1184/J

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Langthaler, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend Atomstromimporte nach erfolgter Liberalisierung der EU-Strommärkte

 

Der EU-Energieministerrat hat sich im Juni des heurigen Jahres auf eine Liberalisierung der europäischen Strommärkte geeinigt.  Vorbehaltlich der Zustimmung des europäischen Parla­ments, wird es zu einer Öffnung der Strommärkte jedenfalls für industrielle Großabnehmer kommen.  In einer ersten Etappe sollen Großabnehmer mit einem Jahresstromverbrauch von mehr als 40 GWh den Stromlieferanten frei wählen dürfen, nach drei Jahren wird dieser Schwellwert auf 20 GWh abgesenkt, nach weiteren drei Jahren auf 9 GWh.

 

Auch österreichische Großabnehmer werden bemüht sein, sich mit möglichst kostengünsti­ger elektrischer Energie - gegebenenfalls auch aus dem Ausland - einzudecken.  Es ist daher zu befürchten, das österreichische Unternehmen dazu übergehen werden, auch billigen Atomstrom aus dem Ausland zu importieren.

 

Da dies die österreichische Anti-Atompolitik massiv unterlaufen würde, stellen die unter­fertigten Abgeordneten an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten folgende

 

ANFRAGE:

 

 

1.    Wie beurteilen Sie ganz allgemein die Möglichkeit von Atomstromimporten durch in­dustrielle Großabnehmer nach erfolgter Liberalisierung der EU-Strommärkte?

 

2.    Halten Sie die Unterbindung von billigen Atomstromimporten durch österreichische Großabnehmer für grundsätzlich wünschenswert?  Oder erachten Sie es für notwendig, im Hinblick auf die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich die Unternehmen in die Lage zu versetzen, möglichst billigen Strom - egal aus welchem Kraftwerk ­beziehen zu können?

 

3.    Welche Möglichkeiten sehen Sie, EU-konforme Rahmenbedingungen zu schaffen, die de facto Atomstromimporte durch Großabnehmer nach Österreich verhindern?

 

4.    Welche Vorkehrungen wollen Sie im Zusammenhang mit der anstehenden Neuorgani­sation der österreichischen Elektrizitätswirtschaft treffen, um Atomstromimporte durch industrielle Großabnehmer zu unterbinden?

 

5.    Auf den internationalen Spot-Märkten wird Atomstrom heute bereits ab 2"5 Pfennig/kWh angeboten.  Obwohl davon ausgegangen werden kann, daß der Strompreis langfristig gesicherte Lieferverträge höher als der von Spot-Märkten sein wird, wer­den die Elektrizitätsversorger bei den Großabnehmern doch gehörig unter Preisdruck kommen.  Sie sind sich offenbar dieser Entwicklung bewußt, werden sich doch in den Tageszeitung mit der Prognose "Von nun an geht's bergab!" zitiert.

 

Wie hoch werden Ihres Erachtens die durchschnittlichen Preissenkungen im Bereich der Großabnehmer ausfallen?  Die deutsche Industrie rechnet mit Preissenkungen von 20 Prozent.  Haltet Sie derartige Preissenkungen auch für Österreichs Großabnehmer für möglich?

 

6.    Mit welchen Erlösausfällen der Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Bereich der zugelassenen Großabnehmer rechnen Sie?  Wie beurteilen Sie die wirtschaftlichen Konsequenzen dieser Erlösausfälte für die österreichischen EVAs?

 

7.    Nach Ansicht von Horst Magerl, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), ist für Europa ein gespaltener Strommarkt zu erwarten.  Großkunden könnten leichter Preiszugeständnisse durchsetzen, Haushalte, Landwirtschaft, Gewerbekunden und kleine Industriebetriebe müßten hingegen mit höheren Preisen rechnen.  Denn die Versorger würden bestrebt sein, bei diesen "die fehlenden Deckungsbeiträge" hereinzuholen. (Süddeutsche Zeitung, 19.6.1996). Wie beurteilen Sie die Preisentwicklung bei den "gefangenen Kunden", d.h. Kleinab­nehmern, die nicht in den Genuß der Stromliberalisierung kommen werden?

 

8.    Gehen Sie davon aus, daß die Preisentwicklung zwischen "zugelassenen Kunden" und "gefangenen Kunden" (Kleinabnehmern) weiterhin annähernd parallel verlaufen wird, oder meinen Sie, daß sich die Preisentwicklung, zwischen diesen beiden Kundengruppen entkoppeln wird?

 

9.    Ihr Amtsvorgänger hat im Dezember 1995 mit dem Verband der Elektrizitätswerke Österreichs ein Abkommen zur Einführung- eines "Strompreisaufsichtssystems" abgeschlossen, das begrenzte Strompreissteigerungen ohne vorhergehendes Preisverfahren zuläßt.

       Sind Sie der Auffassung, daß dieses Strompreisaufsichtssystem geeignet ist, eine Entkopplung der Preisentwicklung zwischen Kleinabnehmern und industriellen Großabnehmer zu verhindern?  Wenn ja, warum?  Wenn nein, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

 

10.  Wie ist der genaue Wortlaut dieses Abkommens?

 

11.  Sie haben sich mehrmals für eine Entflechtung der vertikal integrierten Elektrizitätsversorgungsunternehmungen in die Bereiche Erzeugung, Übertragung und Versorgung ausgesprochen und in diesem Zusammenhang eine "Spaltung" der Unternehmen verlangt.

       Welche negativen Konsequenzen wären gegeben, wenn es statt einer klaren organisatorischen Trennung der Unternehmensbereiche nur zu einer buchhalterischen Trennung der Bereiche kommen würde?

 

12.  Die Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie sieht vor, daß es im Ermessen des Mitgliedslandes liegt, auch regionale Verteilungsunternehmen als "zugelassene Kunden" zuzulassen.

       Wollen Sie regionale Verteilungsunternehmen in Österreich als "zugelassene Kunden" zulassen, oder wollen Sie dieses Privileg ausschließlich industriellen Großabnehmern einräumen?

 

13.  Nach welchen Kriterien soll beurteilt werden, ob der Stromverbrauch eines Industrie­unternehmens tatsächlich über dem Schwellwert liegt oder nicht?  Werden bei Unter­nehmen, die mehrere Unternehmensstandorte besitzen, die Verbrauchswerte der ein­zelnen Standorte im Hinblick auf den Schwellwert zusammengezählt?  Und wie soll die Abgrenzung etwa zu Tochterunternehmungen durch geführt werden?

 

14.  Wie groß ist die Anzahl der Unternehmungen in Österreich, die aufgrund ihres Jahresstromverbrauchs derzeit über dem Schwellwert von 100 GWh, 40 GWh, 20 GWh bzw. 9 GWh liegen?

 

15. Wie hoch ist der gesamte Stromverbrauch dieser Unternehmungen, die derzeit über dem Schwellwert von 100 GWh, 40 GWh, 20 GWh bzw. 9 GWh liegen?

 

16.  Wie hoch ist die Stromerzeugung in Eigenanlagen dieser Unternehmungen, die derzeit

       über dem Schwellwert von 100 GWh, 40 GWh, 20 GWh bzw. 9 GWh liegen?

 

17.  Wie groß ist die jeweilige Anzahl der Unternehmungen in den einzelnen Bundeslän­dern, die aufgrund ihres Jahresstromverbrauchs derzeit über dem Schwellwert von 100 GWh, 40 GWh, 20 GWh bzw. 9 GWh liegen?

 

18.  Wie hoch ist der jeweilige gesamte Stromverbrauch dieser Unternehmungen in den

       einzelnen Bundesländern, die derzeit über dem Schwellwert von 100 GWh, 40 GWh, 20 GWh bzw. 9 GWh liegen?

 

19.  Wie hoch ist die jeweilige Stromerzeugung in Eigenanlagen dieser Unternehmungen in den einzelnen Bundesländer, die derzeit über dem Schwellwert von 100 GWh, sowie 40 GWh, 20 GWh bzw. 9 GWh liegen?