197 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Verkehrsausschusses


über den Antrag 13/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria AG (Poststrukturgesetz – PTSG) 1996

Dem gegenständlichen Antrag ist folgende Begründung beigegeben:

Die gegenwärtige Regelung führt zur finanziellen Aushöhlung des Unternehmens „Post- und Telegraphenverwaltung“ und zum Abbau der Existenzgrundlage des Unternehmens.

Die Reform der Struktur des österreichischen Post- und Fernmeldewesens, als Vorbereitung auf den internationalen Wettbewerb und die Liberalisierung des Fernmeldesektors dient letztendlich dem Wohl des Wirtschaftsstandorts Österreich. Die Einleitung folgender Schritte verträgt keinen Aufschub.

         –   Schaffung der Post und Telekom Austria AG (PTA), einer nach Aktiengesellschaftsrecht gebildeten Holdinggesellschaft.

         –   Gründung von drei Tochtergesellschaften: Österreichische Telekom AG für den Bereich Telekommunikation, Österreichische Post Ges. m. b. H. für den Postdienst und Österreichische Postauto Ges. m. b. H. für die Verkehrsdienstleistungen.

         –   Mehrheitliche Privatisierung der drei Bereichsgesellschaften.

         –   Abschaffung der versteckten Steuerbelastung für die Österreicher durch überhöhte Telefongebühren.

         –   Einführung der Umsatzsteuerpflicht für alle Leistungen der Post und Telekom Austria AG und deren Bereichsgesellschaften mit dem begünstigten Steuersatz von 15%.

         –   Abschaffung des Quersubventionierungssystems.

         –   Verstärktes Engagement bei Forschung und Entwicklung mit sofortiger Beteiligungsmöglichkeit der Industrie.

Diese Strategie gibt dem Postsektor die Möglichkeit, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen und durch Beteiligungen sowohl neues Kapital zuzuführen als auch strategische Partnerschaften einzugehen. Diese evolutionäre Methode stärkt die wirtschaftliche Basis der drei Bereichsunternehmen und deren Chancen, auf zukünftigen Märkten zu bestehen.

Der Beitritt zur Europäischen Union verlangt von allen Unternehmen, sich auf die neuen Wettbewerbsbedingungen einzustellen. Gleiches gilt selbstverständlich verstärkt für die öffentliche Wirtschaft, insbesondere für die österreichische Post- und Telegraphenverwaltung. Durch Privatisierung, Stärkung der finanziellen Basis und Verbesserung der strategischen Position muß das Unternehmen auf die Liberalisierung des europäischen Telekommunikationsmarktes im Jahr 1998 vorbereitet werden. Dafür muß die Post zeitgerecht konkurrenzfähig gemacht werden. Der Sektor ist im Zuge der umwälzenden technischen Entwicklungen im Telekommunikationsbereich vollkommen neu zu organisieren, das heißt, die ersten konsequenten Schritte der Liberalisierung und Deregulierung müssen ohne Verzug erfolgen.

Aber auch die Tatsache, daß die PTA im Zuge der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes nur mehr ein Anbieter unter anderen sein wird, ändert nichts am öffentlichen Interesse hinsichtlich des Infrastruktur-Auftrages der Post, wofür immer wieder Investitionen notwendig sind, die sich nicht selbst tragen können. Das heißt, die Post hat Wettbewerbsnachteile gegenüber jenen Mitbewerbern zu gewärtigen, die sich (zunächst) nur auf das lukrative (Großkunden)geschäft konzentrieren. Es müssen also für die PTA Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es ihr ermöglichen, sowohl öffentliche Aufgaben wahrzunehmen als auch als modernes Dienstleistungsunternehmen wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Im Zuge der Uneinigkeit um die Höhe der an das Budget abzuführenden Mittel bestätigte sich die Befürchtung, daß die Neuregelung dieser Materie immer wieder verschleppt wurde. Mittlerweile sinkt aber die betriebswirtschaftlich reale Eigenkapitaldecke der Post existenzbedrohend und nähert sich der 15%-Grenze. Während also telekommunikativ erzielte Gewinne entweder direkt an den Bundeshaushalt abgeführt werden (sollen) oder die schlecht strukturierte, verlustbringende „gelbe Post“ quersubventionieren, werden dringend notwendige Investitionen – auch im Interesse des international wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandortes Österreich – teuer fremdfinanziert oder aufgeschoben.

Die Umsatzsteuerpflicht der neuen Gesellschaft soll auf alle Dienste, Monopol- und Wettbewerbsdienste, erstreckt werden. Derzeit ist die PTV als Teil des Bundesbudgets von der Umsatzsteuer befreit. Dafür entnimmt der Finanzminister bei einem Umsatz von jährlich 52 Milliarden Schilling im Schnitt etwa 7 Milliarden Schilling. Geht man von einer zukünftig europaweit einheitlichen Umsatzsteuer von 15% aus, so ergäbe allein dies jährlich 7,8 Milliarden Schilling. Diese Abgaben würden mit dem Wachstum des Fernmeldesektors tendenziell steigen. Darüber hinaus kann die Republik als Minderheitseigentümer der Bereichsunternehmen Einnahmen aus den Gewinnen dieser Unternehmen erwarten.

Im Ergebnis kann man die möglichen Einnahmen des Finanzministers mit 11,3 Milliarden Schilling pro Jahr schätzen. Weitere Abgaben wie Konzessionsgebühren und Lizenzen oder Zinsen für überlassenes Sachkapital würden die Gesellschaft finanziell aushöhlen und in kurzer Zeit zum Sanierungsfall machen. Deshalb werden diese Entnahmen ebenso wie die ebenfalls diskutierte Investitionsablöse strikt abgelehnt.

Die drei Bereiche der Post bilden ein inhomogenes Unternehmenskonglomerat. Kosmetische Korrekturen reichen bei diesen Strukturen keinesfalls aus. Vielmehr müssen grundlegend neue Wege beschritten werden. Deshalb sollen die Dienstleistungen der Post in drei Bereiche gegliedert und als getrennte Unternehmen geführt werden. Die Post und Telekom Austria AG soll als Holding für die Minderheitsbeteiligungen der Republik Österreich an folgenden drei Bereichsgesellschaften fungieren.

l   Österreichische Telekom AG

      Der gewinnbringendste Bereich der PTV (PTA) muß im 2. Schritt privatisiert werden. Wie in jedem anderen Unternehmen sollen lukrierte Gewinne in die eigene Zukunft reinvestiert werden. Die derzeitige finanzielle Aushöhlung der Post durch Abfuhr wesentlicher Gewinnteile oder finanzieller Mittel über die erwirtschafteten Gewinne hinaus an den Bundeshaushalt bei gleichzeitiger Fremdfinanzierung notwendiger Modernisierungen ist nicht nur teuer, sondern führt auch zu fehlender Flexibilität hinsichtlich anstehender Investitionsentscheidungen. Der Telekombetrieb könnte, befreit von „gelber Post“ und anderen Geldvernichtungsstrukturen, als hochprofitables Unternehmen mehr in die Infrastruktur und den Servicebereich investieren und zugleich die Preise senken.

      Auch sind positive Auswirkungen auf die Volkswirtschaft zu erwarten, weil einerseits mehr Geld in die Wirtschaft in Form von Investitionen zurückfließen könnte und neue Dienste auf Grund der Investitionen entstünden und andererseits Preissenkungen die Wirtschaft entlasten könnten, wobei der Umsatzverlust durch mehr Verkehr wettgemacht würde. Eine leistungsfähige und moderne Fernmeldeinfrastruktur ist eine wesentliche Voraussetzung für eine leistungsfähige Volkswirtschaft.

l   Österreichische Post Ges. m. b. H.

      Die gelbe Post wird durch Quersubventionen aus dem Telekommunikationsbereich finanziert. Eigener Erfolg ist dadurch nicht notwendig, und überholte Strukturen versteinern. Der Unternehmensbereich „gelbe Post“ ist organisatorisch und rechnungsmäßig vom Telekommunikationsbereich zu trennen und weitgehend nach unternehmerischen Grundsätzen zu führen. Die Verluste sind abzubauen, die Subventionspraxis ist einzustellen. Die strukturellen und personellen Voraussetzungen für ein selbständiges Unternehmen sind bereits in der Umstellungsphase zu schaffen.

l   Österreichische Postauto Ges. m. b. H.

      Die Neuorganisation des Verlustbringers „Postbusdienst“ aus den Aktivitäten der Post und die Fusion mit dem ÖBB-Busdienst sind Ziel dieser Regelungen. Das neu entstandene Unternehmen ist zu privatisieren, weil nicht mehr zu rechtfertigen ist, warum die Post als Personentransportunternehmer ohne Anreiz, Gewinne zu lukrieren, am Markt auftritt.

Anders als bei den ÖBB, kann also die PTA mit insgesamt etwa 57 000 Mitarbeitern in einen Busdienst, einen Brief-, Paket- und Gelddienst sowie einen Fernmeldedienst eingeteilt werden. Diese drei heterogenen Sparten, die kaum Synergieeffekte aufweisen, in einer gemeinsamen Gesellschaft zu belassen, ist weder eine betriebswirtschaftlich angezeigte noch politisch vernünftige Strategie.


Außerdem werden durch diese Strukturkontinuität die defizitären Sparten nicht saniert, weil der Fernmeldesektor soviel an Gewinn abwirft, daß damit die Defizite der anderen Bereiche kompensiert werden können. Diese Praxis ist eine nationalökonomisch unsinnige Umverteilung von Volksvermögen.

Insbesondere im Telekombereich sind institutionelle Anleger bereits jetzt an einer Beteiligung interessiert. Dieser Bereich ist daher in Form einer echten Aktiengesellschaft zu organisieren und auf seine Privatisierung vorzubereiten.

Die arbeitsrechtlichen Bestimmungen sollen dem privatwirtschaftlich üblichen Arbeitsrecht entsprechen. Dazu sind, schon aus Gründen der Rechtssicherheit, Übergangsregelungen unumgänglich. Perspektivisch müssen jedoch alle heute noch auf Grund des Beamtenstatus geltenden Regeln durch privatrechtliche Vorschriften ersetzt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt ist vor allem aber auch das verstärkte Engagement im Bereich „Forschung und Entwicklung“. Die Beteiligung an einschlägigen Unternehmungen ist ermöglicht. Die Beteiligung des Bundes an der Österreichischen Fernmeldetechnischen Entwicklungs- und Förderungsgesellschaft m. b. H. geht auf die PTA über. Dabei ist eine enge Partnerschaft mit der Industrie nicht nur erwünscht, sondern unumgängliche Voraussetzung.

Der Verkehrsausschuß hat den Antrag in seiner Sitzung am 19. Juni 1996 in Verhandlung gezogen. Nach einer Debatte, an der sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger, Mag. Helmut Kukacka und Rudolf Parnigoni beteiligten, fand der Antrag nicht die Mehrheit des Ausschusses.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1996 06 19

                        Dipl.-Ing. Richard Kaiser                                                       Rudolf Parnigoni

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann