1804/J XX.GP
der Abgeordneten .Mag. Trattner.
und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend die Veräußerung der Austria Tabakwerke-Tochter HTM an den schwedischen
Investor Johan Eliasch
Die EU-Kommission schreibt in ihrem Bericht vom 31.Juli 1996, daß im September 1995 der
Austria Tabakwerke-Vorstand beschlossen hatte, auf Anraten der SBC Warburg das
vorläufige Angebot einer von Johan Eliasch geführten Gruppe internationaler lnvestoren
anzunehmen, und Verhandlungen über eine sofortige Privatisierung der gesamten HTM
aufzunehmen.
Im Protokoll jener Austria Tabak-Aufsichtsratssitzung vom 14. September 1995, in der der
Verkauf der HTM beschlossen wurde, befindet sich weder ein Hinweis auf einen Beschluß des
Vorstandes noch auf eine Beauftragung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat, den Verkauf an
Eliasch durchzuführen. lm Gegenteil, der an diesem Tag als Vorsitzender des HTM-
Aufsichtsrates fungierende, Dipl.Ing. Josef Melchart, verweist mehrmals in seinen
Wortmeldungen auf den "wenige Wochen vorher" gefaßten Sanierungsbeschluß, auf die
Bestellung des Herrn Dkfm. Havel zum HTM-Geschäftsführer und die Einbindung von
Beratungsfirmen. Es liegt daher der dringende Verdacht nahe, daß die Information der EU-
Kommission durch die Bundesregierung nicht der Wahrheit entspricht.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Finanzen folgende
ANFRAGE
1) Wie erklären Sie sich die Tatsache, daß sich im Protokoll der Aufsichtsratssitzung der
Austria Tabakwerke vom 14.9.1995 weder ein Hinweis auf einen Beschluß des Vorstandes
noch auf eine Beauftragung des Vorstandes durch den Aufsichtsrat, der Verkauf an Eliasch
durchzuführen, befindet?
2) In welcher Sitzung hat der Aufsichtsrat beschlossen, die HTM-Gruppe zu veräußern?
3) Gibt es darüber eine protokollarische Niederschrift?
4) Welchen möglichen lnteressenten wurde ein derartiger Beschluß mitgeteilt?
5) Wurde eine öffentliche Interessentensuche durchgeführt?
Wenn ja, auf welche Art und Weise?
Wenn nein, warum nicht?
6) Erhielten auch österreichische lnteressenten ein Angebot?
Wenn ja, wann und welche?
Wenn nein, warum nicht?
7) Lagen zum Zeitpunkt des Veräußerungsbeschlusses dem Aufsichtsrat bereits konkrete
Kaufangebote für HTM vor?
Wenn ja, worauf sind diese Angebote zurückzuführen?
Von wem wurden sie gestellt.
8) Aufgrund welcher Unterlagen und zu welchem Zeitpunkt hat der Aufsichtsrat eine
Verkaufsempfehlung an die Hauptversammlung beschlossen?
9) Welche Unterlage wurde als Grundlage für die Verkaufsentscheidung vom Aufsichtsrat
herangezogen?
10)War Ihnen bzw. Ihrem Vorgänger die Unterlage bekannt?
Wennja, wann und von wem wurde Ihnen diese überreicht?
11)Welche schriftlichen Informationen lagen dem Aufsichtsrat über den Käufer Eliasch vor?
12)Lag dem Aufsichtsrat zum Zeitpunkt der Verkaufsentscheidung eine Bankauskunft
über die Vermögensverhältnisse des Käufers vor?
Wenn ja, was war der Inhalt?
Wenn nein, warum nicht?
13)Welche konkreten nachprüfbaren lnformationen lagen über die industrielle
Berufserfahrung des Käufers vor?
14)Die Vertreter der österreichischen Bundesregierung waren offensichtlich bemüht, der EU-
Kommission die Entwicklung der- HTM-Gruppe im Herbst 1995 als besonders bedrohlich
für die HTM-Mutter Austria Tabak darzustellen. So findet sich im EU-
Kommissionsbericht vom 31 . Juli 1996, S 18, 2.Zeile folgender Satz: "So daß bei Austria
Tabak erneut mit negativen Ergebnissen zu rechnen sei. "Im Geschäftsbericht 1995 spricht
der Austria Tabak-Aufsichtsratsvorsitzende Sektionschef Dr. Kurt Haslinger von einem
durchwegs erfolgreichen Jahr: "1995 war ohne Zweifel ein bewegtes Jahr für den Austria
Tabak-Konzern. Aus operativer Sicht war es für Austria Tabak in ihrem Kerngeschäft -
Industrie und Großhandel-, wie der vorliegende Geschäftsbericht zeigt, aber ein durchwegs
erfolgreiches Jahr." (AT-Geschäftsbericht, S9,1 . Abs.).
Wer hat wen beauftragt, für die österreichische Bundesregierung in der Angelegenheit HTM
bei der EU-Kommission in Brüssel zu sprechen.
15)Aufgrund der gleichen Auskunftsquellen faßt die EU-Kommission die
Personalentscheidungen in der Austria Tabak wie folgt zusammen: "Zum selben Zeitpunkt
trat die Führungsspitze von AT zurück, und es wurden zwei Interimsgeschäftsführer (die
zuvor Mitglieder des Aufsichtsrates waren) bestellt. Im September 1995 wurde die
Alternative der eigenständigen Umstrukturierung zugunsten des sofortigen Verkaufs
aufgegeben. Dies war der drastischen Verschlechterung der Lage von HTM zuzuschreiben,
in deren Folge das neue Management von AT erklärte, nicht über die erforderlichen
Fähigkeiten zur Leitung von HTM zu verfügen. Im übrigen würde ein langwieriger
Umstrukturierungsprozeß die österreichische Regierung zwingen, die geplante
Privatisierung von AT zurückzustellen oder den Ertrag aus der Privatisierung durch
Herabsetzung des am Markt gebotenen Preises zu schmälern." Im Vorwort des Vorstandes
zum Austria-Geschäftsbericht 1995 sprechen die unterzeichneten Vorstände Dr. Herbert P.
Kornfeld und Dkfm. Dr. Jörg Schram davon, daß der 1. Jänner 1995 eine Zäsur in der mehr
als zweihundertjährigen Geschichte von Austria Tabak darstelle, um anschließend die
Erfolgsgeschichte des Geschäftsjahres 1995 anzuführen.
Welchen Beitrag haben die den Bericht unterzeichneten Mitglieder des Vorstandes, nämlich
Dr. Kornfeld und Schram, zur guten Vorbereitung der Austria Tabak auf die Liberalisierung
des österreichischen Marktes und auf die "erfolgreiche" und "profitable" Fortführung des
Tabakgeschäfts "auch ohne Monopolschutz", geleistet?
16)Wie allgemein bekannt ist, laufen die Verträge des von Ihrem Amtsvorgänger zum
Rücktritt gezwungenen alten Vorstandes noch bis 31. Dezember 1997. Wie hoch ist die
Belastung an Mehrausgaben an Vorstandsgehältern einschließlich aller Abgaben, die bis 31.
Dezember 1997 entstanden sein wird.
17)Der im Juni dieses Jahres von der Hauptversammlung der Austria Tabak genehmigte
Geschäftsbericht der Austria Tabak zeigt einen erfolgreichen Verlauf des Geschäftsjahres
1995. Demzufolge war die Eliminierung der Austria Tabak-Konzernspitze, der gesamte
Vorstand wurde von Finanzminister Staribacher zum Rücktritt genötigt, ein
unverantwortlicher politischer. Willkürakt, der nicht nur einen Image- sondern auch einen
finanziellen Schaden für die Austria Tabak zur Folge hatte. Der Schaden resultiert nicht nur
aus der Mehrbelastung durch die Gehälter des lnterimsvorstandes, sondern auch aus dem
nicht kostengünstigen Verkauf der HTM an den schwedischen lnvestor Johan Eliasch, wie
dies die EU-Kommission bereits in ihren Bericht von 27. April 1996 feststellte.
Haben Sie die Möglichkeiten geprüft, die Verursacher dieses Schadens, den früheren
Finanzminister Staribacher und die beschlußfassenden Aufsichtsräte der Austria Tabak,
zum Ersatz dieses Schadens zu verpflichten.
Wenn ja, mit welchem Ergebnis ?
Wenn nein, werden Sie den neuen Eigentümer, die Öl-AG, veranlassen, die Möglichkeiten
eines Kostenersatzes zu prüfen?
18)Die Interimsvorstände Dkfm. Dr. Jörg Schram und Dr. Herbert P. Kornfeld haben ihre
Sonderstellung als Aufsichtsräte der AT ausgenützt, um sich einen persönlichen Vorteil
zum Schaden der- Gesellschaft zu verschaffen denn ohne ihr Mitstimmen im Sinne des
Auftrages von Dr. Staribacher in der Aufsichtsratssitzung vom 11.08.1995 wären die
Voraussetzungen für ihre in der gleichen Sitzung erfolgte Bestellung zu
Vorstandsmitgliedern geschaffen worden.
Wird die Gesellschaft zumindest Nutznießer des politischen Willküraktes Ihres
Amtsvorgängers zu Kostenersatz verpflichten, denn ihr Verhalten stellt eindeutig eine
Verletzung der §§ 84 und 99 des Aktienrechtes dar?
19)Haben Sie in Ihrem Ersuchen an den Rechnungshof um die Prüfung der Vorgänge des
Verkaufes der HTM-Gruppe auch um die Prüfung der Tätigkeit der Organe
(Hauptversammlung, Vorstand und Aufsichtsrat der HTM, Hauptversammlung,
Interimsvorstand und Aufsichtsrat der Austria Tabak) ersucht?
Wenn nein' sind Sie bereit. dieses Ersuchen nachzureichen?
20)In Ihrem Bericht vom 31. Juli kommt die Europäische Kommission mehrmals zur
Auffassung, daß die Veräußerung von HTM an Eliasch nicht die kostengünstigste Lösung
für die Austria Tabak darstellte. Der Austria Tabak ist somit aus Mindereinnahmen ein
Schaden entstanden.
Überlegen Sie Konsequenzen aus dieser EU-Auffassung in Form von
Schadenersatzforderungen?
Wenn ja, gegen wen?
Wenn nein, warum nicht?
21)Im Zusammenhang mit der Privatisierung der Creditanstalt hat der Bundeskanzler Dr.
Franz Vranitzky mehrmals klargestellt, daß der Finanzminister als Eigentümervertreter
verpflichtet sei, im Interesse des Staates und der Steuerzahler den bestmöglichen Preis zu
erzielen, ansonsten ihm, dem Finanzminister ein Mißtrauensantrag oder eine
Amtshaftungsklage drohe.
Ist Ihrem Ansinnen nach ein Mißtrauensantrag oder eine Amtshaftungsklage gegen Ihren
Amtsvorgänger Dr. Staribacher nicht ebenso angebracht, zumal die EU-Kommission zur
Auffassung kam' daß der Verkauf der HTM-Gruppe an Eliasch nicht die kostengünstigste
Lösung gewesen sei?
22)Wie rechtfertigen Sie, daß der Sektionschef im Finanzministerium, Dr. Kurt Haslinger, und
der Mitarbeiter der Kanzlei Dr. Staribacher, Dr. Herbert Kornfeld, und Dkfm. Wenckheim,
die zu den hauptverantwortlichen Durchführungsgehilfen der die AT schädigenden
Einflußnahmen des Dr. Staribacher gehören, auch unter neuer Eigentümerschaft dem
Aufsichtsrat der AT angehören?