429 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über die Regierungsvorlage (379 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstaltengesetz geändert wird (KAG-Novelle 1996)


Seit Jahren wird im Rahmen des Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds intensiv an den Voraussetzungen, die für eine Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung erforderlich sind, gearbeitet.

Die Bundesgesetzgebung hat im Rahmen des Krankenanstaltenrechtes dabei die folgenden wesentlichen Voraussetzungen geschaffen:

Die Novelle des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr. 282/1988, wonach alle Krankenanstalten Österreichs seit 1. Jänner 1989 die Diagnosen der in stationärer Behandlung befindlichen Patienten nach der von der Weltgesundheitsorganisation veröffentlichten internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD), 9. Revision, in der vom Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz unter Anpassung an den jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft herausgegebenen Fassung zu erheben haben.

Auf Grund der Krankenanstaltengesetznovelle, BGBl. Nr. 701/1991, besteht für jene Krankenanstalten, die Zuschüsse aus dem Krankenanstalten-Zusammenarbeitsfonds erhalten, seit 1. Jänner 1991 weiters die Verpflichtung zur Erfassung und Meldung von ausgewählten medizinischen Einzelleistungen auf der Grundlage eines ebenfalls vom Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz herausgegebenen Leistungskataloges.

Auf der Grundlage der neu eingeführten Diagnosen- und Leistungsdokumentation in Verbindung mit dem seit dem Jahre 1978 praktizierten Kostenrechnungssystem konnte das Modell der „Leistungs­orientierten Krankenanstaltenfinanzierung“ in einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Medizinern, Statistikern und Ökonomen ausgearbeitet werden.

Von 21 repräsentativen Referenzkrankenanstalten wurden dafür wertvolle Grundlagenarbeiten (Er­fas­sungs- und Kalkulationsarbeiten) geleistet.

In der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1991 bis einschließlich 1994, BGBl. Nr. 863/1992, deren Geltungszeitraum bis 31. Dezember 1996 erstreckt wurde, kamen die Vertragsparteien Bund und Länder überein, das Modell „Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung“ mit dem Ziel weiterzuentwickeln, zum frühestmöglichen Zeitpunkt Grundlage für die Krankenanstaltenfinanzierung in Österreich zu sein.

Die Vertragsparteien haben in der genannten Vereinbarung weiters vorgesehen, die begonnenen Ver­hand­lungen über die Reformen des österreichischen Gesundheitswesens weiterzuführen.

Nach zahlreichen Verhandlungsrunden zwischen dem Bund und den Ländern konnte schließlich am 29. März 1996 eine politische Einigung über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung ab dem Jahre 1997 erzielt werden.

In weiterer Folge kamen der Bund und die Länder überein, die Details der Einigung vom 29. März 1996 in einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 zu regeln.

Mit der vorliegenden Novelle ist das Krankenanstaltengesetz in folgenden Punkten an die neue Vereinbarung anzupassen:

           1.  Sicherstellung einer verbindlichen österreichweiten Krankenanstaltenplanung einschließlich einer Großgeräteplanung, Definition der Grundsätze und der Ziele sowie Erlassung der Landeskrankenanstaltenpläne, die sich im Rahmen des ÖKAP befinden (§ 10a):

                Der verbindliche Österreichische Krankenanstaltenplan hat bundesweit eine optimale Kapazitäts- und Leistungsangebotsstruktur zu gewährleisten. So sind im Akutbereich bestehende Überkapazitäten dem aktuellen Bedarf anzupassen. Dazu gehören regionale Überkapazitäten, die sich auf Grund der Bevölkerungsentwicklung in einzelnen Fachbereichen (zB in der Kinderheilkunde) ergeben haben. Dagegen müssen im stationären Krankenhausbereich fehlende und dringend erforderliche Einrichtungen der Remobilisation, der Rehabilitation und der Pflege geschaffen werden. Nur so kann dem Ziel, eine ökonomische, qualitativ hochstehende Form der Gesundheitsversorgung sicherzustellen, entsprochen werden.

           2.  Übereinstimmung mit dem jeweiligen Landeskrankenanstaltenplan als weitere Voraussetzung für die Erteilung einer krankenanstaltenrechtlichen Bewilligung für Krankenanstalten, die auf Grund der neuen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG finanziert werden bzw. finanziert werden sollen (§ 3 Abs. 2a sowie § 3 Abs. 4 lit. a und b);

           3.  Übereinstimmung mit dem Landeskrankenanstaltenplan als Voraussetzung für die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes (§ 15);

           4.  Übereinstimmung mit dem Landeskrankenanstaltenplan als Voraussetzung für die Zulässigkeit von Angliederungsverträgen (§ 19 Abs. 1);

           5.  Regelung der Zurücknahme der Errichtungs- und Betriebsbewilligung (§ 12).

           6.  Definition der Tages- und Nachtklinik sowie des halbstationären Bereiches (§ 6 Abs. 1 lit. b);

           7.  Regelung der Facharztanwesenheit und der Rufbereitschaft (§ 8 Abs. 1);

           8.  Durchführung der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (§§ 27, 27b und 28):

                In den letzten Jahrzehnten war eine tiefgreifende Veränderung im Krankenanstaltenbereich festzustellen, die sich etwa durch die intensivere Betreuung der Patienten in kürzerer Zeit, durch die höhere Personalintensität und durch den vermehrten Einsatz teurer medizinisch-technischer Großgeräte und Behandlungsverfahren charakterisieren läßt. Damit im Zusammenhang stehen die zunehmenden Kostenunterschiede bei der Behandlung verschiedener Patientengruppen.

                Diese Entwicklung hat mittlerweile dazu geführt, daß die Finanzierung in Form von undifferenzierten Tagespauschalen und die derzeit praktizierte Zuschuß- und Abgangsdeckungsfinanzierung auf Grund der fehlenden Leistungsorientierung den an ein zeitgemäßes Finanzierungssystem gestellten Anforderungen nicht mehr entspricht.

                Eine zentrale Zielsetzung der Reform der Krankenanstaltenfinanzierung besteht in einer Erhöhung der Kosten- und Leistungstransparenz in den Krankenanstalten, die Mittel von der öffentlichen Hand erhalten. Durch die Einführung bundeseinheitlicher Krankenanstalteninformationssysteme, durch die mehrjährige Entwicklung und Erprobung leistungsorientierter Krankenanstaltenfinanzierungssysteme sowie durch die Erarbeitung von Qualitätsmanagementmodellen wurden die wesentlichen Voraussetzungen für diesen Reformschritt verwirklicht.

                Von dem neuen Finanzierungssystem wird – bei gleichzeitiger Umsetzung struktureller Maßnahmen – die Optimierung des Ressourceneinsatzes im Gesundheitsbereich und damit eine langfristige Eindämmung der derzeit überproportionalen Kostensteigerungsraten im Krankenanstaltenbereich erwartet. Dies soll durch eine nur den medizinischen Erfordernissen entsprechende kürzere Verweildauer im Krankenhaus, durch vermehrte Leistungserbringung im ambulanten und extramuralen Bereich sowie im rehabilitativen Nachsorgebereich und durch eine Reduzierung unnötiger Mehrfachleistungen erreicht werden. Darüber hinaus soll es dem Krankenhausmanagement durch die im System geschaffene höhere Kosten- und Leistungstransparenz ermöglicht werden, seine Betriebsführung nach betriebswirtschaftlichen Aspekten auszurichten und Entscheidungen auf fundierten Datengrundlagen zu treffen. Wesentlich ist jedoch die Aufrechterhaltung der Qualität der Behandlung und die Sicherstellung einer Behandlung nach modernen Methoden.

         10.  Einrichtung von Landesfonds (§ 27b):

                Zur Durchführung der leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung kamen die Vertragsparteien der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 überein, die Landesfonds mit einer weitreichenden Gestaltungsfreiheit auszustatten.

         11.  Verpflichtung der Krankenanstalten, auch Organen von Landesfonds die Einsichtnahme in Krankengeschichten zu ermöglichen (§ 10 Abs. 1 Z 4);

         12.  Schaffung der Möglichkeit, daß die wirtschaftliche Aufsicht über Krankenanstalten, die mit öffentlichen Mitteln finanziert werden, von den Landesfonds wahrgenommen werden kann (§ 11 Abs. 2);

         13.  Schaffung der Möglichkeit, die Deckung des Betriebsabganges über die Landesfonds durchzuführen (§ 34 Abs. 3);

         14.  Einrichtung des Strukturfonds (§§ 59 bis 59j);

                Der Strukturfonds mit eigener Rechtspersönlichkeit und die Strukturkommission als Organ des Strukturfonds hat zentrale Aufgaben im Rahmen der umfassenden Reform des Gesundheitswesens zu erfüllen.

                Die Strukturkommission soll die Entwicklung im österreichischen Gesundheitswesen insgesamt beobachten und seine Weiterentwicklung steuern. Sie soll die Integration und Kooperation der verschiedenen Gesundheitsbereiche vorantreiben und die strukturellen Veränderungen im Gesundheitswesen forcieren. Damit werden die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, um bei Sicherstellung des bisherigen Leistungsniveaus Rationalisierungspotentiale und Synergie-effekte im Gesundheitsbereich zu realisieren.

         15.  Neuregelung der Zweckzuschüsse des Bundes (§§ 57 und 58).

Im Einklang mit der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 bestimmt die vorliegende Novelle, daß ihr unmittelbar anwendbares Bundesrecht mit 1. Jänner 1997 in Kraft tritt. Weiters hat die Landesgesetz-gebung die Ausführungsbestimmungen zu den Grundsatzbestimmungen ebenfalls mit 1. Jänner 1997 in Kraft zu setzen.

Vorgesehen ist weiters, daß am 1. Jänner 2001 die am 31. Dezember 1977 in Geltung gestandenen Rechtsvorschriften, soweit sie durch diese Novelle geändert wurden, wieder in Kraft treten und diese Novelle außer Kraft tritt.

Die Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über die Reform des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung für die Jahre 1997 bis 2000 räumt dem Bund und den Ländern die Möglichkeit ein, sich in rechtzeitig aufzunehmenden Verhandlungen über eine Neuregelung zu einigen und die entsprechenden bundes- und landesgesetzlichen Bestimmungen am 1. Jänner 2001 in Kraft zu setzen.

Der Gesundheitsausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 12. November 1996 in Verhandlung genommen.

An der sich an die Ausführungen der Berichterstatterin anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Walter Guggenberger, Klara Motter, Dr. Brigitte Povysil, Theresia Haidlmayr, Mag. Herbert Haupt, Dr. Günther Leiner, Heidemaria Onodi, Manfred Lackner, Mag. Johann Maier, Georg Wurmitzer und der Ausschußobmann Dr. Alois Pumberger.

Die Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen sowie die Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Klara Motter brachten jeweils einen Abänderungsantrag ein; beide Anträge bezogen sich auf § 8 Abs. 1 Z 3 und 4 des Krankenanstaltengesetzes.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzesvorschlag mit Stimmenmehrheit angenommen. Die beiden erwähnten Abänderungsanträge fanden keine Mehrheit.

Mit Stimmenmehrheit wurde die nachstehende Ausschußfeststellung zur vorgeschlagenen Fassung des § 8 Abs. 1 des Krankenanstaltengesetz beschlossen:

„Der Gesundheitsausschuß geht davon aus, daß der jeweilige Landesgesetzgeber im Bewußtsein der Verantwortung des jeweiligen Landes für die Sicherstellung der Spitalsversorgung in seinem Bereich in Ausführung der grundsatzgesetzlich eingeräumten Möglichkeit einer Rufbereitschaft Landesausführungsregelungen beschließen wird, die über den grundsatzgesetzlich vorgegebenen Mindeststandard hinaus nach Größe, Leistungsangebot und Versorgungsauftrag differenzieren, dh., noch strengere Normen für die Rufbereitschaft im Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienst vorsehen. In diesem Sinn versteht der Gesundheitsausschuß die von den für das Spitalswesen verantwortlichen Landesräten abgegebenen ,Garantieerklärungen‘ dahin, daß gegenüber heute in der Praxis bereits existierenden Formen von Rufbereitschaft durch die zwingende Verpflichtung der Anwesenheit eines Facharztes keine Verschlechterung der Qualität der medizinischen Notfallversorgung eintritt, sondern vielmehr eine Verbesserung erfolgt.

Der Gesundheitsausschuß geht daher insbesondere auch davon aus, daß die Landesgesetzgebung die Mindeststandards so ausführen wird, daß in Standardkrankenanstalten, deren Versorgungsumfang über dem Mindestrahmen einer Standardkrankenanstalt liegt, dementsprechend mehr Fachärzte zur dauernden Anwesenheit verpflichtet sein werden (sogenannte Standardkrankenanstalt der erweiterten Standardversorgung).


Zur ärztlichen Anwesenheit in Standardkrankenanstalten mit Rufbereitschaft stellt der Gesundheitsausschuß unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 Z 1 fest, daß das dort vorgesehene Gebot jederzeit sofort erreichbarer ärztlicher Hilfe in der Anstalt jedenfalls dazu verpflichtet, in Abteilungen mit rufbereitem Facharzt die Anwesenheit eines im Sinne des Ärztegesetzes qualifizierten Turnusarztes vorzusehen.

Weiters normiert der erste Satz des § 8 Abs. 1 Z 4 eine Ausnahmeregelung für die Organisation des ärztlichen Dienstes in Standardkrankenanstalten im Nacht- und Wochenend- und Feiertagsdienst. Aus der systematischen Stellung des § 8 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz, der im Anschluß an die Formulierung einer Ausnahmeregelung für den Nacht- und Wochenend- und Feiertagsdienst steht, und der Formulierung ,im übrigen‘ ist eindeutlich ersichtlich, daß der zweite Satz die Regelung für den Notfall enthält. Es ist durch diese Formulierung daher sichergestellt, daß während der üblichen Tagesarbeitszeit werktags auch in Standardkrankenanstalten in allen bestehenden Abteilungen und Organisationseinheiten Fachärzte der in Betracht kommenden Sonderfächer in der Krankenanstalt anwesend sein müssen.“

Ebenfalls mit Stimmenmehrheit beschloß der Ausschuß die folgende Feststellung zur vorgeschlagenen Fassung des § 59g Abs. 8 des Krankenanstaltengesetzes:

„Der Gesundheitsausschuß geht davon aus, daß dem Beirat der Strukturkommission jedenfalls folgende Mitglieder aus den Gesundheitsberufen und Interessensvertretungen der verschiedenen Bereiche des Gesundheitswesens angehören werden:

           1.  die Österreichische Ärztekammer;

           2.  die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Bundessektion Krankenanstalten;

           3.  der Psychotherapiebeirat;

           4.  der Psychologenbeirat;

           5.  die Österreichische Apothekerkammer;

           6.  die Österreichischen Patientenanwälte;

           7.  der Verband der Verwalter und Spitalsdirektoren;

           8.  die Wirtschaftskammer Österreich;

           9.  die medizinischen Fakultäten;

         10.  die Rehabilitationsträger (ausgenommen die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt);

         11.  die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt;

         12.  die Gebietskrankenkassen;

         13.  die sonstigen Krankenversicherungsträger.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (379 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 11 12

                               Hannelore Buder                                                           Dr. Alois Pumberger

                                 Berichterstatterin                                                                         Obmann