3852/J XX.GP
der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und
Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Übergriffe der Polizei und Gendarmerie (Statistik 1997)
„In Ihrem Bericht von 1990 hat amnesty international darauf verwiesen, daß sich von den 128 der
Organisation zur Kenntnis gebrachten Vorfällen von Mißhandlungen 106 innerhalb der ersten 48
Stunden nach der Festnahme ereignet haben. Trotz der ein geleiteten Reformen hat sich an dieser
Situation nichts geändert. Von den 48 seit Veröffentlichung des Berichts von 1990 bekanntgewordenen
Vorfällen, sollen 36 aus den ersten 48 Stunden der Haft datieren. Es wurden regelmäßig
übereinstimmende Berichte bekannt, die von Mißhandlungen im Gewahrsam der Polizei sprachen.
Einige der beschriebenen Vorfälle waren derart schwerwiegend, daß sie als Folterhandlungen zu
qualifizieren waren...
Diese Feststellung wird von der internationalen Menschenrechtsorganisation amnesty international seit
fünf Jahren ständig wiederholt. Zuletzt hat auch das Komitee zur Vermeidung von Folter und
unmenschlicher Behandlung einen umfangreichen Bericht über Mißstände präsentiert.
Neben amnesty international, der Volksanwaltschaft und dem Europarat hat 1991 bereits die UNO -
Menschenrechtsorganisation Fehlverhalten von Sicherheitswachebeamten kritisiert.
Den Polizeiverantwortlichen ist es bis dato nicht gelungen, diesen unbefriedigenden Zustand
abzustellen. Die unterzeichneten Abgeordneten vermissen nach wie vor:
* die Schaffung von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen im polizeilichen Dienst;
* die Schaffung einer unabhängigen Kommission, die Übergriffe der Polizei
untersucht;
* die grundlegende Änderung der Aus - und Fortbildung;
* die Beiziehung einer Vertrauensperson unmittelbar nach der Festnahme;
* die routinemäßigen Aufzeichnungen von Vernehmungen mittels Tonband oder Video
* sowie die routinemäßige ärztliche Untersuchung eines Häftlings von einem Arzt
seines Wunsches unmittelbar nach seiner Festnahme wie auch unmittelbar vor seiner
Freilassung oder seiner Überstellung an
das Gericht.
Die unterzeichneten Abgeordneten halten ein entschlosseneres Vorgehen, als das bisher der Fall war,
für notwendig und auch erfolgversprechend.
Solange Kontrolleinrichtungen nicht in ausreichendem Maße geschaffen werden, solange der jährliche
Sicherheitsbericht nicht auch regelmäßig Aufschluß über den Bereich der Polizeigewalt gibt, ist die
konsequente Weiterverfolgung von Einzelfällen im Wege der parlamentarischen Anfrage das einzige
Mittel, beharrlich auf die Schwachpunkte in Sicherheitsverwaltung und Justiz hinzuweisen, die den
„schwarzen Schafen in Uniform‘ erst die Möglichkeit für ihre Übergriffe bieten.
Um den Bemühungen zur Bekämpfung von Polizeigewalt auch weiterhin Nachdruck zu verleihen,
stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
ANFRAGE:
1. In wievielen Fällen wurde 1997 gegen Beamte der Sicherheitsbehörden Beschwerden wegen
unzulässiger Gewaltausübung im Dienst geführt (gegliedert nach Behörden bzw. im Bereich der
BPO Wien, gegliedert nach Kommissariaten und dem Wiener- und niederösterreichischen
Sicherheitsbüro)?
2. In wievielen Fällen wurden 1997 gegen Beamte von Sicherheitsbehörden wegen unzulässiger
Gewaltanwendung im Dienst (insbesondere 83 f, 105, 107, 302 StGB) Anzeige bei der
Staatsanwaltschaft oder bei Gericht erstattet (gegliedert nach Behörden bzw. im Bereich der BPO
Wien gegliedert nach Kommissariaten und dem Wiener - und niederösterreichischen
Sicherheitsbüro)?
3. a) In wievielen der unter Punkt 2 genannten Fälle erfolgte eine Verurteilung der Beamten zu
welchen Strafen und wegen welcher Delikte?
b) Welche dienstrechtlichen Folgen hatten die Verurteilungen?
c) Halten Sie die dienstrechtlichen Konsequenzen für ausreichend?
4. In wievielen der unter Punkt 1 genannten Fälle wurden gegen die betroffenen Beamten
Disziplinarverfahren eingeleitet und mit welchem Ergebnis endeten die Disziplinarverfahren?
5. a) In wievielen Fällen wurden gegen den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der
Erstattung der Anzeige strafrechtliche Schritte eingeleitet (etwa wegen 297 StGB
Verleumdungen“ und anderer Delikte)?
b) Wie endeten diese Verfahren?
6. a) In wievielen Fällen wurde in Zusammenhang mit dem Vorfall gegen die Betroffene bzw.
den Betroffenen ein Verfahren wegen 269 StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt)
eingeleitet?
b) Wie endeten diese Verfahren?
7. Sind Sie bereit, diese unter Punkt 1 bis 6 genannten Angaben im jährlichen Sicherheitsbericht
aufzunehmen?
8. Wenn nein, warum nicht?
9. Wieviele Beschwerden wurden seit 1.1.1997 gemäß § 88 Abs 1 SPG erhoben?
10 Wieviele Beschwerden wurden seit 1.1.1997 gemäß § 88 Abs 2 SPG erhoben?
11. In wievielen dieser Fälle wurde den Beschwerdeführern Recht gegeben?