4548/J XX.GP
ANFRAGE
des Abgeordneten Wabl, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Weisung in der Causa “Pyhrn - Prozeß”
Die Staatsanwaltschaft Graz wollte ursprünglich den Prozeß gegen Ex - Pyhrn - Generaldirektor Heinz
Talirz u.a. nicht führen. Es ging dabei um Amtsmißbrauch und Untreue. Der Prozeß wurde nun in
Graz vor einem Schöffengericht (Vorsitz Richter Bodo Grygar) geführt. Staatsanwalt Peter Gruber
wollte das Verfahren ursprünglich einstellen. Schon zu Beginn des Verfahrens wurden von Seiten
der Staatsanwaltschaft aber auch vom Richter Äußerungen bekannt, die ein objektives Verfahren
zweifelhaft erschienen ließen. Insbesondere gelang es dem Herrn Talirz sich als Opfer einer
Politjustiz darzustellen. Talirz sagte in einem Gespräch mit einer Tageszeitung (13. Juni 98): “Ein
Staatsanwalt ist per Gesetz zur Objektivität verpflichtet, und das ist gut. Fragwürdig wird es aber,
wenn ein Staatsanwalt durch eine politische Weisung aus dem Justizministerium gegen sein besseres
wissen anklagen muß. Sehr fragwürdig wird dieses System, wenn man politisch befehlen kann:
Vernichten sie den XY Das ist schlimm.” Der zuständige Richter hat schon nach wenigen Stunden
Aktenstudium vor dem Prozeß erkannt, daß dies keine dünne Suppe, sondern gar keine Suppe ist.
(Salzburger Nachrichten 12. Juni 98). Er hat dies nicht vor dem Prozeß gesagt, um nicht befangen
zu wirken. Ein besonders wichtiger Zeuge, der aussagen wollte, wurde “ermuntert” sich der
Aussage zu entschlagen und tat dies auch. Der Staatsanwalt hat dies nicht gerügt und sich damit
spätere Rechtsmittel verbaut. Die Nahe von Politik, Wirtschaft und Justiz ist in Graz in einigen
Bereichen besonders aus demokratiepolitischen Gründen irritierend. Manche Medien sprechen und
sprachen von einem Schauprozeß. Der Gutachter Rollwagen wird in der Zeitung als willfähriger
Gutachter bezeichnet. Beide, der Rechnungshofbeamte und der Gutachter werden im Gerichtssaal
“vorgeführt” und in einer Zeitung “zerlegt”. Peter Gruber als Staatsanwalt erkennt die Stimmung
und stellt die kritische Frage: “Der gefeuerte Generaldirektor Heinz Talirz mußte in
Untersuchungshaft. Bitte warum haben wir ihn eingesperrt? Kann mir das irgendjemand sagen?"
(Zitat KLZtg 11. Juni 98). Niemand gibt eine Antwort. Innsbruck ist weit weg. Es gab in diesem
Prozeß offensichtlich mehrere Verteidiger. Die Österreichische Justiz steht mit ihrem Ruf auf dem
Prüfstand.
Aus diesem Grund richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Minister für Justiz
folgende
ANFRAGE:
1. Aus welchen Gründen wurde Weisung für die Durchführung dieses Verfahrens erteilt?
2. Hat das Justizministerium vor der entsprechenden Weisung Einvernehmen mit dem
Wirtschaftsministerium
hergestellt?
3. Ist es richtig, daß niemand im Ministerium für Justiz den Akt gelesen hat, wie der
Verteidiger Wolfgang Dlaska behauptet? (SN 12. Juni 98)
4. Hat das Ministerium für Justiz das Gutachten von Prof. Rollwagen vor der
entsprechenden Weisung gekannt?
5. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht eine fundierte Grundlage für die Justiz
erstellt. Welche Erhebungen, Untersuchungen, Befragungen und andere
Erkundigungen haben die Exekutive und die Justizbehörde in Graz beim damals
zuständigen politischen Straßenbaureferenten der Steiermark getätigt?
6. Ist dem Staatsanwalt in Graz eine objektive Anklage im Namen der Republik
Österreich zuzutrauen, wenn er mehrmals in der Öffentlichkeit und im Verfahren
betont, daß er dieses Verfahren gegen seinen Willen führen mußte, obwohl er von der
Unvertretbarkeit des von ihm geforderten Verhaltens überzeugt war?
7. Hat der zuständige Behördenleiter in Graz den betreffenden Staatsanwalt auf die
Möglichkeit der Entbindung von der weiteren Behandlung der Sache nach § 30
Staatsanwaltschaftsgesetz aufmerksam gemacht und ein schriftliches und ausreichend
begründetes Verlangen für die Entbindung gefordert?
8. Ist für ein korrektes Verfahren durch einen Richter ausreichend, daß er nicht befangen
wirke, und ist es zulässig, daß ein Richter bereits nach wenigen Stunden
Aktenstudium bei einer zu umfangreichen Materie bereits vor Prozeßbeginn weiß:
"Daß dies keine dünne Suppe, sondern gar keine Suppe ist”?
9. Wie bat die Justizbehörde in Graz vorgesorgt, daß Schöffen bei einer derartigen
Stimmung (auch des Anklagevertreters) für eine Person und gegen die “Politische
Justiz” aus Wien möglichst unbefangen bleiben?
10. Der hauptverantwortliche Generaldirektor wurde freigesprochen. Allein die Beamten
wurden wegen Amtsmißbrauch verurteilt. Wird es trotz des Verhaltens der
Staatsanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde geben?