3398/J XX.GP
Anfrage
der Abg. Dr. Povysil, Dr. Krüger, Dipl.-Ing. Hofmann und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend Unsicherheit bei der Reaktorsicherheitsforschung
Die in Österreich ansässige Internationale Atomenergie-
Organisation hat kürzlich ein Projekt über 6,5 Mio US-Dollar
betreffend Reaktorsicherheit ausgeschrieben. Den Zuschlag
bekam interessanterweise kein auf westlichen Standards
fußendes Forschungsinstitut, sondern das Institut für
Reaktorsicherheit am Moskauer Kurtschatow-Institut für
Kernphysik.
Dieses Kurtschatow—Institut besteht aus zwei Welten:
Das Institut für Kernreaktoren unter Direktor Kucharkin
versucht die wissenschaftliche Betreuung für die staatlichen
russischen Atomkraftwerke aufrechtzuerhalten, obwohl die
früher üppigen Forschungsmittel nur mehr spärlich fließen.
im neuen Glanz dagegen erstrahlt das sogenannte Institut
für Reaktorsicherheit unter Direktor Asmolow, das mit
Hilfe der IAEO-Forschungsgelder circa 130 Wissenschafter
beschäftigt, die vor allem den Verlauf von Reaktorunfällen
mittels Computer simulieren und analysieren.
Unberührt von dieser virtuellen Welt existieren ganz
realsozialistisch im Untergeschoß desselben Gebäudes sowie
in dessen Umkreis insgesamt sieben mehr oder weniger schad-
hafte Forschungsreaktoren, darunter der zweitälteste Reaktor
der Welt. Fragen der praktischen Reaktorsicherheit berühren
den geschäftstüchtigen Institutsdirektor anscheinend in
keiner Weise.
Das Österreichische Forschungszentrum Seibersdorf bindet
einen großen Teil der Forschungsmittel des Bundes an sich
und betont immer wieder sein internationales Renommee.
Es wäre also aufzuklären, warum das ÖFZS nicht imstande war,
den 6,5 Mio US—Dollar schweren Forschungsauftrag über
Reaktorsicherheit von der IAEO in Wien zu erhalten.
Es geht hier schließlich nicht nur um das Acquirieren von
Forschungsgeldern, sondern auch um das Bewahren hoher Standards
der Reaktorsicherheit auf der ganzen Welt. Dies erscheint durch
ein russisches Forschungsinstitut nach Art des Potemkinschen
Dorfes in höchstem Maße gefährdet.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Herrn
Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr die nachstehende
Anfrage:
1. Ist Ihrem Ressort bekannt, wann die IAEO das genannte
Reaktorsicherheitsprojekt ausgeschrieben hat ?
2. Ist Ihrem Ressort bekannt, ob das ÖFZS sich an dieser
Ausschreibung beteiligt hat ?
3. Ist Ihrem Ressort bekannt, warum nicht das ÖFZS oder
ein anderes renommiertes westliches Forschungsinstitut,
sondern das Institut für Reaktorsicherheit am Moskauer
Kurtschatow-Institut den Zuschlag über 6,5 Mio US-Dollar
Forschungsgelder erhielt ?
4. Ist Ihr Ressort über Fragestellungen, Methoden und
Zweck des IAEO-Projektes informiert ?
5. Welchen Nutzen hat dieses Projekt für EURATOM-Mitglieder
wie z.B. Österreich ?
6. Ist dieses Projekt prinzipiell geeignet, die Reaktorsicherheit
in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion zu erhöhen ?
7. Ist durch die Vergabe des Forschungsauftrages an ein Institut,
das sich primär mit virtuellen Computersimulationen von
Reaktorunfällen befaßt und dafür 65 Mio US-Dollar lukriert,
eine Verbesserung der tatsächlichen Reaktorsicherheit in
diesen Staaten und damit die Vermeidung von Folgewirkungen
ä la Tschernobyl wirklich gewährleistet ?
8. Werden Sie als auch für die Atomforschung zuständiger
Bundesminister die IAEO darauf aufmerksam machen, daß
Österreich als zahlendes IAEO-Mitglied gesteigerten Wert
auf seriöse Reaktorsicherheitsforschung legt ?