754 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Unterrichtsausschusses


über den Antrag 405/A(E) der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betref­fend Aussetzen der Rechtschreibreform

Die Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungs­antrag am 27. Februar 1997 im Nationalrat eingebracht.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

„Die Proteste gegen die Rechtschreibreform reißen seit der Unterzeichnung der internationalen Verein­barung zur Reform der deutschen Rechtschreibung am 1. Juli 1997 nicht ab: Sprachexperten bezweifeln, daß es sich dabei tatsächlich um eine Reform handelt, Autoren und namhafte Verlage formulieren eine klare Ablehnung gegen die neue Orthographie.

Abgesehen von der Frage nach der Sinnhaftigkeit der Reform – zumindest in manchen Teilen – liegt nach Auffassung der unterzeichneten Abgeordneten ein gravierendes Problem darin, daß eine derartige, alle Bevölkerungs- und Altersgruppen betreffende Rechtschreibreform eingeführt wird, ohne den Gesetzgeber damit zu befassen. Die Stellungnahme des BKA-Verfassungsdienstes mag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen, da nur von bestehenden, nicht aber von zu schaffenden Rechtsvorschriften ausgegangen und offenkundig daher der vom Ergebnis her falsche Schluß gezogen wird: ,Der Bereich, in dem die neue Rechtschreibung tatsächlich verbindlich sein soll, ist also ein sehr begrenzter!‘ Diese verengte Sicht scheint je nach Rechtsvorschrift eine Teilung in Schul-, Gesetzes-, Behörden-, Umgangs-, Rundfunk- und wohl auch EU-Deutsch für möglich zu halten.

Weiters löst die Einführung der neuen Rechtschreibung eine ungeahnte Kostenlawine aus: Ersten Schätzungen zufolge rechnen die österreichischen Verlage mit Mehrkosten in der Höhe von 100 Millionen Schilling. Den größten Anteil an den Kosten macht die Umstellung der zirka 3 500 Schulbücher aus, so daß man in diesem Bereich von Kosten in der Höhe von 80 Millionen Schilling auf vier Jahre verteilt für die Adaptierung der Unterrichtsmittel ausgeht. Gerade in Zeiten rigoroser Sparmaßnahmen ist es unverantwortlich, das Budget, insbesondere den FLAF, mit zusätzlichen Kosten zu belasten, wohingegen die fondseigenen Leistungen gekürzt werden müssen.

Angesichts der bereits angelaufenen Rechtschreibreform überraschte eine in den Medien wiedergegebene Absicht von Unterrichtsministerin Gehrer, die auf die Frage nach der Reaktion Österreichs für den Fall, daß in Deutschland tatsächlich die Rechtschreibreform aufgeschoben oder aufgegeben werde, meinte: ,Österreich werde nicht wie ein Musterschüler die Reform im Alleingang einführen‘ und sie, Gehrer, selbst ,habe ohnehin nie ein Hehl daraus gemacht, daß diese Reform nicht ihr Wunschkind war‘ (Kurier 20. Februar 1997). Von Wien als Vorort der ,Wiener Gespräche‘ sowie der ,Wiener Absichtserklärung‘ könnte daher eine Initiative zum Innehalten in der Rechtschreibreform ausgehen, um das sogenannte ,Regelwerk‘ zu überdenken.“

Der Unterrichtsausschuß hat den erwähnten Antrag in seiner Sitzung am 5. Juni 1997 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Walter Posch, DDr. Erwin Niederwieser und Dr. Josef Höchtl sowie Bundesministerin Elisabeth Gehrer.

Bei der Abstimmung fand der im Antrag 405/A(E) enthaltene Entschließungsantrag nicht die Zu­stimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1997 06 05

                        DDr. Erwin Niederwieser                                                   Mag. Dr. Josef Höchtl

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann