4746/J XX.GP

 

ANFRAGE

der Abgeordneten Haigermoser

und Kollegen

an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betreffend Programm der österreichischen EU - Präsidentschaft

Die verantwortlichen Regierungspolitiker von SPÖ und ÖVP haben, trotz vielfacher

Versprechen, es bis heute verabsäumt, entsprechende wirtschaftliche

Rahmenbedingungen zu schaffen, die insbesondere den Bestand und die Existenz der

klein und mittelständischen Unternehmen in Österreich sichern. So leidet die heimische

Wirtschaft unter anderem an einem im internationalen Vergleich enorm hohen

Bürokratie - und Verwaltungsaufwand, einer überdurchschnittlich langen

Verfahrensdauer, einer zu geringen Eigenkapitalausstattung der Betriebe sowie an der

Höhe der Lohnnebenkosten. Anstatt diese die Konkurrenzfähigkeit der

mittelständischen Wirtschaft und damit auch Arbeitsplätze gefährdende Faktoren durch

entsprechende Maßnahmen zu beseitigen, schreckte diese Bundesregierung nicht davor

zurück, zusätzliche Belastungen, wie zum Beispiel die Einführung der

Mindestkörperschaftsteuer, die Erhöhung zahlreicher Gebühren, die Sistierung der

Verlustvorträge und dgl., zu beschließen.

Die im internationalen Vergleich überhöhten Strompreise stellen eine weitere zusätzliche

Belastung dar. Österreich weist nach Deutschland EU - weit die höchsten Strompreise für

Industrieabnehmer auf.

Die derzeitige Steuer - und Abgabenquote liegt in Österreich mit circa 45,7 % über dem

OECD - Durchschnitt (1996) und belastet international gesehen unter anderem den

Faktor Arbeit überproportional.

Die Lohnnebenkosten liegen in der Wirtschaft anteilig um mehr als 100% über dem

realen Arbeitslohn und somit weit über dem OECD - Durchschnitt.

Seit 1989 bewirkt vor allem die kalte Progression eine ständig steigende

Lohnsteuerbelastung in Österreich. Zwischen 1989 und 1996 sind die

Lohnsteuereinnahmen von 88 Mrd. ÖS auf 160 Mrd. ÖS gestiegen und für 1997

werden diese auf über 185 Mrd. ÖS ansteigen.

Überreglementierungen, eine überbordende Bürokratie haben dazu beigetragen, daß in

Österreich die Anzahl der Genehmigungsverfahren bei ca. 15.000, in Deutschland

hingegen bei ca. 6.000 bzw. in Großbritannien bei ca. 360 liegt. Die Dauer der

Genehmigungsverfahren beträgt in Österreich durchschnittlich 18 Monate in

Deutschland nur 7 Monate.

Von der mehrfach und seit Jahren angekündigten Gründeroffensive ist nichts zu

bemerken. Anstelle der angekündigten 50.000 jährlichen Neugründungen wagten im

abgelaufenen Jahr gerade 15.000 Personen den Schritt in die Selbständigkeit. Mit einer

Selbständigenrate von 6,3 % ist Österreich im europäischen Schlußfeld. Stellt man in

Rechnung, daß ein Teil dieser Selbständigen nur scheinbar selbständig ist, da ihn die

Werkvertragsregelungen dazu zwingen, vermindert dies die Anzahl an Neugründungen

noch einmal.

Der Ministerrat hat am 1. Juli 1 998 das Programm der österreichischen Präsidentschaft,

das vom Bundeskanzleramt und vom Bundesministerium für auswärtige

Angelegenheiten koordiniert wurde und an dem sämtliche Bundesminister mitgewirkt

haben, beschlossen. In diesem Arbeitsprogramm für die halbjährliche Funktionsperiode

des EU - Ratsvorsitzes werden die Ziele und Schwerpunkte der österreichischen

Präsidentschaft dargelegt. Vertreter der Regierung sehen das Arbeitsprogramm

(naturgemäß) als sehr ambitioniert an und tatsächlich werden darin eine Vielzahl von

Themen angesprochen. Zu bemängeln ist allerdings, daß dieses Programm der

Bundesregierung vielfach einer Beschreibung und einer Bestandsaufnahme der aktuellen

europäischen Vorhaben gleichkommt, und daß Konkretisierungen sowie Präzisierungen

meist fehlen. Vor allem gibt das österreichische Präsidentschaftsprogramm wenig

Aufschlüsse darüber, auf welche Art, durch welche (besonderen) Initiativen und

Maßnahmen die Ziele erreicht werden sollen bzw. können.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nachstehende

A N F R A G E:

1) Welche Zielsetzungen verfolgen Sie in Ihrer Ressortzuständigkeit konkret während

der EU - Präsidentschaft Österreichs?

2) Weiche Ergebnisse erwarten Sie sich konkret?

3) Der Chef der Kärntner Arbeiterkammer stellte kürzlich in Zusammenhang mit der

öffentlichen Auftragsvergabe fest: “Solange ausländische EU - Konkurrenz auf diesen

Gebieten (Schwarzarbeit, Umweltauflagen, Höhe der Lohnnebenkosten etc.) viel

mehr Freiheiten als heimische Firmen genössen und dadurch leicht Billigstbieter sein

könnten, bestehe eine Gefahr.”

In welcher Form werden Sie in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ressortministern

die Zeit der EU - Präsidentschaft Österreichs nützen, um die Chancengleichheit der

österreichischen Wirtschaft gegenüber den anderen EU - Mitgliedstaaten sowie

Drittstaaten sicherzustellen?

4) Welche Maßnahmen setzt Österreich, um sicherzustellen, daß auch im EU - Ausland

vorschriftsmäßig ausgeschrieben wird?

5) Wie stehen Sie zu der von der Arbeiterkammer vorgeschlagenen “Regionalisierung

der Auftragsvergabe?

6) Wie stehen Sie zu Lohnausgleichsabgaben, die in der BRD von Firmen aus EU -

Mitgliedstaaten bei. öffentlichen Aufträgen eingehoben werden?

7) Den Empfehlungen der Kommission für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der

Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft 19.05.1998 (Nr. 49473) ist unter anderem

folgendes zu entnehmen: “Die Gesetzgebung für den Binnenmarkt ist noch

unvollständig, vor allem weil es an eher vollständigen Umsetzung von EU - Richtlinien

auf nationaler Ebene mangelt. Anstrengungen, den Grad der Nicht - Umsetzung von

Binnenmarktrichtlinien zu verringern, sind vor allem in Portugal Frankreich, Österreich,

Italien und Belgien erforderlich, wo sich das Umsetzungsdefizit auf zwischen 6 und 7, 5

% beläuft.”

Welche EU - Richtlinien betreffend den Binnenmarkt hat Österreich bis dato aus welchem

Grund noch nicht auf nationaler Ebene umgesetzt?

8) Bis zu welchem Zeitpunkt rechnen Sie mit einer Beseitigung dieses Umsetzungsdefizit?

9) Den Empfehlungen der Kommission für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der

Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft vom 19.05.1998 (Nr.49473) ist folgendes zu

entnehmen: “Die Regierungen und die Kommission müssen die bestehenden Rechts -

und Verwaltungsvorschriften daher kontinuierlich überprüfen, um ihre

Zweckdienlichkeit zu beurteilen und die Kosten ihrer Umsetzung wie Überwachung zu

senken und ihre Transparenz und Durchsetzbarkeit zu erhöhen. Ergebnisse der

Arbeitsgruppe “Vereinfachung des Unternehmensumfeldes" :Durchführung eines

Benchmarking betreffend die Verwaltungsvorschriften für die

Unternehmensgründungen. Die Ermittlung und Beseitigung noch verbliebener

regulatorischer Hemmnisse für die Bildung von Risikokapital und für die Entwicklung

neuer Finanzprodukte sollten als Priorität betrachtet werden, insbesondere wenn sie

zur Finanzierung von KMU beitragen.”

Welche für Österreich spezifische Maßnahmen leiten Sie davon ab bzw. gedenken Sie zu

setzen?

10) Der Mitteilung der Kommission (Wirtschaftspolitische Überlegungen im Hinblick auf die

Grundzüge der Wirtschaftspolitik für 1998) ist nachstehendes zu entnehmen:

,,Binnenmarkt und Globalisierung üben starken Druck in Richtung auf eine

Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit aus, doch hängt diese ebenfalls davon

ab, was auf der Ebene der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft an

Maßnahmen im Bereich FuE und insbesondere der Informationsgesellschaft

unternommen wird.”

Was werden Sie - insbesondere im Rahmen der EU - Präsidentschaft - unternehmen, um

Österreich im Interesse der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit aus seiner

Schlußlichtposition hinsichtlich die Forschung - und Technologieentwicklung in Österreich

zu bringen?