5869/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm
und Genossen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend offene Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem “ruhigen Besitz an Grabstellen”
Die Grabpflege ist für Angehörige von Verstorbenen oft eine sehr ernste und persönlich
wichtige Angelegenheit. In diesem Zusammenhang hört und liest man des öfteren, dass es
eine gewisse Rechtsunsicherheit darüber gäbe, wer und in welchem Umfang das Recht habe,
ein Grab zu pflegen bzw. andere von der Grabpflege auszuschliessen. (Siehe z.B. Artikel im
Kurier vom 31.12.1998, Seite 18.)
Bereits in einem früheren Artikel derselben Tageszeitung wurde ein Fall exemplarisch
dargelegt (Kurier vom 1.3.1998, Chronikteil), wonach nach einem Urteil des Landesgerichtes
für Zivilrechtssachen Wien (35R895/97w) an einer Grabstelle kein “ruhiger Besitz” erworben
werden könne, demnach also auch keine Besitzstörung verübt werden könne.
Dementsprechend könne an einer “befriedeten” Sache, die den Rücksichten auf Religion und
sittliche Volksanschauung gewidmet sei, überhaupt kein Besitz bestehen, man könne
bestenfalls von einem Benützungsrecht sprechen.
Verfügungen über das Grab dürften nur - so das zitierte Urteil - “im Einverständnis aller
nahen Angehörigen” erfolgen “und dass lediglich ein Benützungsrecht bestehe, dass den
Gebrauch durch Dritte ausschliesse, aber nur unter Wahrung besonderer Pietätspflichten der
Angehörigen gegen den Bestatteten ausgeübt werden könne”.
Die genannten Rechtsunsicherheiten führen bei Angehörigen von Verstorbenen mitunter zu
Streitigkeiten bzw. zu seelischem Leid. Es scheint sinnvoll, eine rechtliche Klärung über die
gegebene Rechtslage anzustreben bzw. gegebenenfalls legistische Verbesserungen in diesem
Bereich anzudenken, wenn mit der gegebenen Rechtslage kein befriedigender Zustand
hergestellt werden
kann.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Wie beurteilen Sie die dargelegten Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit den
Besitz von Grabstellen?
2. Sehen Sie in diesem Zusammenhang einen legistischen Handlungsbedarf?
3. Kann Ihrer Ansicht nach an einer Grabstelle ein “ruhiger Besitz” erworben werden?
4. Wenn nein, inwieweit ist in diesem Zusammenhang eine Besitzklagestörungsklage
möglich?
5. Wie beurteilen Sie die Judikatur, wonach “Verfügungen über das Grab nur im
Einverständnis aller nahen Angehörigen zulässig seien und lediglich ein
Benützungsrecht bestehe, das den Gebrauch durch Dritte ausschließt, aber nur unter
Wahrung besonderer Pietätspflichten der Angehörigen gegen den Bestatteten
ausgeübt werden können”?
6. Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die (im Artikel der Tageszeitung
“Kurier” vom 31.12.1998) dargelegte deutsche Judikatur?
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