329 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


über die Regierungsvorlage (318 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung geändert werden

Am 22. November 1994 wurde die Richtlinie 94/45 EG betreffend die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen vom Rat verabschiedet und eine Frist zur Umsetzung bis zum 22. September 1996 festgelegt.

Durch die gegenständliche Regierungsvorlage soll ein Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer über Entscheidungen und Entwicklungen in grenzüberschreitend tätigen Unternehmen und Unternehmensgruppen festgelegt werden und die Richtlinie 94/45 EG umgelegt werden.

Der Gesetzentwurf beinhaltet vor allem Bestimmungen über

         –   Einsetzung eines besonderen Verhandlungsgremiums und Definition seiner Aufgaben.

         –   Mindestinhalte der zwischen besonderem Verhandlungsgremium und zentraler Leitung abzuschließenden Vereinbarung über einen Europäischen Betriebsrat oder ein Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren.

         –   Voraussetzungen der Einrichtung eines Europäischen Betriebsrates kraft Gesetzes, falls die Verhandlungen zwischen besonderem Verhandlungsgremium und zentraler Leitung scheitern, sowie Definition seiner Befugnisse.

         –   Entsendung der österreichischen Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium und in den Europäischen Betriebsrat kraft Gesetzes.

         –   Rechtsstellung der österreichischen Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums und des Europäischen Betriebsrates sowie der Arbeitnehmervertreter im Rahmen eines Unterrichtungs- und Anhörungsverfahrens.

         –   Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmervertretungen und zentraler Leitung über eine länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer, die bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen wurden.

         –   Schaffung eines Gerichtsstandes am Sitz der zentralen Leitung für sich aus den Bestimmungen des vorliegenden Entwurfes ergebende Streitigkeiten.

Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 25. September 1996 in Verhandlung genommen. Berichterstatterin im Ausschuß war die Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Volker Kier, Eleonore Hostasch, Sigisbert Dolinschek, Karl Öllinger und Josef Meisinger sowie der Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums.

Von den Abgeordneten Annemarie Reitsamer und Dr. Gottfried Feurstein wurde ein Abänderungsantrag betreffend Änderung der §§ 180 Abs. 2 2. Satz (Z 1), 204 Abs. 2 (Z 2) und 206 Abs. 2 1. Satz (Z 3) der Z 14 in Art. I gestellt.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des oberwähnten Abänderungsantrages in getrennter Abstimmung teils einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit angenommen.

Zu den Abänderungen und Ergänzungen gegenüber der Regierungsvorlage wird folgendes bemerkt:


Zu Z 1 (§ 180 Abs. 2 ArbVG):

Diese Änderung ermöglicht die Entsendung von Mitgliedern in das besondere Verhandlungs­gremium auch in den Fall, daß in einem Unternehmen, in dem nach dem Arbeitsverfassungsgesetz ein Zentralbetriebsrat zu errichten wäre, ein solcher nicht errichtet ist. Die Entsendung hat diesfalls nach den Regeln des § 180 Abs. 1 zu erfolgen (siehe die diesbezüglichen Erläuterungen).

Mit dieser Änderung wird – abweichend vom sonstigen Grundsatz, wonach in einem Unternehmen primär der Zentralbetriebsrat zur Wahrnehmung der Befugnisse der Arbeitnehmerschaft, soweit diese nicht nur einen Betrieb betreffen, berufen ist (vgl. § 88a Abs. 8 und § 113 Abs. 4 ArbVG) – Bedürfnissen der Praxis Rechnung getragen.

Zu Z 2 (§ 204 Abs. 2 ArbVG):

Der letzte Halbsatz dieser Bestimmung war als überflüssig zu streichen. Die Möglichkeit der örtlichen Arbeitnehmervertretung, ihrerseits Sachverständige beizuziehen, ergibt sich aus den jeweiligen nationalen Vorschriften. Für Österreich ist insbesondere auf § 39 Abs. 4 ArbVG hinzuweisen, wonach sich die Organe der Arbeitnehmerschaft in allen Fragen von der zuständigen freiwilligen oder gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer beraten lassen können. Für die Experten der Interessenvertretungen gilt wiederum die Verschwiegenheitspflicht wie für die Mitglieder des Betriebsrates selbst.

Soweit daher Betriebsräte als örtliche Arbeitnehmervertreter von den europäischen Organen zu informieren sind, können sie sich im Rahmen des Arbeitsverfassungsgesetzes sachverständig beraten und unterstützen lassen; die Verschwiegenheitspflicht der europäischen Organe besteht diesfalls auch nicht gegenüber den Experten, die von den örtlichen Arbeitnehmervertretern beigezogen werden.

Zu Z 3 (§ 206 Abs. 2 ArbVG):

Diese Änderung sieht eine Verlängerung der Frist vor, innerhalb der die zentrale Leitung Vereinbarungen, die nach dieser Bestimmung abgeschlossen wurden, den örtlichen Arbeitnehmervertretungen zur Kenntnis zu bringen hat. Diese Fristverlängerung ist im Hinblick auf die erst für Ende Oktober 1996 zu erwartende Kundmachung dieses Bundesgesetzes erforderlich.“

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 09 25

                        Dr. Elisabeth Pittermann                                                   Annemarie Reitsamer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obfrau

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes

Das Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 417/1996, wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Abs. 2 Z 1 wird der Ausdruck „des Landarbeitsgesetzes, BGBl. Nr. 140/1948,“ durch den Ausdruck „des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287,“, in § 105 Abs. 3 Z 1 lit. h wird der Ausdruck „§ 11 Arbeitsplatzsicherungsgesetz, BGBl. Nr. 154/1956“ durch den Ausdruck „§ 12 Arbeitsplatzsicherungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 683“, in § 129 Abs. 3 Z 3 wird der Ausdruck „des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, BGBl. Nr. 146/1948,“ durch den Ausdruck „des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987, BGBl. Nr. 599,“, in § 160 Abs. 3 wird der Ausdruck „Verwaltungsstrafgesetzes, BGBl. Nr. 172/1950,“ durch den Ausdruck „Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52,“, in § 169 wird der Ausdruck „Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 72/1950,“ durch den Ausdruck „Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51,“ ersetzt.

2. § 21 Abs. 1 erster Satz lautet:

„Die Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung ist im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ kundzumachen.“

3. Nach § 40 Abs. 4a wird folgender Abs. 4b eingefügt:

„(4b) In Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen im Sinne des V. Teiles ist nach Maßgabe des V. Teiles ein besonderes Verhandlungsgremium einzusetzen sowie ein Europäischer Betriebsrat zu errichten oder ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu schaffen.“

4. § 49 Abs. 1 erster Satz lautet:

„In der Betriebs(Gruppen-, Betriebshaupt)versammlung ist jeder betriebs(gruppen)zugehörige Arbeitnehmer ohne Unterschied der Staatsbürgerschaft stimmberechtigt, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und am Tage der Betriebsversammlung im Betrieb beschäftigt ist.“

5. § 62c Abs. 1 lautet:

„(1) Werden Betriebe oder Betriebsteile zu einem neuen Betrieb im Sinne des § 34 zusammengeschlossen, so bilden die Betriebsräte (Betriebsausschüsse) bis zur Neuwahl eines Betriebsrates, längstens aber bis zum Ablauf eines Jahres nach dem Zusammenschluß, ein Organ der Arbeitnehmerschaft (einheitlicher Betriebsrat). Der einheitliche Betriebsrat hat sich unter sinngemäßer Anwendung des § 66 unverzüglich zu konstituieren, wobei die Einberufung durch den Vorsitzenden eines der Betriebsräte (Betriebsausschüsse) zu erfolgen hat; im Falle mehrerer Einberufungen gilt die Einberufung des Vorsitzenden jenes Betriebsrates (Betriebsausschusses), der die größere Zahl von Arbeitnehmern vertritt. Für die Tätigkeitsdauer und die Geschäftsführung des einheitlichen Betriebsrates sowie für die Mitgliedschaft zum einheitlichen Betriebsrat und den Eintritt von Ersatzmitgliedern sind im übrigen die für den Betriebsrat geltenden Bestimmungen anzuwenden.“

6. In § 70 Z 4 wird das Wort „Betriebsratsobmannes“ durch das Wort „Betriebsratsvorsitzenden“ ersetzt.

7. Dem § 105 Abs. 3 Z 1 lit. i wird ein Strichpunkt und folgende lit. j angefügt:

         „j)  wegen seiner Tätigkeit als Sprecher gemäß § 177 Abs. 1“

8. § 110 Abs. 6b lautet:

„(6b) Ist in einem Konzern im Sinne der Abs. 6 und 6a eine Konzernvertretung (§ 88a) errichtet, so hat diese die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens zu entsenden. Die aus dem Zentralbetriebsrat (Betriebsrat) des herrschenden Unternehmens stammenden Konzernvertretungsmitglieder haben das Recht, so viele Arbeitnehmervertreter vorzuschlagen, wie dem Verhältnis der Zahl der im herrschenden Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zur Zahl der in den beherrschten Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer entspricht, mindestens jedoch einen Arbeitnehmervertreter. Abs. 6 dritter Satz ist sinngemäß anzuwenden. Die übrigen Arbeitnehmervertreter werden von den aus den Zentralbetriebsräten (Betriebsräten) der beherrschten Unternehmen stammenden Konzernvertretungsmitgliedern vorgeschlagen. Für die Ausübung des Vorschlagsrechts innerhalb der jeweiligen Gruppe der Konzernvertretungsmitglieder gilt Abs. 2 sinngemäß.“

9. In den §§ 112 Abs. 4, 141 Abs. 2 und 3 und 145 Abs. 2 und 5 wird der Begriff „Österreichischer Arbeiterkammertag“ durch den Begriff „Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte“ und der Begriff „Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft“ durch den Begriff „Wirtschaftskammer Österreich“ in der grammatikalisch jeweils korrekten Form ersetzt.

10. In § 113 Abs. 2 Z 5 werden der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 6 und 7 angefügt:

       „6.   Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§§ 179, 180) und in den Europäischen Betriebsrat (§ 193);

        7.   Mitwirkung an den Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß den nach den §§ 189, 190 oder 206 abgeschlossenen Vereinbarungen.“

11. In § 113 Abs. 4 Z 3 werden der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 4 und 5 angefügt:

       „4.   Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§§ 179, 180) und in den Europäischen Betriebsrat (§ 193);

        5.   Mitwirkung an den Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß den nach den §§ 189, 190 oder 206 abgeschlossenen Vereinbarungen.“

12. In § 113 Abs. 5 Z 4 werden der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 5 und 6 angefügt:

       „5.   Entsendung von Arbeitnehmervertretern in das besondere Verhandlungsgremium (§§ 179, 180) und in den Europäischen Betriebsrat (§ 193);

        6.   Mitwirkung an den Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß den nach den §§ 189, 190 oder 206 abgeschlossenen Vereinbarungen.“

13. Die §§ 166 bis 168 samt Überschriften werden aufgehoben.

14. Nach § 170 wird folgender V. Teil eingefügt:

„V. Teil

Europäische Betriebsverfassung

1. Hauptstück

Allgemeine Bestimmungen

Geltungsbereich

§ 171. (1) Die Bestimmungen des V. Teiles gelten für

        1.   Unternehmen, die

              a)    unter den II. Teil fallen, deren

              b)    zentrale Leitung im Inland liegt und die


              c)    mindestens 1 000 Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten und

              d)    jeweils mindestens 150 Arbeitnehmer davon in mindestens zwei Mitgliedstaaten beschäftigen;

        2.   Unternehmensgruppen im Sinne des § 176, die

              a)    unter den II. Teil fallen, deren

              b)    zentrale Leitung im Inland liegt und die

              c)    mindestens 1 000 Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten und

              d)    jeweils mindestens 150 Arbeitnehmer davon in mindestens zwei der Unternehmensgruppe angehörenden Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten beschäftigen.

(2) Mitgliedstaaten im Sinne des V. Teiles sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die das Abkommen über die Sozialpolitik im Anhang des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet haben, sowie die Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes.

 (3) Unter zentraler Leitung im Sinne des V. Teiles ist die zentrale Leitung des Unternehmens bzw., im Falle einer Unternehmensgruppe, die zentrale Leitung des herrschenden Unternehmens zu verstehen.

(4) Liegt die zentrale Leitung nicht in einem Mitgliedstaat, gilt

        1.   die Leitung des als Vertreter benannten Betriebes oder Unternehmens im Inland oder, in Ermangelung eines solchen,

        2.   die Leitung des Betriebes oder Unternehmens im Inland, in dem verglichen mit den anderen in den Mitgliedstaaten liegenden Betrieben des Unternehmens oder Unternehmen der Unternehmensgruppe die meisten Arbeitnehmer beschäftigt sind,

als zentrale Leitung im Sinne von Abs. 3.

(5) Für die Ermittlung der gemäß Abs. 1 maßgebenden Arbeitnehmerzahl ist jeweils die Zahl der im Durchschnitt während der letzten zwei Jahre, gerechnet ab dem Antrag der Arbeitnehmer oder ihrer Vertreter oder des Vorschlages der zentralen Leitung gemäß § 177 Abs. 1, beschäftigten Arbeitnehmer (§ 36) zu berücksichtigen. § 40 Abs. 1 letzter Satz ist anzuwenden.

(6) Die Befugnisse und Zuständigkeiten des Europäischen Betriebsrates und die Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer erstrecken sich auf alle dem Unternehmen bzw. der Unternehmensgruppe im Sinne des V. Teiles angehörenden Betriebe und Unternehmen mit Sitz in den Mitgliedstaaten. In der Vereinbarung gemäß den §§ 189 oder 190 kann ein größerer Geltungsbereich vorgesehen werden.

§ 172. Für die Ermittlung der Zahl der im Inland beschäftigten Arbeitnehmer (§ 171 Abs. 5), die Pflichten der inländischen örtlichen Unternehmensleitung gemäß den §§ 177 Abs. 2 und 3 und 206 Abs. 2, die Entsendung der österreichischen Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium (§§ 179, 180) bzw. in den Europäischen Betriebsrat (§ 193), die Beendigung ihrer Mitgliedschaft zum besonderen Verhandlungsgremium gemäß § 185 Abs. 2 Z 2 bis 4 und 6 bzw. zum Europäischen Betriebsrat gemäß § 196 Abs. 4 Z 2 bis 4 und 6 sowie die für sie geltende Verschwiegenheitspflicht (§ 204) und die für sie geltenden Schutzbestimmungen (§ 205) gelten die Bestimmungen des V. Teiles auch dann, wenn die zentrale Leitung nicht im Inland liegt.

Organe der Arbeitnehmerschaft

§ 173. (1) In den Unternehmen und Unternehmensgruppen, die die Voraussetzungen des § 171 Abs. 1 erfüllen, ist nach Maßgabe der Bestimmungen des V. Teiles ein besonderes Verhandlungsgremium einzusetzen sowie ein Europäischer Betriebsrat zu errichten oder ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer zu schaffen.

(2) Unter Anhörung im Sinne des V. Teiles ist der Meinungsaustausch und die Einrichtung eines Dialogs zwischen den Arbeitnehmervertretern und der zentralen Leitung oder einer anderen, geeigneteren Leitungsebene zu verstehen.

Pflichten der zentralen Leitung

§ 174. Die zentrale Leitung hat

        1.   die für die Einsetzung eines besonderen Verhandlungsgremiums sowie

        2.   die für die Errichtung eines Europäischen Betriebsrates oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer

notwendigen Voraussetzungen zu schaffen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen.


Grundsätze der Zusammenarbeit

§ 175. Die Organe der Arbeitnehmerschaft (§ 173 Abs. 1) und die zentrale Leitung haben mit dem Willen zur Verständigung unter Beachtung ihrer jeweiligen Rechte und gegenseitigen Verpflichtungen zusammenzuarbeiten.

Begriff der Unternehmensgruppe

§ 176. (1) Als Unternehmensgruppe im Sinne des V. Teiles gilt jede Gruppe von Unternehmen, die aus einem herrschenden und den von diesem abhängigen Unternehmen besteht.

(2) Als herrschendes Unternehmen gilt ein Unternehmen, das auf Grund von Eigentum, finanzieller Beteiligung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, einen beherrschenden Einfluß auf ein anderes Unternehmen ausüben kann.

(3) Die Fähigkeit, einen beherrschenden Einfluß auszuüben, gilt bis zum Beweis des Gegenteils als gegeben, wenn ein Unternehmen in bezug auf ein anderes Unternehmen direkt oder indirekt

        1.   mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des anderen Unternehmens bestellen kann oder

        2.   über die Mehrheit der mit den Anteilen am anderen Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder

        3.   die Mehrheit des gezeichneten Kapitals dieses Unternehmens besitzt.

(4) Wenn mehrere Unternehmen einer Unternehmensgruppe die in Abs. 3 genannten Kriterien erfüllen, so gilt das Unternehmen, das das in Abs. 3 Z 1 genannte Kriterium erfüllt, als herrschendes Unternehmen. Wenn keines der Unternehmen das in Abs. 3 Z 1 genannte Kriterium erfüllt, so gilt das Unternehmen, das das in Abs. 3 Z 2 genannte Kriterium erfüllt, als herrschendes Unternehmen, wenn auch keines der Unternehmen das in Abs. 3 Z 2 genannte Kriterium erfüllt, so gilt das Unternehmen, das das in Abs. 3 Z 3 genannte Kriterium erfüllt, als herrschendes Unternehmen.

(5) Den Stimm- und Ernennungsrechten des herrschenden Unternehmens sind die Rechte aller abhängigen Unternehmen sowie aller natürlichen und juristischen Personen, die zwar in eigenem Namen, aber für Rechnung des herrschenden oder eines anderen abhängigen Unternehmens handeln, hinzuzurechnen.

(6) Keine herrschenden Unternehmen sind Kreditinstitute, sonstige Finanzinstitute sowie Versicherungs- und Beteiligungsgesellschaften im Sinne des Art. 3 Abs. 5 lit. a und c der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen.

(7) Ein beherrschender Einfluß ist nicht allein schon auf Grund der Tatsache gegeben, daß eine beauftragte Person ihre Funktionen gemäß den für die Liquidation, den Konkurs, den Ausgleich oder ein ähnliches Verfahren geltenden Bestimmungen ausübt.

(8) Maßgebend für die Feststellung, ob ein Unternehmen ein herrschendes Unternehmen ist, ist das Recht des Mitgliedstaates, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat. Wenn das herrschende Unternehmen nicht in einem Mitgliedstaat ansässig ist, so kommt das Recht jenes Mitgliedstaates zur Anwendung, in dem das als Vertreter benannte Unternehmen oder, in Ermangelung eines solchen, in dem das Unternehmen, das die höchste Anzahl von Arbeitnehmern in den Mitgliedstaaten aufweist, liegt.

(9) Abs. 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn ein Unternehmen, das dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegt, nach diesem Recht als herrschendes Unternehmen gilt, weil es ein vorrangiges Kriterium im Sinne des Abs. 4 erfüllt oder den Beweis erbringt, daß es in sonstiger Weise einen beherrschenden Einfluß ausüben kann.

(10) Wenn eine Unternehmensgruppe andere Unternehmensgruppen im Sinne von § 171 Abs. 1 Z 2 umfaßt, ist der Europäische Betriebsrat auf der Ebene des die übergeordnete Unternehmensgruppe beherrschenden Unternehmens zu errichten.

2. Hauptstück

Besonderes Verhandlungsgremium

Errichtung und Zusammensetzung

§ 177. (1) Das besondere Verhandlungsgremium ist auf Grund eines schriftlichen Antrages von mindestens 100 Arbeitnehmern oder ihrer Vertreter aus mindestens zwei Betrieben oder Unternehmen in mindestens zwei verschiedenen Mitgliedstaaten oder auf Grund eines an die in den Betrieben des Unternehmens bzw. Unternehmen der Unternehmensgruppe bestehenden Organe der Arbeitnehmerschaft gerichteten Vorschlages der zentralen Leitung zu errichten. Wird der Antrag von mindestens 100 Arbeitnehmern gestellt, so gilt der Erstunterzeichnete als Sprecher, sofern nicht ausdrücklich ein Sprecher bezeichnet wird.

(2) Der Antrag gemäß Abs. 1 kann bei der zentralen Leitung oder der örtlichen Unternehmensleitung (Leitung eines Betriebes oder Unternehmens in einem Mitgliedstaat) eingebracht werden. Die örtliche Unternehmensleitung hat den Antrag unverzüglich an die zentrale Leitung weiterzuleiten.

(3) Die gemäß Abs. 1 zur Antragstellung Berechtigten haben das Recht, im Zusammenhang mit der Prüfung, ob ein solcher Antrag überhaupt gestellt werden kann (§ 171 Abs. 1), von der zentralen Leitung oder der örtlichen Unternehmensleitung die Bekanntgabe der Zahl der in den Betrieben bzw. Unternehmen Beschäftigten zu verlangen. Sie haben weiters das Recht, von der zentralen Leitung oder der örtlichen Unternehmensleitung Auskunft darüber zu verlangen, ob bereits ein Antrag auf Errichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums vorliegt. Die örtliche Unternehmensleitung ist verpflichtet, die erforderlichen Informationen und Unterlagen bei der zentralen Leitung einzuholen.

§ 178. (1) Das besondere Verhandlungsgremium besteht aus je einem Vertreter aus jedem Mitgliedstaat, in dem sich ein oder mehrere Betriebe des Unternehmens oder ein oder mehrere Unternehmen der Unternehmensgruppe befinden.

(2) Aus einem Mitgliedstaat, in dem mindestens 25% der Arbeitnehmer des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe beschäftigt sind, ist ein zusätzliches Mitglied, aus einem Mitgliedstaat, in dem mindestens 50% der Arbeitnehmer beschäftigt sind, sind zwei zusätzliche Mitglieder, aus einem Mitgliedstaat, in dem mindestens 75% der Arbeitnehmer beschäftigt sind, sind drei zusätzliche Mitglieder zu entsenden.

(3) Zusätzlich können den Verhandlungen Arbeitnehmervertreter aus Nichtmitgliedstaaten beigezogen werden, sofern zentrale Leitung und besonderes Verhandlungsgremium dies vereinbaren.

Entsendung der Mitglieder

§ 179. (1) Die in das besondere Verhandlungsgremium zu entsendenden österreichischen Mitglieder werden durch Beschluß des gemäß § 180 zur Entsendung berechtigten Organs der Arbeitnehmerschaft aus dem Kreis der Betriebsratsmitglieder ernannt. Anstelle eines Betriebsratsmitgliedes kann auch ein Funktionär oder Arbeitnehmer der zuständigen freiwilligen Berufsvereinigung oder gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer ernannt werden.

(2) Zur Beschlußfassung ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder erforderlich. Die Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefaßt.

(3) Auf eine angemessene Vertretung der Gruppen der Arbeiter und der Angestellten, der einzelnen Betriebe und Unternehmen sowie der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer soll Bedacht genommen werden.

§ 180. (1) In Betrieben erfolgt die Entsendung durch Beschluß des Betriebsausschusses. Besteht kein Betriebsausschuß, so nimmt diese Aufgabe der Betriebsrat wahr. Bestehen mehrere Betriebsausschüsse (Betriebsräte), die nicht zum selben Unternehmen im Inland gehören, so ist vom Vorsitzenden des Betriebsausschusses (Betriebsrates) des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten inländischen Betriebes eine Versammlung der Mitglieder der in den Betrieben bestellten Betriebsausschüsse (Betriebsräte) einzuberufen, der die Beschlußfassung über die Entsendung obliegt.

(2) In Unternehmen sind die in das besondere Verhandlungsgremium zu entsendenden Mitglieder durch Beschluß des Zentralbetriebsrates zu benennen. Ist in einem Unternehmen ein Zentralbetriebsrat nicht errichtet, so ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Bestehen mehrere Zentralbetriebsräte, so ist vom Vorsitzenden des Zentralbetriebsrates des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten inländischen Unternehmens eine Versammlung der Mitglieder der in den Unternehmen bestellten Zentralbetriebsräte einzuberufen, der die Beschlußfassung über die Entsendung obliegt. Besteht neben einem oder mehreren Zentralbetriebsräten noch mindestens ein in keinem Zentralbetriebsrat vertretener Betriebs­ausschuß (Betriebsrat), sind die Betriebsratsvorsitzenden und ihre Stellvertreter zu dieser Sitzung einzuladen; sie gelten insoweit als Zentralbetriebsratsmitglieder.

(3) In Unternehmensgruppen sind die in das besondere Verhandlungsgremium zu entsendenden Mitglieder durch Beschluß der Konzernvertretung zu ernennen. Ist eine Konzernvertretung nicht errichtet, so ist Abs. 2 anzuwenden. Ist auch kein Zentralbetriebsrat zu errichten, so ist Abs. 1 anzuwenden. Besteht neben der Konzernvertretung noch ein von ihr nicht vertretener Zentralbetriebsrat (Betriebsausschuß, Betriebsrat), sind die Zentralbetriebsrats(Betriebsrats)vorsitzenden und ihre Stellvertreter zu dieser Sitzung einzuladen; diese gelten insoweit als Mitglieder der Konzernvertretung.

(4) Die Bekanntgabe der benannten Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums an die zentrale Leitung und die örtlichen Unternehmensleitungen hat unverzüglich zu erfolgen.

Konstituierung

§ 181. (1) Die zentrale Leitung hat unverzüglich nach der Bekanntgabe der benannten Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums zu dessen konstituierender Sitzung einzuladen.

(2) Die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums können aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen oder mehrere Stellvertreter wählen. Das besondere Verhandlungsgremium gibt sich eine Geschäftsordnung.

(3) Das besondere Verhandlungsgremium hat die zentrale Leitung sowie die örtlichen Unternehmensleitungen unverzüglich über das Ende der konstituierenden Sitzung sowie das Ergebnis der Wahl gemäß Abs. 2 zu unterrichten.

(4) Unverzüglich nach der Mitteilung gemäß Abs. 3 hat die zentrale Leitung eine Sitzung mit dem besonderen Verhandlungsgremium einzuberufen, um eine Vereinbarung nach § 187 abzuschließen. Sie hat die örtlichen Unternehmensleitungen hievon in Kenntnis zu setzen.

Sitzungen

§ 182. (1) Das besondere Verhandlungsgremium hat das Recht, vor jeder Verhandlung mit der zentralen Leitung zu einer vorbereitenden Sitzung zusammenzutreten.

(2) Das besondere Verhandlungsgremium kann sich bei den Verhandlungen mit der zentralen Leitung durch Sachverständige seiner Wahl unterstützen lassen.

Beschlußfassung

§ 183. (1) Das besondere Verhandlungsgremium ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist.

(2) Die Beschlüsse werden, soweit in diesem Bundesgesetz keine strengeren Erfordernisse festgesetzt sind, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt.

Tätigkeitsdauer

§ 184. (1) Die Tätigkeitsdauer des besonderen Verhandlungsgremiums beginnt mit dem Tage der Konstituierung.

(2) Die Tätigkeitsdauer des besonderen Verhandlungsgremiums endet

        1.   wenn das Unternehmen bzw. die Unternehmensgruppe die Voraussetzungen des § 171 Abs. 1 nicht mehr erfüllt;

        2.   wenn das besondere Verhandlungsgremium einen Beschluß gemäß § 188 Abs. 1 faßt;

        3.   wenn das Gericht die Errichtung (§ 177 Abs. 1) für ungültig erklärt; die Klage ist spätestens einen Monat nach Konstituierung des besonderen Verhandlungsgremiums einzubringen;

        4.   mit dem Abschluß einer Vereinbarung gemäß den §§ 189 oder 190, sofern in der Vereinbarung nichts anderes bestimmt wird;

        5.   in den Fällen des § 191 Abs. 1 Z 1 bis 3.

Beginn und Erlöschen der Mitgliedschaft

§ 185. (1) Die Mitgliedschaft zum besonderen Verhandlungsgremium beginnt mit der Bekanntgabe des Entsendungsbeschlusses (§ 180 Abs. 4).

(2) Die Mitgliedschaft zum besonderen Verhandlungsgremium endet, wenn

        1.   die Tätigkeitsdauer des besonderen Verhandlungsgremiums endet;

        2.   die Mitgliedschaft zum Betriebsrat bzw. die Tätigkeit bei der zuständigen freiwilligen Berufsvereinigung oder gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitnehmer endet;

        3.   das Mitglied zurücktritt;

        4.   das Organ der Arbeitnehmerschaft, das das Mitglied in das besondere Verhandlungsgremium entsendet hat, dieses abberuft;


        5.   der Betrieb bzw. das Unternehmen, dem das Mitglied angehört, aus dem Unternehmen bzw. der Unternehmensgruppe ausscheidet;

        6.   wenn das Gericht den Entsendungsbeschluß (§ 179 Abs. 1) für ungültig erklärt; die Klage ist spätestens einen Monat nach Konstituierung des besonderen Verhandlungsgremiums einzubringen.

(3) In den Fällen des Abs. 2 Z 2 bis 6 können nach Maßgabe der §§ 179 und 180 neue Mitglieder in das besondere Verhandlungsgremium entsendet werden.

Beistellung von Sacherfordernissen, Kostentragung

§ 186. (1) Dem besonderen Verhandlungsgremium sind zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben Sacherfordernisse in einem der Größe des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe und den Bedürfnissen des besonderen Verhandlungsgremiums angemessenen Ausmaß von der zentralen Leitung unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

(2) Die für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben erforderlichen Verwaltungsausgaben des besonderen Verhandlungsgremiums, insbesondere die für die Veranstaltung der Sitzungen und jeweils vorbereitenden Sitzungen anfallenden Kosten einschließlich der Dolmetschkosten und der Kosten für jedenfalls einen Sachverständigen sowie die Aufenthalts- und Reisekosten für die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums sind von der zentralen Leitung zu tragen.

Aufgaben des besonderen Verhandlungsgremiums

§ 187. Das besondere Verhandlungsgremium hat die Aufgabe, mit der zentralen Leitung eine schriftliche Vereinbarung über die Errichtung eines Europäischen Betriebsrates oder über die Durchführungsmodalitäten eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer abzuschließen.

Beschluß über die Beendigung der Verhandlungen

§ 188. (1) Das besondere Verhandlungsgremium kann mit mindestens zwei Dritteln seiner Stimmen beschließen, keine Verhandlungen zum Abschluß einer Vereinbarung im Sinne von § 187 zu eröffnen oder die bereits eröffneten Verhandlungen zu beenden.

(2) Ein neuer Antrag auf Einberufung des besonderen Verhandlungsgremiums kann frühestens zwei Jahre nach dem Beschluß gemäß Abs. 1 gestellt werden, es sei denn, zentrale Leitung und besonderes Verhandlungsgremium setzen eine kürzere Frist fest oder es finden wesentliche Änderungen der Unternehmens- bzw. der Unternehmensgruppenstruktur statt. Als wesentliche Änderungen gelten insbesondere die Stillegung, Einschränkung oder Verlegung von Unternehmen oder Betrieben sowie der Zusammenschluß mit anderen Unternehmensgruppen, Unternehmen oder Betrieben, sofern diese erheblichen Einfluß auf die Gesamtstruktur des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe haben.

(3) Wenn das besondere Verhandlungsgremium einen Beschluß im Sinne von Abs. 1 faßt, finden die Bestimmungen des 3. Hauptstückes keine Anwendung.

Vereinbarung über einen Europäischen Betriebsrat

§ 189. Wenn besonderes Verhandlungsgremium und zentrale Leitung die Errichtung eines Europäischen Betriebsrates vereinbaren, haben sie in dieser Vereinbarung jedenfalls

        1.   die von der Vereinbarung erfaßten Betriebe und Unternehmen, einschließlich der in den Nichtmitgliedstaaten liegenden Betriebe bzw. Unternehmen, sofern diese in den Geltungsbereich einbezogen werden;

        2.   die Zusammensetzung des Europäischen Betriebsrates, die Anzahl der Mitglieder, die Sitzverteilung und die Mandatsdauer einschließlich der Auswirkungen von wesentlichen Änderungen der Unternehmens- oder Unternehmensgruppenstruktur (§ 188 Abs. 2) sowie von erheblichen Änderungen der Zahl der im Unternehmen bzw. in der Unternehmensgruppe Beschäftigten;

        3.   die Befugnisse und das Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren des Europäischen Betriebsrates;

        4.   den Ort, die Häufigkeit und die Dauer der Sitzungen des Europäischen Betriebsrates;

        5.   die für den Europäischen Betriebsrat bereitzustellenden finanziellen und materiellen Mittel sowie

        6.   die Laufzeit der Vereinbarung und das bei ihrer Neuaushandlung anzuwendende Verfahren

festzulegen.


Vereinbarung über ein Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer

§ 190. (1) Wenn besonderes Verhandlungsgremium und zentrale Leitung die Schaffung eines oder mehrerer Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer vereinbaren, haben sie in dieser Vereinbarung jedenfalls festzulegen, unter welchen Voraussetzungen die Arbeitnehmervertreter das Recht haben, zu einem Meinungsaustausch über die ihnen übermittelten Informationen zusammenzutreten.

(2) Die Vereinbarung hat außerdem die Verpflichtung der zentralen Leitung näher zu regeln, die Arbeitnehmervertreter insbesondere über alle länderübergreifenden Angelegenheiten zu informieren, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmerschaft haben.

3. Hauptstück

Europäischer Betriebsrat kraft Gesetzes

Errichtung

§ 191. (1) Wenn

        1.   zentrale Leitung und besonderes Verhandlungsgremium einen entsprechenden Beschluß fassen oder

        2.   die zentrale Leitung die Aufnahme von Verhandlungen verweigert oder nicht binnen sechs Monaten nach dem ersten Antrag gemäß § 177 Abs. 1 aufnimmt oder

        3.   binnen drei Jahren nach diesem Antrag oder dem Vorschlag der zentralen Leitung gemäß § 177 Abs. 1 keine Vereinbarung gemäß den §§ 189 oder 190 zustandekommt und das besondere Verhandlungsgremium keinen Beschluß gemäß § 188 Abs. 1 gefaßt hat,

ist ein Europäischer Betriebsrat nach den Bestimmungen dieses Hauptstückes zu errichten.

(2) Sofern in den Vereinbarungen gemäß den §§ 189 oder 190 nichts anderes bestimmt ist, gelten die Bestimmungen dieses Hauptstückes nicht für diese Vereinbarungen.

Zusammensetzung

§ 192. (1) Der Europäische Betriebsrat besteht aus mindestens drei und höchstens dreißig Mitgliedern; er setzt sich aus je einem Vertreter aus jedem Mitgliedstaat, in dem sich ein oder mehrere Betriebe des Unternehmens oder ein oder mehrere Unternehmen der Unternehmensgruppe befinden, zusammen. § 177 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Ein Mitgliedstaat, in dem mindestens 20% der Arbeitnehmer des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe beschäftigt sind, entsendet ein zusätzliches Mitglied, ein Mitgliedstaat, in dem mindestens 30% der Arbeitnehmer beschäftigt sind, entsendet drei zusätzliche Mitglieder, ein Mitgliedstaat, in dem mindestens 40% der Arbeitnehmer beschäftigt sind, entsendet fünf zusätzliche Mitglieder, ein Mitgliedstaat, in dem mindestens 50% der Arbeitnehmer beschäftigt sind, entsendet sieben zusätzliche Mitglieder, ein Mitgliedstaat, in dem mindestens 60% der Arbeitnehmer beschäftigt sind, entsendet neun zusätzliche Mitglieder, ein Mitgliedstaat, in dem mindestens 70% der Arbeitnehmer beschäftigt sind, entsendet elf zusätzliche Mitglieder, ein Mitgliedstaat, in dem mindestens 80% der Arbeitnehmer beschäftigt sind, entsendet dreizehn zusätzliche Mitglieder.

Entsendung der Mitglieder

§ 193. Die Entsendung der österreichischen Mitglieder des Europäischen Betriebsrates erfolgt gemäß den §§ 179 und 180; dies jedoch mit der Maßgabe, daß die Entsendung von Vertretern der zuständigen freiwilligen Berufsvereinigung oder gesetzlichen Interessenvertretung nur zulässig ist, sofern diese Betriebsratsmitglieder gemäß § 53 Abs. 4 sind.

Konstituierung, Geschäftsführung, Geschäftsordnung, Sitzungen, Beschlußfassung

§ 194. (1) Die Einladung zur konstituierenden Sitzung des Europäischen Betriebsrates erfolgt gemäß § 181 Abs. 1. Die Mitglieder des Europäischen Betriebsrates haben aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und einen oder mehrere Stellvertreter zu wählen. Der Vorsitzende hat die zentrale Leitung sowie die örtlichen Unternehmensleitungen unverzüglich über das Ende der konstituierenden Sitzung sowie das Ergebnis dieser Wahl zu unterrichten.

(2) Vertreter des Europäischen Betriebsrates gegenüber der zentralen Leitung und nach außen ist, sofern in der Geschäftsordnung (Abs. 3) nicht anderes bestimmt ist, der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der Stellvertreter. Der Europäische Betriebsrat kann in Einzelfällen auch andere seiner Mitglieder mit der Vertretung nach außen beauftragen.

(3) Der Europäische Betriebsrat beschließt mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder eine Geschäftsordnung. Die Geschäftsordnung kann insbesondere regeln:

        1.   Die Errichtung, Zusammensetzung und Geschäftsführung des engeren Ausschusses gemäß § 195;

        2.   die Bezeichnung der Angelegenheiten, in denen dem engeren Ausschuß das Recht auf selbständige Beschlußfassung zukommt;

        3.   die Festlegung von Art und Umfang der Vertretungsmacht des Vorsitzenden des engeren Ausschusses.

(4) Der Europäische Betriebsrat hat das Recht, vor jeder Sitzung mit der zentralen Leitung (§ 199) zu einer vorbereitenden Sitzung zusammenzutreten. Im übrigen gilt für die Sitzungen des Europäischen Betriebsrates § 182 Abs. 2, für seine Beschlußfassung § 183.

Engerer Ausschuß

§ 195. Sofern es die Zahl seiner Mitglieder rechtfertigt, hat der Europäische Betriebsrat aus seiner Mitte einen engeren Ausschuß zu wählen, der aus einem Vorsitzenden und höchstens zwei weiteren Mitgliedern bestehen darf. Der engere Ausschuß führt die laufenden Geschäfte des Europäischen Betriebsrates; für ihn gilt § 194 Abs. 4.

Tätigkeitsdauer, Dauer der Mitgliedschaft

§ 196. (1) Die Tätigkeitsdauer des Europäischen Betriebsrates beträgt vier Jahre. Sie beginnt mit dem Tage der Konstituierung oder mit Ablauf der Tätigkeitsdauer des früheren Europäischen Betriebsrates, wenn die Konstituierung vor diesem Zeitpunkt erfolgte.

(2) Die Tätigkeitsdauer des Europäischen Betriebsrates endet

        1.   wenn das Unternehmen bzw. die Unternehmensgruppe die Voraussetzungen des § 171 Abs. 1 nicht mehr erfüllt;

        2.   wenn der Europäische Betriebsrat seinen Rücktritt beschließt;

        3.   wenn das Gericht die Errichtung (§ 191 Abs. 1) für ungültig erklärt; die Klage ist spätestens einen Monat nach Konstituierung des Europäischen Betriebsrates einzubringen;

        4.   wenn der Europäische Betriebsrat und die zentrale Leitung eine Vereinbarung nach den §§ 189 oder 190 abschließen.

(3) Die Mitgliedschaft zum Europäischen Betriebsrat beginnt mit der Bekanntgabe des Entsendungsbeschlusses (§ 193).

(4) Die Mitgliedschaft zum Europäischen Betriebsrat endet, wenn

        1.   die Tätigkeitsdauer des Europäischen Betriebsrates endet;

        2.   die Mitgliedschaft zum Betriebsrat endet;

        3.   das Mitglied zurücktritt;

        4.   das Organ der Arbeitnehmerschaft, das das Mitglied in den Europäischen Betriebsrat entsendet hat, dieses abberuft;

        5.   der Betrieb bzw. das Unternehmen, dem das Mitglied angehört, aus dem Unternehmen bzw. der Unternehmensgruppe ausscheidet;

        6.   das Gericht den Entsendungsbeschluß (§ 193) für ungültig erklärt; die Klage ist spätestens einen Monat nach Konstituierung des Europäischen Betriebsrates einzubringen.

(5) In den Fällen des Abs. 4 Z 2 bis 6 ist § 185 Abs. 3 anzuwenden.

Beistellung von Sacherfordernissen, Kostentragung

§ 197. Die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Europäischen Betriebsrates und des engeren Ausschusses anfallenden Kosten sind gemäß § 186 von der zentralen Leitung zu tragen.

Befugnisse des Europäischen Betriebsrates

§ 198. (1) Der Europäische Betriebsrat hat das Recht, über Angelegenheiten, die die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer mindestens zweier zum Unternehmen gehörender Betriebe oder mindestens zweier zur Unternehmensgruppe gehörender Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten betreffen, unterrichtet und angehört zu werden.

(2) Bei Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen, deren zentrale Leitung nicht in einem Mitgliedstaat ansässig ist (§ 171 Abs. 4), beschränkt sich das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht des Europäischen Betriebsrates auf die Angelegenheiten im Sinne des Abs. 1, die mindestens zwei zum Unternehmen gehörende Betriebe oder mindestens zwei zur Unternehmensgruppe gehörende Unternehmen in den Mitgliedstaaten betreffen.

§ 199. (1) Der Europäische Betriebsrat hat, unbeschadet der gemäß § 200 bestehenden Befugnisse sowie unbeschadet abweichender Vereinbarungen mit der zentralen Leitung, das Recht, einmal jährlich mit der zentralen Leitung, zum Zweck der Unterrichtung und Anhörung, auf der Grundlage eines von der zentralen Leitung vorgelegten Berichtes über die Entwicklung der Geschäftslage und die Perspektiven des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe zusammenzutreten. Die örtlichen Unternehmensleitungen werden hievon in Kenntnis gesetzt.

(2) Die Unterrichtung bezieht sich insbesondere auf die Struktur des Unternehmens, seine wirtschaftliche und finanzielle Situation, die voraussichtliche Entwicklung der Geschäfts-, Produktions- und Absatzlage sowie auf die Beschäftigungslage und ihre voraussichtliche Entwicklung, auf die Investitionen, auf grundlegende Änderungen der Organisation, auf die Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsverfahren, auf Verlagerungen der Produktion, auf Fusionen, Verkleinerungen oder Schließungen von Unternehmen, Betrieben oder wichtigen Teilen dieser Einheiten und auf Massenentlassungen.

Befugnisse des engeren Ausschusses

§ 200. (1) Treten außergewöhnliche Umstände ein, die erhebliche Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer haben, insbesondere bei Verlegung oder Schließung von Unternehmen oder Betrieben oder bei Massenentlassungen, so hat der engere Ausschuß das Recht, ehestmöglich darüber unterrichtet zu werden. Er hat das Recht, auf Antrag mit der zentralen Leitung oder anderen, geeigneteren, mit Entscheidungsbefugnissen ausgestatteten Leitungsebenen innerhalb des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe zusammenzutreten, um hinsichtlich der Maßnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf die Interessen der Arbeitnehmer unterrichtet und angehört zu werden. Falls ein engerer Ausschuß nicht errichtet ist, ist dieses Recht vom Europäischen Betriebsrat wahrzunehmen.

(2) An der Sitzung mit dem engeren Ausschuß dürfen auch die Mitglieder des Europäischen Betriebsrates teilnehmen, die von den Betrieben bzw. Unternehmen entsendet worden sind, die unmittelbar von diesen Maßnahmen betroffen sind.

(3) Die Sitzung zur Unterrichtung und Anhörung erfolgt unverzüglich auf der Grundlage eines Berichtes der zentralen Leitung oder einer anderen geeigneten Leitungsebene innerhalb des Unternehmens bzw. der Unternehmensgruppe, zu dem der Europäische Betriebsrat binnen einer angemessenen Frist seine Stellungnahme abgeben kann. Diese Sitzung läßt die Vorrechte der zentralen Leitung unberührt.

Unternehmen mit besonderer Zweckbestimmung

§ 201. (1) Auf Unternehmen, die

        1.   unmittelbar den in § 132 Abs. 1 genannten Zwecken dienen, sind die §§ 199 und 200 nur anzuwenden, soweit nicht deren besondere Zweckbestimmung betroffen ist;

        2.   unmittelbar den in § 132 Abs. 2 genannten Zwecken dienen, sind die §§ 199 und 200 insoweit nicht anzuwenden, als es sich um Angelegenheiten handelt, die die politische Richtung dieser Unternehmen beeinflussen;

        3.   den in § 132 Abs. 4 genannten Zwecken dienen, sind die §§ 199 und 200 nicht anzuwenden, soweit die Eigenart des Unternehmens dem entgegensteht.

(2) Die §§ 199 und 200 sind auf Unternehmen im Sinne des Abs. 1 Z 1 bis 3 aber jedenfalls anzuwenden, soweit sich die Unterrichtung auf grundlegende Änderungen der Organisation, auf die Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsverfahren oder auf Massenentlassungen bezieht. § 199 Abs. 2 ist auf Unternehmen im Sinne der Z 2 jedenfalls anzuwenden, soweit sich die Unterrichtung auf die Struktur des Unternehmens sowie seine wirtschaftliche und finanzielle Situation bezieht.

Unterrichtung der örtlichen Arbeitnehmervertreter

§ 202. Unbeschadet des § 204 haben die Mitglieder des Europäischen Betriebsrates die Arbeitnehmervertreter der Betriebe bzw. Unternehmen über Inhalt und Ergebnisse der gemäß den Bestimmungen dieses Hauptstückes durchgeführten Unterrichtung und Anhörung zu informieren.

Beschluß über die Aufnahme von Verhandlungen

§ 203. (1) Der Europäische Betriebsrat hat vier Jahre nach seiner konstituierenden Sitzung einen Beschluß darüber zu fassen, ob eine Vereinbarung gemäß den §§ 189 oder 190 ausgehandelt werden soll oder ob die Bestimmungen dieses Hauptstückes weiterhin anzuwenden sind.

(2) Wenn der Europäische Betriebsrat den Beschluß faßt, eine solche Vereinbarung auszuhandeln, so finden die §§ 187, 189 und 190 mit der Maßgabe Anwendung, daß anstelle des besonderen Verhandlungsgremiums der Europäische Betriebsrat diese Vereinbarung aushandelt.

4. Hauptstück

Rechtsstellung der Arbeitnehmervertreter

Verschwiegenheitspflicht

§ 204. (1) Auf die Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums und des Europäischen Betriebsrates und auf die sie unterstützenden Sachverständigen sowie auf die Arbeitnehmervertreter, die bei einem Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß § 190 mitwirken, ist § 115 Abs. 4 mit der Maßgabe anzuwenden, daß die sich aus dieser Bestimmung ergebende Verpflichtung auch nach dem Ablauf des Mandates weiterbesteht.

 (2) Die Verpflichtung gemäß Abs. 1 gilt nicht gegenüber den örtlichen Arbeitnehmervertretern, wenn diese auf Grund einer Vereinbarung (§§ 189, 190) oder nach § 202 über den Inhalt der Unterrichtungen und die Ergebnisse der Anhörungen zu unterrichten sind.

Rechte der Arbeitnehmervertreter

§ 205. Hinsichtlich der persönlichen Rechte und Pflichten der österreichischen Mitglieder des besonderen Verhandlungsgremiums und des Europäischen Betriebsrates, der Arbeitnehmervertreter, die an einem Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß § 190 mitwirken, sowie des Sprechers gemäß § 177 Abs. 1 sind die Bestimmungen der §§ 115 Abs. 1 erster Satz, Abs. 2 erster Satz und 3, 116 sowie 120 bis 122 anzuwenden.

5. Hauptstück

Schluß- und Übergangsbestimmungen

Geltende Vereinbarungen

§ 206. (1) Die Bestimmungen des V. Teiles gelten nicht für Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen, in denen vor dem 22. September 1996 eine für alle im Unternehmen bzw. in der Unternehmensgruppe in den Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer geltende Vereinbarung abgeschlossen wurde, die eine länderübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer vorsieht.

(2) Die zentrale Leitung ist verpflichtet, den Abschluß sowie den vollen Wortlaut der Vereinbarung allen im Unternehmen bzw. in der Unternehmensgruppe bestehenden Arbeitnehmervertretungen bis spätestens drei Monate nach dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt zur Kenntnis zu bringen. Die örtlichen Unternehmensleitungen sind verpflichtet, die Vereinbarung binnen drei Tagen nach diesem Zeitpunkt im Betrieb in einem für alle Arbeitnehmer zugänglichen Raum aufzulegen oder in sonst geeigneter Form kundzumachen.

(3) Wenn eine Vereinbarung gemäß Abs. 1 nicht für alle im Unternehmen bzw. in der Unternehmensgruppe in den Mitgliedstaaten beschäftigten Arbeitnehmer gilt, können die Parteien deren Einbeziehung innerhalb einer Frist von sechs Monaten gerechnet ab dem in Abs. 1 genannten Stichtag nachholen. Für die Einbeziehung ist die Zustimmung der Mehrheit der Vertreter der betroffenen Arbeitnehmer erforderlich.

(4) Vereinbarungen gemäß Abs. 1, die unter Beteiligung von Arbeitnehmervertretern aus Drittstaaten abgeschlossen wurden, sind gültig.

(5) Wenn eine Vereinbarung gemäß Abs. 1 befristet abgeschlossen wurde, können die Parteien nach Fristablauf ihre weitere Anwendbarkeit beschließen. Andernfalls finden die Bestimmungen des V. Teiles Anwendung.

(6) Auf die Arbeitnehmervertreter, die an einem Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren gemäß Abs. 1 mitwirken, ist § 205 anzuwenden.

Strafbestimmungen

§ 207. (1) Wer den Bestimmungen der §§ 174 Z 1 und 2, 177 Abs. 2 und 3, 181 Abs. 1 und 4, 190 Abs. 2, 204 Abs. 1 und 206 Abs. 2 zuwiderhandelt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 30 000 S zu bestrafen.

(2) Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 sind nur zu verfolgen und zu bestrafen, wenn im Falle

        1.   der §§ 174 Z 1, 181 Abs. 1 und 206 Abs. 2 die im Unternehmen bzw. in der Unternehmensgruppe bestehenden Arbeitnehmervertretungen,

        2.   des § 177 Abs. 2 und 3 die gemäß § 177 Abs. 1 zur Antragstellung berechtigten Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmervertreter,

        3.   der §§ 174 Z 2 und 181 Abs. 4 das besondere Verhandlungsgremium,

        4.   des § 190 Abs. 2 die nach der Vereinbarung gemäß § 190 Abs. 1 zuständige Arbeitnehmervertretung,

        5.   des § 204 Abs. 1 die zentrale Leitung

binnen sechs Wochen ab Kenntnis von der Übertretung und der Person des Täters bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einen Strafantrag stellt (Privatankläger).

(3) Auf das Strafverfahren ist § 56 Abs. 2 bis 4 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52, anzuwenden.“

15. Der bisherige § 171 erhält die Bezeichnung „§ 208“; ihm wird die Überschrift „VI. Teil“ vorangestellt.

16. Im nunmehrigen § 208 wird nach Abs. 6 folgender Abs. 7 angefügt:

„(7) § 1 Abs. 2 Z 1, § 21 Abs. 1 erster Satz, § 49 Abs. 1 erster Satz, § 62c Abs. 1, § 70 Z 4, § 105 Abs. 3 Z 1 lit. h, § 110 Abs. 6b, § 112 Abs. 4, § 129 Abs. 3 Z 3, § 141 Abs. 2 und 3, § 145 Abs. 2 und 5, § 160 Abs. 3 und § 169 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXXX treten mit 1. Oktober 1996 in Kraft. Die §§ 166 bis 168 treten mit Ablauf des 30. September 1996 außer Kraft. § 40 Abs. 4b, § 105 Abs. 3 Z 1 lit. j, § 113 Abs. 2 Z 6 und 7, Abs. 4 Z 4 und 5, Abs. 5 Z 5 und 6 sowie die Bestimmungen des V. Teiles in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXXX treten mit 22. September 1996 in Kraft.“

Artikel II

Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes

Das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 5a wird folgender § 5b eingefügt:

§ 5b. (1) Für Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das besondere Verhandlungsgremium (§§ 177 bis 188 ArbVG), auf den Europäischen Betriebsrat (§§ 189 und 191 bis 203 ArbVG), auf das Verfahren zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer (§ 190 ArbVG) oder auf Vereinbarungen gemäß § 206 ArbVG beziehen, sind nur die Gerichte örtlich zuständig, in deren Sprengel ein Unternehmen seinen Sitz hat. Hat kein Unternehmen seinen Sitz in Österreich, so sind nur die Gerichte örtlich zuständig, in deren Sprengel sich ein Betrieb befindet.

(2) Die inländische Gerichtsbarkeit für die im Abs. 1 genannten Rechtsstreitigkeiten ist nur dann gegeben, wenn

        1.   die zentrale Leitung (§ 171 Abs. 3 oder 4 ArbVG) im Inland liegt oder

        2.   es sich um Angelegenheiten nach § 172 ArbVG handelt.“

2. § 50 Abs. 2 lautet:

„(2) Ferner sind Arbeitsrechtssachen Streitigkeiten über Rechte oder Rechtsverhältnisse, die sich aus dem II. oder V. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974 (betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten), oder aus gleichartigen bundesrechtlichen Bestimmungen ergeben.“


3. Nach § 98 Abs. 4 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) § 5b und § 50 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXXX treten mit dem 22. September 1996 in Kraft.“

Artikel III

Änderung des Bundesgesetzes über die Post-Betriebsverfassung

Das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung (Post-Betriebsverfassungsgesetz – PBVG), BGBl. Nr. 326/1996, wird wie folgt geändert:

1. In § 24 Abs. 2 letzter Satz wird der Ausdruck „§ 20 Abs. 2“ durch den Ausdruck „§ 20 Abs. 3“ ersetzt.

2. § 28 Abs. 5 erster Satz lautet:

„Kommt ein Wahlausschuß den in Abs. 1 und 2 genannten Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend nach, so kann er vom für die Bestellung zuständigen Personalvertretungsorgan enthoben werden.“

3. In § 49 Abs. 9 vierter Satz wird der Ausdruck „§ 48 Abs. 2 dritter Satz“ durch den Ausdruck „§ 48 Abs. 2 zweiter Satz“ ersetzt.

4. § 49 Abs. 10 erster Satz lautet:

„Werden Betriebs- oder Unternehmensteile rechtlich verselbständigt, so ist das Fondsvermögen auf die Fonds jener Personalvertretungsorgane bzw. Betriebsräte, die nach Abschluß dieser Maßnahmen in den Teilen des früher zusammengehörigen Betriebes oder Unternehmens errichtet sind, verhältnismäßig aufzuteilen, wobei das Verhältnis der Beschäftigtenzahl vor der Verselbständigung zu den Beschäftigtenzahlen am Tag der handelsrechtlichen Wirksamkeit der Maßnahmen zu beachten ist.“

5. In § 51 Abs. 1 erster Satz lautet der letzte Halbsatz:

„kann eine Konzernvertretung zur Vertretung der gemeinsamen Interessen der in diesem Konzern beschäftigten Arbeitnehmer errichtet werden.“

6. In § 53 Abs. 1 erster Satz lautet der letzte Halbsatz:

„die die Vertrauensperson im Fall der Verhinderung vertritt.“

7. Nach § 76 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Die Bestimmungen des V. Teiles des ArbVG gelten für Unternehmen, die diesem Bundesgesetz unterliegen, mit der Maßgabe, daß die den Organen nach dem ArbVG zukommenden Aufgaben von den nach diesem Bundesgesetz errichteten Organen wahrzunehmen sind.“

8. In den §§ 77 und 82 Abs. 2 wird jeweils der Ausdruck „für öffentliche Wirtschaft und Verkehr“ durch den Ausdruck „für Wissenschaft, Verkehr und Kunst“ ersetzt.

9. § 80 Abs. 1 und 2 lauten:

„(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer den Bestimmungen der §§ 28 Abs. 3, 65 Abs. 4, 67 Abs. 1, 72 Abs. 1 – in Verbindung jeweils mit §§ 89 Z 3, 99 Abs. 3, 4 und 5, 103, 104 Abs. 1, 108 Abs. 3, 109 Abs. 1 Z 1a und Abs. 1a ArbVG –, Abs. 2 und 4 Z 2, 4 und 5 zuwiderhandelt, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 30 000 S zu bestrafen.

(2) Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 sind nur zu verfolgen und zu bestrafen, wenn im Falle

        1.   des § 28 Abs. 3 der Wahlausschuß,

        2.   des § 65 Abs. 4 der Betriebsinhaber und,

        3.   der übrigen Bestimmungen das gemäß §§ 73 und 74 zuständige Personalvertretungsorgan

binnen sechs Wochen ab Kenntnis von der Übertretung und der Person des Täters bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einen Strafantrag stellt (Privatankläger).“

10. In § 80 Abs. 3 wird die Zitierung „des Verwaltungsstrafgesetzes, BGBl. Nr. 172/1950“ durch die Zitierung „des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52“ ersetzt.


11. Nach § 81 Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt:


„(3) § 24 Abs. 2 letzter Satz, § 28 Abs. 5 erster Satz, § 49 Abs. 9 vierter Satz und Abs. 10 erster Satz, § 51 Abs. 1 erster Satz, § 53 Abs. 1 erster Satz, § 77, § 80 und § 82 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXXX treten mit 1. Oktober 1996 in Kraft. § 76 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXXX tritt mit 22. September 1996 in Kraft.“

12. In § 82 Abs. 1 Z 2 wird der Ausdruck „Wahlkommissionen“ durch den Ausdruck „Wahlausschüsse“ ersetzt.