4584/J XX.GP
der Abgeordneten Maria Rauch - Kallat, Kröll
und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend: Diskriminierung von Rollstuhlfahrern in Öffentlichen Verkehrsmitteln
Am 9. Juli 1997 wurde im Nationalrat einstimmig eine Verfassungsbestimmung
beschlossen, derzufolge niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden
darf. Dieser neue Art. 7 Abs. 1 der Bundesverfassung umfaßt auch das Bekenntnis
der Republik (Bund, Länder und Gemeinden), die Gleichbehandlung von behinderten
und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu
gewährleisten.
Vor diesem Hintergrund wurde in der Sitzung des Wiener Gemeinderates vom
27. Februar 1998 auf Initiative des Gemeinderats Mag. Franz Karl ein Vier - Parteien -
Antrag (ÖVP, SPÖ, FPÖ und LIF) eingebracht, mit dem die zuständige Amtsführende
Stadträtin, Mag. Brigitte Ederer, aufgefordert wurde, eine Novellierung der
Beförderungsrichtlinien der Stadt Wien zu veranlassen. Dieser Antrag zielte
insbesondere auf die Novellierung des Passus unter ,,K Abschnitt 3” ab, der
Rollstuhlfahrer von einer eigenständigen Inanspruchnahme öffentlicher
Verkehrsmittel ausschließt. Der Passus ,,K Abschnitt 3” lautet:
“Jeder Kinderwagen oder Rollstuhl muß von mindestens einer
erwachsenen Person, die für Hilfestellung zum Ein - und Aussteigen der
behinderten Person, für Ein - und Ausladen der Kinderwägen oder
Rollstühle sowie für die Sicherung insbesondere Mittels der vorhandenen
Befestigungen im Wageninneren zu Sorgen hat, begleitet werden.
In ihrer Antwort zum gegenständlichen Antrag (PrZ 97/1028/GAT) verwies die
Amtsführende Stadträtin darauf, daß es seitens der Gemeinde Wien bereits im April
1997 eine Initiative gegeben habe, die Pflicht zur Begleitung eines Rollstuhlfahrers
durch eine erwachsene Person zumindest für den Bereich der U - Bahnen,
Niederflurstraßenbahnen und Niederflurbusse zu beseitigen. Einen entsprechenden
Antrag habe es am 9. April 1997 an das gemäß § 52 Abs. 3 Eisenbahngesetz für die
Genehmigung der Gültigkeit von Beförderungsbedingungen zuständige
Verkehrsministerium gegeben. Dieser Antrag sei - nicht zuletzt aufgrund einer
ablehnenden Haltung der Verkehrsverbund Ost - Region Ges. m. b. H. - durch das
Ministerium negativ beschieden worden. Mit Schreiben vom 17. Februar 1998, also
nach Inkrafttreten der o.g. Verfassungsbestimmung, habe die Direktion der Wiener
Stadtwerke
sowohl das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr als auch
die Verkehrsverbund Ost - Region Ges. m. b. H. in dieser Angelegenheit “nochmals
dringend ersucht, aktiv an einer Änderung der Beförderungsbedingungen
mitzuwirken” - offenbar ohne positives Ergebnis.
Den unterfertigenden Abgeordneten ist nur schwer verständlich, warum seitens des
Verkehrsministeriums offenbar keine geeigneten Maßnahmen im Sinne des Art. 7
Abs 1 B - VG in die Wege geleitet werden, um im oben angesprochenen
Zusammenhang jene Voraussetzung zu schaffen, die es Rollstuhlfahrern auch unter
Bedachtnahme auf allfällige besondere Erfordernisse der Sicherheit ermöglichen, ihr
Recht auf Freizügigkeit in gleicher Weise wie gehende Menschen wahrzunehmen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1. Ist es richtig, daß beim Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr ein
Antrag gemäß § 52 Abs. 3 Eisenbahngesetz der Wiener Stadtwerke -
Verkehrsbetriebe vom 9. April 1997 eingelangt ist, der u.a. auf eine Beseitigung
der Pflicht zur Begleitung von Rollstuhlfahrern durch eine erwachsene Person in
U - Bahnen, Niederflurstraßenbahnen sowie Niederflurbussen abzielte?
2. Ist es richtig, daß das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr diesen
Antrag der Wiener Stadtwerke - Verkehrsbetriebe in der Frage der Pflicht zur
Begleitung von Rollstuhlfahrern negativ beschieden hat?
3. Welche Gründe sprechen aus Sicht des Bundesministerium für Wissenschaft und
Verkehr grundsätzlich gegen die selbständige Inanspruchnahme öffentlicher
Verkehrsmittel durch Rollstuhlfahrer?
4. Welche Gründe sprechen aus Sicht des Bundesministerium für Wissenschaft und
Verkehr insbesondere gegen die selbständige Inanspruchnahme von U - Bahnen,
Niederflurstraßenbahnen sowie Niederflurbussen durch Rollstuhlfahrer?
5. Bestehen seitens des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr Pläne,
die auf die Beseitigung dieser weithin als diskriminierend wahrgenommenen
Bestimmung abzielen, bzw. welche Vorausetzungen müssen aus Sicht des
Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr im Hinblick auf die Beseitigung
dieser weithin als diskriminierend wahrgenommenen Bestimmung vorliegen?