2111/J XX.GP
der Abgeordneten Kier und Partner/innen
an den Bundesminister für lnneres
betreffend Zukunft der bosnischen de facto-Flüchtlinge in Österreich
Die in Kraft stehende Verordnung über das Aufenthaltsrecht von kriegsvertriebenen
Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, die auf Grund der bewaffneten
Konflikte in ihrer Heimat diese verlassen mußten, läuft am 31. August 1997 aus.
Dadurch erlischt mit einem Schlag das Aufenthaltsrecht für ca. 50.000 Menschen
(nämlich nicht nur jene 11.000 in der öffentlichen Diskussion, welche sich in der
Bund-Länder-Unterstützungsaktion befinden, sondern auch alle anderen, die noch
keine Aufenthaltsbewilligung besitzen), soferne keine neue Verordnung zugunsten
der Kriegsflüchtlinge oder einzelner Gruppen erlassen wird.
In diesem Zusammenhang steht wohl auch, daß für die bosnischen Kriegsflüchtlinge
in Österreich zwischen den Koalitionsparteien eine finanzielle "Rückkehrhilfe"
vereinbart wurde, die zwar bereits der Öffentlichkeit am 25. Februar vorgestellt
wurde, deren konkrete Ausgestaltung und Höhe jedoch noch völlig im unklaren zu
sein scheint.
Völlig offen ist weiters, wie jene in einer Umfrage des BMI festgestellten 52 % der
Flüchtlinge, die in die "Republika Srpska" zurückkehren wollen, jedoch zu über zwei
Dritteln Moslems sind, dies bewerkstelligen wollen, wo sie nach allen zur Verfügung
stehenden Informationen schweren ethnischen Diskriminierungen ausgesetzt sein
werden und keine Chance auf Rückgabe ihres Eigentums besitzen. In einem Bericht
des UNHCR heißt es dazu: "Es ist offensichtlich, daß die derzeitige Kombination von
Gesetzen und gängiger Praxis die Mehrheit der ursprünglichen Eigentümer an der
Rückkehr hindern wird." (zitiert nach PROFIL extra, Februar 1997, S. 1O) Ähnliches
gilt vice versa auch für andere Teile des Landes.
Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
ANFRAGE
an den Bundesminister für Inneres:
1. Wieviele bosnische Kriegsvertriebene, deren Aufenthaltsrecht auf oben erwähnter
Verordnung gemäß § 12 Aufenthaltsgesetz beruht, befinden sich derzeit in
Österreich? Wieviele davon befinden sich zum Stichtag der Beantwortung dieser
Anfrage in der Bund-Länder Aktion?
2. Wieviele Flüchtlinge, die aufgrund der nach § 12 Aufenthaltsgesetz erlassenen
Verordnungen seit 1993 nach Österreich kamen, besitzen inzwischen eine
gewöhnliche Aufenthaltsbewilligung?
3. Wieviele dieser "de
facto"-Flüchtlinge sind bereits in Ihre Heimat zurückgekehrt?
4. Wieviele derzeit noch in Österreich befindliche "de facto"-Flüchtlinge verlassen im
Schnitt wöchentlich Österreich?
5. Wieviele bosnische "de facto"-Flüchtlinge werden sich Ihrer Einschätzung nach
zum Stichtag 31. August 1997 (Auslaufen der Verordnung) noch in Österreich
aufhalten? Wieviele davon in der Bund-Länder-Aktion?
6. Was wird mit diesen Flüchtlingen, die trotz Rückkehrhilfe nicht heimkehren wollen
oder können geschehen? Werden sie
a) eine Aufenthaltsbewilligung nach den Bestimmungen des
Aufenthaltsgesetzes erhalten?
b) ihr Aufenthaltsrecht verlieren und daher nach Entzug der Aufenthalts-
berechtigung innerhalb kurzer Zeit das Land verlassen müssen bzw. gemäß
§17 Fremdengesetz ausgewiesen bzw. zwangsweise rückgeführt werden?
c) in den Genuß des Erlasses einer neuen Verordnung nach § 12 Aufenthalts-
gesetz kommen? Wenn ja, für welche Gruppen wird nach welchen objektiv
nachvollziebaren Kriterien eine solche Verordnung erlassen?
d) in anderer Form aufenthaltsrechtlich und fremdenpolizeilich behandelt?
7. Wie wird konkret die geplante Rückführaktion bzw. die "finanzielle
Überbrückungshilfe" für Rückkehrwillige aussehen?
8. An welchen Rahmenbetrag ist dabei gedacht? Während Bundeskanzler Klima am
25.2. von ca. 60.000 S pro Person sprach, gaben Sie am selben Tag ca. 20.000 bis
25.000 an. Welche Zahl stimmt nun, und gilt dieser Betrag pro Person oder jeweils
für die ganze Familie?
9. Durch welche Unterstützungsmaßnahmen wollen Sie erreichen, daß Flüchtlinge in
ein von einer jeweils anderen Volksgruppe kontrolliertes Gebiet zurückkehren?
1O. Welche zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen sind in Bosnien bzw. in jenen
Orten, in die die Flüchtlinge zurückkehren werden geplant?
11. Wie wollen Sie den Reintegrationsprozeß der Flüchtlinge in ihre Heimatorte
fördern, wenn man bedenkt, daß viele aufgrund der langen Abwesenheit sowie des
Erhalts eines für die jeweiligen regionalen Verhältnisse sehr hohen Geldbetrags
durch Österreich nicht willkommen sein werden?
12. Können Sie sich vorstellen, denselben Betrag, der den rückkehrenden
Flüchtlingen gewährt wird, auch der betroffenen Gemeinde, in welche diese
zurückkehrt, zur Verfügung zu stellen, um das angesprochene Integrationsproblem
zu mildern? Wenn nein, warum nicht?