1564/J

 

 

 

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend Resozialisierung verurteilter NationalsozialistInnen

 

 

Seit der Verhaftung des VAPO-Chefs Gottfried Küssel im Januar 1992 kam es zu

einerReihe von Verfahren gegen Exponenten der neonazistischen Szene Nicht wenige

endeten mit Verurteilungen zu Haftstrafen.

Verurteilt wurde unter anderen auch der Salzburger VAPO-Gauleiter Günther Reinthaler.

Er wurde allerdings vorzeitig aus der Haft entlassen und nützt seine Freiheit nach den uns

vorliegenden Informationen anscheinend dazu, um im deutschen Neonazi-Untergrund

" Schulungen" durchzuführen.

Gleichfalls " auf Bewährung "entlassen wurde der frühere "Teutonia"- Burschenschafter,

FPÖ- Wahlzeuge und VAPO-Kader Franz Radl junior. Radl genießt seine provisorische

Freiheit nicht nur, um mit dem Ministerialrat und Buchautor des "Freiheitlichen

Bildungswerkes " Günther Harald Rehak durch Wien zu falanieren, sondern beglückte am

15. Juni 1996 im Mödlinger Theresiensaal eine Versammlung des rechtsradikalen

Tarnvereins " Forum für ein humanes und demokratisches Strafrecht und zur Einhaltung der

Menschenrechte" (in dessen Vorstand neben dem Vorsitzenden der rechtsextremen

' Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik' , Dr. Horst Ludwig auch der

niederösterreichische FPÖ-.Landesrat Hans Jörg Schimanek sen. und die ehemalige FPÖ-

Landtagsabgeordnete Ilse Hans vertreten sind) mit einem Klaviervortrag.

Einer Information der Zeitschrift ''NEWS '' zufolge soll Radl, der Mitte November eine

Haftstrafe hätte antreten sollen, um Aufschub und Erlassung der Reststrafe angesucht haben

und dies unter anderem auch mit seiner geregelten Arbeit beim erwähnten '' Forum. . . ''

begründet haben.

Auch Gottfried Küssel wurde, obwohl er noch nicht einmal die Hälfte seiner elfjährigen

Strafe verbüßt hat, nach uns vorliegenden lnformationen wiederholt auf '' Freigang ''

gesehen, wobei er diesen Freigang nicht nur für seine ehelichen Verpflichtungen, sondern

auch für Zusammenkünfte mit Kameraden aus dem neonazistischen Umfeld genutzt haben

soll. Gottfired Küssel soll Medienberichten zufolge ebenso wie der zu acht Jahren Haftstrafe

verurteilte Hans Jörg Schimanek junior bereits nach Verbüßung der sogenannten '' Halbzeit''

mit seiner Freilassung rechnen können. Vielleicht aufgrund der gutorgansierten

Betreuungsarbeit, die das ''Forum für ein humanes und demokratisches Strafrecht'' und

dessen Angestellter Franz Radl jun. leistet?

Insbesondere bei Schimanek jun. und Küssel fällt auf, daß beide nach wie vor auf der

Gefangenliste '' der deutschen '' Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und

deren Angehörige e.V. '' (HNG) geführt werden. Die HNG gilt laut Jahresbericht des

deutschen Bundesamtes für Verfassungsschutz als ''bedeutendste neo-nationalsozialistische

Organisation'' , was für den Resozialisierungswillen der verurteilten Neonanzis Küssel und

Schimanekj un. nicht unbedingt die beste Voraussetzung darstellt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANF.RAGE:

 

 

l . In Ihrer Anfragebeantwortung betr.neonazistische Wiederbetätigung (759 AB) haben Sie

die Zahl der rechtskräftigen Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz für das Jahr 1993

mit 17, für 1994 mit 20 und für 1995 mit 22 beziffert.

Wieviele dieser Verurteilungen haben zum Antritt von Haftstrafen geführt und wieviele

Personen befinden sich davon noch im Gewahrsam der Justiz?

 

2. Wieviele der nach dem Verbotsgesetz Verurteilten kamen auf Bewährung frei?

 

3. Welche Auflagen werden in den Fällen von Verurteilung nach dem NS-Verbotsgesetz

für eine bedingte Haftentlassung erteilt?

 

4. Ist es richtig , daß Gottfried Küssel Freigang erhält?

Wenn ja, warum und wie oft?

 

5 . Stimmt es, daß eine bedingte Haftentlassung Gottfried Küssels vorbereitet wird?

Wenn ja, warum?

 

6. Halten Sie den Umstand, daß Gottfried Küssel als politischer Gefangener von der HNG

betreut wird, für eine Resozialisierung zuträglich?

 

7. Stimmt es , daß eine bedingte Haftentlassung von Hans Jörg Schimanek jun. vorbereitet

wird?

Wenn ja, warum?

 

8. Halten S ie in diesem Fall die Betreuung durch die HNG für eine Resozialisierung

zuträglich?

 

9. Liegen (hnen Berichte bzw. Erkenntnisse des Bundesministeriums für Inneres vor,

denen zufolge der auf Bewährung entlassene Neonazi Günther Reinthaler auf

Schulungstour bei bundesdeutschen Rechtsextremisten unterwegs war bzw. ist?

Wenn ja, haben diese Aktivitäten Reinthalers Auswirkungen auf seine vorzeitige

Haftentlassung?

 

10. S ind den nach dem Verbotsgesetz verurteilten Personen auch in der Haft rechtsextreme

bzw. neonazistische Publikationen wie z.B. die '' Nachrichten'' der HNG zugänglich?

Wenn ja, warum und um welche Publikationen handelt es sich dabei?

 

11 . Halten Sie die Resozialisierung des wegen NS- Wiederbetätigung veruteilten Franz Radl

jun. für gewährleistet, wenn er beim Verein '' Forum für ein humanes und

demokratisches Strafrecht. . . '' angestellt ist bzw. Klaviervorträge gibt, um so die

Haftentlassung seiner noch inhaftierten Kameraden zu befördern?

 

 

12. Werden Sie vom Innenministerium über die Umtriebe von vorzeitig aus der Haft

 

entlassenen Neonazis informiert?

 

Wenn nein, warum nicht?