1434/J
der Abgeordneten Mag. Maier, Mag. Gisela Wurm
und Genossen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend fehlende Ratifizierung des Lugano-Abkommens durch zwei EU-Mitgliedsstaaten
und fehlende harmonisierte Zustellregelungen für Zivilverfahren
Mit dem ,,Lugano-Abkommen" sollte em einheitlicher europäischer Rechtsraum (über die EU
hinaus) für die gerichtliche Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und
Handelssachen geschaffen werden.
Belgien und Griechenland haben aber das ,,Lugano-Abkommen" - das in Österreich seit
1.September 1996 in Kraft ist - noch nicht ratifiziert. Damit kann es bei Rechtsbeziehungen
mit diesen Ländern zu einem Rechtsschutzdefiizit kommen.
Zum Beispiel: Importiert Island (EFTA) aus Japan PKW-Reifen und exportiert ein
isländischer Exporteur diese nach Belgien, von dort exportiert dieser die PKW-Reifen weiter
nach Östereich, dann hätte ein durch ein unsicheres Produkt geschädigtes Östereich keine
Möglichkeit, den inländischen Importeur in Anspruch zu nehmen und aufgrund des
Umstandes, daß Belgien das ,,Lugano-Abkommen" noch nicht ratifiziert hat, auch keine
Möglichkeit, in Ermangelung eines inländischen Gerichtsstandes seine Ansprüche im Inland
durchzusetzen und zu vollstrecken. Der/die östereichische Geschädigte müßte daher
entweder in Belgien, Island oder Japan klagen: Eine untragbare Situation.
Das ,,Lugano-Abkommen" hat zwar für die meisten europäischen Staaten zwar die
mternationale Zuständigkeits-, Anerkennungs- und Vollstreckungsproblematik gelöst, nicht
jedoch die offene Problematik hinsichtlich der Zustellung von Schriftsätzen in Zivilverfahren.
Solange nicht auch in diesem Bereich die Vorschriften europaweit entsprechend harmonisiert
werden, werden grenzüberschreitende Klagen - auch mit einem Gerichtsstand in Österreich -
für VerbraucherInnen nach wie vor ein großes Problem darstellen.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Ist die o.a. beispielhafte Darstellung richtig ? Wenn ja, was werden Sie zur
Reduzierung dieses beschriebenen Rechtsschutzdefizites wegen fehlender
Ratifizierung unternehmen ?
2. Welche Maßnahmen werden Sie unternehmen, damit Belgien das ,,Lugano-
Abkommen" ratifiziert ?
3. Welche Maßnahmen werden Sie unternehmen, damit Griechenland das ,,Lugano-
Abkommen" ratifiziert ?
4. Welche Maßnahmen werden Sie unternehmen, damit auch die ,,Reformstaaten" -
insbesondere die Nachbarländer Österreichs - diesem Abkommen beitreten ?
5. Sehen Sie die fehlende Harmonisierung der Zustellregelungen für Schriftsätze in
Zivilverfahren ebenfalls als Problem, das allen Bestrebungen des gemeinsamen
Marktes und damit auch dem Rechtsschutzbedürfnis der Bevölkerung in den
einzelnen Mitgliedsstaaten entgegenwirkt ?
6. Wenn nein, warum nicht ?
7. Welche Maßnahmen sind seitens des Justizministeriums geplant, um dieses -
europaweit bestehende - Defizit hinsichtlich harmonisierter Zustellregelungen für
Schriftsätze in Zivilverfahren abzubauen ?
8. Hat sich das Justizministerium bereits dafür eingesetzt, daß höchst unterschiedlich
und europaweit nicht abgestimmten - Zustellvorschriften der Mitgliedsstaaten für
Schriftsätze in Zivilverfahren harmonisiert werden ?
9. Wenn ja, in welcher Form ?