821 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (745 der Beilagen): Bundesgesetz betreffend die Ermächti­gung zum Verzicht auf Darlehensforderungen aus der bilateralen Entwicklungshilfe­gebarung des Bundes gegenüber Entwicklungsländern


Die Verschuldung der Länder der Dritten Welt erreichte nach Schätzungen der Weltbank 1995 Zahlungsverpflichtungen von über 2 000 Milliarden US-Dollar, wobei ein weiteres Anwachsen der Gesamtverschuldung vorhergesagt wird. Die dadurch verursachten Schuldendienstverpflichtungen führen für viele Entwicklungsländer zu einer weitgehenden Absorption ihrer Exporterlöse und erweisen sich als Hindernis für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung.

Die internationale Staatengemeinschaft hat das Problem der Verschuldung als ein zentrales Problem der Entwicklungspolitik erkannt und in zahlreichen Resolutionen auf die Bedeutung von Entschul­dungsaktionen im Zusammenspiel mit anderen entwicklungspolitischen Maßnahmen hingewiesen (Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 8. Dezember 1986 Nr. 41/202, vom 11. Dezember 1987 Nr. 42/198, vom 20. Dezember 1988 Nr. 43/198, vom 22. De­zember 1989 Nr. 44/205, vom 21. Dezember 1990 Nr. 45/214, vom 18. Dezember 1991 Nr. 46/148 und Nr. 46/151, vom 22. Dezember 1992 Nr. 47/198 und vom 21. Dezember 1993 Nr. 48/182).

Der Pariser Klub eröffnete 1991 seinen Mitgliedern die Option, 100% der Verbindlichkeiten aus bilateralen Entwicklungshilfekrediten zugunsten der ärmsten hochverschuldeten Länder zu erlassen.

Die wichtigsten Gläubigerländer, darunter die USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Belgien und Deutschland, haben bereits umfassend Schuldennachlässe eingeleitet. Von der Schweiz wurden schon sämtliche aus öffentlichen Entwicklungshilfekrediten stammenden Forderungen erlassen.

Österreich hat alle wesentlichen VN-Resolutionen zur Entschuldung mitgetragen und anläßlich des Weltgipfels für soziale Entwicklung am 11. März 1995 in Kopenhagen einen Schuldennachlaß zugunsten der ärmsten und am stärksten verschuldeten Entwicklungsländer in Höhe von einer Milliarde Schilling angekündigt.

Der gegenständliche Gesetzentwurf hat die Ermächtigung zum Forderungsverzicht gegenüber Entwicklungsländern zum Inhalt.

Der Finanzausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Juli 1997 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Hans Helmut Moser, Dr. Alexander Van der Bellen, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll und Mag. Dr. Josef Höchtl sowie der Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger.

Bei der Absimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berück­sichtigung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, Dr. Alexander Van der Bellen und Hans Helmut Moser mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1997 07 02

                          Dr. Alfred Gusenbauer                                                        Dr. Ewald Nowotny

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann

Anlage


Bundesgesetz betreffend die Ermächtigung zum Verzicht auf Darlehensforderungen aus der bilateralen Entwicklungshilfegebarung des Bundes gegenüber Entwicklungsländern

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. (1) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten auf die aus den Finanzhilfeabkommen zwischen Österreich und den am wenigsten entwickelten Ländern, den hochverschuldeten Niedrigeinkommensländern, sowie den Schwer­punkt- und Kooperationsländern der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit resultierenden Darlehensforderungen des Bundes zu verzichten. Der Verzicht darf insgesamt eine Höhe von 1 700 Millionen Schilling nicht übersteigen.

(2) Bei den Ländern, die in den Genuß eines Verzichts auf Forderungen aus Darlehen, eingegangen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit, kommen können, handelt es sich um Äthiopien, Burkina Faso, Burundi, Ghana, Kenia, Madagaskar, Mosambik, Nicaragua, Ruanda, Simbabwe und Uganda.

§ 2. Mit der Vollziehung ist der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betraut.