3869/J XX.GP
der Abgeordneten Schweitzer und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend Schutz vor möglichen gesundheitlichen Konsequenzen durch GSM - Sendeanlagen
Im Zuge des Ausbaues der Funktelefonnetze ergibt sich neben den rein technischen Fragen das
Problem, daß die zahlreichen Sendeanlagen zunehmend auf Widerstand in der Bevölkerung stoßen,
zumal es nach wie vor keine in jeder Hinsicht gesicherten Untersuchungen über mögliche
gesundheitliche Auswirkungen gibt. Die bisherigen Untersuchungen berücksichtigen nämlich im
wesentlichen nur thermische Auswirkungen, während andere Konsequenzen weitgehend unerforscht
blieben.
Andererseits gibt es aber zahlreiche Wahrnehmungen über Schlafstörungen und diverse andere
gesundheitliche Beeinträchtigungen, die nach der Errichtung der Sendeanlagen aufgetreten sein
sollen.
Daß der intensive Funkverkehr auch unerwartete und unerwünschte Konsequenzen hat, ist spätestens
seit der Erlassung von Telefonierverboten in Flugzeugen, Spitälern, Postämtern und für
Herzschrittmacherpatienten klar. Besonders eigenartig mutet daher die Tatsache an, daß
Sendeanlagen auch in unmttelbarer Umgebung von Krankenanstalten errichtet wurden - während im
Inneren derselben der Gebrauch von Mobiltelefonen untersagt ist.
Laut Auskunft einer namhaften Vertreterin der Versicherungswirtschaft (Wiener Städtische), ist im
zur Begutachtung beim zuständigen Ministerium vorliegenden Entwurf der „Allgemeinen
Haftungsbedingungen“ die Haftung für Schäden, verursacht durch elektromagnetische Wellen,
ausgeschlossen.
Es stellt sich angesichts dieser unklaren Situation daher die Frage, inwieweit es vertretbar ist, für den
Ausbau dieser Einrichtungen den Netzbetreibern Sonderrechte gegenüber dem normalen
Betriebsanlagenrecht in einem derartigen Ausmaß einzuräumen, wie dies derzeit geschieht, ja diese
durch Auflagen in den Konzessionsbescheiden hinsichtlich des Netzausbaues geradezu zu einem
forcierten Vorgehen ohne viel Rücksichtnahme auf Bedenken der Anrainer zu zwingen
Jede andere private Firma unterliegt dem Gewerberecht und benötigt außer einer Baugenehmigung
auch eine gewerberechtliche Genehmigung ihres Betriebes. Anrainern ist in diesem
gewerberechtlichen Verfahren Parteienstellung eingeräumt. Zusätzlich wird laufend die Einhaltung
der vorgeschriebenen Auflagen überprüft. Die Netzbetreiber (sind auch private Firmen) sind davon
ausgenommen. Ein Bauverfahren tür die Errichtung einer Funksendeanlage ist je nach Bundesland
durchzutühren oder auch nicht. (Bauordnungen sind Länderkompetenz). Der Schutz vor
Immissionen und vor gesundheitlichen Schäden ist Anrainerrecht in der Bgld. Bauordnung. Laut
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (Zlen. 97/05/0194, AW 97/05/0085, vom 16.
September 1997) darf die Baubehörde gesundheitliche Belange im Zusammenhang mit einer
Fernmeldeanlage nicht prüfen, weil dies im Bundesfernmeldegesesetz bzw. seit .1997
Telekommunikationsgesetz geregelt ist. Ein Verfahren ähnlich dem Gewerberecht ist nicht
vorgesehen. Die Anrainer haben derzeit überhaupt keine Möglichkeit, ihre gesundheitlichen
Bedenken in einem Verfahren einzubringen. Nach dem TKG ist es auch möglich, daß Privatfirmen im
„öffentlichen Interesse“
tür die Errichtung eines Sendemastes Grundstückbesitzer enteignen
können.
Die Netzbetreiber wählen ihre geeigneten Standorte für Sendemasten alleine aus und können diese
wegen der geltenden Rechtslage zumeist auch Umsetzen. Bisher haben es nur wenige Bürgermeister
fertiggebracht, Standortwünsche der Netzbetreiber abzulehnen.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Warum halten Sie die Bevorzugung der Netzbetreiber hinsichtlich der Anrainerrechte gegenüber
anderen Betrieben im aktuellen Ausmaß für gerechtfertigt?
2. Wie beurteilen Sie die Tatsache, daß einem Herzschrittmacherpatienten zwar dringend empfohlen
wird, kein Mobiltelefon zu benützen, er aber andererseits keinerlei Handhabe hat, sich gegen die
Errichtung von Sendeanlagen in seiner unmittelbaren Wohnumgebung zu wehren und natürlich
auch keine Möglichkeit hat, die Verwendung in der unmittelbaren Nahe seines Körpers (man
denke an die Stoßzeit in Massenverkehrsmitteln) zu verhindern?
3. Wer haftet tur eventuell auftretende gesundheitliche Schäden, wenn trotz angemeldeter Bedenken
eine Sendestation errichtet wird?
4. Halten Sie es für gerechtfertigt, daß die Entstehung eines Risikos rechtlich gefördert wird, für
dessen Folgeschäden dann gegebenenfalls die Allgemeinheit die Kosten zu tragen haben wird,
ohne zumindest zuvor alle Zweifelsfragen eingehend untersucht zu haben?
5. Halten Sie es für gerechtfertigt, davon auszugehen, daß die GSM -Technologie in gesundheitlicher
Hinsicht unbedenklich sei, wenn die Versicherungswirtschaft nicht mehr bereit ist, künftig
Versicherungsverträge mit einem diesbezüglichen Haftungsrisiko abzuschließen?
6. Auf welche Untersuchungen stützen Sie sich, die zweifelsfrei jegliches Gesundheitsrisiko durch
GSM - Funk ausschließen?
7. Sind Sie bereit, dafür zu sorgen, daß die Anrainerrechte hinsichtlich der Errichtung von
Sendeanlagen auszubauen, um sicherzustellen, daß hier keinerlei "Experimente" mit Menschen
durchgeführt werden; wenn nein, warum nicht?
8. In welchem genauen Umfang erfolgten bislang auch Enteignungen von privaten Grundstücken
bzw. Errichtung von Anlagen auf solchen aufgrund der Bestimmungen des Telekommunikations -
und Telegraphenwegegesetzes für Sendeanlagen?