4657/J XX.GP

 

der Abgeordneten Pollet - Kammerlander, Öllinger, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Justiz

betreffend Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des Öffentlichen Dienstes

Österreich wird - auf massives Betreiben der Bundesregierung - bei der Gruppe jener Staaten sein,

die als erste den Euro einführen. Die Vorteile der Währungsunion werden von Regierungsseite seit

Jahren gepriesen. Dazu müssen in Österreich aber sehr strenge Konvergenzkriterien erfüllt sein.

Eine Konsequenz daraus ist ein nun bereits mehrere Jahre währender Aufnahmestop im Öffentlichen

Dienst zwecks Einsparung von Personalkosten. Für die dort inzwischen - teilweise massiv -

auftretende Personalknappheit hat sich seit einiger Zeit eine Notlösung eingebürgert, die bereits in

großem Umfang angewendet wird. Und zwar werden über das Personalbereitstellungsunternehmen

“manpower” im Öffentlichen Dienst Leiharbeitnehmer/innen eingesetzt.

Zum Thema Leiharbeitsverhältnis meint Univ. - Prof. Mayer - Maly in Band I “Indivualarbeitsrecht”

des Lehrbuchs “Österreichisches Arbeitsrecht”: “Für mehrere Arbeitnehmergruppen haben sich (..)

florierende Unternehmen entwickelt, die Arbeitnehmer überhaupt nicht zum Dienst im eigenen

Betrieb, sondern nur zur Überlassung an andere Arbeitgeber einstellen. Die Problematik dieser

sog. “unechten Arbeitnehmerüberlassung” beschreibt Mayer - Maly folgendermaßen: “(Es) besteht

die Gefahr, daß dem Arbeitnehmer wichtige Schutzvorschriften des Arbeitsrechts wie z.B. der

Kündigungsschutz nicht voll zugute kommen” Das heißt, solche Arbeitsverhältnisse sind nicht nur

in Bezug auf ihre Dauer sehr unsicher (meist nur kurz befristete Verträge), sondern die

Leiharbeitnehmer/innen sind auch bei sonstigen Arbeitsbedingungen gegenüber regulär im

Öffentlichen Dienst tätigen Personen benachteiligt, beispielsweise bei der Anrechnung von

Vordienstzeiten. Außerdem kommt es zu einer Aufspaltung bzw. Verdopplung der

Arbeitgeberfunktionen, was große Unklarheiten schafft - etwa darüber, welcher Dienstgeber in

bestimmten Situationen weisungsbefugt ist oder die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften

zu garantieren hat. D.h. es entsteht eine Gruppe von sehr schlecht abgesicherten, gleichwohl oft

höchstqualifizierten Mitarbeiter/inne/n im Öffentlichen Dienst, eine Art “Randbelegschaft”. Gegen

solche unsicheren Arbeitsplätze spricht sich die Regierung ansonsten gerne und vehement aus.

Mayer - Maly weiter: “Die Nachfrage nach auf solche Art überlassenen Arbeitnehmern wird zum

einen durch zeitweiligen Ausfall von Arbeitskräften (Krankheit, Schwangerschaft), zum anderen

durch kurzfristiges Ansteigen des Arbeitsbedarfs ausgelöst.” Hier handelt es sich allerdings weder

um das eine noch das andere, da es größtenteils um Arbeitskräfte geht. an denen langfristig Bedarf

besteht, der aber - aus Bilanzverschönerungsgründen - nicht auf die reguläre Art gedeckt wird.

Überdies kommen diese Arbeitsplätze den Bund teilweise sogar teurer als Stellen im Öffentlichen

Dienst, da die Personalbereitstellungsfirma für die Zurverfügungstellung der DienstnehmerInnen bei

jedem einzelnen Vertrag einen Anteil kassiert.

Wenn die von der Bundesregierung so vielgerühmten Einsparungen im Öffentlichen Dienst nun so

aussehen, daß zwar die offizielle Posten - Statistik “schön”, d.h. niedrig ist, gleichzeitig aber eine

steigende Anzahl von Personen unter den oben geschilderten, schlechten Bedingungen - noch dazu

unter “Sachaufwand” rangierend - im Bereich des Öffentlichen Dienstes beschäftigt ist, dann haben

diese Einsparungen ihr Ziel mehr als verfehlt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE:

1. Wieviele der beschriebenen Leiharbeitnehmer/innen gibt es im Bereich Ihres Ministeriums?

2. Was sind Ihre Gründe dafür, diese Personen nicht regulär im Öffentlichen Dienst - als

Vertragsbedienstete - anzustellen?

3. Wieviele dieser Stellen sind von Frauen und wieviele von Männern bekleidet?

4. Welche Qualifikationen besitzen die als Leiharbeitnehmer/innen in Ihrem Ministerium tätigen

Personen und in welchen Bereichen sind sie eingesetzt (getrennt nach Geschlechtern)?

5. Planen Sie, Leiharbeitnehmer/innen in den öffentlichen Dienst zu übernehmen?

Wenn ja: wieviele und in welchem Zeitraum?

Wieviele der Leiharbeitnehmer/innen werden nach Auslaufen ihres jetzigen befristeten

Vertrages weiter über ein Leiharbeitsverhältnis in Ihrem Ministerium tätig sein?

Wieviele der Leiharbeitnehmer/innen werden Sie nach Auslaufen ihres jetzigen befristeten

Vertrages nicht mehr weiter in Anspruch nehmen?

6. Welchen Betrag erhält das Personalbereitstellungsunternehmen "manpower” für die

Zurverfügungstellung der LeiharbeitnehmerInnen monatlich pro Person?

7. Wieviele zusätzliche Personen planen Sie in Ihrem Ministerium in näherer Zukunft über

“manpower" anzustellen?

8. Werden bei Leiharbeitnehmer/innen Vordienstzeiten in gleichem Umfang und Ausmaß

angerechnet wie bei anderen Bediensteten im Bereich des Bundes?

9. Wird bei einem späteren Dienstverhältnis zum Bund die Zeit, die der/die Betreffende im

Leiharbeitsverhältnis beim Bund tätig war, als Vordienstzeit angerechnet?

11. Sind die Personalvertreter/innen des Öffentlichen Dienstes auch für die über “manpower" in

Ihrem Ministerium tätigen Personen zuständig?

12. Legen Sie dieser Anfragenbeantwortung bitte ein anonymisiertes Exemplar eines Vertrages

zwischen Ihrem Ministerium und “manpower” bei.