6577/J XX.GP

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten

 

betreffend Anhalten des desaströsen Zustands des Pathologisch - Anatomischen

Bundesmuseums im „Narrenturm“

 

Aus den bisher erschienenen Kulturberichten geht hervor, daß das Pathologisch -

Anatomische Bundesmuseum im „Narrenturm“ nach wie vor sowohl finanziell als auch

personell kraß unterdotiert ist und die seit langem erforderlichen

Restaurierungsmaßnahmen für den Narrenturm noch nicht in Angriff genommen

wurden. Das bedeutet, daß das Gebäude zusehends weiter Schaden nimmt. Die

bisherigen baulichen Maßnahmen sind lediglich als Notmaßnahmen für die Erhaltung

der unabdingbaren Sicherheitserfordemisse zu verstehen, um einem Zustand

vorzubeugen, der zur Sperre führen müßte.

 

Seitens des „Vereins der Freunde der Pathologisch - Anatomischen Museen Österreichs"

wurde in einer Studie eines Architekten nachgewiesen,

 

• daß das Gebäude des Narrenturms für die Zwecke dieses Museums besonders gut

   geeignet ist,

• daß als besonderer Vorteil bei Nutzung des Narrenturms für Zwecke des

   Pathologisch - Anatomischen Museums die Gebäudesubstanz optimal erhalten und

   daher mit geringen Adaptierungsmaßnahmen genutzt werden kann,

• daß zur baulichen Adaptierung des Narrenturms für Museumszwecke nur

   vergleichsweise bescheidene Geldmittel ausreichen,

• daß ca. öS 29,3 Mio Nettobauwerkskosten (sog. „reine Baukosten“) benötigt werden,

• und somit dieser Betrag bei ca. 3.500 m2 Nutzfläche des Narrenturms nur ca. netto

   öS 8.500,--/m2 entspricht,

• daß bei dieser Sanierungsvariante zugunsten der Museumsnutzung

   Bruttogesamtkosten (ohne Einrichtung) von ca. öS 46,8 Mio anfallen,

• daß dieser Betrag über den vorgeschlagenen ca. dreijährigen Sanierungszeitraum zu

   finanzieren wäre, also eine jährliche Belastung (ohne Verzinsung) von ca. öS 15,6

   Mio ergibt.

 

Weiters wurde in der zitierten Studie festgestellt;

 

• daß dieser dreijährige Sanierungszeitraum mit den ca. drei Jahre andauernden

   Erfordernissen des Museums betreffend eine Neuinventarisierung bestens

   abgestimmt werden kann,

.  daß als besonderer Vorteil bei dieser Sanierungsmethode die fast vollständig aus der

   Erbauungszeit (1784) stammende Gebäudesubstanz optimal erhalten werden kann,

.  daß auch für die weitere Erhaltung des wertvollen Denkmals die Museumsnutzung

   geradezu prädestiniert ist,

.  daß beim andauernden Verbleib des Museums im Narrenturm Übersiedlungskosten

    in Höhe von ca. öS 1,8 Mio brutto entfallen,

•  daß der laufende Museumsbetrieb während der gesamten Restaurierungszeit

    aufrechterhalten werden kann,

• daß die Neuaufstellung der Sammlung in moderner Form nach zeitgemäßen

   museologischen und museumspädagogischen Erfordernissen während dieser Zeit in

   den restaurierten Bereichen laufend erfolgen kann.

 

Das Museum ist derzeit, so wie vor einigen Jahren, nur mit 4 Dienstposten besetzt,

obwohl die Anforderungen weiter gestiegen sind. Nicht nur die wissenschaftlichen

Außenkontakte zu Forschern und Lehrern der Universität Wien und ausländischen

Gelehrten wurden vermehrt und intensiviert, auch der Lehrbetrieb im Museum wurde

erweitert. Die Besucherzahlen wurde im Jahr 1997 - trotz erheblicher

Zugangserschwernis durch die Baustelle des Alten AKH - um ca. 15 %, im Jahr 1998

um weitere ca. 21 % gesteigert und betrugen in diesem Jahr bereits ca. 21.000. Ein

verstärktes Interesse an diesem medizinischen Museum ist heuer zu verzeichnen. Nach

wie vor ist auch die Direktorenstelle seit 1993 verwaist. Das Museum wird nach wie vor

nur von einer provisorischen Leiterin - mit einem halben A - Posten, also halbtags,

geführt.

 

Auf Grund des krassen Personalmangels konnte die Öffnungszeit von ca. 8 Stunden

wöchentlich nicht erweitert werden, obwohl der Druck der interessierten Öffentlichkeit,

durch die stark gestiegenen Besucherzahlen dokumentiert, deutlich zunimmt. Nach wie

vor können selbst diese geringen Öffnungszeiten kaum bewältigt werden. Die

Führungen muß nach wie vor der "Verein der Freunde der Pathologisch - Anatomischen

Museen Österreichs" abwickeln, da dafür noch immer kein Personal zur Verfügung

steht. Nach wie vor steht bisher aus Personalmangel noch immer kein

Museumspädagoge für Schülerführungen zur Verfügung, obwohl die Anfragen in diese

Richtung seitens der Schulen deutlich zugenommen haben.

 

Die derzeitige Schausammlung bedarf einer Aktualisierung, die aus den angeführten

Ressourcenmängeln nicht mit der wünschenswerten Intensität erfolgen kann. Auch die

dringend erforderliche wissenschaftliche Bearbeitung des Bestandes erfolgt aus den

beschriebenen Gründen nur schleppend, obwohl, wie die ersten Ergebnisse der

„Provenienzforschung '38 - '45'' zeitigen, offenkundig Unmengen von dringend

Erforschungswürdigem im Präparatfundus schlummert.

 

Angesichts der anhaltenden mißlichen Zustände hat man den Eindruck, daß dieses

Bundesmuseum nicht nur keine besondere Wertschätzung erfährt, sondern offenkundig

finanziell und personell ausgehungert werden soll. Bedenkt man das

erforschungswürdige Potential, unterliegt das Museum seitens des Ministeriums

offenkundig einem Freud‘schen Verdrängungsprozeß.

 

Bedenkt man, wie Ausstellungen, denen ausreichend Geldmittel und Personal zur

Verfügung stehen, mit medizinischen Themen reüssieren, schmerzt es besonders, daß

die in dieser international einzigartigen, bedeutendsten und größten Sammlung vereinten

Schätze Österreichs nur mit derartig rigorosen zeitlichen Einschränkungen nutzbar sind.

Das touristische Potential dieser Sammlung ist nach wie vor ungenutzt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Unterricht und

kulturelle Angelegenheiten folgende

 

ANFRAGE:

 

1. Warum halten die dem Ministerium zumindest seit der letzten parlamentarischen

    Anfrage der Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde vom 16.5.1997

    bekannten Mißstände nach wie vor an?

 

2. Was wurde seit der in Punkt 1. zitierten Anfrage seitens des Ministeriums zur

    Beseitigung der aufgezeigten Mißstände unternommen?

 

3. Warum wurde der Narrenturm nach wie vor nicht in die "Museumsmilliarde“

    einbezogen, obwohl die benötigten Mittel gering sind?

 

4. Wie hoch sind die im Budget vorgesehenen Mittel für die baulichen

    Reparaturmaßnahmen, die im Sinne des Mietvertrages seitens des Ressorts zu

    tragen sind?

 

6. Wurden bisher seitens des Ministeriums konkrete neue museumspolitische

     Zukunfstperspektiven für das Museum untersucht? Wenn ja, wie sehen diese aus?

     Wie werden diese Ziele umgesetzt werden?

 

7. Ist vorgesehen das Museum auszusiedeln?

 

    a) Wenn ja, wohin soll übersiedelt werden und welche Kosten sind damit

    verbunden?

    b) Wenn ja, bestehen an diesem neuen Platz für das Museum adäquate räumliche

    Voraussetzungen von ca. 3.500 m2? Ist geplant, die Bestände von derzeit ca. 3.500

    m2 auf ca. 500 m2 zu komprimieren und damit praktisch unzugänglich zu machen?

    c) Wenn ja, wie werden im Fall einer Übersiedlung die Zugänglichkeit für

    Publikum einerseits und die Zugänglichkeit für die Forschung andererseits

    gesichert? Ist die ungehinderte Provenienzforschung gesichert?

    d) Wenn ja, wie lange soll die Unterbrechung der Museumsaktivitäten dauern und

    welche Kosten sind damit verbunden?

    e) Wenn ja, welche überbrückende Maßnahmen sind vorgesehen und welche

    Kosten sind damit verbunden?

 

8. Warum ist der Leitungsposten nach wie vor - mittlerweile 6 Jahre - vakant?

    Warum wird die Leitung nach wie vor nur provisorisch mittels eines halbtägigen

    A - Postens wahrgenommen?

9. Wie stellt sich das Ministerium die künftige personelle Dotierung des Museums

     vor? In welchem Zeitraum wird den deutlichen gestiegenen Anforderungen an

     einen intensivierten Betrieb in der Bearbeitung des Museumsbestandes und der

     Präsentation entsprochen werden?

 

10. Halten Sie es für ausreichend, daß dieses Bundesmuseum trotz deutlich und weiter

      steigenden Besucherinteresses nach wie vor nur ca. acht (!) Stunden wöchentlich

      allgemein zugänglich ist? Wenn nein, was werden Sie dagegen unternehmen?

 

11. Gibt es von Ihrem Ressort einen Plan wie das Museum in den

      "Universitätscampus" integriert wird?

 

12. Ist es richtig, daß geplant ist, das Museum aufzulösen und grundlegend

      umzustrukturieren? Wie konkret sind diese Plane? Was ist konkret hinsichtlich

      der Strukturierung vorgesehen und was ist bereits beschlossen?