicherheit oder Ab­messungen, einschließlich der Vorschriften über Verkaufsbezeichnung, Terminologie, Symbole, Prüfungen und Prüfverfahren, Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung des Erzeugnisses sowie über Konformitätsbewertungsverfahren; weiters fallen unter diesen Begriff auch Herstellungsmethoden und -verfahren für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse gemäß Art. 32 Abs. 1 EGV, für die Erzeugnisse, die zur menschlichen und tierischen Ernährung bestimmt sind und für die Arzneimittel gemäß Art. 1 der Richtlinie 65/65/EWG, ABl. Nr. 22 vom 9. Februar 1965 S 369/65, zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/39/EWG, ABl. Nr. L 214 vom 24. August 1993 S 22, sowie die Herstellungsmethoden und -verfahren für andere Erzeugnisse, sofern diese die Merkmale dieser Erzeugnisse beeinflussen;

           4. “sonstige Vorschrift”: eine Vorschrift für ein Erzeugnis, die keine technische Spezifikation ist und insbesondere zum Schutz der Verbraucher oder der Umwelt erlassen wird und die den Lebenszyklus des Erzeugnisses nach dem Inverkehrbringen betrifft, wie Vorschriften für Gebrauch, Wiederverwertung, Wiederverwendung oder Beseitigung, sofern diese Vorschriften die Zusammensetzung oder die Art des Erzeugnisses oder seine Vermarktung wesentlich beeinflussen können;

           5. “Vorschrift betreffend Dienste”: eine allgemein gehaltene Vorschrift über den Zugang zu den in Z 2 genannten Diensten und über deren Betreibung, insbesondere Bestimmungen über den Erbringer von Diensten, den Empfänger von Diensten und über die Dienste selbst, nicht jedoch Vorschriften, die nicht speziell auf diese Dienste abzielen, wobei im Sinne dieser Definition eine Vorschrift als speziell auf die Dienste der Informationsgesellschaft abzielend gilt, wenn sie nach ihrer Begründung und ihrem Wortlaut insgesamt oder in Form einzelner Bestimmungen ausdrücklich und gezielt auf die Regelung dieser Dienste abstellt;

           6. “Norm”: technische Spezifikation, die von einer anerkannten Normungsorganisation zur wiederholten oder ständigen Anwendung angenommen wurde, deren Einhaltung jedoch nicht zwingend vorgeschrieben ist und bei der es sich um eine der nachstehend beschriebenen Kategorien handelt:

                a) internationale Norm: Norm, die von einer internationalen Normungsorganisation angenommen wird und der Öffentlichkeit zugänglich ist;

               b) europäische Norm: Norm, die von einer der europäischen Normungsorganisationen ange­nommen wird und der Öffentlichkeit zugänglich ist;

                c) nationale Norm: Norm, die von einer nationalen Normungsorganisation angenommen wird und der Öffentlichkeit zugänglich ist;

           7. “Normungsprogramm”: Arbeitsplan einer anerkannten normschaffenden Körperschaft, welcher die laufenden Arbeitsthemen der Normungstätigkeit enthält;

           8. “Normentwurf”: Schriftstück, das die technischen Spezifikationen für einen bestimmten Gegen­stand enthält und dessen Verabschiedung nach dem innerstaatlichen Normungsverfahren in der Form beabsichtigt ist, in der es als Ergebnis der Vorbereitungsarbeiten zur öffentlichen Enquète (Stellungnahme) veröffentlicht wird;

           9. “technische Vorschrift”: technische Spezifikationen, sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste einschließlich der einschlägigen Verwaltungsvorschriften, deren Beachtung rechtlich oder de facto (technische De-facto-Vorschrift) für das Inverkehrbringen von Produkten und deren Verwendung, die Erbringung eines Dienstes oder die Niederlassung eines Erbringers von Diensten im Bundesgebiet oder in einem großen Teil des Bundesgebietes verbindlich ist sowie die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, mit denen die Herstellung, die Einfuhr, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines Erzeugnisses oder die Erbringung oder Nutzung eines Dienstes oder die Niederlassung als Erbringer von Diensten verboten werden;

         10. “Entwurf einer technischen Vorschrift”: Wortlaut einer technischen Spezifikation, einer sonstigen Vorschrift oder einer Vorschrift betreffend Dienste einschließlich Verwaltungsvorschriften, der ausgearbeitet worden ist, um diese als technische Vorschrift festzuschreiben oder letztlich festschreiben zu lassen, und der sich in einem Stadium der Ausarbeitung befindet, in dem noch wesentliche Änderungen möglich sind;

         11. “zuständige Stellen”: jene Stellen, die im Bereich der Verwaltung des Bundes zur Erlassung von technischen Vorschriften oder zur Ausarbeitung von Entwürfen solcher Vorschriften zuständig sind oder in deren Zuständigkeitsbereich der Gegenstand eines von einem anderen Staat notifizierten Entwurfs fällt;

         12. “ausführliche Stellungnahme”: Stellungnahme der Kommission oder eines Mitgliedstaates, die innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Notifikation eines Entwurfs einer technischen Vorschrift bei der Kommission zu diesem abgegeben wird und der zufolge die geplante Maßnahme Elemente enthält, die

                a) im Fall von technischen Spezifikationen gemäß Z 3 oder sonstigen Vorschriften gemäß Z 4 den freien Warenverkehr im Rahmen des Binnenmarktes oder

               b) im Fall von Vorschriften betreffend Dienste gemäß Z 5 den freien Verkehr von Dienst­leistungen oder die Niederlassungsfreiheit der Betreiber im Rahmen des Binnenmarktes

               beeinträchtigen könnten.

(2) Technische De-facto-Vorschriften im Sinne von Abs. 1 Z 9 sind insbesondere:

           1. Rechts- und Verwaltungsvorschriften, in denen entweder auf technische Spezifikationen, sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste oder auf Berufs- oder Verhaltenskodizes, die ihrerseits einen Verweis auf technische Spezifikationen, sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste enthalten, verwiesen wird und deren Einhaltung eine Konformität mit den durch die genannten Rechts- oder Verwaltungsvorschriften festgelegten Bestimmungen vermuten läßt;

           2. freiwillige Vereinbarungen, bei denen der Staat Vertragspartei ist und die im öffentlichen Interesse die Einhaltung von technischen Spezifikationen, sonstigen Vorschriften oder Vor­schriften betreffend Dienste, mit Ausnahme der Vergabevorschriften im öffentlichen Beschaf­fungswesen, bezwecken;

           3. technische Spezifikationen, sonstige Vorschriften oder Vorschriften betreffend Dienste, die mit steuerlichen oder finanziellen Maßnahmen verbunden sind, die auf den Verbrauch der Erzeug­nisse oder die Inanspruchnahme der Dienste Einfluß haben, indem sie die Einhaltung dieser Vorschriften fördern; dies gilt nicht für Vorschriften, die die nationalen Systeme der sozialen Sicherheit betreffen.

(3) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für:

           1. Maßnahmen, die im Rahmen des EG-Vertrages zum Schutz von Personen, insbesondere der Arbeitnehmer, bei der Verwendung von Erzeugnissen für erforderlich gehalten werden, sofern diese Maßnahmen keine Auswirkungen auf diese Erzeugnisse haben;

           2. Hörfunkdienste;

           3. Fernsehdienste gemäß Art. 1 lit. a der Richtlinie 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernseh­tätigkeit, ABl. Nr. L 298 vom 17. Oktober 1989 S 23, in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG, ABl. Nr. L 202 vom 30. Juli 1997 S 1;

           4. Vorschriften über Angelegenheiten, die einer Gemeinschaftsregelung im Bereich der Tele­kommunikationsdienste gemäß der Richtlinie 90/387/EWG, ABl. Nr. L 192 vom 24. Juli 1990 S 1, in der Fassung der Richtlinie 97/51/EG, ABl. Nr. L 295 vom 29. Oktober 1997 S 23, unter­liegen;

           5. Vorschriften über Angelegenheiten, die einer Gemeinschaftsregelung im Bereich der Finanz­dienstleistungen unterliegen, die in Anlage 2 nicht abschließend aufgezählt sind.

(4) Auf Vorschriften, die von geregelten Märkten im Sinne der Richtlinie 93/22/EWG über Wert­papierdienstleistungen, ABl. Nr. L 141 vom 11. Juni 1993 S 27, anderen Märkten oder Stellen, die auf diesem Gebiet Clearing- oder Abrechnungsaufgaben wahrnehmen, erlassen werden oder für diese gelten, ist nur § 2 Abs. 9 dieses Bundesgesetzes anzuwenden.

Notifikation technischer Vorschriften

§ 2. (1) Die zuständigen Stellen haben jeden Entwurf einer technischen Vorschrift, der von ihnen im Bereich der Verwaltung des Bundes ausgearbeitet wird, vor der Erlassung dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Notifikation an die Europäische Kommission zu übermitteln.

(2) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat die Notifikation jedes an ihn übermittelten Entwurfs an die Europäische Kommission unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 14 Tagen nach dessen Einlangen, vorzunehmen.

(3) Nimmt die zuständige Stelle an einem gemäß Abs. 1 und 2 notifizierten Entwurf wesentliche Änderungen vor, durch die der Anwendungsbereich geändert, der ursprüngliche Zeitpunkt für die Anwendung vorverlegt oder Spezifikationen hinzugefügt oder verschärft werden, so ist eine weitere Notifikation gemäß Abs. 1 und 2 vorzunehmen.

(4) Für die Übermittlung und Notifikation eines Entwurfs einer technischen Vorschrift gemäß den Abs. 1 bis 3 ist ein Formblatt zu verwenden, dessen nähere Ausgestaltung der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Verordnung festzusetzen hat. Dieses hat zumindest folgende Angaben zu enthalten:

           1. Name und Anschrift der zuständigen Stelle, die weitere Angaben über die Vorschriften machen kann,

           2. den vollständigen Titel des Entwurfs in deutscher Sprache,

           3. eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts des Entwurfs,

           4. die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen, und

           5. im Falle des § 3 Abs. 4 Z 1 die Gründe für die Dringlichkeit der getroffenen Maßnahme.

Der vollständige Wortlaut des Entwurfs in deutscher Sprache ist anzuschließen.

(5) Den Übermittlungen und Notifikationen gemäß den Abs. 1 bis 3 sind die hauptsächlich und unmittelbar betroffenen grundlegenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuschließen, wenn diese für die Beurteilung der Tragweite des Entwurfs einer technischen Vorschrift notwendig sind.

(6) Zielt der Entwurf einer technischen Vorschrift insbesondere darauf ab, das Inverkehrbringen oder die Verwendung eines Stoffes, einer Zubereitung oder eines chemischen Erzeugnisses aus Gründen des Gesundheits-, Verbraucher- oder Umweltschutzes einzuschränken, so sind in Übermittlungen und Notifikationen gemäß den Abs. 1 bis 3 entweder eine Zusammenfassung aller zweckdienlichen Angaben über die betroffenen Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse sowie über bekannte und erhältliche Substitutionsprodukte oder, sofern verfügbar, die Fundstellen dieser Angaben sowie Angaben über die zu erwartenden Auswirkungen dieser Maßnahme auf Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz, sofern zweckmäßig mit einer Risikoanalyse, die im Falle eines bereits existierenden Stoffes nach den allgemeinen Grundsätzen für die Beurteilung der Gefahren chemischer Erzeugnisse im Sinne des Art. 10 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 793/93, ABl. Nr. L 84 vom 5. April 1993 S 1, und im Falle eines neuen Stoffes nach den Grundsätzen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 67/548/EWG, ABl. Nr. 196 vom 16. August 1967 S 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 93/32/EWG, ABl. Nr. L 154 vom 5. Juni 1992 S 1, durchgeführt wird, zu übermitteln.

(7) Besteht ein Entwurf einer technischen Vorschrift in der vollständigen Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm, so ist der Notifikation als Beilage lediglich die Mitteilung anzuschließen, um welche Norm es sich handelt.

(8) Sofern dies die zuständige Stelle als erforderlich erachtet, ist auf ihr Ersuchen in die Notifikation gemäß Abs. 2 oder 3 ein Antrag auf vertrauliche Behandlung der gemeldeten Information aufzunehmen. Ein solcher Antrag ist zu begründen, wobei die Gründe im Ersuchen der zuständigen Stellen darzulegen sind.

(9) Der endgültige Wortlaut einer technischen Vorschrift, die im Bereich der Verwaltung des Bundes erlassen wird, ist durch die zuständige Stelle unverzüglich dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Mitteilung an die Europäische Kommission zu übermitteln.

Stillhaltefristen

§ 3. (1) Die zuständigen Stellen haben dafür Sorge zu tragen, daß vor Ablauf einer dreimonatigen Frist nach Eingang der Notifikation bei der Europäischen Kommission die technische Vorschrift nicht erlassen wird.

(2) Die Frist gemäß Abs. 1 verlängert sich auf:

           1. vier Monate im Fall einer Vorschrift betreffend Dienste oder einer von Österreich beabsichtigten freiwilligen Vereinbarung gemäß § 1 Abs. 2 Z 2, wenn innerhalb der Dreimonatsfrist eine ausführliche Stellungnahme abgegeben wird;

           2. sechs Monate in allen nicht von Z 1 erfaßten Fällen, wenn innerhalb der Dreimonatsfrist eine ausführliche Stellungnahme abgegeben wird;

           3. zwölf Monate, wenn die Europäische Kommission innerhalb der Dreimonatsfrist

                a) im Fall einer technischen Spezifikation oder sonstigen Vorschrift ihre Absicht bekanntgibt, für den gleichen Gegenstand eine Richtlinie, eine Verordnung oder eine Entscheidung im Sinne von Art. 189 EGV vorzuschlagen oder zu erlassen, oder

               b) bekanntgibt, daß der Entwurf einer technischen Vorschrift einen Gegenstand betrifft, für welchen dem Rat der EG ein Vorschlag für eine Richtlinie, eine Verordnung oder eine Entscheidung im Sinne von Art. 189 EGV vorgelegt worden ist;

           4. 18 Monate, wenn der Rat der EG innerhalb der Stillhaltefrist gemäß Z 3 einen gemeinsamen Standpunkt festlegt.

(3) Die Fristen gemäß Abs. 2 Z 3 und 4 enden vorzeitig,

           1. wenn die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten mitteilt, daß sie auf ihre Absicht verzichtet, einen verbindlichen Gemeinschaftsrechtsakt vorzuschlagen oder zu erlassen,

           2. wenn die Europäische Kommission die Rücknahme ihres Entwurfs oder Vorschlags mitteilt, oder

           3. sobald ein verbindlicher Gemeinschaftsrechtsakt von der Europäischen Kommission oder vom Rat der EG erlassen worden ist.

(4) Die Stillhaltefristen gemäß Abs. 2 gelten nicht,

           1. wenn die zuständige Stelle gezwungen ist,

                a) aus dringenden Gründen, die durch eine ernste und unvorhersehbare Situation entstanden sind und sich auf den Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren, die Erhaltung von Pflanzen oder die Sicherheit und, sofern es sich um Vorschriften betreffend Dienste handelt, auch auf die öffentliche Ordnung, insbesondere auf den Jugendschutz, beziehen, ohne die Möglichkeit einer vorherigen Konsultation in kürzester Frist technische Vorschriften auszuarbeiten, damit sie unverzüglich erlassen und in Kraft gesetzt werden können, oder

               b) aus dringenden Gründen, die durch eine ernste Situation entstanden sind und sich auf den Schutz der Sicherheit und der Integrität des Finanzsystems, insbesondere auf den Schutz der Einleger, der Anleger und der Versicherten, beziehen, Vorschriften betreffend die Finanz­dienstleistungen so rasch auszuarbeiten, daß sie unverzüglich erlassen und in Kraft gesetzt werden können;

           2. für Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die in bezug auf ein Herstellungsverbot erlassen werden, sofern diese Bestimmungen den freien Warenverkehr nicht behindern, und

           3. für Vorschriften im Sinne von § 1 Abs. 2 Z 3.

(5) Abs. 2 Z 3 und 4 sowie Abs. 3 gelten nicht für freiwillige Vereinbarungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Z 2.

(6) Unverzüglich nach Einlangen der Bestätigung einer Notifikation durch die Europäische Kommission, spätestens aber innerhalb von vierzehn Tagen danach, hat der Bundesminister für wirt­schaftliche Angelegenheiten die zuständige Stelle vom genauen Datum des Einganges der Notifikation bei der Europäischen Kommission zu informieren.

(7) Sofern zur Erlassung einer gemäß § 2 als Entwurf notifizierten Vorschrift ein anderes staatliches Organ zuständig ist als die zur Ausarbeitung zuständige Stelle, so hat diese das andere Organ gegebenenfalls über die Dauer der Stillhaltefrist zu informieren.

2

Stellungnahmen zu notifizierten Entwürfen

§ 4. (1) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat ausführliche Stellungnahmen und Bemerkungen der Europäischen Kommission oder anderer Mitgliedstaaten zu gemäß § 2 notifizierten Entwürfen unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten.

(2) Bemerkungen der Europäischen Kommission oder anderer Mitgliedstaaten sind bei der weiteren Ausarbeitung der technischen Vorschrift so weit wie möglich zu berücksichtigen.

(3) Sofern zu einem gemäß § 2 Abs. 2 oder 3 notifizierten Entwurf eine oder mehrere ausführliche Stellungnahmen eingelangt sind, hat die zuständige Stelle dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten unverzüglich in schriftlicher Form die Maßnahmen mitzuteilen, die sie auf Grund solcher Stellungnahmen zu ergreifen beabsichtigt. Handelt es sich um eine Vorschrift betreffend Dienste, so sind gegebenenfalls die Gründe zu nennen, aus denen ausführliche Stellungnahmen nicht berück­sichtigt werden können.

(4) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat alle Mitteilungen der zuständigen Stellen gemäß Abs. 3 unverzüglich an die Europäische Kommission weiterzuleiten.

Ausnahmen vom Notifikationsverfahren

§ 5. Das Notifikationsverfahren gemäß den §§ 2 und 3 ist nicht anzuwenden auf technische Vorschriften,

           1. die verbindliche Gemeinschaftsrechtsakte umsetzen, mit denen technische Spezifikationen oder Vorschriften betreffend Dienste in Kraft gesetzt werden;

           2. mit denen Verpflichtungen aus einem internationalen Übereinkommen erfüllt werden, wodurch gemeinsame technische Spezifikationen oder Vorschriften betreffend Dienste in der Gemein­schaft in Kraft gesetzt werden;

           3. mit denen Schutzklauseln in Anspruch genommen werden, die in verbindlichen Gemeinschafts­rechtsakten enthalten sind;

           4. die einem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften nachkommen;

           5. die eine technische Vorschrift zum Zweck der Beseitigung eines Handelshemmnisses oder eines Hemmnisses für den freien Dienstleistungsverkehr oder für die Niederlassungsfreiheit der Betreiber von Diensten entsprechend einem Antrag der Europäischen Kommission ändern oder

           6. die Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 92/59/EWG über die allgemeine Produktsicherheit, ABl. Nr. L 228 vom 11. August 1992 S 24, anwenden.

Hinweispflicht

§ 6. In den Text einer technischen Vorschrift im Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes ist ein Hinweis auf die Einhaltung des Notifikationsverfahrens der Richtlinie 98/34/EG aufzunehmen.

Entwürfe anderer Mitgliedstaaten

§ 7. (1) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat Entwürfe technischer Vor­schriften der anderen Mitgliedstaaten unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen nach Vorliegen der deutschen, englischen oder französischen Übersetzung, an die zuständigen Stellen des Bundes und der Länder weiterzuleiten und ihnen dabei das Datum bekanntzugeben, an dem die Notifi­kation des Entwurfs bei der Europäischen Kommission eingelangt ist.

(2) Die zuständigen Stellen können über den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten weitere Auskünfte über einen Entwurf einer technischen Vorschrift anfordern.

(3) Die zuständigen Stellen können innerhalb einer vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten festzusetzenden Frist Vorschläge für ausführliche Stellungnahmen oder Bemerkungen übermitteln. Sollen nach Koordination dieser Vorschläge durch den führend zuständigen Bundesminister entweder eine ausführliche Stellungnahme oder Bemerkungen Österreichs abgegeben werden, so hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten diese an die Europäische Kommission weiterzuleiten. Eine ausführliche Stellungnahme ist jedenfalls innerhalb von drei Monaten ab dem Datum gemäß Abs. 1 an die Europäische Kommission zu übermitteln.


(4) In bezug auf technische Vorschriften gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 können sich ausführliche Stellung­nahmen oder Bemerkungen nur auf diejenigen Aspekte der Maßnahme beziehen, die möglicherweise ein Handelshemmnis oder, sofern es sich um Vorschriften betreffend Dienste handelt, ein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit von Betreibern darstellen, nicht aber auf den steuerlichen oder finanziellen Aspekt der Maßnahme. Eine ausführliche Stellungnahme zu einem Entwurf für eine Vorschrift betreffend Dienste darf überdies nicht die kulturpolitischen Maßnahmen, insbesondere im Bereich der audiovisuellen Medien, berühren, die gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht unter Berücksichtigung ihrer sprachlichen Vielfalt, der nationalen und regionalen Besonderheiten sowie ihres Kulturerbes getroffen werden.

Vertraulichkeit

§ 8. (1) Die auf Grund dieses Bundesgesetzes den zuständigen Stellen zugekommenen Informationen sind vertraulich zu behandeln, wenn dies vom jeweiligen Mitgliedstaat in seiner Notifikation beantragt wurde.

(2) Sofern von der zuständigen Stelle Sachverständige herangezogen werden, dürfen diese Amtsgeheimnisse, die ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut wurden oder zugänglich geworden sind, während der Dauer ihrer Bestellung und auch nach Erlöschen ihrer Funktion nicht offenbaren oder verwerten. Sie sind, soweit sie nicht auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer öffentlichen Dienststelle der Amtsverschwiegenheit unterliegen, vom jeweils zuständigen Bundesminister auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten zu verpflichten.

Notifikation von Normen

§ 9. Zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der Normen hat der Bundes­minister für wirtschaftliche Angelegenheiten die Rechte und Pflichten des Österreichischen Normungs­instituts sowie des Österreichischen Verbandes für Elektrotechnik durch Verordnung näher zu regeln. Er hat dabei insbesondere festzulegen:

           1. Inhalt und Form der Meldungen von Normungsprogrammen und Normentwürfen,

           2. die Mitwirkung bei der Erarbeitung von europäischen Normen und

           3. Stillhaltefristen während der Erarbeitung von europäischen Normen.

Zuständigkeits- und Schlußbestimmungen

§ 10. Durch dieses Bundesgesetz wird die Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften, ABl. Nr. L 204 vom 21. Juli 1998 S 37, in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG, ABl. Nr. L 217 vom 5. August 1998 S 18, umgesetzt.

§ 11. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat im Einvernehmen mit dem jeweils sachlich zuständigen Bundesminister die Vertretung Österreichs in dem Ausschuß gemäß Art. 5 und 6 der Richtlinie 98/34/EG in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG zu gewährleisten.

§ 12. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

           1. hinsichtlich der Bestimmungen in § 2 Abs. 1 und 3 bis 9, § 3 Abs. 1 bis 5 und 7, § 4 Abs. 2 und 3, § 5, § 6, § 7 Abs. 2 bis 4 und § 8 der jeweils sachlich zuständige Bundesminister;

           2. hinsichtlich des § 11 der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem jeweils sachlich zuständigen Bundesminister und

           3. im übrigen der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten.

§ 13. Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt das Bundesgesetz zur Durchführung eines Informationsverfahrens auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und Normen (Notifikationsgesetz – NotifG), BGBl. Nr. 180/1996, außer Kraft.

Anlage 1

Dienste, die jedenfalls nicht als Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Z 2 anzusehen sind

A.  Nicht “im Fernabsatz” erbrachte Dienste, das sind Dienste, bei deren Erbringung der Erbringer und der Empfänger gleichzeitig physisch anwesend sind, selbst wenn dabei elektronische Geräte benutzt werden:

           1. Untersuchung oder Behandlung in der Praxis eines Arztes mit Hilfe elektronischer Geräte, aber in Anwesenheit des Patienten;

           2. Konsultation eines elektronischen Katalogs in einem Geschäft in Anwesenheit des Kunden;

           3. Buchung eines Flugtickets über ein Computernetz, wenn sie in einem Reisebüro in Anwesenheit des Kunden vorgenommen wird;

           4. Bereitstellung elektronischer Spiele in einer Spielhalle in Anwesenheit des Benutzers.

B.   Nicht “elektronisch” erbrachte Dienste, das sind

           1. Dienste, die zwar mit elektronischen Geräten, aber in materieller Form erbracht werden:

                a) Geldausgabe- oder Fahrkartenautomaten;

               b) Zugang zu gebührenpflichtigen Straßennetzen, Parkplätzen usw., auch wenn elektronische Geräte bei der Ein- und Ausfahrt den Zugang kontrollieren und/oder die korrekte Gebühren­entrichtung gewährleisten;

           2. “Off-line”-Dienste: Vertrieb von CD-ROM oder Software auf Disketten;

           3. Dienste, die nicht über elektronische Verarbeitungs- und Speicherungssysteme erbracht werden:

                a) Sprachtelefondienste;

               b) Telefax-/Telexdienste;

                c) über Sprachtelefon oder Telefax erbrachte Dienste;

               d) medizinische Beratung per Telefon/Telefax;

                e) anwaltliche Beratung per Telefon/Telefax;

                f) Direktmarketing per Telefon/Telefax.

C.   Nicht “auf individuellen Abruf eines Empfängers” erbrachte Dienste, das sind Dienste, die im Wege einer Übertragung von Daten ohne individuellen Abruf gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von einzelnen Empfängern erbracht werden (Punkt-zu-Mehrpunkt-Übertragung):

           1. Fernsehdienste (einschließlich zeitversetzter Video-Abruf) nach Art. 1 lit. a der Richtlinie 89/552/EWG;

           2. Hörfunkdienste;

           3. Teletext (über Fernsehsignal).

Anlage 2

Finanzdienstleistungen im Sinne von § 1 Abs. 3 Z 5

A.  Arten von Dienstleistungen im Sinne von § 1 Abs. 3 Z 5:

           1. Wertpapierdienstleistungen;

           2. Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäfte;

           3. Bankdienstleistungen;

           4. Tätigkeiten im Zusammenhang mit Pensionsfonds;

           5. Dienstleistungen im Zusammenhang mit Termin- oder Optionsgeschäften.

B.   Beispiele für Dienstleistungen gemäß lit. A:

           1. Wertpapierdienstleistungen gemäß dem Anhang der Richtlinie 93/22/EWG; Dienstleistungen von Wertpapierfirmen für gemeinsame Anlagen;

           2. Dienstleistungen im Zusammenhang mit den im Anhang der Richtlinie 89/646/EWG, ABl. Nr. L 386 vom 30. Dezember 1989 S 1, geändert durch die Richtlinie 92/30/EWG, ABl. Nr. L 110 vom 28. April 1992 S 52, genannten Tätigkeiten, für die die gegenseitige Anerkennung gilt;

           3. Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäfte gemäß

                a) Art. 1 der Richtlinie 73/239/EWG, ABl. Nr. L 228 vom 16. August 1973 S 3, zuletzt geändert durch die Richtlinie 92/49/EWG, ABl. Nr. L 228 vom 11. August 1992 S 1;

               b) dem Anhang der Richtlinie 79/267/EWG, ABl. Nr. L 63 vom 13. März 1979 S 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 90/619/EWG, ABl. Nr. L 330 vom 29. November 1990 S 50;

                c) der Richtlinie 64/225/EWG, ABl. Nr. 56 vom 4. April 1964, S 878/64, geändert durch die Beitrittsakte von 1973;

               d) den Richtlinien 92/49/EWG, ABl. Nr. L 228 vom 11. August 1992 S 1, und 92/96/EWG, ABl. Nr. L 360 vom 9. Dezember 1992 S 1.

Vorblatt

Problem:

Der Anwendungsbereich der neu kodifizierten Richtlinie 98/34/EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften, ABl. Nr. L 204 vom 21. Juli 1998 S 37, wurde durch die Richtlinie 98/48/EG, ABl. Nr. L 217 vom 5. August 1998 S 18 auf Vorschriften betreffend Dienste der Informationsgesellschaft ausgedehnt.

Die zum Notifikationsverfahren entwickelte Judikatur und Kommissionspraxis erfordern Anpassungen der bisherigen Bestimmungen.

Ziel:

Die Richtlinien 98/34/EG und 98/48/EG sollen für den Bereich der Bundesverwaltung umgesetzt werden.

Lösung:

Das Notifikationsverfahren wird auf Vorschriften betreffend Dienste der Informationsgesellschaft ausgeweitet. Im Hinblick auf die Auslegung der Richtlinie durch den EuGH und die Kommission werden Klarstellungen und Ergänzungen vorgenommen. Im Interesse der Klarheit wird daher das Gesetz neu erlassen.

Alternativen:

Keine.

EU-Konformität:

Das Gesetz dient der Umsetzung einer EU-Richtlinie.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Positive Auswirkungen sind durch die Erhöhung der Transparenz im Binnenmarkt und die Erweiterung der vorbeugenden Kontrolle von möglichen Beeinträchtigungen der Freiheiten des Binnenmarktes zu erwarten.

Kosten:

Geringfügige Mehrkosten werden sich durch die Erweiterung des Geltungsbereichs für den Bund und möglicherweise auch für die Länder im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung ergeben. Die Angabe eines bestimmten Betrages ist derzeit noch nicht möglich. Die zusätzlichen Aufgaben können mit den vorhandenen Ressourcen im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten bewältigt werden.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

1. Die Richtlinie 83/189/EWG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und techni­schen Vorschriften, ABl. Nr. L 109 vom 26. April 1983 S 8, wurde nach mehrfachen Änderungen durch die Richtlinie 98/34/EG, ABl. Nr. L 204 vom 21. Juli 1998 S 37, kodifiziert, dh. ohne materielle Änderungen auf dem geltenden Stand neu erlassen. Bereits wenig später wurde sie durch die Richtlinie 98/48/EG, ABl. Nr. L 217 vom 5. August 1998 S 18, wesentlich erweitert.

Zweck dieser neuen Regelungen ist es, auch Vorschriften betreffend die Dienste der Informations­gesellschaft in das Notifikationsverfahren einzubeziehen. Es handelt sich dabei um Dienstleistungen im Sinne von Art. 50 EGV, die drei Kriterien erfüllen: Sie müssen

           1. im Fernabsatz,

           2. elektronisch und

           3. auf individuellen Abruf des Empfängers erbracht werden.

All diese Begriffe werden im Besonderen Teil (zu § 1 Abs. 1 Z 2) näher erläutert.

Diese Dienste der Informationsgesellschaft bieten ein beträchtliches Potential für Investitionen, für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und damit für die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in dieser. Insbesondere die Chancen innovativer Klein- und Mittelbetriebe in diesem Bereich können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Weiters schaffen sie völlig neue Auswahl- und Anwendungsmöglichkeiten für die Verbraucher.

Damit jedoch all diese positiven Effekte der On-line-Dienste voll ausgeschöpft werden können, die auf Grund ihrer Beschaffenheit ungeachtet räumlicher Schranken und Entfernungen erbracht und in Anspruch genommen werden, muß der durch den Binnenmarkt gegebene Raum ohne Grenzen erhalten bleiben. Gleichzeitig ist – wie auch der Europäische Rat betont hat – ein verläßlicher, stabiler und kohärenter Rechtsrahmen in diesem Bereich, der durch weitestgehende Transparenz gekennzeichnet ist und dem Schutz berechtigter Interessen dient, von größter Bedeutung für Unternehmen, Anwender und Behörden. Die Festlegung nationaler Regelungen kann dabei zu unterschiedlichen oder sogar gegensätzlichen Lösungen führen, aus denen sich Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs und der Nieder­lassungsfreiheit ergeben könnten. Aus diesem Grund ist ein koordiniertes Vorgehen auf Gemeinschafts­ebene unerläßlich. In den meisten Bereichen der Informationsgesellschaft wäre eine umfassende oder vollständige Harmonisierung des materiellen Rechts jedoch verfrüht, da diese Bereiche noch zu wenig bekannt sind, sodaß Notwendigkeit und möglicher Inhalt einer solchen Harmonisierung noch nicht ausreichend definiert werden können.

Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der Art. 43 (Niederlassungsfreiheit) und 49 (Dienstleistungsfreiheit) EGV kann daher am besten durch ein Verfahren zur Information, Konsultation und administrativen Zusammenarbeit bei neuen Regelungs­vorhaben gewährleistet werden, wie es die Richtlinie 98/34/EG vorsieht. Dieses Verfahren ist bei den Behörden gut eingeführt und hat sich in der Praxis sehr gut bewährt. Die Erweiterung des Anwendungs­bereichs dieser Richtlinie auf Vorschriften betreffend Dienste der Informationsgesellschaft wurde daher als bester Weg der gemeinschaftsweiten Koordination angesehen.

2. Das Notifikationsverfahren war für den Bereich der Verwaltungsbehörden des Bundes bisher im Notifikationsgesetz – NotifG, BGBl. Nr. 180/1996, geregelt. Die dort festgelegte Aufgabenteilung zwischen den fachlich zuständigen Behörden und dem für die reibungslose Durchführung des Systems verantwortlichen Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat sich in der Praxis bewährt und soll daher beibehalten werden. Zur Umsetzung der Richtlinie 98/48/EG sind nun neue Regelungen zu treffen, die auch Vorschriften betreffend Dienste der Informationsgesellschaft in dieses Verfahren einbeziehen. Diese Umsetzung hat gemäß Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie 98/34/EG in ihrer geänderten Fassung spätestens ab 5. August 1999 zu erfolgen.

3. Im Hinblick auf die Erfahrungen der bisherigen Praxis und unter Berücksichtigung der Judikatur des EuGH (insbesondere das Urteil vom 30. April 1996, “CIA Security International”, Rs C-194/94, das von der Nichtanwendbarkeit einer nicht ordnungsgemäß notifizieren Vorschrift ausgeht) werden eine Reihe von Klarstellungen für erforderlich gehalten. Insgesamt wurde daher einer Neuerlassung des gesamten Gesetzes der Vorzug vor einer bloßen Novellierung gegeben.

4. Die Bundeskompetenz zur Regelung der im Entwurf erfaßten Materie ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 und 8 B-VG (Warenverkehr mit dem Ausland bzw. Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie), die Kompetenz des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zu seiner Ausarbeitung aus lit. C Z 1 (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie, soweit nicht ein anderes Bundesministerium zuständig ist) und Z 15 (Durchführung des EG-Übereinkommens, soweit es sich nicht um Sachgebiete handelt, die in die Zuständigkeit bestimmter anderer Bundesministerien fallen) des Teils 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1996, BGBl. Nr. 76, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 113/1997. Der vorliegende Gesetzesentwurf muß sich auf die Umsetzung der Richtlinie in bezug auf die Pflichten der Behörden, die im Verwaltungsbereich des Bundes im Rahmen der unmittelbaren und mittelbaren Bundesverwaltung tätig werden, beschränken. Bei Gesetzesentwürfen ist somit nur die vorparlamentarische Behandlung von Regierungsvorlagen betroffen. Die Pflichten des Bundesgesetz­gebers (zB Notifikation von Initiativanträgen, Einhaltung der Stillhaltefristen im Gesetzgebungsverfahren, Mitteilung des endgültigen Textes eines Gesetzes) sind an anderer Stelle, etwa im Geschäftsordnungs­gesetz des Nationalrates zu regeln. Dies betrifft auch die parlamentarische Behandlung von Regierungs­vorlagen. Die Pflichten der Gesetzgebungsorgane und Verwaltungsbehörden der Länder sind gegebenen­falls in den jeweiligen Landesvorschriften festzulegen.

5. Der Entwurf enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen und auch keine anderen Bestim­mungen, die einem besonderen Normsetzungsverfahren unterliegen. Die EU-Konformität ist gegeben, da der Entwurf ausschließlich der Umsetzung von EU-Recht dient. Die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultativmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, ist gemäß ihrem Art. 6 Abs. 1 Z 1 auf diesen Entwurf nicht anzuwenden.

6. Durch die Einbeziehung der Vorschriften über Dienste der Informationsgesellschaft in das Notifi­kationssystem ist mit Mehrkosten für den Bund zu rechnen. Der größte Teil dieser Kosten wird beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten anfallen, da diesem die Hauptverantwortung für die Durchführung des Systems zukommt. Mehrkosten in geringerem Umfang werden sich weiters bei jenen Bundesdienststellen ergeben, die Entwürfe von Vorschriften betreffend Dienste der Informations­gesellschaft ausarbeiten. Der Betrag dieser Kosten kann nicht angegeben und auch noch nicht geschätzt werden, da nicht genau vorhergesehen werden kann, wie viele Entwürfe pro Jahr von Österreich zu notifizieren sein werden und wie viele ausländische Notifikationen im neu erfaßten Bereich zu bearbeiten sein werden. Es ist jedoch anzunehmen, daß es sich nur um einen sehr geringen Prozentsatz sämtlicher notifizierungspflichtiger Vorhaben handeln wird. Im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegen­heiten kann der erhöhte Verwaltungsaufwand mit den vorhandenen Ressourcen abgedeckt werden.

Da sich der vorliegende Gesetzesentwurf auch auf den Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung bezieht, könnten sich im Hinblick auf die von den Landeshauptleuten zu erlassenden Verordnungen auch gering­fügige Mehrkosten für die Länder ergeben. Diese werden jedoch noch wesentlich niedriger ausfallen als die zu erwartenden Zusatzkosten für den Bund.

Weitere zusätzliche Kosten für die Länder können sich zwar nicht durch diesen Entwurf, aber durch die Maßnahmen im Bereich der Länder zur Umsetzung der Richtlinie 98/48/EG ergeben, die gegebenenfalls erforderlich sein werden.

Besonderer Teil

Vorbemerkung: In der Folge ist mit dem Begriff “Richtlinie” die Richtlinie 98/34/EG in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG gemeint.

Zu § 1 Abs. 1:

Diese Bestimmung enthält wie § 1 NotifG die wesentlichen Begriffsbestimmungen. Im Hinblick auf die Neuerungen der Richtlinie 98/48/EG wurden die Definitionen “Dienst” (Z 2) und “Vorschrift betreffend Dienste” (Z 5) hinzugefügt und die Definitionen der “technischen Vorschrift” (Z 9) und des “Entwurfs einer technischen Vorschrift” (Z 10) erweitert. Der Begriff der “ausführlichen Stellungnahme” (Z 12) wurde zusätzlich in den Definitionenkatalog aufgenommen, die nähere Bestimmung der “wesentlichen Änderung” dagegen entsprechend der Systematik der Richtlinie im maßgeblichen Textzusammenhang (§ 2 Abs. 3) vorgenommen.

Zu den einzelnen Z ist auszuführen:

Z 1 definiert den Begriff “Erzeugnis”. Diese Bestimmung entspricht § 1 Abs. 1 Z 1 NotifG und setzt Art. 1 Z 1 der Richtlinie um. Um Mißverständnisse zu vermeiden, wurde im Einklang mit dem Text der Richtlinie die Wortfolge “einschließlich Fischprodukte” ergänzt.

Z 2 definiert den mit der Richtlinie 98/48/EG neu eingeführten Begriff “Dienst” und setzt Art. 1 Z 2 der Richtlinie um. Diese Bestimmung enthält die zentrale Definition jener Dienste der Informations­gesellschaft, deren Regelung durch das Notifikationsverfahren kontrolliert werden soll.

Zunächst muß es sich um eine “in der Regel gegen Entgelt erbrachte” Dienstleistung handeln. Wie auch in der Erwägung Nr. 19 der Richtlinie 98/48/EG ausgeführt wird, sind darunter Dienstleistungen im Sinne von Art. 50 EGV entsprechend der Auslegung durch den EuGH zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH “besteht das Wesensmerkmal des Entgelts darin, daß es die wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung darstellt” (vgl. das Urteil vom 7. Dezember 1993, Rechtssache Wirth, C-109/92, Entscheidungsgrund 15). Zur Präzisierung wird in der Erwägung Nr. 19 in Übereinstimmung mit dem genannten Urteil des EuGH ausgeführt, daß dieses Merkmal bei den Tätigkeiten fehlt, die ein Staat ohne wirtschaftliche Gegenleistung im Rahmen seiner Aufgaben, insbesondere in den Bereichen Soziales, Kultur, Bildung und Justiz ausübt. Nationale Regelungen für diese Tätigkeiten, auch wenn diese im Rahmen von Selbstverwaltungskörpern ausgeübt werden, werden somit von der Definition des Art. 50 EGV nicht erfaßt und fallen nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 98/48/EG und entsprechend nicht in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes. Ausgeschlossen sind folglich beispielsweise Dienst­leistungen staatlicher Einrichtungen im Rahmen des Pflichtschulsystems, die stationäre Gesundheits­versorgung, die Ausstellung von Bescheinigungen und Dokumenten durch amtliche Stellen, Maßnahmen auf dem Gebiet der Landesverteidigung sowie alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Zivil-, Straf-, Verwaltungs- und Steuergerichtsbarkeit. Im Bereich der Gerichtsbarkeit wären etwa auch Vorschriften über den Zugang zu gerichtlichen Registern (insbes. Grund- und Firmenbuch, Geschäftsregister) und zu sonstigen Dateien (zB Insolvenzdatei) nicht notifikationspflichtig. In diesen Fällen staatlicher Dienst­leistungen stellen die von Privatpersonen gegebenenfalls entrichteten Gebühren keine wirtschaftliche Gegenleistung für die vom Staat erbrachte Leistung im eigentlichen Sinn dar, wie dies bei einer auf dem Markt angebotenen rein wirtschaftlichen Dienstleistung der Fall ist.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß auf Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, auch die Bestimmungen des EG-Vertrages über die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit, deren Sicherung das Notifikationsverfahren im Bereich der Dienste der Informa­tionsgesellschaft dienen soll, im Regelfall nicht anzuwenden sind (vgl. Art. 45 und 55 EGV).

Die Dienstleistung muß weiters drei wesentliche Merkmale aufweisen: ihre Erbringung muß

–   im Fernabsatz (lit. a),

–   elektronisch (lit. b) und

–   auf individuellen Abruf des Empfängers (lit. c) erfolgen.

Zu diesen drei Kriterien gibt Anlage 1 zusätzlich konkrete Beispiele von Dienstleistungen, die nicht erfaßt sind.

Im Fernabsatz gemäß lit. a werden alle Dienstleistungen erbracht, bei denen Erbringer und Empfänger nicht gleichzeitig physisch anwesend sind. Das trifft etwa für die On-line-Übermittlung einer Diagnose, nicht jedoch für eine Untersuchung des Patienten in der Arztpraxis unter Verwendung elektronischer Geräte zu. Ebenso ist die On-line-Buchung eines Flugtickets erfaßt, nicht dagegen die Buchung eines Flugtickets über ein Computernetz, wenn sie in einem Reisebüro in Anwesenheit des Kunden vorge­nommen wird.

Elektronisch gemäß lit. b bedeutet, daß die Dienstleistung über ein elektronisches Verarbeitungs- und Speicherungssystem erbracht wird, indem sowohl beim Sender als auch beim Empfänger eine elektroni­sche Verarbeitung und Speicherung erfolgt. Nicht elektronisch erbracht werden drei Hauptgruppen von Dienstleistungen, nämlich

–   Dienste, die zwar mit elektronischen Geräten, aber in materieller Form erbracht werden, zB die Ausgabe von Geld oder Fahrkarten über Automaten,

–   “Off-line”-Dienste wie der Vertrieb von CD-ROM oder Software auf Disketten, und

–   alle Dienste, die nicht über elektronische Verarbeitungs- und Speicherungssysteme erbracht werden, zB auf herkömmlichem Weg (in Echtzeit) erbrachte Sprachtelefon-, Telefax- und Telexdienste und alle über diese Medien abgewickelten Beratungsdienste.

Auf individuellen Abruf des Empfängers gemäß lit. c wird eine Dienstleistung erbracht, wenn sie nur auf individuelle Anforderung erfolgt. Nicht erfaßt sind dagegen Dienstleistungen, die ohne individuellen Abruf gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von Empfängern (Punkt – zu Mehrpunkt-Übertragung) erbracht werden. Ein individuell elektronisch angefordertes Gutachten eines Rechtsanwalts fällt somit unter diese Definition, nicht dagegen Fernseh-, Hörfunk- oder Teletextdienste.

Z 3 enthält die Definition der “technischen Spezifikation”. Diese Bestimmung setzt Art. 1 Z 3 der Richtlinie um und entspricht § 1 Abs. 1 Z 2 NotifG. Sie wurde aus sprachlichen Gründen geringfügig umformuliert.

Z 4 definiert den Begriff “sonstige Vorschrift”. Diese Bestimmung setzt Art. 1 Z 4 der Richtlinie um und entspricht § 1 Abs. 1 Z 3 NotifG.

Z 5 enthält im Einklang mit Art. 1 Z 5 der Richtlinie eine weitere zentrale Definition im Hinblick auf den erweiterten Anwendungsbereich des Verfahrens, nämlich jene der “Vorschrift betreffend Dienste”.

Wesentlich ist zunächst, daß es sich um eine “allgemein gehaltene Vorschrift” handeln muß. Dadurch sind individuelle Rechtsakte, insbesondere Bescheide, nicht notifizierungspflichtig. Derartige Rechtsakte betreffend die Dienste der Informationsgesellschaft unterliegen somit im Gegensatz zu individuellen Rechtsakten betreffend Erzeugnisse, die gemäß der Entscheidung Nr. 3052/95/EG, ABl.Nr. L 321 vom 30. Dezember 1995 S 1, der Europäischen Kommission notifikationspflichtig sein können, keiner Mitteilungspflicht auf EU-Ebene.

Als Beispiele für allgemeine Vorschriften betreffend Dienste wären vorstellbar:

–   Bestimmungen über den Erbringer von Diensten: Regelungen über persönliche Voraussetzungen für den Betrieb bestimmter On-line-Dienste, wie etwa Mindestalter, Verläßlichkeit oder Berufserfahrung;

–   Bestimmungen über die Dienste selbst: Regelungen über Gebühren oder spezielle Vertragsklauseln bei Diensten, die on-line erbracht werden, und

–   Bestimmungen über den Empfänger von Diensten: Regelungen über persönliche Voraussetzungen für die Beteiligung an Glücksspielen über Internet.

Schließlich ist zu beachten, daß die Vorschriften “speziell” auf die genannten Dienste abzielen müssen. Dazu wird in Übereinstimmung mit Art. 1 Z 5 der Richtlinie genauer festgelegt, welche Vorschriften als speziell auf Dienste der Informationsgesellschaft abzielend gelten. Da diese Definition präzise und gut verständlich ist, wurde auf die zusätzliche Übernahme der Negativdefinition der “nicht speziell auf die Dienste der Informationsgesellschaft abzielenden Vorschriften” verzichtet.

Die Einschränkung der notifizierungspflichtigen Vorschriften auf solche, die speziell auf die genannten Dienste abzielen, grenzt auch den Anwendungsbereich der neuen Notifikationspflicht wesentlich ein. Nur Vorschriften, die ihrer Begründung, ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach insgesamt oder in bestimmten Teilen direkt und ausdrücklich auf die Regelung der Dienste der Informationsgesellschaft abstellen und somit bewußt nur Dienste erfassen wollen, die im Fernabsatz elektronisch und auf individuellen Abruf des Empfängers erbracht werden, sind zu notifizieren.

Nicht der Notifizierungspflicht unterliegen dagegen Entwürfe, die Dienste der Informationsgesellschaft nur indirekt oder im Sinn einer Nebenwirkung betreffen. Dies betrifft insbesondere Vorschriften, die sich auf eine wirtschaftliche Tätigkeit im allgemeinen beziehen, ohne die typischen Merkmale der Erbringung von Diensten der Informationsgesellschaft zu berücksichtigen. In diesem Sinn wird in der Erwägung Nr. 5 zur Richtlinie 98/48/EG ausgeführt, daß die Richtlinie ihrem Zweck nach auf Vorschriften über die Grundrechte, wie verfassungsrechtliche Regelungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung ein­schließlich der Pressefreiheit, aber auch auf das allgemeine Strafrecht nicht anzuwenden sein soll. Auch andere Vorschriften, die wie die genannten verfassungs- und strafrechtlichen Bestimmungen nur allge­meine Prinzipien festlegen und sanktionieren, wie die grundlegenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts oder allgemeine Vorschriften des Arbeits- und Sozialrechts, sollen nicht betroffen sein. All diese Vorschriften betreffen nicht On-line-Tätigkeiten im besonderen.

Als Beispiele für “speziell auf Dienste der Informationsgesellschaft abzielende” Vorschriften kommen in Frage: Regelungen über Gebühren für on-line übermittelte Gutachten von Rechtsanwälten oder das Verbot der Verbreitung bestimmter pornografischer Darstellungen, wenn sich dieses ausschließlich auf die Verbreitung auf elektronischem Weg bezieht. Als “nicht speziell auf Dienste der Informations­gesellschaft abzielende” Vorschriften werden dagegen anzusehen sein:

Bestimmungen über Gebühren für bestimmte Leistungen von Rechtsanwälten, unabhängig von der Form, in der sie erbracht werden, oder ein allgemeines Verbot der Verbreitung bestimmter pornografischer Darstellungen in allen Medien.

Der Definition “Vorschrift betreffend Dienste” genügt auch schon eine Regelung, die nur “in Form einzelner Bestimmungen” auf die Dienste der Informationsgesellschaft abzielt. Enthält ein Entwurf somit nur einzelne solche Vorschriften, so ist dennoch der gesamte Entwurf gemäß § 2 zu notifizieren. Von den Stillhalteverpflichtungen gemäß § 3 sind dagegen nur diese Bestimmungen erfaßt. Diese Regelung entspricht jener für Vorschriften betreffend Erzeugnisse, wie sie von der Judikatur des EuGH interpretiert wurde (siehe dazu die Ausführungen zu § 2 Abs. 1).

Die Ausnahmebestimmungen in den Unterabs. 2 bis 4 von Art. 1 Z 5 der Richtlinie sind in § 1 Abs. 3 und 4 dieses Entwurfs festgelegt.

Z 6, 7 und 8 enthalten die Definitionen der Begriffe “Norm”, “Normungsprogramm” und “Normentwurf”. Diese Bestimmungen setzen die Z 6 bis 8 des Art. 1 der Richtlinie um und entsprechen den Z 4 bis 6 in § 1 Abs. 1 NotifG.

Z 9 definiert den Begriff der “technischen Vorschrift”. Diese Bestimmung setzt Art. 1 Z 11 Unterabs. 1 der Richtlinie um und entspricht § 1 Abs. 1 Z 7 des NotifG. Diese Definition wurde im Hinblick auf die Novelle erweitert, indem sie sich nun auch auf Vorschriften betreffend Dienste bezieht.

Die Bestimmung wurde auch in legistischer Hinsicht neu gestaltet. Die beispielsweise Aufzählung von technischen De-facto-Vorschriften wurde in einen neuen Abs. 2 übernommen. Um die Verbindung dazu herstellen zu können, wird dieser Begriff nun auch in Abs. 1 Z 9 ausdrücklich in einem Klammerausdruck erwähnt.

Z 10 definiert den “Entwurf einer technischen Vorschrift”. Diese Bestimmung setzt Art. 1 Z 12 der Richtlinie um und entspricht § 1 Abs. 1 Z 8 NotifG. Gegenüber der Fassung des NotifG sind im Einklang mit der Definition der “technischen Vorschrift” in Z 9 jetzt auch Entwürfe von Vorschriften betreffend Dienste von der Definition umfaßt.

Z 11 definiert den Begriff der “zuständigen Stellen” und entspricht § 1 Abs. 1 Z 10 NotifG. Im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Kompetenzaufteilung umfaßt diese Bestimmung nur Verwaltungsbehörden im Bereich der unmittelbaren oder mittelbaren Bundesverwaltung.

Z 12 enthält aus Gründen der Normökonomie bereits die Definition des Begriffs der “ausführlichen Stellungnahme”, da in mehreren Bestimmungen darauf abgestellt wird. Dieser Begriff ist vor allem im Zusammenhang mit den Stillhaltepflichten (§ 3 des Entwurfs) von Bedeutung, da die rechtzeitige Abgabe auch nur einer ausführlichen Stellungnahme die Verlängerung der Stillhaltefristen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 und 2 auslöst. Von ausführlichen Stellungnahmen, die den Kriterien dieser Begriffsbestimmung ent­sprechen, sind die Bemerkungen zu unterscheiden. Diese können sich auf verschiedene Aspekte eines notifizierten Entwurfs beziehen, können auch nach Ende der Dreimonatsfrist abgegeben werden und lösen keine Verlängerung der Stillhaltefristen aus. Die Begriffsbestimmung der “ausführlichen Stellungnahme” entspricht den Definitionen in Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie, wobei sich lit. a auf technische Spezifikationen und sonstige Vorschriften bezieht, und lit. b auf Vorschriften betreffend Dienste.

Zu § 1 Abs. 2:

Diese Bestimmung enthält im Einklang mit Art. 1 Z 11 Unterabs. 2 der Richtlinie eine Definition der technischen De-facto-Vorschriften. Da sich einzelne Regelungen des Entwurfs auf einzelne Arten von solchen Vorschriften beziehen, wurde zur Erleichterung der Zitierung ein eigener Absatz gebildet, in dem die beispielsweise Aufzählung in Ziffern untergliedert wird. Diese Bestimmung übernimmt den 2. Unterabsatz von § 1 Abs. 1 Z 7 NotifG und erweitert ihn im Hinblick auf die neuen Vorschriften betreffend Dienste.

Zu § 1 Abs. 3:

Diese Bestimmung legt die Ausnahmen vom Geltungsbereich des Bundesgesetzes fest, die mit den Ausnahmen vom Geltungsbereich der Richtlinie übereinstimmen. Z 1 setzt Art. 1 Z 12 Unterabs. 2 der Richtlinie um und übernimmt die bisherige Regelung in § 1 Abs. 2 NotifG, die sich auf Vorschriften betreffend Erzeugnisse bezieht. Von dieser Ausnahmebestimmung sind Maßnahmen zum Schutz von Personen bei der Verwendung von Erzeugnissen, insbesondere im Bereich des Arbeitnehmerschutzes, erfaßt.

Darüber hinaus werden in den Z 2 bis 5 neue Ausnahmen festgelegt, die sich auf Dienste beziehen.

Z 2 sieht eine Ausnahme für Hörfunkdienste vor und setzt Art. 1 Z 2 Unterabs. 4, 1. Spiegelstrich, der Richtlinie um. Diese Ausnahme ergäbe sich auch schon aus der allgemeinen Definition der erfaßten Dienste, da Hörfunkdienste nicht das Kriterium “auf individuellen Abruf des Empfängers erbrachte Dienstleistung” erfüllen (vgl. die Erläuterungen zu § 1 Abs. 1 Z 2).

Z 3 legt eine Ausnahme für Fernsehdienste fest und setzt Art. 1 Z 2 Unterabs. 4, 2. Spiegelstrich, der Richtlinie um. Diese Ausnahme wurde vorgesehen, weil in diesem Bereich bereits Gemeinschafts­regelungen bestehen, deren Umsetzung auf nationaler Ebene einer speziellen Prüfung unterliegt. Überdies werden auch diese Dienste zumeist nicht das Kriterium “auf individuellen Abruf erbrachte Dienstleistung” erfüllen.

Z 4 betrifft Telekommunikationsdienste, die einer Gemeinschaftsregelung unterliegen, und setzt Art. 1 Z 5 Unterabs. 2 der Richtlinie um. Auch auf diesem Gebiet ist durch die Richtlinie 90/387/EWG schon eine weitgehende Harmonisierung bzw. ein System der gegenseitigen Anerkennung eingeführt worden. Darüber hinaus sieht diese Richtlinie Anpassungen zur Berücksichtigung der technologischen Entwick­lung und der Erbringung neuer Dienste vor, sodaß eine zusätzliche Kontrolle nicht als erforderlich erachtet wurde.

Z 5 bezieht sich auf Finanzdienstleistungen, die ebenfalls bereits durch Gemeinschaftsvorschriften harmonisiert worden sind, und setzt Art. 1 Z 5 Unterabs. 3 der Richtlinie um. Eine beispielsweise Aufzäh­lung dieser Dienstleistungen findet sich in Anlage 2 des Entwurfs, der Anhang VI der Richtlinie umsetzt.

Zu § 1 Abs. 4:

Diese Ausnahmebestimmung betrifft Vorschriften, die von geregelten Märkten (Börsen) oder anderen Finanzmärkten oder -organen eingeführt werden oder für diese gelten, und setzt Art. 1 Z 5 Unterabs. 4 der Richtlinie um. Diese Ausnahme ist dadurch gerechtfertigt, daß es notwendig sein kann, On-line-Dienste betreffende Rechtsvorschriften für die mobilen und stark fluktuierenden Finanzmärkte, auf denen plötzliche und unvorhergesehene Entwicklungen eintreten können, unverzüglich zu verabschieden. Es handelt sich jedoch nicht um eine vollständige Ausnahme. Das Notifikationsverfahren für Entwürfe von Vorschriften betreffend Dienste findet in diesem Fall zwar keine Anwendung, es sind aber die endgültigen Texte der Vorschriften gemäß § 2 Abs. 9 des Entwurfs mitzuteilen.

Zu § 2:

Diese Bestimmung ist die zentrale Regelung der Notifikation von österreichischen Vorschriften. Zu beachten ist, daß sie nun – als Folge der geänderten Definitionen der “technischen Vorschrift” (§ 1 Abs. 1 Z 9) und des “Entwurfs einer technischen Vorschrift” (§ 1 Abs. 1 Z 10) – auch auf Entwürfe von Vorschriften betreffend Dienste anzuwenden ist.

Zu den Abs. 1 bis 3:

Diese Bestimmungen dienen der Umsetzung eines Teils von Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 und 3 der Richt­linie. Sie entsprechen weitgehend § 2 Abs. 1 NotifG, wobei jedoch im Interesse einer klareren Regelung eine Neugliederung vorgenommen wurde.

Abs. 1 betrifft den ersten Schritt des Notifikationsverfahrens, nämlich die Übermittlung des Entwurfs an die notifizierende Stelle, den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten. Notifizierungspflichtig nach diesem Bundesgesetz sind ausschließlich Entwürfe, die im Rahmen der unmittelbaren oder mittelbaren Bundesverwaltung ausgearbeitet werden. Betroffen sind vor allem von Bundesministerien erstellte Gesetzes- und Verordnungsentwürfe sowie Verordnungsentwürfe, die von anderen Bundes­behörden oder von einem Landeshauptmann im Rahmen seiner Tätigkeit in mittelbarer Bundesverwaltung erstellt werden. Gegenüber der bisherigen Fassung im NotifG wird klargestellt, daß diese Entwürfe vor ihrer Erlassung und nicht erst vor ihrer Inkraftsetzung zu notifizieren sind. Die bisherige Formulierung wurde nämlich von der Europäischen Kommission als nicht richtlinienkonform kritisiert.

Zu beachten ist, daß in der Judikatur des EuGH (Urteil vom 16. September 1997, Kommission/Italien – “Asbest”, Rs. C-279/94) und in der daraus entwickelten Kommissionspraxis klargestellt wurde, daß auch ein Entwurf, der nur einzelne technische Vorschriften enthält, zur Gänze notifiziert werden muß, da nur so die von der Richtlinie angestrebte vollständige Information der Kommission und der anderen Mitglied­staaten erreicht werden kann.

Die Beurteilung, wann genau ein Entwurf notifiziert werden soll, obliegt der zur Ausarbeitung zuständigen Stelle. Dabei werden sowohl die Verzögerung der Erlassung durch die Pflicht zur Einhaltung der mindestens dreimonatigen Stillhaltefrist als auch die Pflicht zur neuerlichen Notifikation im Fall von wesentlichen Änderungen in Betracht zu ziehen sein.

Die Beachtung der Notifikationspflicht ist im Hinblick auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Pflicht, die der EuGH insbesondere in seinem Urteil vom 30. April 1996, “CIA Security International”, Rs. C-194/94, festgestellt hat, von besonderer Bedeutung. Demnach ist eine Vorschrift, die nicht notifiziert wurde, im Hinblick auf die durch sie bewirkten Beschränkungen des freien Warenverkehrs nicht anwendbar. Diese für Vorschriften betreffend Erzeugnisse von der Judikatur entwickelte Sanktion wird zweifellos auch auf den neu erfaßten Bereich der Vorschriften betreffend Dienste der Informations­gesellschaft anzuwenden sein, soweit dadurch die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs oder die Niederlassungsfreiheit der Betreiber beeinträchtigt werden.

Abs. 2 regelt die Pflichten des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten als zentrale Notifikationsstelle. Diese stets im Rahmen der Bundesverwaltung ausgeübten Aufgaben beziehen sich auch auf die Notifikation von Entwürfen, die ihm von anderen als den in Abs. 1 genannten Stellen übermittelt wurden, wenn diese nach den für sie maßgeblichen Vorschriften zur Notifikation über den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten verpflichtet wurden. Dies kann sowohl Entwürfe aus dem Bereich der Landeszuständigkeit als auch Entwürfe von Gesetzgebungsorganen des Bundes (insbesondere Initiativanträge) betreffen. Im Zusammenhang mit den Pflichten des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten wurden die beiden letzten Sätze in § 2 Abs. 1 NotifG nicht mehr in den Gesetzestext aufgenommen, da sie keine praktische Bedeutung erlangt haben.

Abs. 3 bestimmt, daß wesentliche Änderungen von notifizierten Entwürfen erneut der Notifikationspflicht unterliegen. Da der Begriff der “wesentlichen Änderung” nur in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt, wird er nicht mehr in den Definitionen des § 1, sondern an dieser Stelle selbst näher bestimmt. Sein Inhalt bleibt gegenüber der bisherigen Rechtslage unverändert und entspricht Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 3. Aus Kompetenzgründen sind auch von dieser Bestimmung nur Änderungen erfaßt, die im Bereich der unmittelbaren oder mittelbaren Bundesverwaltung ausgearbeitet werden. Somit sind etwa Änderungen eines von einem Bundesminister ausgearbeiteten Gesetzesentwurfs, die erst im Nationalrat durch einen Abänderungsantrag vorgenommen werden, nicht auf Grund dieses Bundesgesetzes zu notifizieren.

Zu Abs. 4:

Diese Bestimmung entspricht § 2 Abs. 2 NotifG. Die beispielsweise aufgezählten Angaben im Formblatt wurden der Entwicklung der Verwaltungspraxis angeglichen. Weiters wird klargestellt, daß das Formblatt sowohl von der Stelle, die den Entwurf ausgearbeitet hat, bei der Übermittlung an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als auch von diesem Bundesminister bei der eigentlichen Notifikation zu verwenden ist.

Zu Abs. 5:

Diese Bestimmung regelt die Beilage der weiteren Vorschriften, deren Kenntnis zur Beurteilung des Entwurfs notwendig ist. Sie setzt Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie um und entspricht § 2 Abs. 3 NotifG. Der letzte Satz aus der bisherigen Regelung wurde nicht übernommen, da die Europäische Kommission in der Praxis immer den Anschluß dieser Vorschriften erwartet, um die volle Tragweite des Entwurfs beurteilen zu können.

Zu Abs. 6:

Diese Bestimmung betrifft Beilagen, die der Notifikation von Entwürfen von Vorschriften im Chemika­lienbereich anzuschließen sind. Sie setzt Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 4 der Richtlinie um und entspricht § 2 Abs. 4 NotifG.

Zu Abs. 7:

Diese Regelung setzt die Bestimmungen am Ende des ersten Satzes von Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie um. Sie dient der Klarstellung, daß auch Entwürfe, die ausschließlich die vollständige Übertra­gung einer internationalen oder europäischen Norm zum Gegenstand haben, notifizierungspflichtig sind. Für derartige Entwürfe gibt es nur im Hinblick auf die der Notifikation beizuschließenden Dokumente eine Erleichterung, da die Mitteilung ausreicht, um welche internationale oder europäische Norm es sich handelt. Im übrigen sind alle Pflichten gemäß §§ 2 und 3 des Entwurfs, insbesondere die Stillhalte­pflichten, auch bei diesen Entwürfen einzuhalten, sofern sie nicht einer Ausnahmebestimmung unter­liegen.

Zu Abs. 8:

Diese Bestimmung betrifft die Möglichkeit, einen Antrag auf vertrauliche Behandlung eines Entwurfs zu stellen. Sie entspricht Art. 8 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie und § 2 Abs. 5 NotifG. Die Initiative für die vertrauliche Behandlung muß von der zuständigen Stelle ausgehen, die auch die Begründung zu verfassen hat.

Zu Abs. 9:

Diese Bestimmung betrifft die Mitteilung des endgültigen Textes einer Vorschrift und setzt Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie um. Eine derartige Verpflichtung war bis jetzt nicht ausdrücklich im NotifG festgelegt. Die Neuregelung des Notifikationsverfahrens wird daher zum Anlaß für eine entsprechende Klarstellung genommen. Im Hinblick auf die staatliche Kompetenzverteilung bezieht sich auch diese Verpflichtung nur auf den Text von Vorschriften, die im Bereich der unmittelbaren oder mittelbaren Bundesverwaltung erlassen werden. Zu beachten ist, daß diese Verpflichtung auch für die sonst gemäß § 1 Abs. 4 des Entwurfs vom Geltungsbereich ausgenommenen Vorschriften betreffend Dienstleistungen im Bereich der geregelten Märkte gilt.

Zu § 3:

Neben der Notifikationspflicht, die in § 2 des Entwurfs geregelt ist, stellen die Stillhalteverpflichtungen das zweite wesentliche Element zur Erreichung des Zieles der Richtlinie dar, nämlich die Vermeidung der Schaffung von Handelshemmnissen im Bereich des Warenverkehrs und von Beeinträchtigungen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, soweit es sich um die Dienste der Informationsgesellschaft handelt. Sie sollen es dem Mitgliedstaat, der eine Vorschrift erlassen möchte, die ein derartiges Hindernis darstellen könnte, ermöglichen, über Probleme in diesem Zusammenhang rechtzeitig vor Erlassung der Vorschrift informiert zu werden und Abhilfemaßnahmen ergreifen zu können.

Zu beachten ist, daß im Fall eines Entwurfs, der nur einzelne technische Vorschriften enthält, die Still­haltepflichten nur für diese Vorschriften gelten, obwohl – wie zu §1 Abs. 1 Z 5 und zu § 2 Abs. 1 ausgeführt – der gesamte Entwurf zu notifizieren ist.

Zu Abs. 1:

Durch diese Bestimmung, die die allgemeine Dauer der Stillhaltefristen regelt, wird Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie umgesetzt. Sie entspricht dem Einleitungssatz von § 3 Abs. 1 NotifG. Diese Stillhaltefrist gilt auch für Entwürfe von Vorschriften betreffend Dienste. Im Hinblick auf das Ziel der Richtlinie, Beeinträchtigungen des Binnenmarktes möglichst frühzeitig zu vermeiden, wird nun festgelegt, daß sich die Stillhaltefrist auf die Erlassung und nicht erst auf die Inkraftsetzung des Entwurfs bezieht.

Zu Abs. 2:

Durch diese Bestimmung über die Verlängerung der Stillhaltefrist werden verschiedene Absätze von Art. 9 der Richtlinie umgesetzt, nämlich Teile des Abs. 2 durch die Z 1 und 2, Abs. 3 durch Z 3 lit. a, Abs. 4 durch Z 3 lit. b und Abs. 5 durch Z 4. Sie entspricht den Z 1 bis 4 in § 3 Abs. 1 NotifG und wird um die besonderen Stillhalteregelungen bei Vorschriften betreffend Dienste erweitert. Bei diesen ergeben sich im Hinblick auf die möglichen Verlängerungen der Stillhaltefrist zwei wesentliche Unterschiede:

–   im Fall einer ausführlichen Stellungnahme verlängert sich die Frist nicht auf sechs, sondern nur auf vier Monate und

–   eine Verlängerung der Frist auf zwölf Monate ist nur für den Fall vorgesehen, daß dem Rat bereits ein Vorschlag für eine Regelung vorgelegt wurde, wobei eine weitere Verlängerung der Frist auf 18 Monate bei Annahme eines gemeinsamen Standpunktes durch den Rat auch bei Vorschriften betreffend Dienste erfolgen kann.

Zu Abs. 3:

Diese Bestimmung ermöglicht die Verkürzung der Stillhaltefristen gemäß Abs. 2 Z 3 und 4, wenn entweder ein gemeinschaftlicher Rechtsakt angenommen wird oder das Projekt eines solchen aufgegeben wurde. Sie setzt Art. 9 Abs. 6 der Richtlinie um. Dabei wird § 3 Abs. 4 NotifG inhaltlich übernommen, aber legistisch neu gegliedert. Die Verkürzungen der in Abs. 2 Z 3 lit. b und Z 4 vorgesehenen Fristen beziehen sich nun auch auf Vorschriften betreffend Dienste.

Zu Abs. 4:

Die Bestimmung regelt Ausnahmen von den Stillhaltepflichten und setzt Art. 9 Abs. 7 und 10 Abs. 2 und 4 der Richtlinie um. Sie entspricht § 3 Abs. 5 NotifG mit den erforderlichen Erweiterungen im Hinblick auf Vorschriften betreffend Dienste.

Z 1 setzt Art. 9 Abs. 7 der Richtlinie um und regelt das Dringlichkeitsverfahren. Für Vorschriften betreffend Dienste gelten sowohl die schon bisher festgelegten Dringlichkeitsgründe (Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren, Erhaltung von Pflanzen, Sicherheit) als auch der spezielle Grund der öffentlichen Ordnung, der nur bei der Regelung von Diensten herangezogen werden kann. Als besonderes Interesse der öffentlichen Ordnung wird der Jugendschutz ausdrücklich hervorgehoben.

Im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen gibt es in Art. 9 Abs. 7, 2. Spiegelstrich, eine besondere Dringlichkeitsregelung, die in Z 1 lit. b des Entwurfs übernommen wurde. Dabei geht es vor allem um den Schutz von Personen, die durch Störungen im Banken- oder Versicherungsbereich schweren finanziellen Schaden erleiden könnten. Zu beachten ist, daß darüber hinaus bestimmte Vorschriften betreffend Finanzdienstleistungen, bei denen eine rasche Erlassung erforderlich ist, bereits gemäß § 1 Abs. 4 von der Pflicht zur vorherigen Notifikation und von den Stillhaltefristen ausgenommen sind.

Die Regelungen über das Dringlichkeitsverfahren gelten auch für die vorparlamentarische Behandlung von Gesetzesentwürfen, die von Behörden der Bundesverwaltung ausgearbeitet werden.

Wie die Erfahrungen aus der bisherigen Verfahrenspraxis gezeigt haben, wird das Dringlichkeitsverfahren äußerst restriktiv gehandhabt. So anerkennt die Europäische Kommission beispielsweise eine mögliche Rechtslücke, die durch zeitlich beschränkte Maßnahmen bedingt ist, nicht als Rechtfertigung für die Berufung auf das Dringlichkeitsverfahren. In diesem Sinne wird auch im Erwägungsgrund Nr. 22 zur Richtlinie 98/48/EG ausgeführt, daß dieses Verfahren ausschließlich in einer Situation zulässig ist, die vorher nicht bekannt war und deren Ursache nicht dem Handeln der Behörden des betreffenden Mitgliedstaates anzulasten ist.

Vorschriften, die aus den genannten Gründen dringend erlassen werden müssen, unterliegen zwar nicht den Stillhalteverpflichtungen des Art. 9 der Richtlinie und des § 3 Abs. 1 bis 3 des Entwurfs, sehr wohl aber allen Notifikationspflichten gemäß Art. 8 der Richtlinie und § 2 des Entwurfs. In Entsprechung zu Art. 9 Abs. 7 letzter Satz der Richtlinie wird in § 2 Abs. 4 Z 5 bestimmt, daß die Gründe für die besondere Dringlichkeit bei der Notifikation ausdrücklich anzugeben sind.

Z 2 legt eine Ausnahme für Verbote fest, die lediglich die Herstellung eines Erzeugnisses betreffen und den freien Warenverkehr nicht behindern. Diese Bestimmung setzt Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie um und entspricht § 3 Abs. 5 Z 2 NotifG, wurde aber im Hinblick auf den Wortlaut der Richtlinie präzisiert.

Z 3 regelt die Ausnahme von den Stillhaltepflichten für technische De-facto-Vorschriften gemäß § 1 Abs. 2 Z 3, das sind Vorschriften, die mit steuerlichen oder finanziellen Maßnahmen verbunden sind. Diese Bestimmung setzt Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie um.

Die bisherige Z 3 in § 3 Abs. 5 NotifG hatte zu entfallen, nachdem durch die Kommissionspraxis klargestellt worden war, daß Entwürfe von technischen Vorschriften, bei denen es sich um die vollständige Übertragung einer internationalen oder europäischen Norm handelt, den Stillhaltepflichten unterliegen (siehe die Ausführungen zu § 2 Abs. 7), sofern sie nicht unter eine Ausnahmebestimmung fallen, insbesondere indem sie einen Gemeinschaftsrechtsakt umsetzen.

Zu Abs. 5:

Diese Bestimmung setzt Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie um und wurde neu aufgenommen. Zur Klarstellung sollen auch diese teilweisen Ausnahmebestimmungen für freiwillige Vereinbarungen gemäß § 1 Abs. 2 Z 2 im künftigen Gesetz festgelegt werden. Es handelt sich um die Ausnahme von der Verlängerung der Stillhaltefristen auf zwölf bzw. auf 18 Monate im Fall von beabsichtigten oder bereits eingeleiteten Rechtssetzungsverfahren auf EU-Ebene. Damit ist bei freiwilligen Vereinbarungen auf allen von der Richtlinie erfaßten Gebieten, also auch im Bereich der Dienste, eine Verlängerung der Stillhaltefristen auf höchstens vier Monate und ausschließlich im Fall einer ausführlichen Stellungnahme möglich.

Zu Abs. 6:

Diese Bestimmung regelt die Pflicht des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Bekanntgabe des für den Beginn der Stillhaltefristen maßgeblichen Datums. Sie entspricht § 3 Abs. 3 NotifG und ist unerläßlich, damit die zuständigen Stellen über die Dauer ihrer Stillhalteverpflichtungen informiert sind. Die Frist für die Übermittlung durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde präzisiert.

Zu Abs. 7:

Diese Bestimmung regelt den Fall, daß zur Ausarbeitung einer Vorschrift ein anderes Organ zuständig ist als zu deren Erlassung. Dies trifft vor allem auf Entwürfe von Bundesgesetzen zu, die in Form einer Regierungsvorlage eingebracht werden. In diesem Fall hat der zuständige Bundesminister den Nationalrat über noch nicht abgelaufene Stillhaltefristen zu informieren.

Zu § 4:

Diese Bestimmung regelt klarer als bisher die Verpflichtungen der zuständigen Stellen im Hinblick auf eingelangte Stellungnahmen zu den von ihnen notifizierten Entwürfen. Sie betrifft ausschließlich die innerstaatliche Koordination, die die rechtzeitige Erfüllung aller Verpflichtungen sicherstellen soll. Zum Unterschied zwischen einer “ausführlichen Stellungnahme” und Bemerkungen ist noch einmal auf die Erläuterungen zu § 1 Abs. 1 Z 12 hinzuweisen.

Zu Abs. 1:

In dieser Bestimmung wird eine weitere wichtige Verpflichtung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten festgelegt. Der rechtzeitigen Weiterleitung von ausführlichen Stellungnahmen kommt dabei besondere Bedeutung zu, da diese die Verlängerung der Stillhalteverpflichtungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 und 2 auslösen. Auch diese Verpflichtung bezieht sich wie jene in § 2 Abs. 2 auf sämtliche über den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten notifizierte Entwürfe.

Zu Abs. 2:

Diese Bestimmung betrifft das weitere Vorgehen im Fall von Bemerkungen und setzt den zweiten Teil von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie um. Sie entspricht § 3 Abs. 2 NotifG. Derartige Bemerkungen führen – wie ausgeführt – nicht zur Verlängerung der Stillhaltefristen gemäß § 3. Sie sind lediglich so weit wie möglich zu berücksichtigen.

Zu Abs. 3:

Diese gegenüber dem NotifG neue Bestimmung regelt die Verpflichtung zum weiteren Vorgehen im Fall von ausführlichen Stellungnahmen. Sie setzt Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 und 4 der Richtlinie um und dient der Klarstellung dieser Verpflichtungen, die in der Verwaltungspraxis bei Vorschriften betreffend Erzeugnisse schon bisher eingehalten werden. Im Fall von ausführlichen Stellungnahmen ist jedenfalls eine schriftliche Antwort abzugeben.

Zu Abs. 4:

Dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten obliegt es, im Rahmen seiner zentralen Kompetenz zur Durchführung des gesamten Verfahrens für eine reibungslose Kommunikation mit der Europäischen Kommission zu sorgen.

Zu § 5:

Diese Bestimmung regelt Ausnahmen, die sich sowohl auf die Pflicht zur vorherigen Notifikation als auch auf die Stillhaltepflichten beziehen. Sie setzt Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie um. Sie entspricht § 4 NotifG, der um Regelungen für Vorschriften betreffend Dienste zu erweitern war.

Z 1 betrifft Vorschriften zur Umsetzung von Gemeinschaftsrecht und setzt Art. 10 Abs. 1, 1. Spiegel­strich, der Richtlinie um. Diese Regelung entspricht § 4 Z 1 NotifG und wird auf Vorschriften betreffend Dienste erweitert. In diesem Zusammenhang ist auf die Judikatur des EuGH (vgl. das Urteil vom 17. September 1996, Kommission/Italien – “Muschelgewässer”, Rs. C-289/94) hinzuweisen, wonach nur eine vollständige Umsetzung eines Gemeinschaftsrechtsaktes der Ausnahmebestimmung unterliegt. Eine nur teilweise Umsetzung, etwa durch eine nationale Regelung mit wesentlich beschränkterem Anwendungsbereich als der Gemeinschaftsrechtsakt, ist dagegen den Notifikations- und Stillhaltepflichten unterworfen.

Z 2 betrifft die Umsetzung von Verpflichtungen aus einem internationalen Übereinkommen in der gesamten Gemeinschaft. Diese Bestimmung setzt Art. 10 Abs. 1, 2. Spiegelstrich, um und entspricht § 4 Z 2 NotifG mit der erforderlichen Erweiterung für Vorschriften betreffend Dienste.

Z 3 betrifft die Inanspruchnahme von Schutzklauseln, Z 4 betrifft die Anpassung von Vorschriften an die Vorgaben eines Urteils des EuGH. Diese Bestimmungen setzen Art. 10 Abs. 1, 3. und 5. Spiegelstrich, der Richtlinie um und entsprechen § 4 Z 3 und 4 NotifG. Sie sind nun auch auf Vorschriften betreffend Dienste anwendbar.

Z 5 betrifft Vorschriften zur Beseitigung eines Hemmnisses für eine der Freiheiten auf dem Binnenmarkt. Diese Bestimmung setzt Art. 10 Abs. 1, 6. Spiegelstrich, der Richtlinie um und entspricht § 4 Z 5 NotifG, der auf Vorschriften betreffend Dienste erweitert wird.

Die Ausnahme in Z 6 setzt Art. 10 Abs. 1, 4. Spiegelstrich, der Richtlinie um. Sie entspricht § 4 Z 6 NotifG und berührt Vorschriften betreffend Dienste nicht.

Zu § 6:

Diese Bestimmung setzt Art. 12 der Richtlinie um. Auch diese Verpflichtung war bisher noch nicht ausdrücklich im NotifG festgelegt, obwohl sie in der Praxis weitgehend eingehalten wurde. Die Verwaltungspraxis hat gezeigt, daß ein entsprechender Hinweis schon im notifizierten Entwurf enthalten sein sollte, da die Kommission schon in diesem Stadium diesbezüglich eine klare Information haben möchte.

Aus Kompetenzgründen mußte die Einschränkung auf “den Text einer technischen Vorschrift im Anwen­dungsbereich dieses Bundesgesetzes” vorgenommen werden. Darunter sind Texte von Entwürfen und der endgültige Wortlaut von Verordnungen und technischen De-Facto-Vorschriften zu verstehen, die im Bereich der unmittelbaren oder mittelbaren Bundesverwaltung ausgearbeitet und erlassen werden. Weiters sind auch Texte von Gesetzesentwürfen, die im Bereich der Bundesverwaltung ausgearbeitet werden, im vorparlamentarischen Stadium erfaßt.

Zu § 7:

Diese Bestimmung faßt alle Vorschriften über die Behandlung von Entwürfen anderer Mitgliedstaaten zusammen.

Zu Abs. 1:

Diese Regelung, die § 5 Abs. 1 NotifG entspricht, legt genau fest, welches Datum in der Mitteilung an die zuständigen Stellen anzugeben ist, da dieses auch die dreimonatige Stillhaltefrist auslöst, innerhalb derer Österreich eine ausführliche Stellungnahme abgeben kann.

Zu Abs. 2:

Diese Regelung zu Auskünften über Entwürfe anderer Staaten entspricht § 5 Abs. 2 NotifG.

Zu Abs. 3:

In dieser Bestimmung wird das Vorgehen bei der Abgabe einer ausführlichen Stellungnahme oder von Bemerkungen Österreichs zu Entwürfen anderer Staaten geregelt. Sie entspricht dem bisherigen § 6 NotifG, unterscheidet aber nun klar zwischen diesen beiden Arten von schriftlichen Stellungnahmen Österreichs. Jedenfalls hat nach entsprechender Koordination nur eine einheitliche Stellungnahme Österreichs, entweder in Form einer ausführlichen Stellungnahme oder in Form von Bemerkungen, zu ergehen. Der führend zuständige Bundesminister ergibt sich aus dem Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. Nr. 76, in der jeweils geltenden Fassung. Die Koordination hat unter Beachtung von § 5 des Bundesministeriengesetzes 1986 zu erfolgen.

Zu Abs. 4:

Diese Bestimmung ist neu gegenüber dem NotifG und betrifft Einschränkungen beim Inhalt von ausführlichen Stellungnahmen und Bemerkungen. Der erste Satz setzt Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 6 der Richtlinie um, der bestimmte inhaltliche Vorgaben für alle Arten von Stellungnahmen der Mitgliedstaaten zu Entwürfen von technischen Vorschriften im Sinne von § 1 Abs. 2 Z 3 festlegt. Der zweite Satz setzt Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie um und betrifft den Inhalt von ausführlichen Stellungnahmen zu Vorschriften betreffend Dienste.

Zu § 8:

Diese Bestimmung über die vertrauliche Behandlung von Entwürfen anderer Staaten entspricht § 7 NotifG. Auch für Entwürfe österreichischer Vorschriften kann gemäß § 2 Abs. 8 eine vertrauliche Behandlung beantragt werden.

Zu Abs. 1:

Diese Regelung setzt Art. 8 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie um.

Zu Abs. 2:

Diese Bestimmung dient der Umsetzung von Teilen von Art. 6 Abs. 7 und von Art. 8 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie.

Zu § 9:

Diese Bestimmung bietet die Grundlage für eine Regelung des Notifikationsverfahrens für Normen. Sie setzt die Art. 2 bis 4 und 7 der Richtlinie um und entspricht § 8 NotifG. Da beide Normungsgremien in Österreich, das Österreichische Normungsinstitut und der Verband für Elektrotechnik, dem Bundes­minister für wirtschaftliche Angelegenheiten unterstehen, ist dieser auch zur Erlassung der maßgeblichen Verordnungsbestimmungen im Bereich des Notifikationsverfahrens zuständig. In Zukunft ist beabsichtigt, diese Regelung durch entsprechende gesetzliche Grundlagen in den betroffenen Materiengesetzen, nämlich dem Normengesetz und dem Elektrotechnikgesetz 1992, zu ersetzen.

Zu § 10:

Diese neue Bestimmung stellt klar, welche Richtlinie durch die Regelungen des Entwurfs umgesetzt wird.

Zu § 11:

Diese Bestimmung entspricht § 9 NotifG. Zu beachten ist dabei, daß der Kommissionsausschuß nun auch in besonderer Zusammensetzung über Fragen betreffend die Dienste der Informationsgesellschaft tagen wird. Dafür wird ein eigener Experte für Regelungen in diesem Bereich zu nominieren sein.

Zu § 12:

Diese Bestimmung enthält die Vollzugsklausel im Einklang mit dem Bundesministeriengesetz 1986.

Zu § 13:


Gemäß Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten die durch die Richtlinie 98/48/EG neu eingeführten Vorschriften über die Dienste der Informationsgesellschaft spätestens ab 5. August 1999 umzusetzen. Das Notifikationsgesetz 1999 sollte daher jedenfalls vor diesem Datum im Bundesgesetzblatt kundgemacht werden.

Zu den Anlagen:

Diese beiden Anlagen, die sich auf Vorschriften betreffend Dienste beziehen, bilden einen integrierenden Bestandteil des Bundesgesetzes.

Anlage 1 setzt den neuen Anhang V zur Richtlinie um und enthält eine beispielsweise Aufzählung von Diensten, die nicht unter die Definition von § 1 Abs. 1 Z 2 fallen. Die Anlage ist nach den drei Hauptmerkmalen der Definition der Dienste – “im Fernabsatz”, “elektronisch”, und “auf individuellen Abruf des Empfängers” – gegliedert und zählt jeweils Dienste auf, die einem bestimmten Merkmal nicht entsprechen. Im übrigen ist auf die Erläuterungen zu § 1 Abs. 1 Z 2 zu verweisen.

Anlage 2 setzt den neuen Anhang VI zur Richtlinie um. Diese Anlage zählt beispielsweise Finanzdienst­leistungen auf, die einer gemeinschaftsweiten Regelung unterliegen und daher vom Geltungsbereich des Bundesgesetzes gemäß § 1 Abs. 3 Z 5 ausgenommen sind. Die Aufzählung ist nicht abschließend.