826 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Kulturausschusses


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05.09.08 12:39:37


über die Regierungsvorlage (738 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Kunst­förderungsgesetz geändert wird

und

den Antrag (314/A) der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird

und

den Entschließungsantrag 263/A(E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Ungleichbehandlung von Preisen, Förderungen und Stipendien nach dem Filmförderungsgesetz bzw. dem Kunstförderungsgesetz


Die Regierungsvorlage 738 der Beilagen verfolgt folgendes Ziel:

Die wirtschaftliche Lage der Kunstschaffenden, vor allem der Schriftsteller, läßt es nicht nur aus kulturpolitischen, sondern auch aus sozialen Gründen gerechtfertigt erscheinen, den Förderungscharakter der Stipendien gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 des Kunstförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 146/1988, in vollem Umfang zu erhalten und diese Stipendien den Künstlern ungeschmälert zukommen zu lassen.

Derzeit sind nämlich gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. d. des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, nur Bezüge oder Beihilfen aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln eines durch Bundes- oder Landesgesetz eingerichteten Fonds für eine Tätigkeit im Ausland, die der Kunst, der Wissenschaft und der Forschung dient, von der Einkommensteuer befreit.

Im Hinblick auf laufende Veranlagungsverfahren ist eine Rückwirkung der Steuerbefreiung für Zeit­räume ab dem 1. Jänner 1991 vorgesehen. Aufwendungen und Ausgaben, die im Zusammenhang mit diesen Stipendien stehen, sind gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 steuerlich nicht absetzbar.

Der Kostenberechnung liegt der Gesamtbetrag der auf Grund des Kunstförderungsgesetzes in einem Jahr gewährten Stipendien (1995: 23 672 000 S) zu Grunde. Davon verbleiben nach Abzug von Aufwen­dungen zirka 30% (7 101 600 S) Einnahmenüberschuß. Bei einem Durchschnittssteuersatz von 30% ergibt sich ein Einnahmenentgang bei der veranlagten Einkommensteuer von 2 130 480 S jährlich.

Die Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt, Klara Motter, Dr. Volker Kier und Genossen haben am 31. Oktober 1996 den Antrag 314/A im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Finanzminister Viktor Klima erklärt in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage, daß Stipendien und Preise (nur Preise für ein Lebenswerk sind ausgenommen) aus dem Kunst- und Kulturbereich in Zukunft und rückwirkend auf sieben Jahre voll zu versteuern sind.

Nach der Einführung der Mehrwertsteuerpflicht für AutorInnen 1995 und der ersatzlosen Streichung des halben Steuersatzes für schriftstellerische Leistungen im Nebenberuf 1989 ist dies die dritte Verschlechterung innerhalb weniger Jahre.

Würde das höchstdotierte Jahresstipendium des Bundes, das Musil-Stipendium, mit 180 000 S mit Einkommensteuerpflicht versehen, so wäre es ab sofort statt bisher 180 000 S nur mehr 125 400 S wert oder anstelle von 15 000 S nur mehr 10 450 S monatlich. Ein österreichisches Staatsstipendium käme statt bisher auf 144 000 S nurmehr auf 100 088 S oder statt bisher 12 000 S nur mehr auf 9 090 S monatlich. Nicht steuerbefreite Preise und Stipendien wären damit schlagartig um 30% gekürzt.

Ohnehin schon der Fall ist, daß die mit 60 000 S jährlich seit 1970 bestehenden Staatsstipendien in ihrer heutigen Dotierung nur mehr 78% des Wertes von 1970 verkörpern. Insgesamt würde somit eine Wert­minderung bei den seit 1970 und in den Folgejahren steuerfrei vergebenen Staatsstipendien von rund der Hälfte festzustellen sein.

Die Besteuerung von Preisen und Stipendien führt zu einer radikalen Verschlechterung der Lebensumstände österreichischer KünstlerInnen und entspricht nicht dem Kunst- und Kulturförderungs­gedanken bzw. -auftrag des Bundes. Außerdem führt sie zu einer nicht argumentierbaren Ungleichbe­handlung zwischen LyrikerInnen, ProsaschriftstellerInnen, RomanautorInnen und DrehbuchautorInnen, da deren Förderungen sehrwohl steuerfrei sind. Im Filmförderungsgesetz § 17 Abs. 2 ist festgeschrieben, daß ,Zuschüsse des Filminstitutes zur Förderung der Erstellung von Filmkonzepten und Drehbüchern sowie der beruflichen Weiterbildung (…) von der Einkommensteuer befreit‘ sind.

Die österreichischen Autoren Felix Mitterer und Christoph Ransmayr leben bereits in Irland, einem Land, in dem das Einkommen von SchriftstellerInnen von der Steuer befreit ist. Robert Menasse hat vor einigen Wochen angekündigt, Österreich ebenfalls zu verlassen. Gerhard Roth gibt einen seiner Preise zurück. Dies sind mittelbare und unmittelbare Folgen der unsensiblen Politik gegenüber Österreichs geistigem Potential, einem Potential, das für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft unerläßlich ist. Um einer zweiten geistigen Aushungerung Österreichs nach 1938 entgegenzuwirken ist es als erster Schritt unerläßlich, die Steuerfreiheit von Preisen und Stipendien im Kunstförderungsgesetz unverzüglich festzuschreiben.“

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen 263/A(E) wurde am 9. Juli 1996 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In einer Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 136/J der Abgeordneten Petrovic stellte Finanzminister Viktor Klima fest, daß das Finanzministerium von seiner bisherigen Praxis der Nichtbesteuerung von Preisen, Stipendien und Förderungen abgeht, sofern diese nicht für das Lebenswerk verliehen werden (Anfragebeantwortung vom 29. März 1996, 129 AB). Wörtlich schreibt Finanzminister Klima:

,… Stipendien, Preise oder Prämien, die auf Grund einer Ausschreibung für eine konkrete Leistung, zB für ein konkretes literarisches Projekt gewährt werden, (sind) umsatzsteuerpflichtig. Wird hingegen ein Schriftsteller zB für sein bisheriges Wirken durch einen Preis geehrt und ausgezeichnet, so fehlt es am Zusammenhang mit einer bestimmten Leistung und die Preisgelder sind als echter Zuschuß nicht umsatzsteuerbar.‘ (128 AB, S 11)

Und weiter zur Einkommensteuerpflicht von Stipendien, Preisen und Prämien:

,Zuwendungen, die eine Entlohnung für künstlerische Tätigkeit darstellen oder zur Deckung des Lebensunterhaltes des Künstlers bestimmt sind, (sind) steuerpflichtig, weil sie nur mittelbar die Kunst fördern. … Derartige Zuwendungen sind daher nur insoweit einkommensteuerfrei, als sie unmittelbar zur Förderung der Kunst (Abgeltung von Aufwendungen oder Ausgaben) vergeben werden. Übersteigen die Zuwendungen, die mit dem Vorhaben verbundenen Ausgaben, sind sie insoweit steuerpflichtig.‘

Nicht steuerbefreite Stipendien usw. würden damit, nach Berechnungen der IG Autorinnen und Autoren, um etwa 30 Prozent gekürzt.

Diese Einkommen- und Umsatzsteuerpflicht von Preisen, Stipendien und Förderungen widerspricht eklatant den bisherigen Aussagen seitens des Kunstministeriums, die immer dahin gehend gelautet haben, daß Preise, Stipendien und Förderungen von diesen Steuern befreit seien.

Weiters ergibt sich durch diese nun seitens des Finanzministeriums exekutierte Besteuerung von Preisen, Stipendien und Förderungen eine Ungleichbehandlung von LyrikerInnen, ProsaschriftstellerInnen und RomanautorInnen gegenüber DrehbuchautorInnen, die durch nichts zu begründen ist. Laut § 17 Abs. 2 des Filmförderungsgesetzes sind Förderungen für DrehbuchautorInnen nämlich steuerfrei. § 17 Abs. 2 lautet nämlich:

,(2) Zuschüsse des Filminstitutes zur Förderung der Erstellung von Filmkonzepten und Drehbüchern sowie der beruflichen Weiterbildung im Sinne des § 2 Abs. 1b lit. a und f dieses Bundesgesetzes sind von der Einkommensteuer befreit.‘

Zudem erscheint dieser Abgang des Finanzministeriums von der bisherigen Praxis insofern als widersinnig, als die Einkommenssituation der AutorInnen und KünstlerInnen ohnehin nicht besonders gut ist und durch diese Maßnahme noch eine zusätzliche Verschlechterung erfahren würde. Diese veränderte Haltung des Finanzministeriums ist ein Indiz für die sukzessive Verschlechterung des gesellschaftlichen Klimas gegenüber der Kunst. Implizit drückt sich darin, entgegen den offiziellen Beteuerungen auch des Kunstministeriums, die geringer werdende Wertschätzung von künstlerischer Arbeit seitens des Staates aus. Nicht zuletzt widerspricht diese Vorgangsweise auch dem § 1 des Kunstförderungsgesetzes, in dem zu lesen ist:


,Die Förderung … hat danach zu trachten, … die materiellen Vorausssetzungen für die Entwicklung des künstlerischen Lebens in Österreich zu verbessern.‘

Künstlerische Arbeit kann nicht mit denselben Maßstäben wie normale Erwerbsarbeit gemessen werden, nicht zuletzt deshalb ist auch die Definition der Förderung eines konkreten künstlerischen Projektes als Leistungsaustausch seitens des Finanzministeriums zwar vielleicht vom fiskalischen Gesichtspunkt aus betrachtet richtig, dem künstlerischen Schaffen gegenüber aber unangemessen.“

Die Anträge 314/A und 263/A(E) wurden erstmals am 27. Mai 1997 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter war der Abgeordnete Franz Morak, der sich auch in der Debatte zu Wort meldete. Die weitere Verhandlung darüber wurde vertagt.

Die Regierungsvorlage 738 der Beilagen wurde erstmals am 3. Juli 1997 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin war die Abgeordnete Sonja Ablinger.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Franz Morak, Dr. Josef Cap, Dr. Michael Krüger, MMag. Dr. Madeleine Petrovic sowie die Ausschußobfrau Mag. Dr. Heide Schmidt.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Franz Morak einstimmig angenommen.

Die Anträge 314/A und 263/A(E) gelten somit als miterledigt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Kulturausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1997 07 03

                                 Sonja Ablinger                                                          Mag. Dr. Heide Schmidt

                                 Berichterstatterin                                                                          Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Kunstförderungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Kunstförderungsgesetz, BGBl. Nr. 146/1988, wird wie folgt geändert:

1. In § 3 Abs. 1 Z 7 werden nach dem Wort „Prämien“ die Wörter „und Preise“ eingefügt.

1a. Dem § 3 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Stipendien im Sinne des Abs. 1 Z 5 und Preise im Sinne des Abs. 1 Z 7 sind von der Einkommensteuer befreit. Dies gilt auch für im Grunde und der Höhe nach vergleichbare Leistungen auf Grund von landesgesetzlichen Vorschriften sowie für Stipendien und Preise, die unter vergleichbaren Voraussetzungen von nationalen und internationalen Förderungsinstitutionen vergeben werden.“

2. § 12 lautet:

§ 12. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

           1. Hinsichtlich des § 8 der Bundeskanzler im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen,

           2. hinsichtlich des § 3 Abs. 3, des § 11 und des § 13 der Bundesminister für Finanzen,

           3. im übrigen der Bundeskanzler.“

3. Nach § 12 wird folgender § 13 angefügt:

§ 13. § 3 Abs. 3 ist auf Zeiträume ab dem 1. Jänner 1991 anzuwenden.“