1362/J
der Abgeordneten Dr. Khol
und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Verhinderung des Fahndungserfolges durch den Innenminister
Der chiffrierte Text des sogenannten Bombenhirns wurde von Experten des
Verteidigungsministeriums bereits am Freitag, den 4. Oktober 1996 entziffert.
Zwischen Innen- und Verteidigungsministerium wurde daraufhin vereinbart, die
Öffentlichkeit von diesem Erfolg im Kampf gegen die Briefbombenattentäter
nicht zu informieren, um diese in Sicherheit zu wiegen und einen möglichen
Fahndungserfolg nicht zu gefährden.
Am Dienstag, dem 8. Oktober 1996 verkündete sodann Innenminister Einem
höchstpersönlich im ORF, daß es gelungen sei, den chiffrierten Teil des Briefes zu
entziffern und den Code des Bombenattentäters zu knacken. Die einzige ErkIärung
für diese Handlungsweise des Innenministers kann nur darin bestehen, daß dieser
aus wahltaktischen Gründen vor der Wiener- und der EU-Wahl am 13. Oktober
mit einem Erfolg in der Öffentlichkeit punkten wollte und dabei in Kauf nahm,
einen möglichen Fahndungserfolg der Polizei durch seine Vorgangsweise zu
vereiteln. Damit handelte Innenminister Einem genauso unverantwortlich wie sein
Vorgänger Bundesminister Löschnak, der vor zwei Jahren, ebenso wenige Tage
vor einer Nationalratswahl, der Öffentlichkeit mitgeteilt hatte, daß die Exekutive
knapp daran sei, den Bombenattentäter zu fassen.
Angesichts dieser unverständlichen Vorgangsweise des Innenministers, dessen
Hauptinteresse es ja sein müßte, die Arbeit seiner Exekutive zu unterstützen und
nicht zu behindern, stellen die unterfertigten Abgeordenten an den Bundesminister
für Inneres folgende
Anfrage
1. Wieso haben Sie entgegen der ursprünglichen Absprache zwischen Ihrem
Ressort und dem Verteidigungsministerium der Öffentlichkeit
bekanntgegeben, daß es gelungen sei, den Code des Bombenattentäters zu
knacken?
2. Wieso war das Argument, das Knacken des Codes geheim zu halten, um
dem Bombenattentäter leichter ermitteln zu können, zwischen Freitag, dem
4. Oktober 1996 und Dienstag, dem 8. Oktober 1996 richtig, nach diesem
Zeitpunkt aber anscheinend nicht mehr?
3. Haben Sie mit dieser wahltaktischen Vorgangsweise einen möglichen
Fahndungserfolg der Exekutive vereitelt?
4. Wie sehen Sie nunmehr aufgrund Ihres unverständlichen Verhaltens die
Erfolgschancen der Exekutive, den Bombenattentäter dingfest zu machen?