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ANFRAGE

der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler und Kollegen

an den Herrn Bundeskanzler betreffend die Bestellung

eines neuen Burgtheaterdirektors.

Anläßlich einer Debatte über die Direktion von Claus Peymann sagte der

Burgschauspieler und ÖVP-Kultursprecher Franz Morak am 9.2. 1995 im

Nationalrat: " Wird noch ein Theater gemacht, oder gibt es überhaupt nur noch

ein Theater über das Theater und augenblicklich nicht einmal das?"

Verantwortlich für den beschämenden Verfall der einstmals führenden Bühne

deutscher Sprache sind der ehemalige Minister Zilk, der Peymann seinerzeit aus

Bochum geholt hatte sowie die Minister Hawlicek und Scholten, die Peymanns

Vertrag trotz Kritik der Schauspieler, des Publikums und des Rechnungshofes

verlängert haben.

1988, als Peymann schon zwei Jahre für das Burgtheater die Verantwortung

trug, erklärte er über "sein" Haus in einem Gespräch mit der "ZEIT": " Wenn Sie

wüßten, was für eine Scheiße ich hier erlebe... ". - Das Ensemble sprach ihm

darauf mit 114 zu drei Stimmen das Mißtrauen aus. Ministerin Hawlicek

verlängerte dennoch Peymanns Vertrag. Eine "Bürgerinitiative zur Rettung des

Burgtheaters" verlangte 1992 mit Tausenden Unterschriften Peymanns Abgang.

Der damalige Minister Scholten freilich weigerte sich mit den Vertretern der

Bürgerinitiative überhaupt ein Gespräch zu führen und verlängerte Peymanns

Vertrag. Die Ensemble-Vertreter, unter ihnen Franz Morak, traten aus Protest

gegen diese "kulturpolitische Verantwortungslosigkeit zurück. Die FPÖ richtete

daraufhin eine dringliche Anfrage an den Minister. Ohne auf die darin geäußerte

Kritik sachlich einzugehen, behauptete Scholten am 27.2. 1992 im Nationalrat,

Peymann mache "Theater der europäischen Spitzenklasse".

Das Publikum reagierte auf dieses undemokratische Verhalten eines Mini-

sters mit Massenkündigungen der Abonnements. Die Auslastung des Burgtheaters

betrug 1994/95 nur mehr 71,7 v.H., das heißt, das jeder vierte Sitz leer blieb. Der

Rechnungshofbericht über die Jahre 1986 bis 1992, veröffentlicht im Mai 1994,

übte schwerwiegende Kritik: "weniger Stücke neu inszeniert" - "Anzahl der Vor-

stellungen mit Bühnenwerken sank um 10 v.H." - "Besucheranzahl sank um rund

10 v.H." - "jährliche Mindereinnahmen von rund vier Millionen Schilling" - "Der

Bezug des Direktors lag bereits anläßlich seiner Bestellung (1986) um 25 v.H.

über jenem seines Vorgängers und wurde durch Einzelmaßnahmen und insgesamt

weitere 44 v.H. (1993) weiter erhöht."

Peymann bezeichnete diese nüchternen Tatsachen einfach als ein "absurdes

Zahlenspiel" und blieb, gestützt von Scholten, weiterhin Direktor. "Das Burg-

theater aber, so die Schauspielerin Annemarie Düringer, "gibt es nicht mehr."

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an den Herrn Bundeskanzler

folgende

Anfrage:

1.) Wird der neue Burgtheaterdirektor - als "Chefsache" - ebenso bestellt,

wie sein Vorgänger, oder wird das Verfahren transparent und demokra-

tisch gestaltet werden?

2.) Wird der Posten öffentlich ausgeschrieben werden, um alle möglichen

Bewerber zu erfassen? - Wenn nein, warum nicht?

3.) Ist eine öffentliche Anhörung der Bewerber vorgesehen, um die Bürger

über die Entscheidungskriterien zu unterrichten oder wird man es halten

wie bei Peymanns Verlängerung 1994, als sich der "Minister nur mit ei-

ner (nach Zahl und Namen unbekannten) Gruppe europäischer Thea-

terleuten beraten" hat ("Die Presse", 29.6. 1994)?

4.) Wird man, um solche namenlose Einflüsse zu unterbinden, nunmehr ei-

ne Kommission unabhängiger Fachleute aus erfahrenen Burgschauspie-

ern und ausgewiesenen Theaterfachleuten schaffen, die im Anschluß an

eine öffentliche Anhörung einen begründeten Dreiervorschlag vorlegen

sollen? - Wenn nein, warum nicht?

5.) Werden Sie Ihre Entscheidung wie Zilk und Scholten "einsam" treffen

oder in Abstimmung mit den im Nationalrat vertretenen Fraktionen,

etwa über den Kulturausschuß?

6.) Trauen Sie einem gegenwärtig in Hamburg tätigen Theaterdirektor, der

laut "NEWS" 10/97 "derzeit mit Auslastungsproblemen zu kämpfen

hat", die Sanierung des in jeder Hinsicht heruntergewirtschafteten Burg-

theaters zu? - Wenn ja, warum?

7.) Wird der im ORF-"Kulturtreffpunkt' mehr oder weniger schon als

"erste Wahl" vorgestellte Klaus Bachler tatsächlich Nachfolger von

Claus Peymann,

* obwohl seit seiner Übernahme der Leitung der Volksoper

auch dort die Schließtage zunehmen?

* obwohl die meisten Neuinszenierungen Regietheater-Exzesse

sind, zuletzt bei "Cenerentola" von einem führenden Kritiker

mit Recht als ,Aschenblödeleien" bezeichnet?

* obwohl sein Verhalten gegenüber den Angestellten, zum

Beispiel bei seinem mißglückten Versuch, in einer Oper stets

dieselben Orchestermusiker einzusetzen, weder von Fach-

kenntnis noch von sozialem Empfinden zeugt?

wenn ja, warum?

8.) Werden Sie nach dem "linken Theatermacher" Peymann dem Burg-

theater endlich eine ausgleichende Entwicklung ermöglichen, oder fol-

gen Sie den Vorstellungen der Abg. Petrovic, die sich "eine Persön-

lichkeit wünscht, die sich Peymanns würdig erweist?