2149/J XX.GP

 

der Abgeordneten DDr.Niedenwieser

und Genossen an den Bundesminister für Justiz

betreffend die öffentliche Ankündigung einer beabsichtigten Anklageerhebung

Theater, Kinos, Kongreßhäuser, Sporthallen und andere Unterhaltungsveranstalter pflegen

Programmankündigungen herauszugeben. Daß dies auch Staatsanwaltschaften tun, ist hinge-

gen neu.

Vermutlich wird es aber weder die Staatsanwaltschaft Innsbruck, noch das Bundesministerium

für Justiz gewesen sein, welche zunächst die Zeitschrift "Wirtschaftsblatt" und in weiterer Fol-

ge andere Zeitschriften und Zeitungen sowie den ORF mit der Nachricht versorgt haben, die

Voruntersuchungen gegen Dr. Herbert Salcher seien abgeschlossen und der Fall anklagereif.

Möglicherweise ist es aber ganz einfach üblich, alle in Fertigstellung befindlichen Anklage-

schriften gegen diverse mutmaßliche Straftäter den Medien bekanntzugeben, um diesen die

Auswahl der für die Berichterstattung interessanten Fälle selbst zu überlassen.

Was auch immer der Wahrheit entsprechen mag, sicher ist, daß eine Veröffentlichung von An-

klageabsichten der Staatsanwaltschaften vor Zustellung der Anklageschrift an die Betroffenen

deren Persönlichkeitsrechte und die Grundlagen des Rechtsstaates verletzt. Derartige Indiskre-

tionen können nur darauf beruhen, daß die Informanten das öffentliche Interesse mit der Be-

friedigung vorhandener oder wohl eher erzeugter öffentlicher Neugier verwechseln. Eine sol-

che Vorgangsweise kann nicht im Sinne eines seriösen Rechtsstaates gelegen sein, in welchem

die Unschuldsvermutung uneingeschränkt und ohne Ansehen der Person zu gelten hat und in

welchem gerade deshalb eine unabhängige Justiz geschätzt und geachtet wird. Je mehr näm-

lich die Justiz selbst unter Verletzung der Amtsverschwiegenheit zu einem politisierenden ln-

strument wird, desto mehr gefährdet sie den Ruf ihrer Unabhängigkeit.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Herrn Bundesminister für Justiz die

folgende

Anfrage.

1 . Entspricht es den Tatsachen, daß dem Bundesministerium für Justiz von der Staatsanwalt-

schaft Innsbruck das Vorhaben vorgelegt wurde, gegen Dr. Salcher Anklage zu erheben

und daß vom Bundesministerium für Justiz diesem Vorhaben zugestimmt wurde ?

2. Wenn ja, wann wurde dieses Vorhaben vorgelegt' wann wurde darüber entschieden und

wann ist der entsprechende Akt an die Staatsanwaltschaft Innsbruck zurückgegangen ?

3. Wurde das "Wirtschaftsblatt" oder die Zeitschrift "News" vom Bundesministerium für Justiz

darüber informiert ? Wenn ja, durch wen und wann ?

4. Falls ja, geschah dies durch das Bundesministerium für Justiz von sich aus oder ist das

"Wirtschaftsblatt" oder ist "News" an das Bundesministerium herangetreten ?

5. Hat die Staatsanwaltschaft Innsbruck bzw. deren Pressesprecher Zeitungen oder den ORF

über den Abschluß der Voruntersuchung und über die beabsichtigte Anklageerhebung

informiert ?

6. Wenn ja, welche Medien, in welcher Form und wann ?

7. Ist nach Ihrer Kenntnis des Falles das in "News" (Nr. 10 vom 6. März 1997, S.40) angeführ-

te Zitat des Pressesprechers der Staatsanwaltschaft Innsbruck ("Die Voruntersuchungen

gegen Salcher sind abgeschlossen. Der Fall ist anklagereif.") inhaltlich richtig ?

8. Für den Fall, daß weder das Bundesministerium für Justiz noch die Staatsanwaltschaft von

sich aus die Medien informiert haben- Wurden vom Bundesministerium Ermittlungen

darüber durchgeführt, wie diese Informationen an die Medien gelangt sind oder werden

solche Erhebungen durchgeführt oder gibt es bereits Erkenntnisse, auf welchem anderen

Weg die Medien zu den erwähnten Informationen gelangt sind ?

9. Wann wurden die Voruntersuchungen gegen Dr. Herbert Salcher eingeleitet ?

1O. In welcher Form wurde Dr. Herbert Salcher über die Einleitung der Voruntersuchung in-

formiert ?

11 . Wann wurde die Anklageschrift Dr. Salcher zugestellt ?

12. Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck Dr. Koll hat in einer APA Aussen-

dung als Reaktion auf eine öffentliche Kritik des Erstfragestellers ausgeführt, die Ver-

dachtsmomente seien derart gravierend' daß mit einer Verurteilung zu rechnen sei. Ver-

fügt das Bundesministerium über Daten, in wievielen Fällen eine Anklageerhebung auch

tatsächlich zu einer Verurteilung führt ?

13. In wievielen Fällen, die - wie die gegen Dr. Herbert Salcher erhobenen Vorwürfe - direkt

oder indirekt mit der Causa Nikolaus Mair/Girocreditbank der österr. Sparkassen zusam-

menhängen, hat die Staatsanwaltschaft bereits Anklage erhoben und wieviele dieser

Strafverfahren wurden mit welchem Ergebnis abgeschlossen ?