317 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 13. 9. 1996

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz und das Einführungsgesetz zum Strafvollzugsgesetz geändert werden (Strafvollzugsgesetznovelle 1996)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderungen des Strafvollzugsgesetzes

Das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 624/1994, wird wie folgt geändert:

1. Im dritten Teil hat die Überschrift des zweiten Unterabschnittes im ersten Abschnitt zu lauten:

„Vollzugsbehörden, Aufsicht und innere Revision“.

2. Im § 13 Abs. 2 hat der zweite Satz zu lauten:

„Ihm stehen ferner nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Aufsicht über den gesamten Vollzug und die Einrichtung dessen innerer Revision sowie die in den §§ 10, 18, 24, 25, 64, 69, 78, 84, 97, 101, 116, 121, 134 und 135 vorgesehenen Verfügungen und Entscheidungen zu, hinsichtlich der Strafvollzugsanstalten auch die im § 12 Abs. 2 vorgesehenen Verfügungen und Entscheidungen.“

3. Nach dem § 14 wird folgende Bestimmung eingefügt:

Innere Revision des Strafvollzuges

§ 14a. (1) Zur Sicherstellung einer gesetzmäßigen, zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Vollziehung hat das Bundesministerium für Justiz eine innere Revision einzurichten, die in allen Anstalten und bei den Vollzugsoberbehörden regelmäßig Untersuchungen durchzuführen hat.

(2) Die innere Revision hat unter besonderer Bedachtnahme auf die Wahrung der Menschenwürde die Realisierung der Vollzugszwecke, die Gestaltung des Vollzuges, die Effizienz und die Funktionstüchtigkeit des Anstaltsbetriebes und der Vollzugsoberbehörden, die aufbau- und ablauforganisatorischen Gegebenheiten, die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung sowie das Erscheinungsbild zu untersuchen, Abweichungen von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der darauf gegründeten Vorschriften und Anordnungen festzustellen, ihre Ursachen zu analysieren, auf Grund der Ergebnisse die untersuchte Anstalt oder Vollzugsoberbehörde zu beraten, über die Ergebnisse einen Bericht abzufassen und dabei

        1.   Empfehlungen, die sich auch auf die Wahrnehmung der Aufsicht selbst zu beziehen haben, an die Aufsichtsorgane zu richten und

        2.   Vorschläge für eine zweckentsprechendere Aufgabenerfüllung unmittelbar an den Bundesminister für Justiz zu erstatten.

(3) Der Bundesminister für Justiz ist ermächtigt, durch Verordnung die nähere Organisation der inneren Revision, insbesondere die Zuordnung und Ausgestaltung der Revisionseinrichtung und die Berufung und Stellung der Revisionsorgane, zu regeln.“

4. Dem § 96 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Eine inhaltliche Überprüfung der von diesen Besuchern mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nur in den Fällen des § 90b Abs. 3 Z 2 lit. b und c zulässig.“

5. Im § 101 treten an die Stelle des bisherigen Abs. 4 folgende Abs. 4 und 5:

„(4) Die Strafvollzugsbediensteten sind ermächtigt, Personen, die nicht in der Anstalt beschäftigt sind, im Anstaltsbereich zu durchsuchen, sofern diese im begründeten Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach Art. VII Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafvollzugsgesetz stehen oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie einen Gegenstand bei sich haben, von dem sonst eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Strafvollzuges ausgeht. Im übrigen sind Fahrzeuge, Taschen und sonstige Behältnisse, die in den Anstaltsbereich gebracht oder von dort herausgebracht werden, wenigstens stichprobenweise zu durchsuchen.

(5) Die Anwendung unmittelbaren Zwanges zur Durchsetzung einer Durchsuchung nach Abs. 4 ist nur zulässig, wenn eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Strafvollzuges nicht mit anderen Mitteln abgewendet werden kann. Personsdurchsuchungen sind von Bediensteten des Geschlechts der zu durchsuchenden Person und möglichst schonend durchzuführen. Die Strafvollzugsbediensteten haben sich dabei auf eine Durchsuchung der Kleidung und eine Besichtigung des Körpers zu beschränken, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, die zu durchsuchende Person habe einen Gegenstand in ihrem Körper versteckt; in solchen Fällen ist mit der Durchsuchung ein Arzt zu betrauen.“

6. § 102 Abs. 2 hat zu lauten:

„(2) Die Strafgefangenen sind auch in der Freizeit und Ruhezeit in den ihnen zum Aufenthalt zugewiesenen Räumen unvermutet zu beobachten oder aufzusuchen. Zu diesem Zweck können diese Räume auch während der Nachtruhe vorübergehend beleuchtet werden. Die Strafgefangenen, ihre Sachen und die von ihnen benutzten Räume sind von Zeit zu Zeit zu durchsuchen. Durchsuchungen sind möglichst schonend, Personsdurchsuchungen von Bediensteten des Geschlechts des Strafgefangenen durchzuführen. § 101 Abs. 5 letzter Satz gilt entsprechend. Die mit einer Entblößung verbundene körperliche Durchsuchung ist in Anwesenheit zweier Bediensteter des Geschlechtes des Strafgefangenen und in Abwesenheit von Mitgefangenen und Personen des anderen Geschlechtes durchzuführen.“

7. § 104 Abs. 1 Z 5 hat zu lauten:

       „5.   zur Überwindung einer sonstigen die Sicherheit und Ordnung des Strafvollzuges gefährdenden Nichtbefolgung einer Anordnung.“

8. Im § 105 haben die Abs. 2 und 3 zu lauten:

„(2) Dienstwaffen sind Gummiknüppel und Faustfeuerwaffen, für den Postendienst in Anstalten, in denen dies im Hinblick auf die große Zahl oder die besondere Gefährlichkeit dort angehaltener Strafgefangener erforderlich erscheint, auch Langfeuerwaffen. In Anstalten, in denen dies im Hinblick auf die Zahl der dort angehaltenen Strafgefangenen mit den Grundsätzen einer zweckmäßigen Verwaltung vereinbar ist, können auch andere Waffen von der Art der Dienstwaffen der Bundespolizei vorrätig gehalten werden.

(3) Die Strafvollzugsbediensteten dürfen von ihren Waffen nur in den Fällen des § 104 Abs. 1 Z 1 bis 4 Gebrauch machen. Von Dienstwaffen, die nicht Gummiknüppel, Faustfeuerwaffen oder Langfeuerwaffen sind, darf nur auf Anordnung des Anstaltsleiters Gebrauch gemacht werden. Kann die Entscheidung des Anstaltsleiters nicht rechtzeitig getroffen werden und ist Gefahr im Verzuge, kommt die Entscheidungsbefugnis dem ranghöchsten Strafvollzugsbediensteten zu.“

9. Nach dem § 105 wird folgender § 105a eingefügt:

Wegweisung Unbeteiligter

§ 105a. Die Strafvollzugsbediensteten, die Strafgefangene auszuführen, zu überstellen oder außerhalb der Anstalt zu bewachen haben, sind ermächtigt, Unbeteiligte aus der unmittelbaren Umgebung eines Strafgefangenen wegzuweisen, soweit dies zum Schutz des Strafgefangenen oder zur Hintanhaltung der Behinderung einer Amtshandlung erforderlich ist.“

10. § 106 wird wie folgt geändert:

a) An die Stelle des bisherigen Abs. 1 treten folgende Abs. 1 und 2:

„(1) Ein Strafgefangener, der flüchtet, ist, soweit dies ohne Vernachlässigung der Aufsicht über andere Strafgefangene geschehen kann, unverzüglich und nachdrücklich zu verfolgen und wieder einzubringen. Die Strafvollzugsbediensteten sind ermächtigt, im Zuge der Nacheile Grundstücke und Räume zu betreten, sofern dies zur Wiedereinbringung des flüchtenden Strafgefangenen erforderlich ist, sowie Grundstücke, Räume und Kraftfahrzeuge nach dem flüchtenden Strafgefangenen zu durchsuchen, sofern auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß dieser sich dort aufhält. Für Durchsuchungen gelten die Bestimmungen der §§ 141 Abs. 3 sowie 142 Abs. 1 und 2 StPO sinngemäß. Auch beim Betreten von Grundstücken und Räumen haben die Strafvollzugsbediensteten mit Vermeidung unnötigen Aufsehens, jeder nicht unumgänglich nötigen Belästigung oder Störung betroffener Personen sowie mit möglichster Schonung ihres Rufes vorzugehen.


(2) Kann man eines geflohenen Strafgefangenen nicht sogleich habhaft werden, so hat der Anstaltsleiter im Wege der nächsten Sicherheitsbehörde oder -dienststelle die Fahndung zu erwirken und rechtzeitig die Ausschreibung zur Festnahme zu beantragen.“

b) Der bisherige Abs. 2 erhält die Absatzbezeichnung „(3)“.

11. Dem § 181 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Die §§ 13 Abs. 2, 14a, 96 Abs. 2, 101 Abs. 4 und 5, 102 Abs. 2, 104 Abs. 1 Z 5, 105 Abs. 2 und 3, 105a und 106 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. ../1996 treten mit 1. Jänner 1997 in Kraft.“

Artikel II

Änderungen des Einführungsgesetzes zum Strafvollzugsgesetz

Art. VII des Einführungsgesetzes zum Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 145/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 605/1987, wird wie folgt geändert:

1. An die Stelle der bisherigen Abs. 1 und 2 tritt folgender Abs. 1:

„(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10 000 S zu bestrafen, wer vorsätzlich in ungesetzlicher Weise

        1.   mit einer Person, die sich in vorläufiger Verwahrung oder in ordentlicher Untersuchungshaft befindet, mit einem Strafgefangenen oder einem in einer Justizanstalt zum Vollzug einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme Untergebrachten schriftlich oder mündlich verkehrt oder sich auf andere Weise verständigt oder

        2.   Geld oder Gegenstände einer der in der Z 1 bezeichneten Personen übermittelt oder von einer solchen Person empfängt.“

2

2. Der bisherige Abs. 3 erhält die Absatzbezeichnung „(2)“. Vor dem bisherigen Abs. 4, der die Absatzbezeichnung „(5)“ erhält, werden folgende Abs. 3 und 4 eingefügt:

„(3) Die Strafvollzugsbediensteten sind zur Feststellung der Identität einer bei einer Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 auf frischer Tat betretenen Person ermächtigt. Die Bestimmungen des § 35 Abs. 2 und 3 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, gelten sinngemäß.

(4) Ist die Identität einer bei einer Verwaltungsübertretung nach Abs. 1 auf frischer Tat betretenen Person nicht feststellbar, so dürfen die Strafvollzugsbediensteten die Person zum Zweck ihrer unverzüglichen Vorführung vor die Behörde (Abs. 5) festnehmen, soweit diese Maßnahme zu Art und Gewicht der Verwaltungsübertretung nicht außer Verhältnis steht.“

Artikel III

Inkrafttreten

Das Inkrafttreten des Art. I ist in Art. I Z 11 geregelt. Art. II tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft.

vorblatt

Probleme:

         –   Bestehende Unsicherheiten und Regelungsdefizite hinsichtlich der Befugnisse der Strafvollzugsbediensteten führen in der Praxis mitunter zu Problemen bei der Ausübung der insbesondere den Angehörigen der Justizwache übertragenen Sicherungsaufgaben.

         –   Das bestehende Inspektionswesen für die Justizanstalten stellt in erster Linie ein Instrument der Dienstaufsicht dar.

Ziele:

         –   Präzisierung der Rechtsgrundlagen für die Ausübung der Befugnisse der Strafvollzugsbediensteten, um ein höheres Maß an Rechtssicherheit zu schaffen, und angemessene Erweiterung der Befugnisse im Interesse der Sicherheit des Strafvollzuges.

         –   Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Etablierung einer effektiven inneren Revision für den Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzuges, die an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ausgerichtet ist und dem professionellen Verständnis einer zeitgemäßen Verwaltungstätigkeit und Vollzugspraxis entspricht sowie zur Initiierung notwendiger Verbesserungen im Strafvollzug beiträgt.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Die Änderungen im Bereich der Befugnisse der Strafvollzugsbediensteten werden keinen Mehraufwand verursachen. Die Einrichtung einer inneren Revision kann je nach endgültiger organisatorischer Ausgestaltung mit einer geringfügigen Erhöhung der Personalkosten verbunden sein, die jedoch durch die erzielbare Effizienzsteigerung mehr als ausgeglichen werden sollte.

EU-Konformität:

Rechtsvorschriften der EU im Bereich des Strafvollzugsrechtes bestehen nicht.

Erläuterungen

I. Allgemeines


1. Am 1. Jänner 1994 ist die Strafvollzugsnovelle 1993, BGBl. Nr. 799, in Kraft getreten. Einer der Ausgangspunkte der Reform war die Regierungserklärung für die XVIII. Gesetzgebungsperiode vom 18. Dezember 1990, in der es unter anderem hieß, daß „der Strafvollzug im Lichte der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze neu zu gestalten“ sei. Wesentliche Bestandteile der Novelle waren die Neuregelung der Arbeitsvergütung der Strafgefangenen sowie deren Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherung und die Abschaffung des sog. Stufenvollzuges. Zusammen mit einer Reihe weiterer Neuerungen stellte die Novelle die bislang umfangreichste Änderung des österreichischen Strafvollzugsrechts seit dem Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes am 1. Jänner 1970 dar.

Dessen ungeachtet wurde sowohl in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (946 BlgNR XVIII. GP, vgl. hier: 16) als auch im Bericht des Justizausschusses (1253 BlgNR XVIII. GP, vgl. hier: 2) betont, daß diese Reform nur einen, wenn auch wichtigen, Schritt in Richtung einer umfassenden Neugestaltung des Vollzuges bedeute, dem weitere zu folgen hätten. Namentlich nannte der Ju­stiz­ausschußbericht die mit einer weiteren Anhebung der (Brutto-)Arbeitsvergütung verbundene Einbeziehung der Strafgefangenen in die gesetzliche Sozialversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung), die Neuordnung von Rechtsschutz und Kontrolle (einschließlich der externen) sowie eine Revision der Organisation des Vollzugswesens und der Befugnisse der Vollzugsbediensteten.

Manchen dieser Vorhaben stehen derzeit insbesondere mangelnde budgetäre Realisierungsmöglichkeiten entgegen (dies gilt insbesondere für die beabsichtigte Einbeziehung der Strafgefangenen in die Sozialversicherung), andere bedürfen vor einer legislativen Umsetzung noch weiterer Überlegungen (dies gilt etwa für die Neuordnung des Rechtsschutzes); ein dritter Bereich, nämlich die Verbesserung der Organisation des Vollzugswesens, ist – jedenfalls vorläufig – mit administrativen Mitteln abgedeckt worden (insbesondere durch Erlassung einer überarbeiteten und erweiterten Vollzugsordnung – VZO vom 22. Dezember 1995).

In zwei Bereichen seien mit dem vorliegenden Entwurf jedoch konkrete Änderungsvorschläge erstattet: Zum einen bedürfen die Befugnisse der Strafvollzugsbediensteten, vor allem der Angehörigen der Justizwache, im Hinblick auf die Erfordernisse der Vollzugspraxis einer Präzisierung bzw. Erweiterung; zum anderen soll zum Zwecke einer möglichst effizienten Ausgestaltung des Kontrollwesens auch für den Strafvollzug eine innere Revision gesetzlich verankert werden.

2. Diese Neuerungen setzen den mit der Strafvollzugsnovelle 1993 eingeschlagenen Weg der Neugestaltung des Strafvollzugs im Lichte der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze fort. Schon in der Präambel dieser europäischen Fassung der internationalen Mindestgrundsätze für die Behandlung der Gefangenen heißt es, daß darin „das Schwergewicht auf das Gebot der Menschenwürde, auf die Verpflichtung der Vollzugsverwaltung zu menschlicher und förderlicher Behandlung,“ aber auch auf „die Bedeutung des Berufsbildes des Vollzugspersonals und einer wirksamen, modernen Verwaltung gelegt“ wird.

In bezug auf die Arbeitssituation der Strafvollzugsbediensteten gehen die Zielvorstellungen der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze dahin, „beim Vollzugspersonal eine Berufsauffassung zu fördern, die den wichtigen sozialen und moralischen Anforderungen ihrer Arbeit gerecht wird, und Bedingungen zu schaffen, unter denen sie das beste für die Gesellschaft, für die ihnen anvertrauten Gefangenen und für ihre eigene berufliche Zufriedenheit leisten können“. Einen Teilaspekt stellen dabei angemessene, möglichst klar umrissene Befugnisse der Strafvollzugsbediensteten bei der Ausübung der ihnen übertragenen Sicherungsaufgaben dar. Nun sieht zwar das Strafvollzugsgesetz in den §§ 101 ff. die in diesem Zusammenhang wesentlichen Befugnisse schon derzeit vor, doch ergeben sich – worauf insbesondere die Personalvertretung der Justizwache hingewiesen hat – in der Praxis mitunter Probleme, etwa im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Beiziehung von Sicherheitsorganen bei der Durchsuchung von Besuchern, oder es bestehen Unsicherheiten bzw. Regelungsdefizite, etwa was den Umfang der Befugnisse bei der Verfolgung flüchtender Strafgefangener betrifft. Ziel des vorliegenden Entwurfes ist es, einerseits durch Präzisierung der Rechtsgrundlagen für mehr Klarheit bei der Ausübung der Befugnisse – und damit auch für mehr Rechtssicherheit sowohl für die die Befugnisse Ausübenden als auch für die davon Betroffenen – zu sorgen, und andererseits die Befugnisse im Interesse der Sicherheit im Strafvollzug im weitesten Sinn (also nicht nur in den Justizanstalten selbst, sondern – soweit ein enger sachlicher Zusammenhang mit dem Vollzug gegeben ist, wie dies bei der Ausführung von Strafgefangenen oder bei einer unmittelbaren Nacheile der Fall ist – auch außerhalb derselben) angemessen zu erweitern.

3. Wenn in der Präambel der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze als ein weiteres Ziel genannt ist, „realistische Grundlagen zu liefern, nach denen die Vollzugsverwaltungen und die Kontrollorgane beurteilen können, was erreicht wurde und wie weitere Fortschritte erzielt werden können“, so deckt sich diese Zielvorstellung mit den Intentionen des zweiten Vorhabens des Entwurfes, nämlich der gesetzlichen Verankerung der inneren Revision. Dadurch soll der notwendige rechtliche Rahmen für ein über die bereits bestehenden und als ungenügend empfundenen Kontrollmöglichkeiten hinausgehendes, einem modernen Verwaltungsverständnis entsprechendes Revisionswesen für den Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzuges geschaffen werden, der die Aufgaben und Ziele der Revisionstätigkeit festlegt und die organisatorische Ausgestaltung der Revision sichert.

4. Dem Entwurf liegt der im Lichte der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens überarbeitete Ministerialentwurf zugrunde. Schon im Begutachtungsentwurf waren neben der Verankerung der inneren Revision insbesondere die Schaffung von Befugnissen zur unmittelbaren Durchsuchung, Identitätsfeststellung und allfälligen Festnahme von Besuchern durch Strafvollzugsbedienstete, die Etablierung eines Wegweiserechtes sowie Erleichterungen im Bereich der Nacheile vorgesehen. Darüber hinaus enthält der Entwurf nunmehr auch einige (zusätzliche) Änderungsvorschläge, die auf entsprechende Anregungen aus der Praxis im Rahmen der Begutachtung zurückgehen. Das betrifft etwa den Vorschlag auf Erweiterung des Dienstwaffenbegriffes  des § 105 Abs. 2 StVG um Langfeuerwaffen für den Postendienst in bestimmten Anstalten. Im Zusammenhang mit den neu vorgesehenen Exekutivbefugnissen, die teilweise an die Verwaltungsstrafbestimmung des Art. VII EGStVG anknüpfen, wird eine Neufassung derselben vorgeschlagen, die neben der Einfügung einer Subsidiaritätsklausel auch eine Straffung des Tatbestandes beinhaltet.

5. Zu den finanziellen Auswirkungen:

Die vorgeschlagene Präzisierung und Erweiterung der Befugnisse der Strafvollzugsbediensteten wird keinen administrativen oder personellen Mehraufwand verursachen. Die Etablierung einer inneren Revision des Strafvollzuges kann – je nach deren endgültiger organisatorischer Ausgestaltung – zu einer geringfügigen Erhöhung der Personalkosten führen. Beide Vorhaben lassen eine Steigerung der Effizienz bei der Aufgabenerfüllung im Vollzug erwarten, welche die mit einer geringen Personalvermehrung verbundenen Kosten zumindest kompensieren wird.

6. Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

II. Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Art. I (Änderungen des Strafvollzugsgesetzes)

Vorbemerkungen zu Art. I Z 1 bis 3 (§§ 13 Abs. 2 und 14a StVG):

Zu den wichtigen Instrumenten moderner Unternehmensleitung gehört die innere Revision. In der Betriebswirtschaft versteht man darunter eine im Auftrag der Unternehmensleitung handelnde, von den laufenden betrieblichen Leistungserstellungsprozessen losgelöste, der Leitung berichtende Überwachung aller nachgeordneten Funktionsbereiche durch Unternehmensangehörige, die außerhalb der dort maßgebenden Weisungs- und Unterordnungsverhältnisse stehen. Im klassischen Sinn ist die innere Revision eine Prüfung im nachhinein. Der Ist-Zustand des Prüfungsgegenstands wird festgestellt und mit dem durch die Vorschriften der Unternehmensleitung oder durch sonstige Regelungen vorgegebenen Soll-Zustand verglichen. Auf die Feststellung von eventuellen Abweichungen folgt die Ermittlung und Analyse der Abweichungsursachen und schließlich der Bericht an die Unternehmensleitung. In den letzten Jahrzehnten hat die Beratungs- und Vorschlagstätigkeit der inneren Revision an Bedeutung gewonnen: Nicht nur die Unternehmensleitung, sondern auch die geprüften Einheiten werden beraten, und es werden der Unternehmensleitung Verbesserungsvorschläge erstattet. Zugleich hat sich die innere Revision von einer bloßen Ordnungsmäßigkeitsprüfung hin zu einer Systemrevision entwickelt, die auch die Soll-Vorgaben der aufbauorganisatorischen Strukturen und der ablauforganisatorischen Gegebenheiten im Hinblick auf Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung hinterfragt, Schwachstellen im System aufspürt und erforderlichenfalls eine Verbesserung der Soll-Vorgaben vorschlägt.

In jüngerer Zeit hat die Systemrevision als Instrument der Verwaltungsreform auch in den Bereich der öffentlichen Verwaltung Eingang gefunden. Nach einem am 15. September 1981 vom Ministerrat beschlossenen „Konzept für die Neuordnung der (Innen-) Kontrolle in der Bundesverwaltung“ soll die innere Revision im Bereich der öffentlichen Verwaltung vor allem Systemrevision sein; diese Revisionsmethode ist am besten geeignet, Rationalisierungseffekte herbeizuführen und damit größere Fortschritte auf dem Gebiet der Verwaltungsreform zu erzielen. Zu diesem Zweck soll nach dem erwähnten Ministerratsbeschluß in der Präsidial- bzw. Zentralsektion jedes Bundesministeriums eine „Abteilung für innere Revision“ eingerichtet werden, deren Wirkungsbereich sich auf das gesamte Ressort erstreckt. Sie soll neben die bestehenden Einrichtungen der (inneren und äußeren) Kontrolle treten und diese koordinieren, sodaß ein umfassendes und effizientes Kontrollsystem entsteht. Im Gerichtsbereich sind mit den am 1. Juli 1994 in Kraft getretenen §§ 78a und 78b des Gerichtsorganisationsgesetzes die gesetzlichen Grundlagen für eine moderne, an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen orientierte innere Revision geschaffen worden. Mit dem seit September 1994 vorliegenden und seit dem 1. Jänner 1995 zwingend zu verwendenden Handbuch „Revision der Gerichte“ ist diesem Gesetzesauftrag entsprochen und ein umfassendes Revisionsinstrument vorgelegt worden.

Für den Strafvollzug sieht die am 24. Oktober 1986 zu JMZ 14.007/3-Pr 1/86 erlassene Revisionsordnung vor, daß die Aufgaben der inneren Revision im Verwaltungsbereich des Justizressorts durch die Abteilung V 7 des Bundesministeriums für Justiz im Rahmen der Inspektion der Anstalten des Straf- und Maßnahmenvollzugs wahrgenommen werden. Als Rechtsgrundlage für diese Inspektionen kann aber lediglich § 14 Abs. 2 StVG herangezogen werden; danach haben sich die Vollzugsbehörden vom gesamten Verwaltungs- und Vollzugsbetrieb in den von ihnen zu beaufsichtigenden Einrichtungen durch eigene Wahrnehmung Kenntnis zu verschaffen und zu diesem Zweck regelmäßig in den Anstalten Nachschau zu halten sowie wahrgenommene Mißstände abzustellen bzw. darüber den übergeordneten Vollzugsbehörden zu berichten.

Diese Situation ist nun insofern reformbedürftig, als die Zielrichtung der bisherigen Inspektionen (Nachschauen) schon nach dem Gesetzeswortlaut in der (bloßen) Ordnungsmäßigkeitsprüfung liegt und somit im wesentlichen nur den Bereich der Dienstaufsicht abdeckt. Aspekte einer (umfassenderen) Systemprüfung finden derzeit kaum Berücksichtigung. Im Rahmen der bisherigen Inspektionen (Nach­schauen) ist zwar auf diese Aspekte teilweise Bedacht genommen worden, doch bedarf es aus der Sicht eines modernen Revisionsverständnisses entsprechender Rechtsgrundlagen, welche die Aufgaben und Ziele der Revisionstätigkeit vorgeben und die organisatorische Ausgestaltung der Revision sichern. Die außerdem noch bestehende, im Rahmen der Gebarungs- und Verrechnungsprüfung ausgeübte Kontrolltätigkeit der Buchhaltung des Oberlandesgerichts kann eine innere Revision unterstützen, sie aber keinesfalls ersetzen. Dazu kommt, daß die derzeitigen Rechtsgrundlagen nicht klar zwischen (Dienst-)Aufsicht und innerer Revision unterscheiden, was aber schon deshalb notwendig ist, weil auch die Dienstaufsicht selbst (vermehrt) Gegenstand der Prüfung durch die innere Revision sein soll. Schließlich soll die gesetzliche Regelung auch Ausgangspunkt für weitere Festlegungen in bezug auf die Prüfungsplanung, Revisionsabwicklung, Berichterstattung und Ergebnisverfolgung sowie den Einsatz unterstützender Hilfsmittel und Methoden sein.

Zu Art. I Z 1:

Aus Gründen der besseren Übersicht ist die Überschrift für den zweiten Unterabschnitt des ersten Abschnittes im dritten Teil des StVG dem Regelungsinhalt anzupassen bzw. um den Begriff der inneren Revision zu erweitern.

Zu Art. I Z 2 (§ 13 Abs. 2 zweiter Satz StVG):

Der Einschub stellt klar, daß zu den Aufgaben der obersten Vollzugsbehörde auch die Wahrnehmung der inneren Revision des Strafvollzuges gehört.

Die teilweise Änderung der Paragraphenbezeichnungen, auf die verwiesen wird, stellt lediglich eine Anpassung an die geltende Rechtslage dar.

Zu Z 3 (§ 14a StVG):

Der § 14a verpflichtet die Strafvollzugsverwaltung zur Einrichtung einer inneren Revision, umschreibt deren Aufgaben und schafft die rechtlichen Voraussetzungen für ihre organisatiorische Ausgestaltung. Die Bestimmung soll sich, wie dem Abs. 1 zu entnehmen ist, sowohl auf den Bereich der Ju­stizanstalten als auch auf den der Vollzugsoberbehörden beziehen. Allgemeine Aufgabe der Revision ist demnach die Sicherstellung einer gesetzmäßigen, wirtschaftlichen, zweckmäßigen und sparsamen Verwaltung (vgl. hiezu die Grundsätze der Haushaltsführung nach Art. 51a B-VG, die Prüfungsziele des Rechnungshofs nach Art. 126 B-VG sowie die Aufgaben der inneren Revision nach § 7 Abs. 4 des Bundesministeriengesetzes). Weiteres allgemeines Kriterium der Aufgabenerfüllung der inneren Revision ist die Regelmäßigkeit der von ihr vorzunehmenden Untersuchungen.

Der Abs. 2 des § 14a umschreibt im einzelnen die Aufgaben der inneren Revision im Sinne der Grundsätze, die von der beim Bundesministerium für Justiz eingerichteten Arbeitsgruppe „Innenrevision-Strafvollzug“ entwickelt worden sind, und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen einer Systemrevision. Die – schwerpunktmäßig angeführten – Prüfungsfelder sind, ausgehend von der Anstaltssituation, die Realisierung der Vollzugszwecke, die Gestaltung des Vollzugs, die Effizienz der Vollzugsverwaltung, die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung sowie das (äußere) Erscheinungsbild der Anstalt. Zu untersuchen ist der Ist-Zustand der Aufbau- und Ablauforganisation; Ursachen allenfalls festgestellter Abweichungen vom Soll-Zustand sind zu analysieren. Als Soll-Zustand gilt dabei nicht bloß der dem Gesetz oder sonstigen Vorschriften, insbesondere den in die Erlaßevidenz aufgenommenen Vorschriften (Vollzugsdienst, Wirtschaftsverwaltung, allgemeine Organisation), entsprechende Zustand, maßgebend sind auch die übrigen im Abs. 1 angeführten Revisionsziele, also die Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – freilich immer unter entsprechender Berücksichtigung der besonderen Aufgaben des Strafvollzugs.

Die Achtung der Menschenwürde beim Umgang mit den Strafgefangenen ist an sich schon unter dem Gesichtspunkt des Prüfungsfeldes „Gestaltung des Vollzuges“ bzw. im Hinblick auf das allgemeine Revisionsziel „Gesetzmäßigkeit der Vollziehung“ zu evaluieren, schreibt doch § 22 Abs. 1 schon seit dem Inkrafttreten des StVG vor, daß die Strafgefangenen „mit Ruhe, Ernst und Festigkeit, gerecht sowie unter Achtung ihres Ehrgefühls und der Menschenwürde zu behandeln“ sind. Aber nicht nur die Tradition der Verankerung der Menschenwürde im StVG – es war seinerzeit das erste österreichische Justizgesetz, in das dieser Begriff Eingang gefunden hat – sondern auch deren permanente Herausforderung durch die besondere Grundrechtseingriffsintensität der Institution Strafvollzug lassen es geboten erscheinen, (auch) bei der inneren Revision in besonderem Maße auf ihre Wahrung in der Vollzugspraxis Bedacht zu nehmen. Es versteht sich von selbst, daß Achtung der Menschenwürde im vorliegenden Zusammenhang nicht bloß die Einhaltung des etwa durch Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention vorgegebenen Mindeststandards, sondern ganz allgemein einen grundrechtskonformen Vollzug meint.

Die Ergebnisse der Prüfung bieten zum einen Anlaß für eine – möglichst unmittelbar im Zuge der Prüfung vorzunehmende – Beratung der geprüften Organisationseinheit; diese Beratung wird häufig zur sofortigen Behebung von Mängeln oder zur Durchführung von Verbesserungen führen. Zum anderen ist im Rahmen der inneren Revision über das Ergebnis der Prüfung zu berichten. Wesentliche Elemente dieser Berichte sind Empfehlungen an die Organe der Dienst- und Fachaufsicht zur Setzung von Maßnahmen in ihrem Bereich (§ 14 StVG) sowie Vorschläge an den Bundesminister für Justiz, wie Aufgaben des Straf- und Maßnahmenvollzugs zweckentsprechender erfüllt werden könnten. Diese Vorschläge können und sollen auch legislative Maßnahmen umfassen.

Da im Unterschied zur Gerichtsrevision diese Vorschläge nicht vom Leitenden Visitator des Oberlandesgerichtes, sondern von einer Organisationseinheit des Bundesministeriums für Justiz stammen sollen, ist mit ihnen unmittelbar der Ressortleiter zu befassen. Die Zuleitung der Vorschläge wird im Dienstweg zu erfolgen haben, in dessen Rahmen auch Äußerungen abgegeben werden können. Da der § 14 StVG nur die Aufsicht über den Strafvollzug behandelt und sich demgemäß auch nur an die Aufsichtsorgane wendet, bedarf es keiner Änderung dieser Bestimmung, um die Aufsicht von der inneren Revision abzugrenzen.

Der Abs. 3 enthält eine an den Bundesminister für Justiz gerichtete Verordnungsermächtigung; danach soll dieser die Organisation der inneren Revision im Bereich des Straf- und Maßnahmenvollzugs mit Verordnung näher festzulegen haben. In der Verordnung wird vor allem die organisatorische Zuordnung der inneren Revision sowie die Stellung der Revisionsorgane zu regeln sein. Darüber hinaus werden in die Verordnung auch (grundsätzliche) Bestimmungen über die Auswahl und Bestellung der Revisionsorgane sowie über deren Kompetenzen  Befugnisse aufzunehmen sein, wobei zu bedenken ist, daß insgesamt 29 Justizanstalten und 17 Vollzugsoberbehörden in regelmäßigen Zeitabständen umfassend und wirksam revidiert und zudem die nötigen follow-up-Prüfungen durchgeführt werden müssen.

Zu Art. I Z 4 bis 6 (§§ 96 Abs. 2, 101 Abs. 4 und 5 und 102 Abs. 2 StVG):

1. § 101 Abs. 4 und 5 StVG:

Die vorgeschlagene Befugnis für Strafvollzugsbedienstete zur Durchsuchung von Personen orientiert sich an der Regelung des § 40 Abs. 2 und 4 des Sicherheitspolizeigesetzes. Sie umfaßt alle anstaltsfremden Personen, das sind Personen, die sich im Anstaltsbereich aufhalten, ohne in der Anstalt (ständig) beschäftigt zu sein. Daher fallen etwa auch Lieferanten, Bauarbeiter sowie sonstige Personen, die in der Anstalt im Auftrag von Firmen vorübergehend Arbeiten verrichten, unter die Durchsuchungsregelung.

Die Beschränkung auf den Anstaltsbereich dient einerseits der Vermeidung von Abgrenzungsproblemen zur Sicherheitspolizei und trägt andererseits den Erwägungen Rechnung, daß eine Durchsuchung Dritter durch Strafvollzugsbedienstete bei Außenaktivitäten ohnehin praktisch kaum durchführbar wäre und in diesen Fällen, insbesondere durch die in Art. I Z 9 des Entwurfes vorgeschlagene Wegweisungsbefugnis, andere Mittel zur Gefahrenabwehr zur Verfügung stehen.

Die Personsdurchsuchung ist grundsätzlich nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte in der Person des zu Durchsuchenden im Sinne eines begründeten Verdachtes in Richtung einer Verwaltungsübertretung nach Art. VII Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Strafvollzugsgesetz (ungesetzliche Übermittlung und Empfangnahme von Geld oder Gegenständen) oder sonst des Besitzes sicherheits- oder ordnungsgefährdender Gegenstände zulässig (§ 101 Abs. 4 erster Satz); somit auch bei einschlägigen (sicherheits- und ordnungsgefährdenden) gerichtlich strafbaren Handlungen, welche im Hinblick auf die mit der vorliegenden Novelle vorgeschlagene Einfügung einer Subsidiaritätsklausel im Art. VII EGStVG nicht mehr zugleich Verwaltungsübertretungen nach dieser Bestimmung darstellen werden. Im Hinblick auf die Strafbarkeit des Versuches – auch gemäß (nunmehr) Art. VII Abs. 2 EGStVG – genügt der Verdacht, daß die Ausführung einer hier relevanten Übertretung unmittelbar bevorsteht. Eine generelle Anordnung zur Personsdurchsuchung ist durch die vorgeschlagene Durchsuchungsregelung hingegen nicht gedeckt. Zugangskontrollen unter Verwendung technischer Hilfsmittel, denen nicht der Charakter einer körperlichen Durchsuchung anhaftet, (zB der Einsatz von Sicherheitsschleusen oder Metallsuchdetektoren) fallen nicht unter den Begriff der Personsdurchsuchung im Sinne der hier vorgeschlagenen Bestimmung, weshalb sie ohne die für diese vorgesehenen Beschränkungen erfolgen können.

Abweichend von § 40 Abs. 3 SPG wird davon ausgegangen, daß die Personsdurchsuchung im Sinne des vorgeschlagenen § 101 Abs. 4 erster Satz Taschen und (sonstige) Behältnisse, die der Betroffene bei sich hat, mitumfaßt. Zudem ergibt ein Größenschluß, daß die schon bisher bestehende Befugnis zur stichprobenweisen Durchsuchung solcher Behältnisse nach Abs. 4 zweiter Satz erst recht bei Vorliegen eines Verdachtes im Sinne des ersten Satzes eine Ermächtigung zur Durchsuchung in sich schließt. Fahrzeuge, Taschen und sonstige Behältnisse sind darüberhinaus – auch ohne Vorliegen konkreter Verdachtsmomente – wenigstens stichprobenweise zu durchsuchen. Daher ist diesbezüglich auch eine routinemäßige Kontrolle möglich, etwa im Rahmen einer allgemeinen Zugangskontrolle.

Eine zwangsweise Durchsetzung der Durchsuchungsbefugnis nach § 104 Abs. 1 Z 5 soll nach dem vorgeschlagenen § 101 Abs. 5 erster Satz nur zulässig sein, wenn eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Strafvollzuges nicht mit anderen, gelinderen Mitteln abgewendet werden kann, und steht darüber hinaus unter dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgebot des § 104 Abs. 2. An alternativen Maßnahmen kommen etwa die Verweigerung oder der Abbruch eines Besuches, die Durchsuchung eines Insassen nach einem Besuchskontakt oder die Verweisung, schließlich auch die zwangsweise Entfernung einer verdächtigen Person aus dem Anstaltsbereich in Betracht. Eine exekutive Durchsetzung der Durchsuchung wird im Fall der Weigerung des Betroffenen daher nur ganz ausnahmsweise und nur dann in Betracht kommen, wenn solche andere Maßnahmen zur Verhinderung einer konkreten Gefahr im Einzelfall nicht ausreichen (was etwa dann vorstellbar wäre, wenn eine Person im Anstaltsbereich eine Waffe bei sich hat und die Befürchtung besteht, sie werde davon unmittelbar Gebrauch machen). Eine zwangsweise Durchsuchung von Körperöffnungen des Betroffenen wird unter diesem Aspekt nie in Betracht kommen. Auch der bloße Verdacht, eine Person habe Geld oder sonstige Gegenstände bei sich, um diese einem Insassen entgegen den Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes zukommen zu lassen, rechtfertigt eine zwangsweise Durchsuchung nicht, zumal den daraus resultierenden Gefahren mit den sonst zur Verfügung stehenden Mitteln hinreichend begegnet werden kann.

Grundsätzlich soll nur eine Durchsuchung der Kleidung und eine Besichtigung des Körpers zulässig sein, welche unter größtmöglicher Schonung des Betroffenen zu erfolgen haben. Eine Durchsuchung von Körperöffnungen ist nur gerechtfertigt, wenn besondere Gründe für die Annahme sprechen, jemand habe einen Gegenstand in seinem Körper versteckt, und der Betroffene – nach dem oben Gesagten – der Durchsuchung zustimmt. Die Durchsuchung ist in diesem Fall einem Arzt vorbehalten. Besteht der konkrete Verdacht, daß jemand einen Gegenstand im Mund versteckt hat, so kann er von den Strafvollzugsbediensteten auch zum Öffnen des Mundes aufgefordert werden. Eine über das bloße Besichtigen der Mundhöhle hinausgehende Durchsuchung darf aber nur von einem Arzt vorgenommen werden.

2. § 102 Abs. 2 StVG:

Der Entwurf schlägt vor, die für die Personsdurchsuchung Dritter im neuen § 101 Abs. 5 vorgesehenen Kautelen grundsätzlich auch für die Durchsuchung von Strafgefangenen nach § 102 Abs. 2 vorzusehen. Demnach soll auch eine nicht mit einer körperlichen Entblößung verbundene Personsdurchsuchung eines Strafgefangenen nur von Bediensteten des Geschlechts des Strafgefangenen durchgeführt werden dürfen und eine Durchsuchung von Körperhöhlen nur bei Vorliegen besonderer Gründe im Sinne des vorgeschlagenen § 101 Abs. 5 letzter Satz durch einen Arzt zulässig sein. Für die bloße Besichtigung der Mundhöhle eines Strafgefangenen im Zuge einer Personsdurchsuchung ist die Zuziehung eines Arztes jedoch nicht erforderlich (siehe dazu schon die Erläuterungen zu § 101 Abs. 5).

Die in § 102 Abs. 2 festgelegten Bedingungen sollen für sämtliche Personsdurchsuchungen von Strafgefangenen nach dem Strafvollzugsgesetz gelten (etwa für solche nach § 98 Abs. 4).

3. § 96 Abs. 2 StVG:

Da auch der nach § 96 Abs. 1 privilegierte Personenkreis (Vertreter öffentlicher Stellen und von Betreuungsstellen sowie Rechtsbeistände) sowohl der vorgeschlagenen Durchsuchungsregelung als auch der bereits bestehenden Regelung des § 101 Abs. 4 in bezug auf Taschen und Behältnisse unterliegt, erscheint eine Beschränkung der inhaltlichen Kontrolle der von diesen Personen mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen erforderlich, um den ungehinderten Verkehr der Insassen mit diesen Personen im Rahmen der geltenden Regelung über den Schriftverkehr mit diesen zu gewährleisten. Der Entwurf schlägt daher in Ergänzung des bestehenden § 96 Abs. 2 vor, die Möglichkeit einer inhaltlichen Überprüfung analog der Regelung des § 90b Abs. 3 Z 2 lit. b und c zu beschränken. Eine solche Überprüfung soll demnach nur dann zulässig sein, wenn der begründete Verdacht besteht, daß der Inhalt der mitgeführten Schriftstücke oder sonstigen Unterlagen eine Gefahr für die Sicherheit der Anstalt darstellt oder den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung verwirklicht bzw. deren Vorbereitung dient. Ansonsten soll im Rahmen einer Durchsuchung nur eine Durchsicht derartiger Unterlagen möglich sein, die keine Kenntnis von deren Inhalt vermittelt, etwa eine Überprüfung durch Abtasten daraufhin, ob sie andere Gegenstände enthalten. Unter den „sonstigen Unterlagen“ sind Gegenstände zu verstehen, die einen gedanklichen Inhalt verkörpern, ohne Schriftstücke zu sein, wie insbesondere Tonträger oder Filme.

Zu Art. I Z 7 (§ 104 Abs. 1 Z 5 StVG):

Um die Möglichkeit einer zwangsweisen Durchsetzung der in § 105a (Art I Z 9) vorgesehenen Wegweisungsbefugnis der Strafvollzugsbediensteten sicherzustellen, wird eine entsprechende sprachliche Modifizierung des § 104 Abs. 1 Z 5 vorgeschlagen. Demnach soll die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei Nichtbefolgung einer Anordnung nicht nur bei Gefährdung der Ordnung in der Anstalt, sondern – in Anlehnung an die Textierung des § 101 Abs. 3 erster Satz – allgemein bei Gefährdung der Sicherheit und Ordnung des Strafvollzuges zulässig sein. Der Unterschied zu der sonst üblichen Wendung „Sicherheit und Ordnung in der Anstalt“ besteht lediglich darin, daß „Sicherheit und Ordnung des Strafvollzuges“ neben Sicherheit und Ordnung in der Anstalt auch Sicherheit und Ordnung anläßlich einer Amtshandlung von Strafvollzugsbediensteten außerhalb der Anstalt umfassen soll.

Zu Art. I Z 8 (§ 105 Abs. 2 und 3 StVG):

§ 105 Abs. 2 erster Satz StVG nennt in der geltenden Fassung lediglich Gummiknüppel und Faustfeuerwaffen als Dienstwaffen, nicht jedoch Langfeuerwaffen. Ausgehend von der Legaldefinition des § 3 WaffenG für Faustfeuerwaffen sind unter Langfeuerwaffen Schußwaffen (vgl. § 2 WaffenG) zu verstehen, bei denen die Geschosse durch Verbrennung eines Treibmittels ihren Antrieb erhalten und die eine Gesamtlänge von mehr als 60 cm aufweisen, insbesondere Karabiner.

Gemäß § 105 Abs. 2 zweiter Satz können in Anstalten, in denen dies im Hinblick auf die Zahl der dort angehaltenen Strafgefangenen mit den Grundsätzen einer zweckmäßigen Verwaltung vereinbar ist, auch andere Waffen (als Gummiknüppel und Faustfeuerwaffen) von der Art der Dienstwaffen der Polizei vorrätig gehalten werden; Langfeuerwaffen fallen derzeit in diese zweite Kategorie von möglichen Waffen im Vollzugsbereich.

Gebrauch gemacht werden darf von Langfeuerwaffen nach geltendem Recht – abgesehen davon, daß die sonstigen Voraussetzungen und Modalitäten nach § 105 Abs. 4 ff vorliegen bzw. eingehalten werden müssen – nur nach Maßgabe des § 105 Abs. 3 zweiter und dritter Satz, dh nur auf Anordnung des Anstaltsleiters bzw. (falls dieser die Anordnung nicht rechtzeitig treffen kann und Gefahr im Verzug herrscht) des ranghöchsten Strafvollzugsbediensteten.

KUNST hat dazu bereits in MKK StVG, Anm. 3 zu § 105, ausgeführt, daß die früher (vgl. FOREGGER-KUNST, MGA StVG, Anm. 4 zu § 105) vertretene Auffassung, andere Waffen als Faustfeuerwaffen und Gummiknüppel dürften erst geführt werden, sobald der Anstaltsleiter oder sein Vertreter im Hinblick auf eine durch die besonderen Umstände des Einzelfalles allenfalls bevorstehende Anordnung des Gebrauches dieser Waffen die Anordnung getroffen hat, diese Waffen aus dem Vorrat auszugeben, nicht zwingend sei. Vielmehr lasse das Gesetz auch die Auslegung zu, daß einzelne Bedienstete von vornherein mit anderen Waffen (der Bundespolizei) ausgerüstet werden dürfen und der Anstaltsleiter die Anordnung, daß unter bestimmten Voraussetzungen von diesen Waffen Gebrauch zu machen ist, nicht bloß im Einzelfall, sondern auch allgemein, treffen kann.

Ungeachtet dieser Klarstellung ist es in der Praxis dennoch zu Unsicherheiten und unterschiedlichen Handhabungen in bezug auf die Ausgabe und Führung von Langfeuerwaffen gekommen, was im Begutachtungsverfahren zur Artikulierung des Wunsches nach entsprechenden gesetzlichen Änderungen geführt hat; dem soll mit der vorgeschlagenen Ergänzung der Abs. 2 und 3 des § 105 Rechnung getragen werden.

Zum einen sollen Langfeuerwaffen in den Kreis der Dienstwaffen aufgenommen werden, allerdings nicht generell, sondern – den Bedürfnissen der Praxis angemessen – nur für den Postendienst in Anstalten, in denen dies im Hinblick auf die große Zahl oder die besondere Gefährlichkeit dort angehaltener Strafgefangener erforderlich erscheint. Im Hinblick auf die derzeitigen Insassenzahlen und Belagsstrukturen ist in erster Linie an die Justizanstalten Stein, Graz-Karlau und Garsten gedacht; durch die gewählte Formulierung soll jedoch für das für die Ausstattung zuständige Bundesministerium für Justiz eine hinreichende Flexibilität gewahrt werden.

Durch das doppelte Erforderlichkeitskorrektiv – hier im Abs. 2 bezüglich der Ausstattung einerseits sowie in bezug auf das aktuelle Führen der Waffen im Abs. 1 andererseits (die Waffenführungspflicht besteht danach nur, „soweit dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Anstalt geboten erscheint“) – ist auch gewährleistet, daß eine (partielle) Substituierung der Bewaffnung etwa durch technische Einrichtungen möglich ist.

Im Wege der Gleichstellung der Langfeuerwaffen als Dienstwaffen mit Gummiknüppeln und Faust­feuerwaffen in Abs. 3 soll schließlich gesetzlich klargestellt werden, daß der Gebrauch der Langfeuerwaffe keiner vorherigen Anordnung des Anstaltsleiters (oder des ranghöchsten Strafvollzugsbediensteten) bedarf. Generelle Regelungen des Anstaltsleiters oder des Bundesministeriums für Justiz im Zusammenhang mit dem Gebrauch der Waffen, etwa zur Ausfüllung des erwähnten Erforderlichkeitskorrektivs im Abs. 1 oder zur Konkretisierung der Abs. 4 ff., werden dadurch naturgemäß nicht ausgeschlossen und werden für den im übrigen eigenverantwortlich handelnden Posten (weiterhin) verbindlich sein.

Zu Art. I Z 9 (§105a StVG):

Die vorgeschlagene Befugnis der Strafvollzugsbediensteten zur Wegweisung Unbeteiligter, das heißt all jener Personen, die nicht an der Amtshandlung beteiligt sind, aus der unmittelbaren Umgebung eines Strafgefangenen orientiert sich an der Regelung des § 38 Abs. 1 SPG. Sie ermöglicht eine Wegweisung bei Behinderung einer (strafvollzugs)behördlichen Tätigkeit ebenso wie zum Schutz des Strafgefangenen. Letztere kann sich etwa dann als erforderlich erweisen, wenn unbeteiligte Personen, etwa Schaulustige, durch ihre Anwesenheit die Persönlichkeitssphäre des Strafgefangenen unzumutbar beeinträchtigen.

Im Begutachtungsentwurf war die Wegweisungsbefugnis nur bei Ausführungen und Überstellungen nach § 98 StVG vorgesehen. Im Begutachtungsverfahren zeigte sich, daß Unklarheiten darüber bestehen, ob durch die vorgeschlagene Formulierung sämtliche Bewachungstätigkeiten außerhalb der Anstalt, wie etwa auch die Bewachung eines Gefangenen während eines stationären Aufenthaltes in einer öffentlichen Krankenanstalt, erfaßt werden. Zur Klarstellung wurde die Regelung daher allgemein um anstaltsexterne Bewachungstätigkeiten ergänzt. Im Anstaltsbereich selbst (also etwa bei Vorführungen, bei denen dieser Bereich nicht verlassen wird) bedarf es im Hinblick auf das Hausrecht keiner (zusätzlichen) Wegweisungsbefugnis nach der hier vorgeschlagenen Bestimmung.

Die zwangsweise Durchsetzbarkeit einer Wegweisungsanordnung soll, wie vorstehend zu Art. I Z 7 ausgeführt, durch die vorgeschlagene Neufassung des § 104 Abs. 1 Z 5 gewährleistet werden. Im übrigen gilt auch für die zwangsweise Durchsetzung einer Wegweisungsanordnung § 104 Abs. 2. Demnach darf eine Gewaltanwendung grundsätzlich erst nach vorhergehender Androhung erfolgen und hat sich auf das notwendige Maß zu beschränken.

Zu Art. I Z 10 (§ 106 StVG):

Mit der vorgeschlagenen Neufassung des § 106 Abs. 1 soll den Strafvollzugsbediensteten eine Ermächtigung zum Betreten von Grundstücken und Räumen im Zuge der Verfolgung eines flüchtenden Strafgefangenen eingeräumt werden. Unter Flucht im Sinne dieser Bestimmung ist jede unerlaubte Entfernung eines Strafgefangenen sowohl aus dem geschlossenen Anstaltsbereich als auch bei Außenarbeiten, Ausführungen, Überstellungen sowie sonstigen (bewachten) Aufenthalten außerhalb der Anstalt zu verstehen.

Die Regelung orientiert sich an § 50 Fremdengesetz, § 39 SPG und § 142 Abs. 1 StPO. Sie ermöglicht das Betreten sowohl von privaten als auch von öffentlichen Grundstücken und Gebäuden und läßt grundsätzlich auch sogenannte „Abschneider“ über Grundstücke und Räumlichkeiten zu, in denen sich der flüchtende Strafgefangene nicht aufhält, wenn dies für die Wiedereinbringung desselben erforderlich ist.

Außerdem ermächtigt die Bestimmung zur Durchsuchung der im Zuge der Nacheile betretenen Objekte sowie von Fahrzeugen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden kann, daß sich der Strafgefangene dort aufhält. Für solche Durchsuchungen durch Strafvollzugsbedienstete zum Zweck der Auffindung und Wiedereinbringung des Flüchtenden gelten die Bestimmungen der §§ 141 Abs. 3 und 142 Abs. 1 und 2 StPO über die Hausdurchsuchung sinngemäß. Die Beiziehung eines Protokollführers und von Gerichtszeugen ist hingegen nicht erforderlich, da es sich bei Durchsuchungen im Zuge der unmittelbaren Verfolgung eines geflüchteten Strafgefangenen stets um Fälle der Gefahr im Verzug handeln wird, auf die die diesbezüglichen Bestimmungen der StPO grundsätzlich keine Anwendung finden. Aus demselben Grund wurde auch vom Erfordernis einer schriftlichen Ermächtigung zur Hausdurchsuchung abgesehen.

Mit der vorgeschlagenen Regelung ist keine Ausweitung der Befugnis der Strafvollzugsbediensteten zur eigenständigen Verfolgung geflüchteter Strafgefangener in zeitlicher Hinsicht verbunden. Wie bisher ist daher die Fahndung im Wege der nächsten Sicherheitsbehörde zu erwirken, wenn man des geflüchteten Strafgefangenen nicht sogleich – dh. in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Flucht – habhaft werden kann (Abs. 2).

Zu Art. II (Art. VII EGStVG):

1. Die Verwaltungsstrafbestimmung des Art. VII EGStVG sieht derzeit keine Subsidiaritätsklausel zugunsten einer allfälligen gerichtlichen Verfolgung eines Verdächtigen vor, wiewohl ein eintätiges Zusammentreffen zwischen einer nach dieser Bestimmung strafbaren Handlung und gerichtlich strafbaren Handlungen durchaus denkbar ist, insbesondere etwa im Bereich der ungesetzlichen Übermittlung von Gegenständen, wenn es sich dabei um Suchtgift handelt. Dadurch steht die Bestimmung in ihrer geltenden Fassung in einem Spannungsverhältnis zu dem in Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (in Österreich im Verfassungsrang) niedergelegten Grundsatz „ne bis in idem“. Im Lichte der jüngst erfolgten Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Fall GRADINGER (Urteil vom 23.10.1995, Nr. 33/1994/480/562; vgl. ÖJZ 1995, 954 ff. = ÖIMR Newsletter 1995, 195 f.) wegen eines Verstoßes gegen dieses Prinzip soll durch die vorgeschlagene Subsidiaritätsklausel nunmehr sichergestellt werden, daß für den Fall der Verwirklichung eines gerichtlichen Tatbestandes im Zuge eines unerlaubten Verkehrs nicht auch zugleich die Verwaltungsübertretung nach Art. VII EGStVG begangen wird und damit nur eine strafgerichtliche, nicht aber auch eine verwaltungsbehördliche Verfolgung (wegen ein und derselben Tat) in Betracht kommt.

2. Unter einem wird vorgeschlagen, den Tatbestand der Verwaltungsstrafbestimmung zu straffen und in einem Absatz zusammenzufassen. Dabei scheint ein Festhalten an der Tatbestandsvariante der gröblichen Anstandsverletzung entbehrlich zu sein, zumal schon mit der Strafvollzugsnovelle 1993, BGBl. Nr. 799, bei der Zurückbehaltung von Briefen auf dieses Kriterium verzichtet werden konnte, insbesondere aber weil gemäß §§ 95 iVm 94 Abs. 3 StVG Anstandsverletzungen ohnehin zum Besuchsabbruch führen können; dieser kann gemäß § 104 Abs. 1 Z 5 notfalls auch zwangsweise durchgesetzt werden. Schließlich kann bei drohender Gefahr für Sicherheit und Ordnung ein künftiger Besuch untersagt werden, sodaß das zur Verfügung stehende Sanktionenspektrum auch ohne diese (zusätzliche) Verwaltungsstrafdrohung als ausreichend angesehen werden kann.


Im Falle eines unerlaubten Verkehrs mit Strafgefangenen wird ein unmittelbares und rechtzeitiges Einschreiten von Organen der Sicherheitsbehörde häufig nicht möglich sein, weshalb den Strafvollzugsbediensteten zur Sicherung der Strafverfolgung in diesen Fällen eine Befugnis zur Feststellung der Identität und zur vorläufigen Festnahme eingeräumt werden soll. Voraussetzung bildet jeweils die Betretung auf frischer Tat (vgl. § 35 VStG), welche bereits ab dem Versuchsstadium möglich ist (nunmehr Art. VII Abs. 2 EGStVG).

In Anlehnung an § 35 SPG will der neue Abs. 3 die Strafvollzugsbediensteten zur Erfassung des Namens, des Geburtsdatums und der Wohnanschrift eines auf frischer Tat Betretenen ermächtigen, wobei allerdings auf das im § 35 Abs. 2 SPG enthaltene besondere Verhältnismäßigkeitskriterium („vom Anlaß gebotene Verläßlichkeit“) Bedacht zu nehmen ist. Die entsprechenden Duldungs- und Mitwirkungspflichten des Betroffenen ergeben sich aus der sinngemäß anzuwendenden Bestimmung des § 35 Abs. 3 SPG. Kommt der Betroffene dieser Verpflichtung nicht nach, kann die Identitätsfeststellung nach § 104 StVG auch zwangsweise durchgesetzt werden. Als Mittel zur Feststellung der Identität eines Menschen kommt insbesondere die Einsichtnahme in einen amtlichen Lichtbildausweis in Betracht, dessen Herausgabe im Rahmen der unmittelbaren Durchsetzung dieser Befugnis notfalls auch erzwungen werden kann.

Ist die Feststellung der Identität eines bei einer Verwaltungsübertretung nach Art. VII Abs. 1 auf frischer Tat Betretenen nicht möglich – etwa weil der Betroffene keinen Ausweis vorweisen kann und seine Identität auch auf andere Weise nicht mit der vom Anlaß gebotenen Verläßlichkeit (§ 35 Abs. 2 SPG) festgestellt werden kann – so ermächtigt der vorgeschlagene Abs. 4 die Strafvollzugsbediensteten, den Betretenen festzunehmen. Der Festnahmegrund entspricht im wesentlichen dem des § 35 Z 1 VStG und dient wie dieser dem ausschließlichen Zweck der unverzüglichen Vorführung des Betretenen vor die zuständige Behörde (Abs. 5) durch die Strafvollzugsbediensteten selbst oder durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, denen der Betretene übergeben wird. Das Erfordernis der Unverzüglichkeit gebietet, dabei jene Vorgangsweise zu wählen, bei der der Betretene am raschesten vorgeführt werden kann. Die Übernahme des Betretenen durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bewirkt keine neuerliche Festnahme durch diese. Die 24stündige Anhaltefrist des § 36 Abs. 1 VStG beginnt daher auch in diesen Fällen mit der Festnahme durch die Strafvollzugsbediensteten zu laufen.

Die Maßnahme der Festnahme darf nicht außer Verhältnis zur konkreten Verwaltungsübertretung stehen. So wird das bloße Einschmuggeln von Nahrungs- und Genußmitteln eine derart gravierende Maßnahme in der Regel nicht rechtfertigen; ebensowenig der gesetzwidrige Austausch von – an sich unverfänglichen – Nachrichten.

Den Festnahmegründen des § 35 Z 2 (Fluchtgefahr) und Z 3 (Fortsetzungs- bzw. Wiederholungsgefahr) VStG wird im gegebenen Zusammenhang kaum Bedeutung zukommen, weshalb sie nicht in die Regelung des Abs. 4 aufgenommen werden. Ein Verharren in der strafbaren Handlung oder deren Wiederholung kann in aller Regel durch andere im Strafvollzugsgesetz vorgesehene Maßnahmen (Abbruch des Besuches gemäß § 95 StVG, Verweigerung weiterer Besuchskontakte, Entfernung der Person aus dem Anstaltsbereich, allenfalls auch unter Anwendung unmittelbaren Zwangs nach § 104 StVG) verhindert werden. Fluchtgefahr bei festgestellter Identität des Betretenen läßt bei den in Betracht kommenden Verstößen eine Festnahme nicht gerechtfertigt erscheinen. (Liegt der Verdacht einer strafgesetzwidrigen Handlung vor [zu denken ist dabei in erster Linie an Straftaten nach dem Suchtgiftgesetz und nach den §§ 299 f. StGB], so kommt den Strafvollzugsbediensteten ohnedies das allgemeine Anhalterecht nach § 86 Abs. 2 StPO zu.)