5295/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Gaugg

und Kollegen

an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales

betreffend Arbeiterkammer - Anzeigen in Gratiszeitschriften der SPÖ

 

In einer Zeitschrift namens “Wiener Blatt” ist ein Inserat der Arbeiterkammer erschienen, in

dem auf einer ganzen Seite unter der Überschrift “Was uns alle beschäftigt: Ist das Recht

immer nur auf der Seite des Stärkeren?” Werbung für die Arbeiterkammer gemacht wird.

 

Im Text dieses Inserates heißt es wörtlich, daß die Arbeiterkammer “Anlaufstelle in allen

Rechtsfragen” sei und “aktiv Beratung und Hilfe” leiste.

 

Im Impressum dieser Zeitschrift wird als “Herausgeber: SPÖ Wien, Löwelstraße 18,

1010 Wien” genannt.

 

Die Zeitschrift “Wiener Blatt” wird nicht über den Zeitschriftenhandel vertrieben, sondern in

Wien gratis verteilt. Da diese Zeitschrift unter dem Gesichtspunkt der Beliebigkeit an Wiener

Haushalte verteilt wird, ergibt sich die Frage, inwieweit die Arbeiterkammer mit solchen Inse -

raten überhaupt noch ihre Mitglieder erreicht beziehungsweise inwieweit die Zwangsmitglie -

der der Arbeiterkammer dafür bezahlen müssen, daß sich die Arbeiterkammer Nichtmitglie -

dem als “Anlaufstelle in allen Rechtsfragen” offeriert.

 

Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Arbeit, Ge -

sundheit und Soziales nachstehende

 

Anfrage:

 

1. Ist Ihnen bekannt, daß die Arbeiterkammer Aufträge über ganzseitige Inserate an SPÖ -

    Zeitschriften vergibt?

 

2. Wer trägt in der Arbeiterkammer die Verantwortung für solche Inserate?

 

3. Wodurch rechtfertigt es die Arbeiterkammer, daß ganzseitige Inserate in Zeitschriften

    erscheinen, die von der SPÖ herausgegeben werden?

 

4. Erachtet es die Arbeiterkammer als Ausdruck einer ihrerseits gegebenen Informations -

    verpflichtung, Inserate in Parteizeitschriften zu schalten?

5. kann die Arbeiterkammer ein Argument dafür angeben, daß mit Inseraten in SPÖ -

    Zeitschriften sozusagen die soziale Treffsicherheit ihrer Werbung gegeben sei?

    Wenn ja: Findet dieses Argument Ihre Billigung?

 

6. Wieviel Geld hat die Arbeiterkammer für den oben genannten Inseratenauftrag aus den

    Pflichtmitgliedsbeiträgen der österreichischen Arbeiter und Angestellten aufwenden

    müssen?

 

7. Hat die Arbeiterkammer auch Inseratenaufträge an Zeitungen und Zeitschriften verge -

    ben, die von anderen österreichischen politischen Parteien herausgegeben werden?

    Wenn ja: An welche Zeitungen und Zeitschriften sind solche Aufträge ergangen?

 

8. Ist die Vorgangsweise der Arbeiterkammer, in Druckschriften für sich Werbung zu ma -

    chen, ein Anzeichen dafür, daß von seiten der Regierung beziehungsweise seitens des

    Gesetzgebers eine Aufhebung der Pflichtmitgliedschaft ins Auge gefaßt wird?

 

9. Ist die Tatsache, daß die Arbeiterkammer in einer Parteizeitschrift, die noch dazu unter

    dem Aspekt der Beliebigkeit gratis verteilt wird, für sich Werbung macht, mit der Infor -

    mationsverpflichtung der Arbeiterkammer gegenüber ihren Mitgliedern vereinbar?

 

10. Hält die Arbeiterkammer ihre Mitglieder nicht für fähig, sich von selbst an jene Institution

      zu wenden, an die sie allmonatlich unter Gesetzeszwang ihre Mitgliedsbeiträge abzufüh -

      ren haben, und glaubt die Arbeiterkammer, sich ihren Mitgliedern in Inseraten vorstellen

      zu müssen?

 

11. Ist Ihrer Meinung nach die Tatsache, daß die Arbeiterkammer in einer beliebig verteilten

      Zeitschrift für sich wirbt, die noch dazu von einer Partei herausgegeben wird und als sol -

      che von jenen Zwangsmitgliedern der Arbeiterkammer, die jede parteipolitische Verstrik -

      kung ablehnen, mit negativen Gefühlen aufgenommen wird, etwa geeignet, das Ansehen

      der Arbeiterkammer zu steigern?

 

12. Ist die Arbeiterkammer der Ansicht, daß sie als Rechtsvertretung für Arbeiter und Ange -

      stellte noch zuwenig bekannt sei und deshalb Inserate in Parteizeitungen schalten müs -

      se?

 

13. Ist die Arbeiterkammer insbesondere der Ansicht, unter den SPÖ - Mitgliedern noch zu -

      wenig bekannt zu sein, da sie Inseratenaufträge an SPÖ - Parteizeitschriften vergibt?

      Wenn ja: Wodurch begründet die Arbeiterkammer diese Ansicht?

 

14. Ist Ihrer Meinung nach die gegebenenfalls bestehende Ansicht der Arbeiterkammer, als

      rechtliche Vertretung der Arbeiter und Angestellten noch zuwenig bekannt zu sein, mit

      der Informationsverpflichtung einer - dem Gründungsjahr nach - 78 Jahre alten Instituti -

      on gegenüber ihren zwangsweise eingegliederten Mitgliedern vereinbar?

 

15. Begründet die Arbeiterkammer die Tatsache, daß sie sich in Inseraten in einer an poten -

      tiell alle Haushalte gratis verteilten Zeitschrift als “Anlaufstelle in allen Rechtsfragen" prä -

      sentiert, möglicherweise damit, daß sie über den Kreis der Zwangsmitglieder hinausge -

      hende Bevölkerungskreise zur Vertretung in Rechtsfragen einladen will? 

 

16. Wird in der Arbeiterkammer beziehungsweise in den Arbeiterkammern kontrolliert, ob es

       ausschließlich ihre Mitglieder sind, von denen sie als “Anlaufstelle in allen Rechtsfragen"

       benützt wird beziehungsweise benützt werden?

       Wenn ja: Wodurch wird dies kontrolliert?

17. Werden Nichtmitglieder abgewiesen, wenn sie die Arbeiterkammer als “Anlaufstelle in

      allen Rechtsfragen" benützen wollen?

     Wenn nein: Wie hoch ist der Anteil, den die Rechtsvertretung von Nichtmitgliedern im

     Rahmen der von der Arbeiterkammer erledigten Rechtsvertretung einnimmt?

     Wenn ja: Erachten Sie es für günstig für das Ansehen der Arbeiterkammer, daß sie sich

      zuerst in von ihr bezahlten Inseraten an ein nicht spezifiziertes Publikum - nämlich an

      alle Empfänger einer beliebig und potentiell an alle Wiener Haushalte verteilten Partei -

      zeitschrift - mit der Aufforderung wendet, die Arbeiterkammer als “Anlaufstelle in allen

     Rechtsfragen" zu benützen, und sich dann im konkreten Anlaßfall in dieser Funktion

     verweigert?

 

18. Werden Sie die Verantwortlichen für solche Inserate in der Arbeiterkammer auf offen -

      sichtliche negative Auswirkungen solcher Inserate aufmerksam machen?