968 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (945 der Beilagen): Notenwechsel zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Regelung der gegenseitigen Amtshilfe in bestimmten Angelegenheiten


Zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika besteht derzeit kein allgemeines Amtshilfeabkommen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sind Personen teilweise auch von Österreich in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewandert, die über ihre Verwendungen und Tätigkeiten während des Zweiten Weltkrieges keine oder unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht haben. Diese Angaben betreffen im wesentlichen den Zusammenhang mit den im Zweiten Weltkrieg von deutscher Seite begangenen Kreigsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Gegen diese Personen, die teilweise auch bereits die amerikanische Staatsbürgerschaft erlangt haben, führen die amerikanischen Behörden Verfahren zur Entziehung der Staatsangehörigkeit und der Aufenthaltsberechtigung. Für diese Verfahren, die in den Vereinigten Staaten von Amerika vor den Gerichten stattfinden, benötigen die amerikanischen Ermittlungsbehörden auch Informationen und Auskünfte von österreichischen Gerichten und Verwaltungsbehörden.

Das Bundesministerium für Inneres hat am 20. März 1954 namens der Österreichischen Bundesregierung gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika erklärt, daß alle Personen, die auf Grund des amerikanischen Flüchtlingshilfegesetzes 1953 von Österreich nach den Vereinigten Staaten auswandern, auf Verlangen der amerikanischen Behörden jederzeit die Rückeinreise nach Österreich gestattet werden wird, falls der Nachweis erbracht werden sollte, daß diese Personen das amerikanische Einwanderungs­visum auf betrügerische Weise oder auf Grund unrichtiger Angaben erschlichen haben. Das Verfahren zur allfälligen Rücknahme solcher Personen ist in einer gemeinsamen österreichischen und amerikanischen Erklärung vom 21. Dezember 1988 geregelt worden.

Der amerikanischen Seite wurde bereits Ende 1988 mitgeteilt, daß die Erteilung von Auskünften, die Akteneinsicht und die Vernehmung von Personen nach österreichischem Recht nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgen kann. Der amerikanischen Seite wurde sodann in der Folge im November 1990 vorgeschlagen, in Verhandlungen zum Abschluß eines diesbezüglichen Amtshilfeübereinkommens einzutreten. Die amerikanische Seite hat im Juli 1991 die Form eines Notenwechsels vorgeschlagen. Bei Verhandlungen im November 1991 in Washington wurde der Abschluß eines noch auszuarbeitenden Notenwechsels über die Amtshilfe in bestimmten Verwaltungsangelegenheiten vereinbart und der amerikanischen Seite im September 1992 der österreichische Entwurf übermittelt.

Im Mai 1994 ist die amerikanische Seite auf diesen österreichischen Entwurf zurückgekommen und hat verschiedene Änderungen vorgeschlagen, die von österreichischer Seite zur Kenntnis genommen wurden. Schließlich konnte dann im Oktober 1995 Übereinstimmung hinsichtlich des Inhalts des Notenwechsels erzielt werden. Der vorliegende Notenwechsel wurde der mit amerikanischer Note vom 14. Dezember 1995 eröffnet und mit österreichischer Antwortnote vom 17. April 1996 durchgeführt.

Der Notenwechsel sieht die Leistung von Amtshilfe für Zwecke von Ermittlungen und Verfahren betreffend die Einreise, den Aufenthalt und die Staatsbürgerschaft vor, soweit dies zur Klärung der Beteiligung der betroffenen Person an vor dem 9. Mai 1945 begangenen Kriegsverbrechen oder begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erforderlich ist. Der Notenwechsel legt fest, welche Auskünfte und Erhebungen die Amtshilfe umfaßt, welcher Geschäftsweg einzuhalten ist und welche Angaben Amtshilfeersuchen enthalten müssen. Die Amtshilfe kann abgelehnt werden, wenn sie geeignet ist, die öffentliche Ordnung oder anderen wesentlichen Interessen des ersuchten Staates zu beeinträchtigen oder mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar wäre. Auch ist die Beteiligung von Beamten des ersuchenden Staates bei der Erledigung der Amtshilfe im ersuchten Staat zulässig.


Die Ergebnisse der Amtshilfe dürfen zu keinem anderen als dem im Ersuchen bezeichneten Zweck verwendet werden und unterliegen im ersuchenden Staat der Amtsverschwiegenheit nach dessen Rechtsordnung.

Der vorliegende Notenwechsel zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika über die gegenseitige Amtshilfe in bestimmten Verwaltungsangelegenheiten ist ein gesetzes­ergänzender Staatsvertrag. Er bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates nach Artikel 50 Abs. 1 B‑VG. Da der vorliegende Vertrag auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf er der Zustimmung des Bundesrates nach Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG. Der Vertrag enthält keine verfassungsändernden Bestimmungen und hat keinen politischen Charakter. Er ist im innerstaatlichen Rechtsbereich unmittelbar anwendbar, weshalb die Erlassung von Gesetzen nach Art. 50 Abs. 2 B‑VG nicht erforderlich ist.

Der Außenpolitische Ausschuß hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 26. November 1997 in Verhandlung genommen.

An der anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dipl.-Kfm. Holger Bauer, Dr. Martina Gredler, Herbert Scheibner und Wolfgang Jung sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Maria Ferrero-Waldner.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuß die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B‑VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluß des Staatsvertrages: Notenwechsel zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Regelung der gegenseitigen Amtshilfe in bestimmten Angelegenheiten (945 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 1997 11 26

                           Dr. Irmtraut Karlsson                                                            Peter Schieder

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann