5415/J XX.GP
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Herbert Haupt
und Kollegen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend die skandalöse Schändung des Andenkens an Dr. Karl Renner
durch die Staatsanwaltschaft Wien
Der ehemalige sozialistische Abgeordneten zum Nationalrat, SR. Dipl.-Vw. Mag. DDr.
Stephan TULL, hat beim Studium eines Gerichtsaktes des Landesgerichtes für Strafsachen Wien,
feststellen müssen, daß es in der Anklageschrift vom 31. Oktober 1995 zu 1 St 10.389/94 (28 b
Vr 1880/94) auf den Seiten 19 und 20 wie folgt heißt:
- 19 -
7.) im Februar, allenfalls jedoch im März 1994 als für
die Veröffentlichung von Beiträgen maßgeblicher
Schriftleiter des periodischen Druckwerkes
als er für die Veröffentlichung
nachstehender Zitate im periodischen Druckwerk
Folge 277 von März
1994 sorgte, nämlich:
a./ "ZITAT Dr. Karl RENNER 1919: 'Deutschland und
Deutschösterreich kann keine Macht der Welt mehr
trennen. Die nationale Gesellschaft der
Deutschen ist für alle Zeit unzerstörbar und die
Staatliche wird früher oder später folgen‘.”;
b./ "ZITAT Dr. Karl RENNER Präsident der Zweiten
Republik Österreich, am 3.4.1938: 'Ich müßte
meine ganze Vergangenheit verleugnen, wenn ich
die große geschichtliche Tat des Wiederzusam -
menschlußes der Deutschen Nation nicht freudigen
Herzens begrüße‘.”.
K W hat hiedurch
zu
1.) bis 7.) a./, b./:
- 20 -
das Verbrechen nach § 3 g des Verfassungsgesetzes vom
8.5.1945 über das Verbot der NSDAP (Verbotsgesetz), StGB1.
Nr. 13/1945 in der Fassung BGBl. Nr 148/1992
begangen und wird hiefür nach dem ersten Strafsatz dieser
Gesetzesstelle unter Anwendung des § 28 StGB zu bestrafen
sein.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für
Justiz daher folgende
Anfrage:
1.) Wie beurteilen Sie diese wohl einmalige und für jeden auf den Boden des Rechtsstaates
stehenden Menschen unfaßbare Vorgangsweise der Justiz unserer Republik?
2.) Wie wird sich dieser Vorfall bei der Behandlung dieses Aktes beim "Conseil de L‘Eu -
rope” auf das Ansehen Österreichs auswirken?
3.) Dürfen diese beiden Zitate nun nicht mehr verwendet werden? -
Wenn ja, auf Grund welchen Gesetzes? -
Wenn nein, warum wurde die Wiedergabe jener Zitate mit Strafe bedroht?
4.) Wie soll vor dem Hintergrund dieses Vorfalles künftig die geschichtliche Darstellung die -
ser zweifellos bedeutsamsten Gestalt in der Geschichte der Republik sowohl in der
Öffentlichkeit als auch in den Schulen gewürdigt werden?
5.) Soll etwa, der Namen Dr. Karl Renner als Baumeister zweier Republiken aus den Schulbü -
chern gestrichen werden?
6.) Sind Sie bereit, anläßlich der Behandlung des Falles vor dem "Counseil de L‘Europe”
diesem Gerichtshof eine schriftliche Richtigstellung vorzulegen? -
wenn nein, warum nicht?
7.) Können Sie mit Bestimmtheit ausschließen, daß es der Anklagebehörde nicht auch darum
ging, bestimmte (für manche offenbar unangenehme) Tatsachen durch Strafdrohung zu ta -
buisiren? -
Wenn ja, welche Maßnahmen werden Sie gegen den verantwortlichen Staatsanwalt ergrei -
fen? -
Wenn nein, welche Untersuchungsergebnisse haben Sie zu dieser Auffassung gelangen
lassen?
8.) Dürfen die im Anhang wiedergegeben Aussagen Dr. Karl Renners künftig nicht mehr
angeführt werden? -
Wenn ja, auf Grund welcher Rechtsgrundlage? -
Wenn nein, wie hat nach Auffassung des verantwortlichen Staatsanwaltes der StA Wien
diese Zitierung zu erfolgen, um sich künftig nicht einer Strafverfolgung ausgesetzt zu
sehen bzw. was gedenken Sie, gegen den verantwortlichen Staatsanwalt zu unternehmen?
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