2576/J XX.GP

 

der Abgeordneten Mentil

und Kollegen

an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr

betreffend

Festlegung der Trasse einer transeuropäischen Hochleistungseisenbahn im

Streckenabschnitt St. Pölten - Wien

Seit 1992 sind die Bewohner des Tullnerfelds und des Perschlingtales mit den Plänen der Bun-

desregierung zur Errichtung einer transeuropäischen Eisenbahn-Hochleistungstrasse konfron-

tiert, eines Schienenweges, der nicht dem wichtigen Nahverkehr, sondern fast ausschließlich

dem europaweiten Gütertransit dienen soll.

So werden nach Fertigstellung der Bahnlinie durchschnittlich alle vier bis fünf Minuten - und

dies vor allem nachts - vornehmlich Güterzüge auf einer unzureichend lärmgedämmten Trasse

durch das bisher ruhige Perschlingtal rattern und den anwohnenden Bürgern den Schlaf rauben.

Übereinstimmende Meinung aller vom Bahnbau betroffenen Gemeinden ist, daß nach den bis-

herigen Erfahrungen die für das Projekt verantwortliche HL-AG, eine zu hundert Prozent im

Eigentum des Bundes stehende Gesellschaft, viel zu wenig auf die Bevölkerung und deren be-

rechtigte Anliegen hört.

Speziell im Bereich des Reiserberges wird von der HL-AG offenbar eine Streckenführungsva-

riante favorisiert, welche viel zu nahe an die Siedlungsgebiete von Grunddorf und Saladorf

heranreicht. Die von der betroffenen Bevölkerung, den Gemeinden und Bürgerinitiativen ein-

hellig bevorzugte sogenannte Egelseer-Variante, welche eine wesentliche Entlastung der Per-

schlingtaler und - als Tunnellösung - eine weitgehende Schonung der Landschaft verspricht,

wird hingegen von der HL-AG nicht ernsthaft in die Überlegungen einbezogen.

Die unterfertigten Abgeordneten vertreten den Standpunkt, daß die Erhaltung der Lebensquali-

tät im Perschlingtal und im Tullnerfeld d e r Maßstab sein muß, an dem das gesamte Projekt

letztlich zu messen sein wird. Um über den aktuellen Planungsstand und die künftige Weiter-

entwicklung. des Projektes umfassend Auskunft zu erhalten, richten die unterfertigten Abge-

ordneten an den Herrn Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr nachstehende .

A n fr a g e

1 . Welche Eisenbahnprojekte sollen im Bereich des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds

in jeweils welchem Zeithorizont verwirklicht werden?

2. Wie ist bei diesen Projekten jeweils der Planungs- bzw. Realisierungsstand?

3 . Wie wird von Ihrem Mnisterium bzw. von den Ländern Niederösterreich und Wien die

Dringlichkeit der angesprochenen Bauvorhaben eingeschätzt?

4. Wann wird mit den Arbeiten an den genannten Projekten jeweils begonnen werden und

bis wann werden die geplanten bzw. bereits in Angriff genommenen Arbeiten im Be-

reich des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds voraussichtlich abgeschlossen sein?

5. Mit welchen Baukosten ist bei Verwirklichung der einzelnen Projekte im Bereich des

Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds jeweils zu rechnen?

6. Ist die Finanzierung der geplanten und projektierten Bauvorhaben im Bereich des Per-

schlingtales bzw. des Tullnerfelds gesichert,

und wenn ja,

aus welchen Quellen werden die dafür erforderlichen Mittel fließen?

7. Wird die Europäische Union, deren Mitgliedsstaaten nach Fertigstellung der geplanten

Hochgeschwindigkeitsstrecke ganz außerordentlich von der Erleichterung des West-

Ost-Gütertransits durch Österreich profitieren werden, einen Teil der Herstellungsko-

sten übernehmen,

und wenn ja,

mit Mitteln in welcher Höhe wird gerechnet?

Wenn nein warum konnte eine derartige Beteiligung der EU an den Baukosten nicht

erreicht werden?

8' Ist Ihnen bekannt, daß insgesamt 24 Bürgerinitiativen über 10.000 Unterschriften gegen

die Pläne der österreichischen Bundesregierung und der HL-AG zur Errichtung einer

Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitstrasse im Bereich des Perschlingtales bzw. des Tull-

nerfelds gesammelt haben?

9. Ist Ihnen bekannt, daß die HL-AG speziell mit ihrer Trassenführungsvariante im Be-

reich des Reiserberges einer geschlossenen Ablehnungsfront der gesamten Bevölkerung

gegenübersteht?

10. Ist Ihnen bekannt, daß die Gemeinden Weißenkirchen und Würmla die Trassenfüh-

rungsvariante der HL-AG im Bereich des Reiserberges vehement bekämpfen und dem-

gegenüber einstimmige Gemeinderatsbeschlüsse für die sogenannte Egelseer-Trasse

gefaßt haben?

11. Es ist Ihnen sicher bekannt, daß nach dem UVP-Gesetz schädliche, belästigende oder

belastende Auswirkungen von Projekten auf die Umwelt verhindert oder veringert

bzw. mögliche günstige Auswirkungen vergrößert werden müssen.

Wie sind unter diesem Gesichtspunkt die konkurrierenden Trassen im Bereich des Rei-

serberges zu beurteilen?

12. Ist Ihnen bekannt, daß die von der HL-AG in der Umweltverträglichkeitserklärung

(UVE) eingereichte Variante 2/2a den Zielsetzungen des UVP-Gesetzes klar wider-

spricht, weil

a. in den Gemeindefomen erarbeitete Maßnahmen zur Verhinderung oder Verringe-

rung belastender oder belästigender Auswirkungen auf die Umwelt nicht ausrei-

chend berücksichtigt wurden,

b. nur unzureichende Maßnahmen enthalten sind, durch welche allfällige günstige

Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt des Perschlingtales erreicht oder

vergrößert werden können,

c. die Optimierungsmöglichkeiten im Perschlingtal zum Schutz von Mensch und

Umwelt keineswegs ausgeschöpft wurden und

d. die menschen- und umweltfreundlichere Konsensvariante der Gemeinden

Würmla und Weißenkirchen mißachtet wurde.

13 . Welche Chancen räumen Sie daher der Egelseer-Trasse ein, welche in allen Umweltkri-

terien entscheidende Verbesserungen gegenüber der HL-AG-Variante aufweist?

14. Würden bei der Verwirklichung der Egelseer-Trasse Mehrkosten gegenüber dem Tras-

senvorschlag der HL-AG entstehen,

und wenn ja,

mit Mehrkosten in welcher Höhe (bitte auch in Prozent der gesamten Baukosten) ist zu

rechnen?

15. Sind die Befürchtungen der Bewohner des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds be-

rechtigt, wonach die zuständige Behörde, das Verkehrsministerium, die Genehmigung

für die HL-AG-Trasse auch bei Vorliegen objektiv besserer Vorschläge erteilen wird,

sobald die umweltgesetzlichen Mindeststandards gerade noch knapp erfüllt werden.

16. Werden Sie die HL-AG auffordern, die berechtigten Forderungen der Anwohner der

Eisenbahntrasse im Bereich des Perschlingtales bzw. des Tullnerfelds nach bestmöglich-

chem Schutz der Lebensqualität zu respektieren?

16. Werden Sie sich im Interesse der betroffenen Niederösterreicherinnen und Niederöster-

reicher für die Verwirklichung der Egelseer-Trasse einsetzen?

17. Welche Vorteile aus dem Bau der Hochleistungsstrecke zwischen St. Pölten und Wien

können die vom Bahnbauprojekt betroffenen Bürgerinnen und Bürger im Bereich des

Perschlingtales und des Tullnerfelds nach Ihrer Ansicht erwarten?

1 8. Wird die Hochgeschwindigkeitsstrecke Vorteile irgendwelcher Art für den Nahverkehr

der Gemeinden zwischen St. Pölten und Wien haben?

19. Mit welchen Nachteilen müssen die vom Bahnbauprojekt betroffenen Bürgerinnen und

Bürger im Bereich des Perschlingtales und des Tullnerfelds nach Ihrer Ansicht künftig

rechnen?

20. Wurden die möglichen Auswirkungen des Baues der Eisenbahnhochleistungsstrecke auf

den Wert der Baugrundstücke im Perschlingtal ermittelt,

und wenn ja, "

mit welchen Auswirkungen muß gerechnet werden?

21 . Welche Auswirkungen auf den Wochenend- und Ausflugstourismus im bisher so ruhi-

gen Perschlingtal sind zu erwarten?