6398/J XX.GP
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag. Haupt
und Kollegen
an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
betreffend österreichisches Listerienkompetenzzentrum
Erst seit Beginn der achtziger Jahre können - durch die Verbesserung der
Nachweismethoden - Infektionen des Menschen mit Listeria monocytogenes und
eindeutig auf den Verzehr kontaminierter Lebensmittel zurückgeführt werden. Ein
breites Spektrum von Lebensmitteln, überwiegend tierischer aber auch pflanzlicher
Herkunft, wurde als Ursache für Ausbrüche von Listerioseerkrankungen und
Todesfälle ermittelt.
Listerien sind Bakterien, die in der Umwelt - und da vor allem durch ihr natürliches
Resevoir im landwirtschaftlichen Bereich - weit verbreitet sind. Die Listeriose nimmt
den Verlauf, der einem grippalen Infekt ähnelt. Bei bestimmten Risikogruppen,
Schwangeren, Älteren oder Menschen mit einer geschwächten Immunabwehr verläuft
die Listeriose in ihrer schweren Form, mit dem Bild einer Meningitis, Sepsis oder
Totgeburt. Diese Form weist eine Mortalitätsrate von 30% auf.
Die Kontamination von Lebensmitteln mit Listerien erfolgt schon lange nicht mehr
ausschließlich primär sondern - aufgrund der Zunahme industrieller
Verarbeitungsmethoden - in allen Stufen der Gewinnung und Verarbeitung.
Es ist von entscheidender Bedeutung zu wissen, daß es nicht mehr ausreicht für die
Produktion von Lebensmitteln mikrobiologisch einwandfreie Ausgangsprodukte
sicherzustellen - was Konsumentenschutzministerin Prammer und
Landwirtschaftsminister Molterer mit dem, am 7. April, im Ministerrat
verabschiedeten Tiergesundheitsgesetz sicherlich berechtigterweise anstreben -
sondern es ist die sekundäre Kontamination in den verarbeitenden Betrieben die
hintangehalten, und mit wirksamen Konzepten nach dem HACCP - Prinzip (hazard
analysis and critical control points) bekämpft werden müssen.
Diesem Umstand wurde bereits in den achtziger Jahren Rechnung getragen, indem
durch die Arbeit österreichischer Wissenschaftler, besonders des Institutes für
Milchhygiene, Milchtechnologie und Lebensmittelwissenschaft der
Veterinärmedizinischen Universität Wien, an der Entwicklung der IDF -
Standardmethode zum Nachweis von Listeria monozytogenes auf internationaler
Ebene entscheidend mitgearbeitet wurde.
Seit Beginn der neunziger Jahre wird an der Veterinärmedizinischen Universität auch
intensiv geforscht um die traditionellen molekularbiologischen Methoden durch
schnellere und sensitivere molekulare Methoden zu ersetzen. Die Identifizierung von
Listeria monocytogenes mittels PCR (Polymerase Kettenreaktion) aus den
verschiedensten Matrizes - Milch, Fleisch,
Fisch, Kot und Blut - ist am Institut für
Muchhygiene bereits binnen 24 Stunden möglich, und die ebenfalls zum
Untersuchungsstandard des Instituts gehörende Differenzierung einzelner
Listerienstämme zur Abklärung epidemiologischer Fragestellungen - ist der
Lebensmittelhygiene - Untersuchungsmaßstab der Zukunft.
Es ist eine Tatsache, daß die Lebensmittel - Forschungsbereiche, die sich mit der
Genomanalyse lebensmittelrelevanter Krankheitserreger, der Entwicklung
molekularbiologischer Verfahren im Rahmen der präventiven Lebensmittel -
Qualitätssicherung, der Erarbeitung analytischer Grundlagen zur Bewertung biotischer
und abiotischer Kontaminanten, der technolgieabhängigen Modifikationen von
Lebensmittelinhaltsstoffen und der Analyse mikrobieller Interaktionen beschäftigen,
auch den Anforderungen des nächsten Jahrtausends entsprechen.
Wegen der hohen Kompetenz des Institutes für Muchhygiene, Milchtechnologie und
Lebensmittelwissenschaft werden derzeit alle akuten Listerien- und Campylobakter -
relevanten Fragen und Untersuchungen an dieses Institut herangetragen, da allein an
diesem Institut, zusätzlich, die PFGE (Pulsfeldgelelektrophorese) - analog dem „Pulse -
Net“ des Center of Disease Control and Prevention (CDC) in Atlanta - USA - und damit
der Aufbau einer international vergleichbaren Datenbank, als nächster Schritt in die
Zukunft gesetzt wird.
Die unterfertigten Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang an den
Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr nachstehende
ANFRAGE
1. Sind Maßnahmen in Vorbereitung, um eine Positionierung des Instituts für
Milchhygiene und Milchtechnologie der Veterinärmedizinischen Universität -
unter Bedachmahme auf die bereits vorhandenen Strukturen - als fachkundiges
Zentrum für Listerien (Listerienkompetenzzentrum), Campylobakter und andere
lebensmittelbedingte Krankheitserreger, analog der bestehenden Salmonella -
Zentrale in Graz, vorzunehmen? Wenn nein, warum nicht?
2. Es ist für die epidemiologische Forschung unverzichtbar, Datenbanken und
Stammsammlungen pathogener Stämme (egal ob humane, tierische oder andere
Isolate) zentral zusammenzuführen und abrufbar zu halten. Sind Maßnahmen
vorgesehen, um den Auf - und Ausbau der österreichweiten Listerien - und
Campylobakter - Stammsammlung und Datenbanken von Genotypen aus
klinischem Material isolierten pathogenen Mikroorganismen am Institut für
Milchhygiene voranzutreiben? Wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht?
3. Sind Maßnahmen vorgesehen, um die Präventionsschiene für lebensmittelbedingte
Erkrankungen auszubauen, oder halten Sie die ausschließliche Ausrichtung dieses
Bereiches auf die kurative Behandlung bereits eingetretener Gesundheitsstörungen
für ausreichend? Wenn ja, wie sehen diese Maßnahmen aus, wenn nein, warum
nicht?
4. Halten Sie ein ,,Outsourcing“ für einen der oben genannten Bereiche für sinnvoll,
a. wenn ja, für welche Bereiche und auf welche Art und Weise?
b. wenn nein, warum nicht?
5. Sind Maßnahmen zur Schaffung der Voraussetzungen für die Etablierung eines
Fachbereiches Epidemiologie an der Veterinärmedizinischen Universität
vorgesehen, Wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht?
6. Sind Maßnahmen vorgesehen, um eine vermehrte Ausrichtung des
Dienstleistungsangebots der Institute der Veterinärmedizinischen Universität -
welche in der Umwelt und Lebensmittelhygiene tätig sind - auf die Behandlung
spezieller Hygieneprobleme, die beim Inverkehrbringen von Erzeugnissen
verschiedener Lebensmittelproduktionssparten rechtliche Konsequenzen nach sich
ziehen, anzubieten und gegebenenfalls als selbständigen Teil des Institutes zu
führen? Wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht?