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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Karl Maitz, Ernst Fink, Günther Platter und Kollegen

 

an den Bundesminister für Inneres

 

betreffend die Bevorschussung des Schmerzensgeldes für RevInsp Bernhard St.

 

 

Revlnsp Bernhard St., wohnhaft in 8020 Graz, wurde am 10. 5. 1992 im Zuge einer Amtshandlung schwer verletzt.  Die Verletzung hatte einen dreiwöchigen Aufenthalt im UKH Graz und einen bisher insgesamt etwa 1 1 Monate verletzungsbedingten Krankenstand zur Folge.  Wegen der in Ausübung seiner Dienstpflichten erlittenen schweren Körperverletzung ist Revlnsp St. seit 10. 5. 1992 in seiner Erwerbsfähigkeit vermindert.  Von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter wurde der Vorfall als Dienstunfall anerkannt.  Das Verfahren beim Landesgericht für Strafsachen in Graz endete mit der rechtskräftigen Verurteilung des Täters.  Um seine Ansprüche geltend zu machen, klagte Revlnsp St. vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz.  Das Gericht erkannte zu Recht, daß der Beklagte S 402.317,-- samt Zinsen seit 1. 1. 1994, sowie die angelaufenen Prozeßkosten von S 38.499,60 zu bezahlen habe.  Weiters beinhaltet das Urteil die Feststellung, daß der Beklagte für alle aus dem Vorfall vom 10. 5. 1992 resultierenden Schäden haftet.  Dieses Feststellungsbegehren wurde mit S 100.000,-- bewertet.

 

Nach Erhebungen über seine sozialen und finanziellen Verhältnisse wurden Herrn Revlnsp St. die Verfahrenskosten und der in der Zeit vom 10. 5. 1992 bis 31. 12. 1993 entstandene Einkommensnachteil überwiesen.  Bis heute wurde jedoch nicht das Schmerzensgeld in der Höhe von S 300.000,-- überwiesen.

§ 9 Abs. 1 Z 2 des Wachebedienstetenhilfeleistungsgesetzes (WHG) sieht jedoch die Bevorschussung von Ersatzansprüchen vor, wenn diese dem Wachebediensteten im Zivilrechtsweg rechtskräftig zugesprochen werden.

 

Revlnsp St. urgierte mehrmals telefonisch beim Bundesministerium für Inneres sowie beim Bundesministerium für Finanzen, um zu einer Bevorschussung des Schmerzensgeldes zu gelangen, jedoch ohne Erfolg.  Einen schriftlichen Bescheid über Zuerkennung bzw.  Ablehnung des Schmerzensgeldes hat Revlnsp St. bis heute nicht erhalten.

 

Betreffend die Bevorschussung des Schmerzensgeldes wurde im Jahr 1993 eine parlamentarische Anfrage (Nr. 4773/J) gestellt.  In der Anfragebeantwortung Nr. 4666 vom 24. 6. 1993 teilte der damalige BM Löschnak mit, daß auf Schmerzensgeldforderungen nach Dienst- oder Arbeitsunfällen kein Vorschuß im Sinne des Wachebediensteten­lelfeleistungsgesetzes erbracht wird.  Weiters betonte BM Löschnak, daß sich ein Anspruch auf Ersatz von Schmerzensgeld aus dem Begriff des Ersatzanspruches im § 9 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des @G nicht ableiten läßt und diese Rechtsansicht auch vom Bundeskanzleramt sowie vom Bundesministerium für Finanzen geteilt wird.

 

Mehrere Juristen, die Revlnsp St. kontaktierte, vertreten jedoch die Ansicht, daß unter dem Begriff des Ersatzanspruches auch das Schmerzensgeld fällt und somit eine Vorschußleistung des Bundes möglich sei.

 

Revlnsp St. ersuchte daher die Österreichische Präsidentschaftskanzlei um Unterstützung in dieser Angelegenheit.  Diese teilte Herrn St. mit, daß das Bundesministerium für Inneres mit Schreiben vom 16. 1. 1995 das Bundesministerium für Finanzen um Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahmen einer Bevorschussung des durch das Gericht zugesprochenen Betrags in der Höhe von S 502.317,-- - und somit auch des Schmerzensgeldes - gemäß § 9 Abs. 1 des NfflG ersucht hat.

 

Weiters legte RevInsp St. im Juni 1995 eine Beschwerde bei der Volksanwaltschaft ein.  Der zuständige Volksanwalt Horst Schender teilte mit Schreiben vom 22. 2. 1996 Herrn Revlnsp St. ebenfalls mit, daß das Bundesministerium für Inneres die Bevorschussung des Schmerzensgeldes beim Bundesministerium für Finanzen beantragt habe.

 

Es soff auch ein Gerichtsverfahren beim Oberlandesgericht Linz gegeben haben, bei dem unter anderem auch die Bevorschussung des Schmerzensgeldes für zwei Exekutivbeamte abgehandelt wurde, die nach schweren Verletzungen im Dienst ähnliche Probleme hatten wie Revlnsp St. Angeblich soll dieses Gerichtsverfahren in Linz die Verpflichtung des Bundes ergeben haben, auch Schmerzensgeldansprüche zu bevorschussen.

 

Während also der ehemalige Innenminister Löschnak in seiner Anfragebeantwortung die

 

Möglichkeit der bevorschussenden Auszahlung des Schmerzensgeldes verneinte, ist der

 

BM für Inneres nunmehr offensichtlich der Ansicht, daß nach dem Wachebediensteten-

 

Hilfeleistungsgesetz eine Bevorschussung des Schmerzensgeldes möglich ist.

 

Es herrscht hier eine unterschiedliche Rechtsauslegung vor und es hat daher den Anschein, daß die endgültige Klärung dieser Causa zwischen dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesministerium für Finanzen hin und her geschoben wird.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Inneres folgende

Anfrage:

1.    Wieso erhielt RevInsp St. bis heute keinen schriftlichen Bescheid über Zuerkennung oder Ablehnung der Bevorschussung des Schmerzensgeldes?

 

2.    Hat sich die Rechtsmeinung des Bundesministerium für Inneres betreffend die Bevorschussung des Schmerzensgeldes durch den Bund seit der Anfragebeantwortung Nr. 4666 im Jahr 1993 (Frage 1 und 2) geändert?  Wenn ja, wie lautet diese?

 

3.    Kennen Sie das oben angesprochene Gerichtsurteil des Oberlandesgerichtes Linz?

a)    Stimmt es, daß das Gerichtsurteil in diesem Verfahren eine verpflichtende Vorschußzahlung des Bundes für Schmerzensgeldforderungen vorsieht?

 

b)    Wenn ja, sehen Sie darin ein Präjudiz für die Ansprüche von Revlnsp St.?

 

4.    Hat das Bundesministerium für Inneres das Bundesministerium für Finanzen um Zustimmung zu der beabsichtigten Maßnahme einer Bevorschussung der durch das Gericht zugesprochenen Ersatzansprüche in der Höhe von S 502.317,-- - und somit auch des Schmerzensgeldes in der Höhe von S 300.000,-- - an Herrn Revlnsp St. ersucht?

a)    Wenn ja, wie lautet der Inhalt dieses Schreiben und wann wurde es abgeschickt?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

5.    Hat das Bundesministerium für Finanzen auf das Schreiben des Bundesministeriums für Inneres geantwortet?

a)    Wenn ja, wie lautet die Antwort des Bundesministeriums für Finanzen?

 

b)    Wenn nein, wieso wurde nichts unternommen, um eine Antwort des Bundesministeriums für Finanzen zu erhalten?

 

6.    Wenn Sie der Ansicht sind, daß eine bevorschussende Auszahlung des Schmerzensgeldes nicht möglich ist, wieso hat Ihr Ministerium dann das Bundesministerium für Finanzen um Zustimmung der Bevorschussung für Revlnsp St. ersucht?

 

7.    Wenn die Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen zur Bevorschussung des Schmerzensgeldes vorliegen sollte, wieso wurde dann der Betrag für das Schmerzensgeld noch nicht überwiesen?

 

8.    Wenn für Sie die Vorschußzahlung des Schmerzensgeldes durch den Bund auf Grund der geltenden Rechtslage nicht möglich ist, werden sie eine Änderung des Wachebediensteten­hilfeleistungsgesetzes dahingehend anstreben, daß in Zukunft eine vorläufige Übernahme des Schmerzensgeldes durch den Bund möglich ist?