4276/J XX.GP
des Abgeordneten Petrovic, Wabl, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend neutralitätsrechtliche Aspekte des NATO - Truppenstatuts
Der Regierungsvorlage 943 dBeil (PfP - SOFA) sind zwei Erklärungen Österreichs
beigeschlossen. In einer dieser beiden Erklärungen heißt es, daß Österreich davon ausgehe,
“daß die gegenwärtig gültige österreichische Verfassungsgesetzgebung in den Bereichen
Sicherheit und Verteidigung nicht von der Anwendung des Übereinkommens betroffen ist”.
Botschafter Türk nimmt auf diese Erklärung in seinem Werk “Österreich im Spannungsfeld
von Neutralität und kollektiver Sicherheit” wie folgt Bezug: “Die in diesem Rahmen PfP -
SOFA) allenfalls stattfindenden Bewegungen fremder Truppen in Österreich, einschließlich
der Durchfuhr und der Stationierung von Material, wurden jedenfalls von der
Bundesregierung nicht als mit der dauernden Neutralität unvereinbar angesehen, auf die
Österreich in einer bei Vertragsunterzeichnung übergebenen Information hingewiesen hat.”
Die unterfertigten Abgeordneten stellen in diesen Zusammenhang folgende
ANFRAGE:
1. Wieso hat die Bundesregierung das PfP - SOFA erst Monate nach der Unterzeichnung
dem Nationalrat zugeleitet?
2. Halten Sie es für angemessen, daß Beamte einer Bundesdienststelle bereits mit der
literarischen Aufarbeitung von Abkommen beginnen, noch bevor diese dem Parlament
zugeleitet werden, sodaß es für Abgeordnete des Nationalrates zweckmäßiger
erscheinen muß, sich mit Publikationen von Beamten Ihres Ressorts
auseinanderzusetzen als mit - im Zeitpunkt der Vorlage bereits monatealten -
Regierungsvorlagen?
3. Warum wurde in der Überschrift der beiden Erklärungen jeweils einleitend eine
andere Formulierung gewählt, nämlich einmal “Erklärung Österreichs anläßlich der
Ratifikation des PfP - SOFAs” und einmal “Erklärung Österreichs betreffend die
Interpretation des PfP - SOFAs”?
4. Sind mit dieser unterschiedlichen Textierung unterschiedliche Rechtsfolgen verbunden
bzw. beabsichtigt?
5. Haben Sie eine Erklärung dafür, wieso Botschafter Türk meint, es handle sich bei der
Erklärung um eine “bei der Vertragsunterzeichnung übergebene Information” (also
um einen Text, dessen Absicht es ist, eine bestehende Rechtslage festzuhalten, diese
aber nicht zu verändern), wo doch der Sinn eines Vorbehaltes bzw. einer
interpretativen Erklärung ist, rechtsgestaltend zu wirken, nämlich einzelne
Vertragsbestimmungen zu ändern bzw. eine von mehreren zulässigen
Textinterpretationen als allein verbindlich zu erklären [vgl. etwa
Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, RZz 312 f)?
6. Würde es - rechtlich gesehen - einen Unterschied machen, wenn der Punkt 3 der
Erklärung betreffend die Interpretation des PfP - SOFAs weggelassen worden wäre?
a) Wenn ja, welchen?
b) Wenn nein, welchen Sinn macht es, in Erklärungen redundante Formulierungen
aufzunehmen?
7. Wenn es sich bei der “Erklärung Österreichs betreffend die Interpretation des PfP
SOFAs” tatsächlich um eine bloße Information handelt (worauf sowohl die
Überschrift als auch die Publikationen von Botschafter Türk hindeuten), führt dies
dann nicht dazu, daß zwar der rechtliche Gehalt des PfP - SOFAs unverändert bleibt,
gleichzeitig aber der Anwendungsbereich der österreichischen Neutralität weiter
eingeschränkt wird (wie dies offensichtlich auch Botschafter Türk meint)?
8. Lag genau das in Ihrer Absicht?
9. Dient somit die kunstvolle Formulierung der Erklärung in Wahrheit dazu, Ihren
Koalitionspartner und die österreichische Öffentlichkeit hinters Licht zu führen?