1167/J

 

ANFRAGE

des Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Europol

 

 

"Das Europol-Übereinkommen" sieht die Erfassung von Daten von Personen, die in keiner vorwerfbaren Verbindung zu einer strafbaren Handlung stehen, mittels sogenannter "Arbeitsdateien zu Analysezwecken" vor.  Unter spanischer EU-Präsidentschaft wurde ein Entwurf für die Durchführungsbestimmungen vorgelegt, wohl getarnt als interne Regelung unter Ausschluß der Öffentlichkeit.  So ist die Erfassung personenbezogener Daten auch bezüglich "rassischer Herkunft", "politischer Anschauung" oder "Angaben zum Sexualleben" geplant.

 

Ziel der sogenannten "Arbeitsdateien zu Analysezwecken" von Europol ist die Erleichterung kriminalpolizeilicher Ermittlungen im Wege der Sammlung, und computerunterstützten Verarbeitung von Daten.  Die so erhaltenen Informationen dürfen für "polizeiliche Zwecke" verwendet werden.  Dies sind gemäß Art 1 lit e des Entwurfs "die Gesamtheit der Aufgaben, die den Polizeibehörden für Zwecke der Verhütung und Verfolgung von Straftaten sowie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung obliegen".

 

Neben personenbezogenen Daten sollen auch solche über Straftaten-Tatvorwürfe, Daten über Verdacht der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Organisation sowie über Versammlungs- und Aufenthaltsorte, über in Verbindung stehende Unternehmen sowie sämtliche Daten, die zum Zwecke der Analyse von Interesse sein könnten, erfaßt werden (siehe auch Juridicum 1/96, Seite 14 und 15).

 

Derzeit liegt dem Nationalrat ein Gesetzesentwurf vor, wonach die möglichen Überwachungsmaßnahmen der Sicherheitsbehörden um den Lauschangriff und die Rasterfahndung ausgedehnt werden sollen.  Dieser Entwurf sieht nicht nur den Lauschangriff zur Aufklärung von schweren Verbrechen krimineller Organisationen vor, sondern auch das Lauschen ohne konkreten Verdacht.  Wie aus den Erläuternden Bemerkungen zu der Regierungsvorlage hervorgeht, muß sich der dringende Tatverdacht auch nicht unbedingt gegen eine namentlich bekannte Person richten.  Angesichts dieser Gesetzesvorhaben erscheinen die "Europol-Durchführungsbestimmungen" in einem neuen Licht.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

 

1.       Laut Artikel der Salzburger Nachrichten vom 16.4.1996 gibt es in ihrem Ministerium ein sechzehnseitiges Papier mit dem Titel "Europol-Entwurf von Durchführungsbestimmungen für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken".  Werden Sie dieses Papier den Abgeordneten des Nationalrates, zumindest aber den Mitgliedern des Innenausschusses, zur Verfügung stellen?  Wenn nein, warum nicht?

 

2.       Wie lautet die Stellungnahme des Innenministeriums zum Entwurf von Durchführungsbestimmungen für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken?  Welche Vorbehalte wurden von Ihrem Ministerium erhoben?

 

3.       Welche personenbezogenen Daten und welche nicht personenbezogenen Daten werden von österreichischen Sicherheitsbehörden im Rahmen des Europäischen Polizeiamtes bereits (Europol) erfaßt und verarbeitet?

 

4.       Wieviele Personen sind davon betroffen?

 

5.       Werden diese ermittelten Daten auch den Behörden anderer Länder weitergegeben?

 

6.       Werden derzeit Daten, wie sie in Art 4 und 5 des Entwurfes von Durchführungsbestimmungen für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken aufgeführt sind, von den österreichischen Beamten im Rahmen der Europol bereits erhoben und gespeichert?

 

7.       Sollen Daten über russische Herkunft, politische Anschauungen, religiöse oder andere Überzeugungen sowie zum Sexualleben in Hinkunft im Rahmen der Rasterfahndung, also zum automationsunterstützten Datenabgleich einbezogen werden?

 

8.     Sollen auch nicht personenbezogene Daten (siehe Art 5 des Entwurfes der Durchführungs-bestimmungen für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken) zum automationsunterstützten Datenabgleich herangezogen werden?

 

9.     Von den Regierungen Dänemarks und Schwedens wurden gegen diesen Entwurf von Durchführungsbestimmungen für die Arbeitsdateien zu Analysezwecken heftig Widerstand erhoben.  Hat sich Österreich bzw der Vertreter Ihres Ministeriums bei den Gesprächen den Vorbehalten der schwedischen und dänischen Regierung angeschlossen?  Wenn ja, wie lauteten die Vorbehalte?

 

10.     Von der Gruppe "Europol" wurde auch eine "Europol-Geheimschutzregelung" entworfen.  Diese sieht die Verfolgung und Bestrafung bei Verletzung der Pflicht zur Verschwiegenheit und Geheimhaltung vor.  Werden Sie sich angesichts der Ereignisse der letzten Monate - Inhalte von Verschlußakten geraten regelmäßig in die Öffentlichkeit - dafür einsetzen, daß konkrete gesetzliche Regelungen zur Verhinderung derartigen Mißbrauches geschaffen werden, zumal die Europol-Geheimschutzregelung die Anpassung nationaler Rechtsvorschriften vorsieht? 

          Welche konkrete Maßnahmen haben Sie diesbezüglich vor?

 

11.     Werden von den Sicherheitsbehörden bereits Daten im Rahmen des Schengener Informationssystems verarbeitet?  Wenn ja, um welche Personen- und nicht personenbezogene Daten handelt es sich und wieviele Personen sind davon betroffen?

 

12.     Gibt es einen automationsunterstützten Abgleich von Daten zwischen dem Schengener Informationssystem und dem "Europol-Informationssystem" (SIS und EIS)?

 

13.     Worin unterscheiden sich aus der Sicht Ihres Ministeriums das Schengener Informationssystem (SIS) vom Europol-Informationssystem (EIS)?

 

14.     Welche Auskunftsrechte und Beschwerdemöglichkeiten haben Betroffene, deren Daten im Rahmen der Europol verarbeitet wurden?

 

15.     Welche Auskunfts- und Beschwerdemöglichkeiten haben die Betroffenen, deren Daten im Rahmen des Schengener-Informationssystems verarbeitet wurden?

 

16.     Welche Kontrollmechanismen zur Verhinderung des Mißbrauchs im Zusammenhang mit der automationsunterstützten Datenverarbeitung im Rahmen der Europol und des Schengener Informationssystems schlagen sie vor?

 

17.     Welche konkreten Maßnahmen zur Umsetzung dieser Kontrollmechanismen haben Sie bereits gesetzt?