505 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP


Ausgedruckt am 23. 12. 1996

Regierungsvorlage

Abkommen

zwischen der Republik Österreich und der Ukraine über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

DIE REPUBLIK ÖSTERREICH UND DIE UKRAINE, im folgenden die "Vertragsparteien" genannt,

VON DEM WUNSCHE GELEITET, günstige Voraussetzungen für eine größere wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien zu schaffen,

IN DER ERKENNTNIS, daß die Förderung und der gegenseitige Schutz von Investitionen die Bereitschaft zur Vornahme solcher Investitionen stärken und dadurch einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien leisten können,

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Definitionen

Für die Zwecke dieses Abkommens

(1) umfaßt der Begriff "Investition" jede Art von Vermögenswerten, die von einem Investor einer der Vertragsparteien im Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit auf dem Gebiet der anderen Vertragspartei gemäß den Gesetzen und Regelungen der letztgenannten investiert werden, insbesondere, aber nicht ausschließlich:

a) Eigentum an beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie dingliche Rechte, wie Hypotheken, Zurückbehaltungsrechte, Pfandrechte, Nutzungsrechte und ähnliche Rechte;

b) Anteilsrechte und andere Arten von Beteiligungen an Unternehmen;

c) Ansprüche auf Geld, das übergeben wurde, um einen wirtschaftlichen Wert zu schaffen, oder Ansprüche auf eine Leistung, die einen wirtschaftlichen Wert hat;

d) geistige und gewerbliche Eigentumsrechte, insbesondere, aber nicht ausschließlich Urheberrechte, Handelsmarken, Erfinderpatente, gewerbliche Muster und Modelle sowie technische Verfahren, Know-how, Betriebsgeheimnisse, Handelsnamen und Goodwill;

e) öffentlich-rechtliche Konzessionen für die Aufsuchung oder die Gewinnung von Naturschätzen;

(2) bezeichnet der Begriff "Investor"

a) jede natürliche Person, die Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist und im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Investition tätigt;

b) jede juristische Person, sowie jede Handelsgesellschaft, Personengesellschaft oder Wirtschaftsvereinigung, die in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften einer der Vertragsparteien geschaffen wurde, ihren Sitz in deren Hoheitsgebiet hat und im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei eine Investition tätigt;

c) jede juristische Person oder Personengesellschaft, die in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften einer der Vertragsparteien oder eines dritten Staates geschaffen wurde und in der ein unter a) oder b) genannter Investor eine maßgebliche unmittelbare Kontrolle ausübt;

(3) bezeichnet der Begriff "Erträge" diejenigen Beträge, die eine Investition erbringt, und insbesondere, aber nicht ausschließlich, Gewinne, Zinsen, Kapitalzuwächse, Dividenden, Tantiemen, Lizenzgebühren und andere Entgelte;

(4) umfaßt der Begriff "Enteignung" auch die Verstaatlichung oder jede sonstige Maßnahme einer der Vertragsparteien mit gleicher Wirkung für die Investition eines Investors der anderen Vertragspartei;

(5) umfaßt der Begriff "Hoheitsgebiet" in bezug auf jede Vertragspartei das Staatsgebiet jeder der Vertragsparteien;

(6) "Ohne ungebührliche Verzögerung" bedeutet in einem für die Erfüllung der notwendigen Formalitäten bei Transferzahlungen üblicherweise erforderlichen Zeitraum. Dieser beginnt mit dem Tag, an dem der Antrag auf Transferzahlung gestellt wird, und darf höchstens ein Monat betragen.

Artikel 2

Förderung und Schutz der Investitionen

(1) Jede Vertragspartei fördert nach Möglichkeit in ihrem Hoheitsgebiet die Investitionen der Investoren der anderen Vertragspartei, läßt diese Investitionen in Übereinstimmung mit ihren Rechtsvorschriften zu und behandelt sie in jedem Fall gerecht und billig.

(2) Gemäß Artikel 1 Abs. 1 genehmigte Investitionen und ihre Erträge genießen den vollen Schutz dieses Abkommens. Gleiches gilt, unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes 1, im Falle einer Wiederveranlagung solcher Erträge auch für deren Erträge. Jede Änderung, in der die Vermögenswerte veranlagt oder wiederveranlagt werden, einschließlich der rechtlichen Erweiterung, Veränderung oder Umwandlung einer Investition, die in Übereinstimmung mit den rechtlichen Bestimmungen der betreffenden Vertragspartei erfolgt, beeinträchtigt nicht deren rechtlichen Status als Investition.

Artikel 3

Behandlung der Investitionen

(1) Jede Vertragspartei behandelt Investoren der anderen Vertragspartei und deren Investitionen nicht weniger günstig als ihre eigenen Investoren und deren Investitionen oder Investoren dritter Staaten und deren Investitionen.

(2) Die Bestimmungen gemäß Abs. 1 dieses Artikels können nicht dahingehend ausgelegt werden, daß sie eine Vertragspartei verpflichten, den Investoren der anderen Vertragspartei und deren Investitionen den gegenwärtigen oder künftigen Vorteil einer Behandlung, einer Präferenz oder eines Privileges einzuräumen, welcher sich ergibt aus

a) einer Zollunion, einem gemeinsamen Markt, einer Freihandelszone oder der Zugehörigkeit zu einer Wirtschaftsgemeinschaft;

b) einem internationalen Abkommen, einer zwischenstaatlichen Vereinbarung oder innerstaatlichen Rechtsvorschrift über Steuerfragen;

c) einer Regelung zur Erleichterung des Grenzverkehrs.

Artikel 4

Entschädigung für Enteignung

(1) Investitionen von Investoren einer Vertragspartei dürfen im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei nur im öffentlichen Interesse, auf Grund eines rechtmäßigen Verfahrens und gegen entsprechende Entschädigung enteignet werden.

(2) Die Entschädigung muß dem gerechten Marktwert der Investition, und zwar unmittelbar vor dem oder zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung über die Enteignung angekündigt oder öffentlich bekannt wurde, je nach dem, welcher früher liegt, entsprechen. Der Marktwert wird in Übereinstimmung mit der international anerkannten Praxis bestimmt, wobei unter anderem das investierte Kapital, der Wiederbeschaffungswert, die Wertzunahme, laufende Erträge, Goodwill und andere wesentliche Faktoren zu berücksichtigen sind. Für den Fall, daß die Zahlung der Entschädigung verzögert wird, wird die Entschädigung in einer Höhe geleistet, die den Investor nicht in eine ungünstigere Lage bringt, als die, in der er sich befände, wäre die Entschädigung unmittelbar zum Zeitpunkt der Enteignung geleistet worden. Die Entschädigung umfaßt jedenfalls Zinsen zum marktüblichen Zinssatz, der jedoch auf jeden Fall nicht niedriger liegt als die gültige LIBOR-Rate oder das Äquivalent dazu, vom Zeitpunkt der Enteignung bis zum Zeitpunkt der Zahlung. Die schließlich festgelegte Entschädigung wird an den Investor unverzüglich in frei konvertierbarer Währung geleistet und wird ohne Verzögerung frei transferierbar sein. Spätestens im Zeitpunkt der Enteignung muß in geeigneter Weise für die Festsetzung und Leistung der Entschädigung Vorsorge getroffen sein.

(3) Enteignet eine Vertragspartei die Vermögenswerte einer Gesellschaft, die in Anwendung von Artikel 1 Abs. 2 dieses Abkommens als eine Gesellschaft dieser Vertragspartei anzusehen ist, und an welcher ein Investor der anderen Vertragspartei Anteilsrechte besitzt, so wendet sie die Bestimmungen des Absatzes 1 dergestalt an, daß die angemessene Entschädigung dieses Investors sichergestellt wird.

(4) Dem Investor steht das Recht zu, die Rechtmäßigkeit der Enteignung durch die zuständigen Organe der Vertragspartei, welche die Enteignung veranlaßt hat, überprüfen zu lassen.

(5) Dem Investor steht das Recht zu, die Höhe der Entschädigung und die Zahlungsmodalitäten entweder durch die zuständigen Organe der Vertragspartei, welche die Enteignung veranlaßt hat, oder durch ein internationales Schiedsgericht gemäß Artikel 9 dieses Abkommens überprüfen zu lassen.

Artikel 5

Entschädigung für Schadensfälle oder Verluste

2

(1) Investoren einer Vertragspartei, deren Investitionen auf Grund eines Krieges oder anderer bewaffneter Konflikte, eines nationalen Notstandes, einer Revolte, Bürgerunruhen, eines Aufstandes oder auf Grund von Tumulten oder ähnlicher Ereignisse im Gebiet der anderen Vertragspartei Schaden oder Verluste erleiden, erfahren hinsichtlich Rückerstattung, Schadloshaltung, Entschädigung oder anderer Regelungen seitens der anderen Vertragspartei keine weniger günstige Behandlung als jene, die diese Vertragspartei ihren eigenen Investoren oder Investoren aus Drittstaaten, je nachdem, welche Behandlung für den durch die obengenannten Ereignisse geschädigten Investor die günstigere ist, zuteil werden läßt.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen in Abs. 1 dieses Artikels, haben Investoren einer Vertragspartei, die auf Grund von Ereignissen, wie sie im zitierten Abs. angeführt sind, auf dem Gebiet der anderen Vertragspartei Schaden oder Verluste aus folgenden Gründen erleiden:

a) durch Beschlagnahme ihres gesamten Eigentums oder eines Teiles davon durch die Streitkräfte oder Behörden dieser Vertragspartei, oder durch

b) die Zerstörung ihres gesamten Eigentums oder eines Teiles davon durch die Streitkräfte oder Behörden dieser Vertragspartei,

die nicht durch Kampfhandlungen verursacht wurde bzw. nicht auf Grund der Notsituation erforderlich war, Anspruch auf umgehende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und gegebenenfalls auf umgehende angemessene und wirksame Entschädigung für den Schaden oder Verlust. Daraus folgende Zahlungen sind frei konvertierbar und ohne ungebührliche Verzögerung frei transferierbar.

Artikel 6

Transfer

(1) Jede Vertragspartei gewährleistet den Investoren der anderen Vertragspartei ohne ungebührliche Verzögerung den freien Transfer in frei konvertierbarer Währung der im Zusammenhang mit einer Investition stehenden Zahlungen, insbesondere, aber nicht ausschließlich,

a) des Kapitals und zusätzlicher Beträge zur Aufrechterhaltung oder Erweiterung der Investition;

b) von Beträgen, die zur Abdeckung von Ausgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung der Investition bestimmt waren;

c) der Erträge;

d) der Rückzahlung von Darlehen;

e) des Erlöses im Falle vollständiger oder teilweiser Liquidation oder Veräußerung der Investition;

f) einer Entschädigung gemäß Artikel 4 oder 5 dieses Abkommens;

g) Zahlungen aus einer Streiterledigung.

(2) Die Zahlungen gemäß diesem Artikel erfolgen zu den Wechselkursen, die am Tage der Transferzahlung im Hoheitsgebiet der Vertragspartei, von der aus der Transfer vorgenommen wird, gelten.

(3) Die Wechselkurse werden entsprechend den Notierungen an den im Hoheitsgebiet jeder Vertragspartei befindlichen Börsen bzw. subsidiär von dem jeweiligen Bankensystem im Hoheitsgebiet jeder der Vertragsparteien festgelegt. Die Bankgebühren werden gerecht und angemessen sein.

Artikel 7

Eintrittsrecht

Leistet eine Vertragspartei oder eine von ihr hiezu ermächtigte Institution ihrem Investor Zahlungen auf Grund einer Garantie für eine Investition im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei, so erkennt diese andere Vertragspartei, unbeschadet der Rechte des Investors der erstgenannten Vertragspartei aus Artikel 9 dieses Abkommens und der Rechte der erstgenannten Vertragspartei aus Artikel 10 dieses Abkommens, die Übertragung aller Rechte oder Ansprüche dieses Investors kraft Gesetzes oder auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung auf die erstgenannte Vertragspartei an. Ferner erkennt die andere Vertragspartei den Eintritt der erstgenannten Vertragspartei in alle diese Rechte oder Ansprüche an, welche die erstgenannte Vertragspartei in demselben Umfang wie ihr Rechtsvorgänger auszuüben berechtigt ist. Für den Transfer der an die betreffende Vertragspartei auf Grund der übertragenen Rechte zu leistenden Zahlungen gelten Artikel 4, 5 und 6 dieses Abkommens sinngemäß.

Artikel 8

Andere Verpflichtungen

(1) Ergibt sich aus den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei oder aus völkerrechtlichen Verpflichtungen, die neben diesem Abkommen zwischen den Vertragsparteien bestehen oder in Zukunft begründet werden, eine allgemeine oder besondere Regelung, durch die den Investitionen der Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung als nach diesem Abkommen zu gewähren ist, so geht diese Regelung dem vorliegenden Abkommen insoweit vor, als sie günstiger ist.

(2) Jede Vertragspartei hält jede vertragliche Verpflichtung ein, die sie gegenüber einem Investor der anderen Vertragspartei in bezug auf von ihr genehmigte Investitionen in ihrem Hoheitsgebiet übernommen hat.

Artikel 9

Beilegung von Investitionsstreitigkeiten

(1) Entstehen zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei Meinungsverschiedenheiten aus einer Investition, so werden diese so weit wie möglich zwischen den Streitparteien durch Verhandlungen beigelegt.

(2) Kann eine Meinungsverschiedenheit gemäß Abs. 1 nicht innerhalb von drei Monaten ab dem Erhalt einer schriftlichen Mitteilung hinreichend bestimmter Ansprüche beigelegt werden, wird die Meinungsverschiedenheit auf Antrag der Vertragspartei oder des Investors der anderen Vertragspartei den folgenden Verfahren unterworfen:

a) einem Vergleichs- oder Schiedsverfahren vor dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, das auf Grund der Washingtoner Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Staatsangehörigen anderer Staaten, aufgelegt zur Unterzeichnung in Washington am 18. März 1965, eingerichtet wurde. Im Falle eines Schiedsverfahrens stimmt jede Vertragspartei auch ohne Vorliegen einer individuellen Schiedsvereinbarung zwischen der Vertragspartei und dem Investor durch dieses Abkommen unwiderruflich im vorhinein zu, solche Meinungsverschiedenheiten dem Zentrum zu unterbreiten und den Schiedsspruch als bindend anzuerkennen. Diese Zustimmung beinhaltet den Verzicht auf das Erfordernis, daß innerstaatliche Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren erschöpft worden sind; oder

b) einem Schiedsverfahren durch drei Schiedsrichter gemäß den UNCITRAL Schiedsregeln, soweit sie durch die im Zeitpunkt des Verlangens nach Einleitung des Schiedsverfahrens letzte von beiden Vertragsparteien angenommene Abänderung abgeändert wurden. Im Falle eines Schiedsverfahrens stimmt jede Vertragspartei auch ohne Vorliegen einer individuellen Schiedsvereinbarung zwischen der Vertragspartei und dem Investor durch dieses Abkommen unwiderruflich im vorhinein zu, solche Meinungsverschiedenheiten dem genannten Schiedsverfahren zu unterbreiten und den Schiedsspruch als bindend anzuerkennen.

(3) Der Schiedsspruch im Sinne von Abs. 2, lit. a oder lit. b ist endgültig und bindend; er wird nach innerstaatlichem Recht vollstreckt; jede Vertragspartei stellt die Anerkennung und Durchsetzung des Schiedsspruches in Übereinstimmung mit ihren einschlägigen Rechtsvorschriften sicher.

(4) Eine Vertragspartei, die Streitpartei ist, macht in keinem Stadium des Vergleichs- oder Schiedsverfahrens oder der Durchsetzung eines Schiedsspruchs als Einwand geltend, daß der Investor, der die andere Streitpartei bildet, auf Grund einer Garantie eine Entschädigung bezüglich aller oder Teile seiner Verluste erhalten habe.

Artikel 10

Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien

(1) Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens sollen, soweit wie möglich, durch Verhandlungen beigelegt werden.

(2) Kann eine Meinungsverschiedenheit gemäß Abs. 1 innerhalb von drei Monaten nicht beigelegt werden, so wird sie auf Antrag einer der Vertragsparteien einem Schiedsgericht unterbreitet.

(3) Das Schiedsgericht wird von Fall zu Fall wie folgt gebildet: jede Vertragspartei bestellt ein Mitglied und beide Mitglieder einigen sich auf einen Staatsangehörigen eines Drittstaates als Vorsitzenden. Die Mitglieder sind innerhalb von zwei Monaten, nachdem die eine Vertragspartei der anderen mitgeteilt hat, daß sie die Meinungsverschiedenheit einem Schiedsgericht unterbreiten will, der Vorsitzende ist innerhalb von weiteren zwei Monaten zu bestellen.

(4) Werden die in Abs. 3 festgelegten Fristen nicht eingehalten, so kann in Ermangelung einer anderen Vereinbarung jede Vertragspartei den Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes bitten, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen. Besitzt der Präsident des Internationalen Gerichtshofes die Staatsangehörigkeit einer der beiden Vertragsparteien oder ist er aus einem anderen Grund verhindert diese Funktion auszuüben, so kann der Vizepräsident, oder im Falle seiner Verhinderung, das dienstälteste Mitglied des Internationalen Gerichtshofes unter denselben Voraussetzungen eingeladen werden, die erforderlichen Ernennungen vorzunehmen.

(5) Das Schiedsgericht beschließt seine eigene Verfahrensordnung.

(6) Das Schiedsgericht entscheidet auf Grund dieses Abkommens sowie auf Grund der allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes. Es entscheidet mit Stimmenmehrheit; der Schiedsspruch ist endgültig und bindend.

(7) Jede Vertragspartei trägt die Kosten ihres Mitglieds und ihrer Rechtsvertretung in dem Schiedsverfahren. Die Kosten des Vorsitzenden sowie die sonstigen Kosten werden von den beiden Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen. Das Gericht kann jedoch in seinem Schiedsspruch eine andere Kostenregelung treffen.

Artikel 11

Anwendung dieses Abkommens

(1) Dieses Abkommen gilt für Investitionen, die Investoren der einen Vertragspartei in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der anderen Vertragspartei in deren Hoheitsgebiet sowohl vor als auch nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens vorgenommen haben oder vornehmen werden.

(2) Die Bestimmungen dieses Abkommens, die in einem Widerspruch mit dem künftigen Rechtsbestand der Europäischen Union stehen, finden keine Anwendung.

(3) Erforderlichenfalls werden über die in Abs. 2 erwähnten Fragen Konsultationen zwischen den Vertragsparteien aufgenommen.

Artikel 12

Inkrafttreten und Dauer

(1) Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation und tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in welchem der Austausch der Ratifikationsurkunden stattgefunden hat.

(2) Das Abkommen bleibt zehn Jahre lang in Kraft. Nach deren Ablauf wird es auf unbestimmte Zeit verlängert und kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten schriftlich auf diplomatischem Wege gekündigt werden.

(3) Für Investitionen, die bis zum Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieses Abkommens vorgenommen worden sind, gelten die Artikel 1 bis 10 dieses Abkommens noch für weitere zehn Jahre vom Tage des Außerkrafttretens des Abkommens an.

GESCHEHEN zu Graz, am 8. November 1996, in zwei Urschriften, jede in deutscher und ukrainischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen authentisch ist.

Für die Republik Österreich:

Schüssel

Für die Ukraine:

Udovenko

VORBLATT

Problem:

Die Förderung und der Schutz von Investitionen im Ausland wird von den innerstaatlichen Rechtsnormen des ausländischen Staates geregelt, ohne daß der Heimat- oder Sitzstaat des Investors ein Recht hat, effiziente Schutzfunktionen auszuüben. Dies kann sich hemmend auf die im beiderseitigen Interesse liegende Investitionsbereitschaft auswirken.

Problemlösung:

Das vorliegende Abkommen hat die Förderung und den Schutz von Investitionen zum Gegenstand und regelt auf der Grundlage der Gegenseitigkeit ua. die Entschädigungspflicht bei Enteignungen, die Frage von Überweisungen und Formen der Streitbeilegung. Das Abkommen beruht auf dem Prinzip der Meistbegünstigung und Inländergleichbehandlung - ausgenommen Vorteile, die sich aus Integrationsmaßnahmen uä. ergeben. Auf Grund dieses Vertragsinstrumentes ist jede Vertragspartei in der Lage, die Rechte ihres Investors im Investitionsland sicherzustellen und zu vertreten.

Alternativen:

Beibehaltung der bisherigen unbefriedigenden Rechtslage.

Kosten:

Keine. Mit der Vollziehung des Abkommens ist weder ein vermehrter Sachaufwand noch ein zusätzlicher Personalaufwand verbunden.

EU-Konformität:

Die Vereinbarkeit mit bestehenden EU-Regelungen ist gegeben.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das gegenständliche Abkommen ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Da das Abkommen auch Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, regelt, bedarf es gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG zweiter Satz auch der Zustimmung des Bundesrates. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, so daß eine Erlassung von Gesetzen gemäß Artikel 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Abkommen enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen. Die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten schließen analoge Abkommen mit Drittländern ab.

Investitionsschutzabkommen werden üblicherweise zwischen Industriestaaten einerseits und wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern andererseits abgeschlossen. Ihr Ziel ist es, Investitionstätigkeit zu fördern und getätigte Investitionen zu schützen. Es liegt in den wirtschaftlichen Gegebenheiten, daß Investitionen in erster Linie von den Industriestaaten in die wirtschaftlich weniger entwickelten Länder fließen. Es ist aber nicht auszuschließen, daß der Investitionsfluß auch eine umgekehrte Richtung nimmt. Ein Industriestaat muß daher grundsätzlich bei der Verhandlung solcher Abkommen auf diese Möglichkeit im Lichte seiner eigenen Wirtschaftsstruktur sowie seiner Gesetzgebung Bedacht nehmen.

Da die Grundaufgabe von Investitionsschutzabkommen in jedem Fall die gleiche ist, und da die von Österreich angestrebten Investitionsschutzabkommen im Regelfall ausgehend von einem, von einem OECD-Basisentwurf abgeleiteten, österreichischen Mustervertrag verhandelt werden, sind die Abkommensinhalte einander in hohem Maße ähnlich bis identisch. Größere Abweichungen ergeben sich in der Regel bei Fragen der Streitbeilegung zwischen einer Vertragspartei und einem Investor und bei den Modalitäten des Devisentransfers.

Die Vertragsparteien sichern sich die Meistbegünstigung und Inländergleichbehandlung zu.

Es kann erwartet werden, daß die österreichische Wirtschaft in Zukunft von der Möglichkeit zu Investitionstätigkeiten in der Ukraine Gebrauch macht. Auch auf ukrainischer Seite besteht Interesse an Investitionen aus Österreich sowie die Bereitschaft, durch entsprechende innerstaatliche Regelungen ausländische Investitionstätigkeit zu fördern. Ziel des gegenständlichen Abkommens ist es, die österreichischen Firmen bei ihren Investitionsbemühungen in der Ukraine zu unterstützen und sie gegen dabei allenfalls entstehende Risiken abzusichern.

Besondere Bedeutung kommt der Regelung der Entschädigung im Falle der Verstaatlichung oder
jeder sonstigen Maßnahme mit einer der Enteignung gleichkommenden Wirkung zu. Einen wichtigen Vertragsbestandteil bilden ferner die Bestimmungen betreffend den Transfer von Erträgen aus Investitionen, von Rückzahlungen von in Devisen gewährten Darlehen, von Erlösen aus deren Liquidation oder Veräußerung und von Entschädigungen im Enteignungsfall.

Bei Streitigkeiten zwischen einem Investor und einem Vertragsstaat sieht das Abkommen ein Schiedsverfahren vor. Meinungsverschiedenheiten aus einer Investition zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei, die auf dem Verhandlungswege nicht innerhalb einer Frist von drei Monaten beigelegt werden können, können auf Antrag der Vertragspartei oder des Investors dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten im Sinne der Washingtoner Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten vom 18. März 1965 oder einem Schiedsgericht, das auf Grund der UNCITRAL-Regeln eingerichtet wird, unterbreitet werden.

Besonderer Teil

Präambel:

Diese enthält im wesentlichen die Motive der vertragschließenden Parteien.

Artikel 1:

Dieser Artikel dient dazu, die im Abkommen vorkommenden wesentlichen Begriffsinhalte zu definieren.

Der Begriff "Investition" ist sowohl inhaltlich als auch durch eine umfangreiche, wenn auch nicht erschöpfende Aufzählung von Vermögenswerten definiert. Die Aufzählung folgt einem internationalen Standard.

Der Begriff "Investor" wird in bezug auf die Vertragsparteien in zweierlei Weise definiert: im Falle natürlicher Personen durch die Staatsangehörigkeit, im Falle juristischer Personen usw. durch eine Berücksichtigung der Sitz- und Kontrolltheorie.

Die Definition der "Erträge" entspricht sowohl inhaltlich als auch in der demonstrativen Aufzählung internationaler Praxis.

Mit dem Begriff "Enteignung" werden auch die Verstaatlichung sowie Maßnahmen mit ähnlicher Wirkung erfaßt.

Artikel 2:

umfaßt sowohl die Förderung als auch den Schutz von Investitionen.

Abs. 1 enthält eine Vertragsbestimmung allgemeiner Natur. Konkrete Maßnahmen sind nicht angesprochen, vielmehr ist den Vertragsparteien bei der Gestaltung dieser Maßnahmen, unter der Bedingung der Gerechtigkeit und Billigkeit, freie Hand gelassen. Die Zulässigkeit von Investitionen wird dabei an die Gesetzgebung der jeweiligen Vertragspartei gebunden, dh. daß etwa die Bestimmungen der österreichischen Gewerbeordnung bei einer Investition in Österreich zu beachten sind.

Abs. 2 beinhaltet die Schutzgarantie des Abkommens für Investitionen und ihre Erträge.

Artikel 3:

enthält hinsichtlich der getätigten Investitionen das Prinzip der Meistbegünstigung und der Inländergleichbehandlung.

Abs. 2 fixiert die Ausnahmen von diesen Prinzipien (Zollunion, gemeinsamer Markt, Freihandelszone, Zugehörigkeit zu einer Wirtschaftsgemeinschaft und Grenzverkehr; Nichtanwendung auf Steuerfragen).

Artikel 4:

behandelt Fragen der Entschädigung und ist somit als einer der wichtigsten Art. des Abkommens anzusehen.

In Abs. 1 wird die Enteignung durch Bindung an drei Bedingungen hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit wesentlich eingegrenzt. Sie darf nur:

1. im öffentlichen Interesse,

2. unter Einhaltung eines rechtmäßigen Verfahrens und

3. gegen Bezahlung einer Entschädigung

erfolgen.

In Abs. 2 wird die Entschädigungspflicht so formuliert, daß eine weitestgehende Wertsicherung und Verwertbarkeit für die betroffenen Vermögenswerte garantiert ist. Es wird ua. klargestellt, daß die Entschädigung dem realen Wert der Investition unmittelbar vor dem Zeitpunkt entsprechen muß, in dem die tatsächliche Maßnahme der Enteignung gesetzt oder die bevorstehende Enteignung bekannt wurde.

Abs. 4 räumt dem Investor das Recht ein, die Rechtmäßigkeit der Enteignung durch die zuständigen Organe der Vertragspartei, welche die Enteignung veranlaßt hat, überprüfen zu lassen.

Abs. 5 räumt dem Investor das Recht ein, die Höhe der Entschädigung nicht nur innerstaatlich, sondern wenn notwendig, auch durch ein internationales Schiedsgericht prüfen zu lassen.

Artikel 5:

sieht vor, daß ein Investor der Vertragsparteien im Falle von Kriegsereignissen oder ähnlichen Geschehnissen nicht ungünstiger behandelt wird als eigene Investoren oder Investoren aus einem Drittstaat.

Artikel 6:

bildet eine notwendige und klarstellende Ergänzung zu den vorangegangenen Artikeln, insbesondere zu den Artikeln 3, 4 und 5, insofern er das Verfügungs- bzw. Repatriierungsrecht des Investors über alle vorher genannten Vermögenswerte durch Regelung der Überweisbarkeit von Zahlungen aus dem Hoheitsgebiet einer Vertragspartei garantiert.

Abs. 1 garantiert den freien Transfer ohne ungebührliche Verzögerung in frei konvertierbarer Währung für Zahlungen im Zusammenhang mit einer Investition, und zwar insbesondere für Investitionserträge, Rückzahlungen von Darlehen, Erlöse aus Liquidation oder Veräußerung und Entschädigung.

Abs. 2 definiert die bei Überweisungen anzuwendenden Wechselkurse.

Abs. 3 regelt die Festlegung des Wechselkurses und stellt die Angemessenheit der Bankgebühren sicher.

Artikel 7:

Da Investitionen seitens öffentlicher Stellen des Staates, dem der Investor angehört, vielfach mit Garantien ausgestattet werden, sieht dieser Artikel vor, daß im Falle des Eintrittes des Garantiegebers in die Rechte des Garantienehmers dieser Eintritt von der anderen Vertragspartei anerkannt wird.

Artikel 8:

sieht vor, daß Vorteile, die sich aus anderen Rechtsvorschriften oder Verträgen der Vertragsparteien ergeben, dem Investor jedenfalls zugute kommen müssen, auch wenn sie nicht im vorliegenden Vertrag festgehalten sind.

Artikel 9:

regelt die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten aus einer Investition zwischen dem Investor einer Vertragspartei und der anderen Vertragspartei. Die interessierte Vertragspartei oder der Investor sollen die Möglichkeit haben, eine Meinungsverschiedenheit bei Scheitern einer Beilegung auf dem Verhandlungswege nach drei Monaten dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten im Sinne der Washingtoner Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten vom 18. März 1965 oder einem auf Grund der UNCITRAL-Regelungen eingerichteten Schiedsverfahren zu unterbreiten.

Artikel 10:

behandelt Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung des vorliegenden Vertrages zwischen den Vertragsparteien.

Artikel 11:

In Abs. 1 wird festgelegt, daß das Abkommen anwendbar auf alle Investitionen ist, die vor dem Inkrafttreten des Abkommens getätigt wurden oder die nach seinem Inkrafttreten getätigt werden.

In den Absätzen 2 und 3 wird klargestellt, daß Bestimmungen des Abkommens, die möglichen zukünftigen EU-Regelungen widersprechen, nicht anzuwenden sind.

Artikel 12:

stipuliert die Ratifikationsbedürftigkeit. Die Abkommensdauer wird mit zehn Jahren ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens festgelegt, und verlängert sich danach auf unbestimmte Zeit. Nach diesem Zeitpunkt ist eine Kündigung unter Einhaltung eine zwölfmonatigen Kündigungsfrist möglich.