407/J
des Abgeordneten Anschober, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Geheimdienste in Östereich
Die drei östereichischen Geheimdienste geraten immer stärker in das Zentrum der
öffentlichen Diskussion. Die Grünen fordern seit Jahren eine Totalreform aller drei
bestehenden Geheimdienste im Bereich des Innenministeriums sowie im Bereich des
Verteidigungsressorts. Mittlerweile wurde dieser dringende Handlungsbedarf zum
Abstellen verschiedenster Bürgerbespitzelungspraktiken auch von Teilen der
Koalitionsparteien erkannt.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten aus diesem Grund an den Bundesminister
für Inneres folgende schriftliche
ANFRAGE:
1 . Profil Nr. 16 vom 15. April 1996 zitiert den Innenminister mit einer
hochinteressanten Beantwortung einer brisanten Frage: Frage profil: "Kann
heute eine Firma, Siemens etwa, bei der Staatspolizei Erkundigungen über einen
Mitarbeiter einziehen?" - Antwort des Innenministers: "Da und dort, wenn es
um konkrete Personen geht, gibt es durchaus die Möglichkeit, sich miteinander
zu verständigen. So wie es auch die Überwachung privater Anlagen gibt, wenn
sie gefährdet sind. "
Diese Antwort läßt den Schluß zu, daß es, so wie im Umfeld des Noricum-
Skandals aufgedeckt, weiterhin auf Urgenz von Firmen die Bespitzelung von
Firmenangestellten gibt.
Ist der Innenminister mit dem oben angeführten Wortlaut korekt zitiert? l.n
welchem Sinn und in welchem Umfang kommt es derzeit durch die Staatspolizei
zu Überwachungen von Firmenangehörigen? Existiert ein konkreter Anlaßfall
im Bereich der Firma Siemens? Auf welcher gesetzlichen Basis steht eine
Bespitzelung von Werksangehörigen im Auftrag der Firma?
ln welchen konkreten Fällen hat es in den Jahren 1990 bis 1995 jeweils Anträge
von Firmen auf Personalüberwachung und Sicherheitskontrolle von
Firmenangehörigen gegeben? Wieviele dieser Fälle wurden jeweils realisiert?
Wieviele konkrete Betroffene waren dies in den oben angeführten Jahren?
2. In der Öffentlichkeit wird mehrfach bereits über detaillierte Reformpläne des
Innenministeriums für die Staatspolizei berichtet.
Welche Detailplanungen für diese Reform liegen derzeit vor? Welche sind die
politischen und organisatorischen Hauptstoßrichtungen dieser Reform? Wie
beurteilen Sie die Notwendigkeit der Schaffung einer eigenen Analysestelle im
Bereich der Staatspolizei? Ist die Schaffung von regionalen Mitarbeitern der
Staatspolizei im Bereich der Bezirksgendarmeriekommanden ein
Reformbestandteil?
3. Welche Informationen besitzen Sie über die Tätigkeit der beiden
österreichischen Heeresgeheimdienste? Wie beurteilen Sie die gesetzliche
Legitimation dieser beiden Geheimdienste? In wievielen Fällen hat es in den
Jahren l990 bis l995 jeweils direkte Kooperationen zwischen den
Heeresgeheimdiensten und der Staatspolizei gegeben? Welche Informationen
besitzen Sie über das Anlegen von Personenakten über zivile Personen seitens
der beiden Heeresgeheimdienste?
4. Wie hoch war die Zahl der jährlich bearbeiteten Personenakten in den Jahren
1990 bis 1995 jeweils durch die Staatspolizei?
5 . Der Kurier vom 14. Jänner 1996 berichtet darüber, daß ein NEWS-Bericht unter
dem Titel "Achtung, Schützen" eine Fehlinformation über angebliche
Waffenlager von Südtiroler Schützenverbänden in Nordtirol angelegt worden
seien. Die Abteilung II, 7 im Innenministerium schreibt dazu in einem Bericht:
"Es besteht der begründete Verdacht, daß der nicht existente Bericht der Tiroler
Sicherheitsbehörden von Kreisen lanciert wurde, die eine europäische Region
Tirol im Sinne der Europäischen Union zu boykottieren beabsichtigen. Die
Ermittlungen in diese Richtung wurden eingeleitet. " Vor Gericht versicherte der
befragte Verfasser des NEWS-Berichtes, daß er ein gefälschtes Papier über die
angeblichen Waffenlager der Südtiroler Schützen in Nordtirol beim HNA
bekommen habe.
Ist Ihnen dieser Sachverhalt bekannt? Wenn ja, welche konkreten
Detailinformationen besitzen Sie über diesen Sachverhalt? Wurde in diesem
Zusammenhang eine interne Untersuchung angestellt? Wenn ja, mit welchen
konkreten Ergebnis?