2048 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Verkehrsausschusses

 

über den Antrag 934/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Hebung der Verkehrssicherheit für FußgängerInnen,

über den Antrag 949/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Verlängerung des Wochenendfahrverbotes für Lkw,

über den Antrag 1029/A(E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend Verbesserung der Sicherheit von Reisebussen und

über den Antrag 1101/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betref­fend nationales Verkehrssicherheitsprogramm “Sicherheit 2000”

 

Der am 5. November 1998 eingebrachte Entschließungsantrag 934/A(E) ist wie folgt begründet:

“FußgängerInnen sind als schwächste VerkehrsteilnehmerInnen besonderen Gefahren ausgesetzt. Dies zeigt auch die Unfallstatistik. Gegenüber einer Todesrate von 2% bei den Pkw-Insassen liegt die Todes­rate 1997 bei den FußgängerInnen bei über 3,3% (Institut für Unfallstatistik). Während der Anteil der FußgängerInnen an den im Straßenverkehr 1997 Verletzten 9% beträgt, macht er bei den Getöteten über 14% aus. Im eigentlichen Aufenthaltsraum der FußgängerInnen, dem Ortsgebiet, ist das Verhältnis noch ungünstiger. Hier beträgt der Anteil der verletzten FußgängerInnen bereits 18%, die der Getöteten 44% von den insgesamt in den Ortsgebieten Verletzten bzw. Getöteten. Daran zeigt sich der Stellenwert von innerörtlichen Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit für FußgängerInnen ganz deutlich.

Im Unterausschuß des Verkehrsausschusses zur Verkehrssicherheit wurde diese Problematik nicht behandelt, obwohl konkrete Vorschläge für legistische Maßnahmen (etwa von seiten des Verkehrsclubs Österreich) vorlagen.”

Der am 26. November 1998 eingebrachte Entschließungsantrag 949/A(E) ist wie folgt begründet:

“Die Straßentransport-Branche wurde von der 1993 verabschiedeten EU-Arbeitszeitrichtlinie ausge­nommen. Die gültige Arbeitszeitregelung auf EU-Ebene berücksichtigt nur die reinen Fahrzeiten, nicht aber die Gesamtarbeitszeit. Sie enthält viele Ausnahmen und wird in der Praxis wenig überprüft. Deshalb beträgt die Arbeitszeit von Berufskraftfahrern durchschnittlich 60 Stunden pro Woche. Dadurch gefährden die Lenker von Lkws nicht nur ihr eigenes Leben, sondern stellen auch ein hohes Risiko für alle Verkehrsteilnehmer dar. Somit sind diese unzumutbaren Bestimmungen gesamtgesellschaftlich untragbar. Der Internationale Dachverband der Verkehrsgewerkschaft (ITV) drängt auf eine Anhebung der Sicherheitsstandards und auf eine Begrenzung der Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden.

Einerseits gilt es deshalb die Einhaltung innerösterreichischer Arbeitszeitregelungen stärker zu kontrollie­ren, andererseits sind straßenverkehrspolitische Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine humane Arbeitszeitregelung gewährleisten. Dazu zählt alleine aus familienpolitischen Gründen das Recht auf ein freies Wochenende. Gerade durch die Forderung breiter gesellschaftlicher Kreise nach Einhaltung der Sonntagsruhe erhält die Ausdehnung des Fahrverbotes zusätzliche Bedeutung. Fahrverbote an Wochen­enden sind als nationalstaatliche Maßnahme zu werten und können unabhängig von der EU gestaltet werden.”

Der am 25. Februar 1999 eingebrachte Entschließungsantrag 1029/A(E) ist wie folgt begründet:

“Seit Jahren erschüttern Buskatastrophen die Öffentlichkeit, die jüngste Häufung derartiger Unfälle, speziell der eines Reisebusses in der Steiermark mit 18 Toten, zeigte einmal mehr die Dringlichkeit entsprechend konsequenter Maßnahmen auf.

Seit etwas mehr als einem Jahr ist für neu zuzulassende Busse in Österreich zwar die Ausrüstung mit Sicherheitsgurten vorgeschrieben, was zweifellos eine Verbesserung mit sich bringen kann, allerdings erst gegen Ende des nächsten Jahrzehntes wirklich zur Geltung kommen wird, da Busse im Vergleich zu PKW eine ziemlich lange Lebensdauer aufweisen.

In Anbetracht des großen Gefahrenpotentials erscheint daher eine Nachrüstung älterer Fahrzeuge dringend nötig, wobei klarerweise eine gewisse Übergangsfrist unvermeidlich sein wird.

Andererseits stellte sich bei der Erforschung der Unglücksursache heraus, daß die technischen Überprü­fungen eine erschreckend hohe Anzahl von Beanstandungen ergibt, obwohl die Einsatzorte der Prüfzüge im ausländischen Verkehrsfunk verraten und damit in ihrer Wirksamkeit behindert werden. Vor allem schockierte hier aber die Aussage der Prüfer, auch österreichische Fahrzeuge wiesen in vergleichbarer Zahl entsprechende Mängel auf, wie dies von den für ihren schlechten technischen Zustand berüchtigten Ost-KFZ bekannt ist. Dies stellt nun einerseits die Wirksamkeit der heimischen wiederkehrenden Begut­achtungen ernsthaft in Frage, vor allem aber wird damit klar, daß eine deutliche Verstärkung der Kontrolltätigkeit auf der Straße dringend erforderlich ist.”

Der am 20. Mai 1999 eingebrachte Entschließungsantrag 1101/A(E) ist wie folgt begründet:

“Jüngste Unfallzahlen dokumentieren leider in erschreckendem Umfang, daß Maßnahmen zur Verkehrs­sicherheit in Österreich leider nicht in ausreichendem Ausmaß getroffen wurden. Trotz der Einrichtung eines Unterausschusses wurden keinerlei zusätzliche und effiziente Schritte zur Anhebung der Verkehrs­sicherheit in Österreich unternommen. Im Gegenteil, einige geplante Änderungen im Führerscheingesetz liberalisieren bestehende Regelungen (Streichung des Sofortentzugs) und verschlechtern die Rahmenbe­dingungen für die Exekutive.

Im internationalen Vergleich schneidet Österreich im Bereich der Verkehrssicherheit nach wie vor schlecht ab, wie die Statistik zeigt:

Verunglückte je km Straße 1994 (KEG 1995, ÖSTAT 1995)

Österreich                   0,51

Schweiz                       0,27

Niederlande                0,27

Dänemark                    0,14

Die Ursache liegt im Fehlen eines zielorientierten Verkehrssicherheitsmanagements bzw. im Fehlen eines nationalen Verkehrssicherheitsprogramms. Der menschliche und ökonomische Preis für unsere Mobilität gilt unter Experten als viel zu hoch. Vor allem vor dem Hintergrund der Existenz eines ausgezeichneten Instrumentariums zur Hebung der Verkehrssicherheit.

Deshalb erscheint die Bündelung dieser Maßnahmen zu einem nationalen Verkehrssicherheitsprogramm ,Sicherheit 2000‘ unumgänglich, und zwar mit dem Ziel der Senkung der Zahl der Getöteten im Straßen­verkehr unter 1 000 pro Jahr.

Es soll folgende Schwerpunkte, gegliedert nach Humanbereich, technischer und legistischer Bereich, umfassen:

–   Ausbau der Verkehrserziehung,

–   Kampagne zur Verstärkung der sozialen Kontrolle gegenüber Verkehrsrowdies,

–   Verbesserungen der Fahraus- und Weiterbildung,

–   Verbot von Drogen am Steuer,

–   spezielle Verkehrssicherheitsmaßnahmen für Kinder und ältere Menschen,

–   Erstellung eines österreichweiten Verkehrs- und Unfalldatenpools,

–   Lokalisierung und Sanierung von Unfallhäufungspunkten,

–   Maßnahmen zur Geschwindigkeitsdämpfung und Verkehrsberuhigung,

–   vermehrte situationsbedingte Tempolimits,

–   Tempo 80/100,

–   Durchforstung des Schilderwalds,

–   Forcierung des Baus sicherer Kreuzungsbereiche,

–   verstärkter Schutz für Fußgänger und Radfahrer,

–   verbesserte Sicherheitsausstattung von Kraftfahrzeugen (zB Nebelschlußleuchte),

–   optimale Informationssysteme,

–   50% der Strafgelder für die Verkehrsüberwachung,

–   Einführung des Punkteführerscheins und einer ,Negativdatei‘,

–   bessere Kontrolle der Fahrzeiten beim Schwerverkehr.”

Der Verkehrsausschuß hat die erwähnten Entschließungsanträge in seiner Sitzung am 6. Juli 1999 in Verhandlung genommen.

 

Den Bericht zu den Anträgen 934/A(E), 949/A(E) und 1101/A(E) erstattete die Abgeordnete Dr. Gabriela Moser, zum Antrag 1029/A(E) berichtete der Abgeordnete Mag. Reinhard Firlinger.

Nach einer Debatte, an der sich die Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger, Mag. Thomas Barmüller, Brigitte Tegischer, Dr. Gabriela Moser, Gabriele Binder, Franz Lafer, Mag. Helmut Kukacka und Anton Blünegger sowie der Ausschußobmann Abgeordneter Rudolf Parnigoni beteiligten, fanden die Anträge 934/A(E), 949/A(E), 1029/A(E) und 1101/A(E) jeweils nicht die Mehrheit des Ausschusses.

Auf Antrag der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Mag. Helmut Kukacka beschloß der Ausschuß mit Mehrheit, dem Nationalrat einen Entschließungsantrag betreffend die Weiterbehandlung der Anträge 934/A(E), 949/A(E), 1029/A(E) und 1101/A(E) in einer Expertenarbeitsgruppe des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr vorzulegen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 1999 07 06

                             Helmut Dietachmayr                                                            Rudolf Parnigoni

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Entschließung

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, der bestehenden Expertenarbeitsgruppe zur Novellierung des Führerscheingesetzes sowie der Straßenverkehrsordnung die Anträge

–   934/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Hebung der Verkehrs­sicherheit für FußgängerInnen,

–   949/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend Verlängerung des Wochenendfahrverbotes für Lkw,

–   1029/A(E) der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend Verbesserung der Sicherheit von Reisebussen,

–   1101/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen betref­fend nationales Verkehrs­sicherheitsprogramm “Sicherheit 2000”

zuzumitteln und allfällige Vorschläge für notwendige Gesetzesvorschläge zur Hebung der Verkehrs­sicherheit auszuarbeiten; dies betrifft insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit für Fußgänger und Kinder sowie technische Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheit in Reise­bussen.