3170/J XX.GP

 

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Justiz

betreffend die Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte

betreffend höheres Mindestalter für homosexuelle Beziehungen zwischen Männern

Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat in ihrem kürzlich

veröffentlichten Bericht vom 1. Juli 97 im Fall Sutherland vs. UK (Appl. 25186/94)

ausgesprochen, daß ein höheres Mindestalter für homosexuelle Beziehungen

zwischen Männern als für heterosexuelle Beziehungen die Europäische Konvention

für Menschenrechte verletzt (Art. 8 iVm 14 EMRK).

Die Kommission verwies im besonderen darauf, daß dem Umstand, daß sich das

Parlament erst kürzlich mit der Frage der Sondermindestaltersgrenze beschäftigt und

darüber abgestimmt hat, zwar eine gewisse Bedeutung zukomme, daß dies jedoch

nicht für sich selbst entscheidend sein könne. Wichtiger sei die Haltbarkeit der

Argumente für die Beibehaltung der Sonderaltersgrenze (par. 62), welche Haltbarkeit

die Kommission samt und sonders verneinte (par. 64f). Die

Menschenrechtskommission betonte dabei, daß sie es nicht akzeptieren könne, daß

die „Präferenz (einer Gesellschaft) für einen heterosexuellen Lebensstil“ „in

irgendeinem Fall“ eine sachliche Begründung für eine unterschiedliche Behandlung im

Strafrecht bilden könne (par. 65).

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Justiz die

folgende

ANFRAGE:

1. Welche Initiativen werden Sie zur Umsetzung dieser Entscheidung der

Europäischen Menschenrechtskommission in der österreichischen

Rechtsordnung, d.h. zur Streichung des § 209 StGB, setzen?

2. Wenn Sie keine Initiativen setzen wollen:

a) Warum nicht?

b) Wie soll eine menschenrechtskonforme Strafrechtslage in Österreich

hergestellt werden?

3. Wenn Sie Initiativen setzen wollen: Wann werden dem Parlament entsprechende

Vorschläge zugeleitet werden?

4. Werden Sie künftig nach § 209 StGB Verurteilte, deren Menschenrechte - nun

wohl unstrittigerweise - verletzt werden, dem Herrn Bundespräsidenten zur

Begnadigung vorschlagen, damit er seine Funktion als Hüter der Verfassung

und der darin enthaltenen Grundrechte nachkommen kann?

a) Wenn nein: Warum nicht?