2472/J XX.GP
der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend "Demokratie der Könige`` eine Tafelrunde der Privilegienritter?
Im Zuge der Debatte um die Aufnahme von Frauen in das Staatsopernorchester und bei den
Wiener Philharmonikern beschlossen die Wiener Philharmoniker auf die staatliche Subvention
in der Höhe von 2,5 Millionen Schilling pro Jahr zu verzichten. Angesichts eines immer wieder
kolportierten Jahreseinkommens des Vereins Wiener Philharmoniker in der Höhe von etwa 150
Millionen, dürfte der Verzicht leicht gefallen sein.
Jedenfalls erhält damit der Verein der Wiener Philharmoniker keine direkte staatliche
Subvention mehr, dennoch erhält er indirekt weiterhin staatliche Gelder. So treten sie etwa bei
den Salzburger Festspielen auf, die staatlich subventioniert werden.
Die Mitglieder der Wiener Philharmoniker erhalten aber nicht nur via indirekter Subventionen
staatliche Gelder, sondern auch als Angestellte des Wiener Staatsoperorchesters und zum Teil
auch als Lehrende (Professoren) an österreichischen Musikhochschulen. Das bedeutet, daß
einige Philharmoniker sowohl als Mitglied des Staatsopernorchesters ein volles Gehalt beziehen
als auch als Professor (Lehrender) an einer österreichischen Musikhochschule. Dieselbe Person
hat also zwei volle Dienstverhältnisse zum Staat. Angesichts von Sparpaketen an den
Hochschulen ein höchst fragwürdiger Doppelverdienst. Fragwürdig auch deshalb, da beide
Tätigkeiten wohl kaum in vollem Ausmaß erfüllt werden können, zumal zu diesen beiden
Tätigkeiten noch die Verpflichtungen (Konzertreisen etc.) als Mitglied der Wiener
Philharmoniker kommen. Jedem anderen Dienstnehmer des Staates jedenfalls würde eine
derartige Neben- bzw. Doppeltätigkeit nicht genehmigt werden.
International gesehen ist eine derartige Doppelbeschäftigung jedenfalls unüblich: So gibt es bei
den vergleichbaren Berliner Philharmonikern ein Unvereinbarkeitsprinzip. Wer eine Professur
annimmt, muß als Philharmoniker ausscheiden bzw. wer Philharmoniker wird und eine
Professur innehat, muß sich entgeltlos karenzieren lassen. Der Hintergrund für diese Regelung.
In Berlin geht man davon aus, daß ein und dieselbe Person nicht gleichzeitig zwei volle Jobs
ausüben kann, schon gar nicht beim selben Arbeitgeber, dem Staat. - In Österreich ist das
selbst Politikern nicht mehr erlaubt, es ist ein Privileg der Wiener Philharmoniker.
Problelmatisch ist diese Doppelbeschäftigung einzelner Mitglieder der Wiener Philharmoniker
auch in pädagogischer Hinsicht. Denn wenn
der Professor oder Lehrende als Philharmoniker
auf Reisen geht, dann können seine SchülerInnen nicht von ihm unterrichtet werden. Ein
Nachholen ist aber aufgrund des akuten Raummangels an der Hochschule kaum möglich. So
bleibt nur die Möglichkeit, den Unterricht in den Privaträumlichkeiten des Professors
nachzuholen, was u. U. juristische Probleme nach sich zieht oder die AssistentInnen müssen
den Unterricht übernehmen. Deren Gehalt bezahlt aber nicht der Professor, sondern der Staat.
Der Verzicht auf die 2,5 Subventionsmillionen mag den Philharmonikern auch noch aus einem
anderen Grund leicht gefallen sein. Wurde doch schon 1983 eine den Philharmonikern
gestrichene Subvention in das Gehalt der Staatsopernmusiker integriert, was nebenbei bemerkt
auch die enormen Gehaltsunterschiede zwischen Staatsopern- und Volksopernmusikern erklärt,
wie Josef Kirchberger gegenüber dem "Standard`, am 18.1.1997 zugab.
`,Josef Kirchberger, der stellvertretende Generalsekretär des Bundestheaterverbandes,
gesteht ein, daß eine Lohnerhöhung (für das Volksopernorchester; Anm. MP) bisher
nicht erwirkt werden konnte. Warum es einen derart groben Unterschied gibt, erklärt er
mit dem 1983 abgeschlossenen Kollektivvertrag, der eine damals gestrichene
Philharmoniker-Subvention in die Gehaltsbezüge der Musiker integrierte. " (Der Standard,
18. 1.1997, Vor dem Staat sind nicht alle gleich.)
Die Privilegierung der Mitglieder der Wiener Philharmoniker als Lehrende an der Wiener
Musikhochschule führt auch zu seltsamen Absprachen. So fand am 6. Juli 1990 eine
Besprechung mit dem damaligen Bundesminister Dr. Busek statt, an der neben dem
Bundesminister der damalige Vorstand der Wiener Philharrnoniker, Werner Resel, Rektor
Helmut Schwarz, Rektor-Stellvertreter Michael Frischenschlager, Prof. Tobias Kühne und Dr.
Helga Dostal teilnahmen. Nach ausführlicher Diskussion entscheidet sich der Bundesminister
unter anderem zu folgender Vorgangsweise:
Der Philharmoniker Peter Ochsenhofer (im Protokoll steht fälschlich Ochsenberger) soll eine
neu zu errichtende Professur für Viola erhalten. Die unerträgliche Privilegierung der Wiener
Philharmoniker besteht in diesem Fall darin, daß das Berufungsverfahren erst zwei Jahre später
stattfand, nämlich im Sommersemester 1992. Das heißt, die gesamte Ausschreibung und das
gesamte Berufungsverfahren wurde zu einer Farce degradiert, da ohnedies bereits entschieden,
daß Peter Ochsenhofer die Professur bekommen soll. Daß bei derselben Besprechung noch
zwei andere Philharmoniker, nämlich Alois Posch und Josef Niederharnmer vorab einen
Professorenjob zugesprochen bekamen, rundet das Bild noch ab.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1 . Wie viele Mitglieder der Wiener Philharmoniker waren in den letzten drei Jahren als
Lehrende (als Professoren etc.) an
österreichischen Musikhochschulen tätig?
2. Wie hoch ist die Gesamtsumme, die die Mitglieder der Wiener Philharmoniker als
Lehrende an österreichischen Musikhochschulen in den letzten drei Jahren erhielten?
(Bitte für jedes Jahr die Höhe getrennt angeben!)
3. Ist es richtig, daß jene Mitglieder der Wiener Philharmoniker, die als Lehrende an
österreichischen Musikhochschulen tätig sind, obwohl sie ein Gehalt als
Staatsopernmusiker beziehen auch ein volles Gehalt als Lehrende beziehen? Wie hoch ist
der durchschnittliche Verdienst derartiger Philharmoniker? (Bitte getrennt nach
Professoren und anderen Lehrenden angeben!)
4. Halten Sie einen derartigen Doppelverdienst für gerechtfertigt? Ist eine derartige
Doppeltätigkeit gesetzlich gedeckt? Auf welcher gesetzlicher Basis erfolgt die
Genehmigung einer derartigen Neben- bzw. Doppeltätigkeit? Gibt es in Ihrem Ressort
noch andere Dienstnehmer, denen eine derartige Doppeltätigkeit zugestanden wird? Wenn
ja: Wie viele?
5. Halten Sie die drei Tätigkeiten der Philharmoniker - 1. Mitglied des
Staatsopernorchesters, 2. Mitglied der Wiener Philharmoniker und 3. Lehrender an
Musikhochschulen - zeitlich für vereinbar? Wenn nein, warum erhalten sie als Lehrende
ein volles Gehalt (nur wenn Frage 3 positiv beantwortet wurde)?
6. Wie werden Beurlaubungen von Mitgliedern der Wiener Philharmoniker, die auf Tournee
sind, an den österreichischen Musikhochschulen gehandhabt? Müssen die entfallenen
Unterrichtsstunden nachgeholt werden oder werden die Studierenden in dieser Zeit von
anderen Lehrenden unterrichtet? Müssen diese Lehrenden extra dafür bezahlt werden?
7. Haben Lehrende, die Mitglied der Wiener Philharmoniker sind, mehr AssistentInnen als
andere vergleichbare Lehrende an den Musikhochschulen?
8. Wo werden Unterrichtsstunden, die aufgrund von Konzertreisen etc. entfallen sind
nachgeholt? Werden Unterrichtsstunden teilweise auch in den Privatwohnungen der
Philharmoniker nachgeholt? Ist ein derartige ,`Hausunterricht" legitim? Wer bezahlt etwa
die Anfahrt zur Privatwohnung?
9. Angesichts der z. T. schockierenden sexistischen Aussagen von Philharmonikern: Der
Unterricht in der Hochschule ist öffentlich zugänglich, womit ein gewisser Schutz vor
sexuellen Belästigungen gegeben ist. Wie können Studentinnen sich vor etwaiger
sexueller Belästigung in Privatwohnungen schützen?
10. Ist Ihnen das Protolkoll vom 6. Juli 1990 bekannt? Ist es richtig, daß darin Peter
Ochsenhofer eine Professur zugesagt wurde, obwohl das Berufungsverfahren erst im
Sommersemester 1992 stattfand? Gibt es derzeit seitens des Ministeriums derartige
Zusagen betreffend Professuren?