2107/J XX.GP

 

der Abg. Mag. Kukacka

und Kollegen

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Konsequenzen aus Vorkommnissen in den österreichischen

Justizstrafanstalten

In den letzten Jahren kam es in den österreichischen Justizstrafanstalten mehrmals

zu spektakulären Vorkommnissen, die Anlaß zu Diskussionen und Zweifel an der

Effizienz der Sicherheitsmaßnahmen in unseren Gefängnissen gaben:

So wurde am 5. November 1993 ein 13-jähriger Bub durch Karl Otto Haas im

Rahmen eines therapeutischen Freiganges ermordet (trotz Ablehnung der bedingten

Haftentlassung durch das Gericht im Sommer 1993).

Am 4. April 1995 wurde in der Justizanstalt Göllersdorf die Therapeutin Veronika

Kreuziger durch den zu lebenslanger Haft verurteilten Franz Stockreiter ermordet

(Franz Stockreiter stand in Vorbereitung zu seiner Haftentlassung).

Ebenfalls 1995 flüchtete der Terrorist Tawfik Ben Chaovali aus der Strafvollzugs-

anstalt Garsten.

Am 27. April 1995 gelang dem in der Strafvollzugsanstalt Stein inhaftierten und zu

lebenslanger Haft verurteilten Tibor Foco während eines Vorlesungsbesuches an der

Johannes Kepler Universitat Linz die Flucht.

Am 14. November 1996 kam es in der Justizanstalt Graz-Karlau zu einer

spektakulären Geiselnahme. Dabei wurden 3 Frauen durch 3 Schwerverbrecher als

Geisel genommen und 2 Justizwachebeamte schwer verletzt (Adolf Schantl, Stein-

Ausbrecher des Jahres 1971 , Tawfik Ben Chaovali und Peter Grossauer).

Im selben Jahr floh ein Häftling der Strafvollzugsanstalt Hirtenberg im Rahmen eines

Gruppenausfluges von 5 Insassen.

1994 entwichen insgesamt 218 Häftlinge bei Gruppenausgängen.

Diese Daten und Zahlen lassen Zweifel aufkommen, ob der Staat seinem Schutz-

und Sicherheitsauftrag in ausreichendem Umfang nachkommt. Sie sind vielmehr

geeignet, jenen die nötige Argumentationsunterlage zu geben, die von einem

permanenten Sicherheitsdefizit im Anstaltsalltag sprechen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Justiz

folgende

Anfrage :

1. Wurde auch nach der Ermordung eines 13-jährigen Buben durch Karl Otto Haas

im Rahmen eines therapeutischen Freiganges an dem Instrumentarium des

therapeutischen Freiganges festgehalten?

2. Wenn ja, welche Sicherheitsmaßnahmen wurden ergriffen, damit das Risiko eines

Rückfalls während des Freiganges minimiert werden kann?

3. Welche Sicherheitsmaßnahmen wurden nach der Ermordung der Therapeutin

Veronika Kreuziger durch den Häftling Franz Stockreiter für die Therapeuten und

Psychologen in den Österreichischen Justizanstalten ergriffen?

4. Wurden Änderungen in den Therapiemaßnahmen vorgenommen? Welche?

5. Wenn nein, warum nicht?

6. Welche Sicherheitsmaßnahmen wurden nach den Geiselnahmen in der

Justizanstalt Graz-Karlau vom 14.11.1996 für die Hebung des

Sicherheitsstandards in den österreichischen Justizanstalten ergriffen?

7. War Fehlverhalten der Justizwachebeamten für die Geiselnahme verantwortlich?

8. Wenn ja, welche dienstrechtlichen Schritte wurden ergriffen?

9. Wie war es möglich, daß Tibor Foco während seines Aufenthaltes in der

Strafvollzugsanstalt Stein seine Flucht mit einem Handy minutiös planen konnte?

1O. Welche sicherheitstechnischen und dienstrechtlichen Konsequenzen ergaben

sich aus Tibor Focos Flucht für die Strafvollzugsanstalt Stein?

11. Welche sicherheitstechnischen und dienstrechtlichen Konsequenzen ergaben

sich aus der Flucht des Terroristen Chaovali aus der Strafvollzugsanstalt Garsten

für die Strafvollzugsanstalt Stein und alle anderen österreichischen

Strafvollzugsanstalten?


 

12.Wurden - bedingt durch die hohe Anzahl an Entweichungen im Rahmen von

Gruppenausflügen der letzten Jahre - zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen

getroffen?

13. Wenn ja, welche?

14. Wenn nein, warum nicht?

15. Wie viele Häftlinge sind 1996 bei Gruppenausgängen entwichen?

16. Welche Ursachen und Gründe waren dafür verantwortlich?

17. Welche legislativen Maßnahmen zur Verschärfung des Strafvollzugs sind als

Konsequenz dieser Vorkommnisse getroffen worden bzw. beabsichtigen Sie noch

zu treffen?